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Nummer NI — 28. Jahrgang Erich«!», «mal wicheiUI. «it den lllustr. »r>M,d«Ua»«n .»t« >«U' und Mir „nie« ll«ln«n Leickr'. s-tvl» den rertdekkasen ,«t. Benno-Biatt-, .Nnlertzattung und EStflen', ,»>« Seü d«r Krau', «erzlltcher Ratgeder«, .Da» gute Buch', .ffllmrund- schau'. Monatlicher «ezugspret» S Mk. elnschl. BeNellgel». Nujel,»immer IN § Soiuiadend- u. Sonntagnummer Bb Hauvtlchrilllelter- De.«. De»cjt,k, Dresden. Sächsische Mittwoch» -e» IS. Mai 192, ^ " l a g » o,, , lv « e » d e n »«,«!,eutzret,«, Die igeivalten- P«It„etle IN y. .ramltte». »Ü.V. . ^"1- Die Petltrettamezeile. Mn>m vre». » v»nr?l„zelge„ autzerhalb des NerbreltungSnebletes °>ePelllreNume,eileI.NNX. Brlesgeb.:»»^. Imiloll« "lischt ied« BervNtchtimg aus Aeseruu, lowic »riuttung v. Anzeige».«l»sträge» Leistung v. Schadenersatz. volksseiluna iNr Verlag und Druckeret.UlIal« Dresden,DreSden.A-I. Polterslr-b«>7. Femrulsl0l2. Postscheckkonto Dresden »703. Bankkonto! Stadtbank Dresden Ar. 61717 Für chrifkttche Politik und Kullur Redattto» der Sächsischen tUolkSzettnua Dr«Sden.«ltstad> 1 Polierstrafte >7. a-rnr» "<»>> und rioiz. Sündlsche Slrömunsen l« der politischen Zuge«- Von Thomas Mennicken-Holley. Köln. Die polttisch-bündische Idee hat tm Laufe ihrer viel« ärbigen Geschichte mannigfache Wandlungen an sich er« ähren müssen. Zusammenbruch und Umsturz der alten wutschen Ordnung trugen in sie. die bis dahin in der Zu« Ordnung zu einem spezifisch parteipolitischen Programm und in der organisatorischen Verbundenheit mit einem solchen ihren tiefsten Sinn und Daseinszweck bekundete, den Gedanken des Kampfes um Sein oder Nichtsein der deutschen Republik. Das immer bedrohlicher werdende» den Horizont der jungen demokratischen Staatsordnung zeitweilig ernstlich verdunkelnde Anwachsen der vornehm lich aus dem staatsoppositionellen Boden der deutschen Rechten wie Pilze aus der Erde herausschießenden polt« tischen Kampfbünde (Jungnationaler Bund, Wehr« wolf, Oberland, Jungsturm, Zungstahlhelm, Bismarckbund und in den ersten Jahren nach seiner Gründung auch der Jungdeutsche Orden) beantwortet« die staatstreue Gegenseite, in deren Lager bereits kurz nach dem Umsturz die Windthorstbllnde und der Reichsbund deutscher demo- tratischer Jugend geistig ihren Einmarsch vollzogen hatten, hauptsächlich mit der Gründung des Reichsbanners als eines Schutzbundes der Republik. Wiewohl der Kampf der politischen Bünde in seinen äußeren, sichtbaren Formen um Sturz oder Erhaltung der in Weimar stabilisierten Ord nung ging, so verbirgt sich hinter ihm letztlich doch das große geistige Ringen um die Bestimmung desdeutschen Menschen zum absolut-monarchistischen oder zum demo. kratisch-republikanischen Staats p rin zt p. Nichts, was hierfür bezeichnender wäre, als die Durchsetzung der kainpf- vündischen Ideenwelt der jungen deutschen Rechten mit blutvölkischen, rassenprinzipiellen Elementen, in deren Hintergründe in ihrer ganzen Wirksamkeit die geistige Welt der Hermann Krieger. Hans Vlüher und Hans Günther steht, die alle drei — Krieger aus dem Vio- logisch-Darwinistischen, Blüher aus dem Historisch-Diony sischen und Günther aus dem Blutsmystisch-Phantastischen her — in der Lsosssia juckaiea und in der Reinzüchtung der nordischen Rasse die Hauptgegenwartsaufgaben, ja zerade die Prädestination des nordischen Mensche licken und damit zum absolut-monarchistischen Staats- vnnzip die Sinne weitester Kreise auch des „jungkatho- lisch-n" Deutschland betören konnte, findet darin seine Erklärung, daß die äußere Niederlage der deutschen Macht und die Dieser ans dem Fuße folgende Schmach und Knechtschaft als gemeinsame, in der Helle des nationalen Bewußtseins empfundenen Erlebnisse der gesamten deut schen Jugend Köpfe und Herzen aller jungen Deutschen unter einem ungeheuren atmosphärischen Druck gesetzt chatten, der auch — eine natürliche Reaktion gegen den auf sie ausgegossenen Hohn und Stachel des „Väe vtctis" — ins Blut geschlagen war. Zwei Erscheinungen der jüngsten Zeit jedoch weisen dieser rassenvölkischen Bewegung immer zwingender den Weg in die Grabkammer der Geschichte. Einmal ist es die natürlich-gesunde Ernüchterung der Jün- Keren, der heute Dreißigjährigen, die, allmählich aus der Betäubung durch die Niederlage erwachend, das ge- «»einsame Front-, Umsturz- und Knechtschaftserlebnts über winden in dem Maße, in dem st« geistig von jener unend lich verworrenen und mit Explosivstoffen bis zum Zer, springen angefüllten Zeit Abstand gewinnen und zwischen die Zangen der neuen, unentrinnbaren Wirklichkeiten ge raten. Einmal ist es auch das immer stärker und impul siver sich vollziehende Nachstößen der Jüngsten, der heute Zwanzigjährigen, die zwar sehr wohl das nationale Unglück nachfühlen und nachsrleben und die auf Volk und Wirtschaft ungeheuer drückende Last bis in ihre letzte Knochenzelle Mitempfinden und mitzutragen gewillt sind, im Mittelpunkt« deren politischen Denkens und Sckauens aber ein eisenharter Wille des „Um-sich-Bauen-s> und „^estaltens" steht. Beide an demselben Tau ziehende, geistig-entwicklungsgeschichtltch bedingte Erscheinungen graben der monarchistisch-rassenvölkischen Idee mehr und mehr das letzte Wasser ab. Di« Lambach-Krise in der Deutschnatkonalen Volkspartei hat in der deutsche« Kaiser« tdee nur noch die verknöcherten und versteinerten Reste eines „Caput inortuuia" heroorblicken lassen. Das jüngste, aus dem Lager des Stahlhelm herauswirbelnde Donner grollen klingt fast wie die letzte Aufzuckung, das letzte Sich. Aufbäumen eine» Sterbenden vor dem Tod». Vorbei! i * Die mit diesem inneren Absterbeprozeß der kampf. hündischen Ideen Hand in Hand gehend» inner» Festigung und Stabilisierung der jungen Weimar«, Ordnung u«w dt« «1t vieler tu unirr Batik wieder etnstebende im»«« B»e Faschistische Kirchenpolilik Eine aufsehenerregende Rede Mussolinis über die Lateran - Vertrüge Rom. 1.1. Mal. Die Kammer halt« am Montag ihre» großen Tag, da die Aus sprache über die Lalevanv-rtcüg« durch eine mehrstündige Red« Mussolinis abgeschlossen wurde. An den Diplomatenlogeu wohn ten der Sitzung zahlreich« Vertreter der ausländischen Vertretun gen bei. Von, königlichen Haus tvar di« Herzogin von Aosta an wesend. Mussolini erklärte, daß di« in der Kammer bei der Ans sprach« über di« Lateranverlrög« gehaltenen Reden gesammelt und der Nation zugänglich gemacht würden. Der italienische Staat und der Vatikan, so erklärte Mussolini, seien zwei völlig gelrennie gegenseitig anerkannt« souveräne Gebiete. An« italienischen Staat sei die Kirche »veder souverän „och frei, sondern den Gesetzen de» Staate« und den Bestimmungen deS Konkordates unterworfen. An Italien gebe es also einen souveränen Staat und die katholische Kirche, die gewisse loyal und freiwillig zuerkanute Vorrechte ge nieße- Außerdem seien die übrigen Kulte frei zngelaffen. Im wei teren Verlaufe der mit historischen Rückblicken und Zitaten erfüllten Rede betonte Mussolini unter lebhaftem Beifall, der Faschismus verleugne das italienische Risorgimento nicht, sondern ergänze es. Bezeichnend für die Einstellung Mussolinis tvar folgende Be merkung: Italien habe das alleinige Vorrecht, die einzige euro päische Nation zu sein, die den Sitz einer «uiversakeii Religion bilde. Diese Religion sei i» Palästina geboren, aber erst in Nom katholisch gcwordcn. Wenn sie in Palästina geblieben wäre, wäre sie wahrscheinlich eine der vielen Sekten geworden, die inzwischen zugrunde gegangen seien. Ein« weiter« Feststellung beleuchtet Mussolinis Einstellung zu der Frag«, wie weit «in umfangreiches souveränes Gebiet Vor aussetzung sei, damit der Papst seine Mission erfüllen könne. Musso lini erklärte, daß die Geschichte der Kirckw in den ersten Jahrhun derten keine Spur von Weltherrschaft auswcise. Erst durch die Ver- Handlungen zwischen Karl dem Großen und Papst Le» sei die Welt- Herrschaft begründet worden, di« dann zehn Jahrhunderte gedauert habe. Unter allgemeinem Bei'all stellte Mussolini fest, daß durch die Lateranveriräge kein Stück italienischen Gebietes an den Vati kan abgetreten worden sei. Nirgends bube also die italienische Flagge eingezogen werden müssen, wo sie einmal geweht Hobe. De« Vatikan besitze heute das. n»>S er früher bereits besessen habe. *- Diese Red« nmrde von den faschistisch«,, Abgeordneten mit Beifall ausgenommen. An vatikanischen Kreisen aber haben einige Bemerkungen dieser Rede, wie versichert wird, lebhaftes Erstaunen hervorgernsen. Dian wird abnwrten müssen, ob nicht von dieser Seit« zu den Anssühnmgen Mussolinis in irgendeiner Form Stel lung genommen wird. Irland und -er Bakikan k.. London, 13. Mol. Das Dublin« Außenminist rinm teilt mit, daß die Regie rung des irischen Freistaates dcun Heiligen Stuhl die Aus nahme diplomatischer Beziehungen beantragt und der Heilige Vater den Vorschlag angenommen hat. Es verlautet noch nichts über den Zeitpunkt der beiderseiti gen Ernennungen. Unter den Kandidaten für den irischen Ge- sandtenposten beim Vatikan wird Desmond Fitzgerald. der gegenwärtige Kriegsminister des Freistaates, genannt, der Ir land verschiedentlich in Genf vertreten hat. Der Dubliner Kor- respondent der „Times" bemerkt: Der Entschluß des Papste, wird ini ganzen katholischen Irland willkommen sein und die Wahl der beiderseitigen Vertreter wird starkes Interesse finden. ruhigung hat in den Mittelpunkt auch der bllndischen Zukunftsprogramme „ach und nach als allbeherrschende Ideen die Aufbauung und die dem Wesen des deutschen Menschen gemäße Ausformung und Gestaltung de» neuen deutschen Staates treten lasse». Freilich glimmt der alte, aus dem Rampenlicht des Aktuellen zuriichzetretene Streit um die deutsche Staatsform, wenn auch unter stark ab geschwächtem und verblaßtem Vorzeichen, unter der Ober fläche weiter. Waren im alten absolutistischen Machtstaats system stark demokratisch-konstitutionell gerichtete Mächte wirksam, so machten sich in der neuen Demokratie in um gekehrter Richtung machtabsolutistisch gefärbte Tendenzen bemerkbar, die zwar in aller Grundsätzlich keit den demokratischen Nahmen der neuen staatlichen Ord nung keineswegs zu sprengen- suchen, ihr aber gleichwohl einen stark monarchistisch gearteten, wenn nicht gar leicht faschistisch schattierten Charakter aufzuprägen streben. Während die auf der radikal-völkischen Rechten gruppierten Bünde in den jüngsten Sprößlingen der alten deutschen Fürstengeschlechter noch immer die herrschergeborenen „höchsten Exemplare der menschlichen Gattung" (Nietzsche) sehen und irgendeinen von dielen unter allen Umstanden auf den deutschen Reichsprüsidentenstuhl erhoben wissen wollen — die Vorspiele zur nächsten Reickspräsidentenwahl werden uns die tatsächlich« Existenz dieser Idee nur be stätigen — geht es dem Jungdeutschen Orden, der sich heute bereits tu klarer Erkenntnis der zeitgsforderten Ausgaben aus der Nationalist isch-bündischen Rechtsfront heraus marschierend zur grundsätzlichen Bejahung des neuen deutschen Bolksstaates durchgeruirgen hat und dem in jüngster Zeit auch einige andere Bünde der ursprünglich gleichen staatsprinzipiellen Herkunft zu folgen scheinen, weniger um die soziale, ständische und Klassenobservanz der Person, als vielmehr um die Stärk» ngderMacht und der Stellung des Reichspräsidenten. Die Wahl rechts- und verfassungsprinzlpiesten Hauptftützpuntte des Aufbauprogramms de» Jungdeutschen Ordens — so z. B. das Kursystem der Führerauslese, die dieser voranzu gehende Bewährung und Leiftunasprüfung und nicht zu letzt die Bestätigung der gekürten Führer durch die staatlich übergeordnete Stelle, d. h. durch den Reichspräsidenten — lassen eine gewiss« Verwandtschaft mit dem faschistischen Grundsatzdreiklang: Hierarchie — Verantwortung — Disziplin erkennen. Diesen von Weimar nach Potsdam -urückspringende» Verstärkungstendenzen der exekutiven Präsidentiatzewalt gegenüber betonen die bewußt zur dtmokrattschen Ausgestaltung des neuen deutschen Staates stehenden Bünde in ihren Aufbauprogrammen dt« Not- «endtakett der Verstärkuna der lsaislattoen R e g i e r u n g e g e w a l t. Diese beiden bündischen Haupt neuorientierungen überblickend, kann man als die beiden innewohnende Gemeinsamkeit der Tendenz feststelle», das gegenwärtig dualistisch - republikanische deutsche S t a a t s s y st e m. in dem sich „Legislative" und „Exekutive" in ihren Machtstürken grundsätzlich das Gleichgewicht halten, zu v e r u n i o n i s i e r e n — die einen in absolutistisch-faschistischer Richtung durch eins Vermeh rung der Machtbefugnisse und der Prärogativ» des Reichs präsidenten — die anderen in rein demokratisch-republika nischer Richtung durch eine weitere Ausgestaltung und Ver stärkung der legislativen Regierungsgewalt. Sticht zuletzt ans dieser Erkenntnis der »taatsvrinzi- pielleü Hintergründe der bündlschen Niifbanprogrammr läßt es sich begreifen, daß den politischen Bünden ihr Ver hältnis zu den konkreten deutschen Parteien zum Problem werden mußte. Dem Jungdeutschen Orden, in dem der Anliparteiismus geradezu raditalistische Formen ange- uommen hat, ist das deutsche vielmaschige Splitterparteien- system ein direkter Hemmblock ans dem Wege der Verwirk lichung seiner neuen Ideen, ein plntokratistisch geartetes Hindernis, das das Einswerdcn und Einsfühlen des Volkes mit dem Staate hintertreibe und der AUkonzentration der staatlichen Macht in der Person des Reichspräsidenten im Wege stehe. Aber selbst in den Bundessatzungen des Reichsbanners, gemäß deren jegliche Erörterungen Partei politischer Natur zwischen den Bundesmitgliedcrn unter sagt sind, ist das Vorhandensein eines parteipolitische» Jndifferentismus, wenn nicht gar eines passiven Antiparteiismus keineswegs zu leugnen. Auch diesem Bunde ist das die einheitliche politische Willens- bildung des Volkes zersplitternde Parteiensystem ein Dorn im Auge, weil es bei jeder neuen Regierungsbildung durch den ihm entspringenden Zwang zu Kompromissen eine in sich starke und gefestigte Regierungsgewalt nicht aufkommen kaffe. Den tieferen, der geistig-politisch-weltanschaulichen Artung der jungen Generation entspringenden Ursachen dieser äntiparteiistische» Erscheinung und ihre? unheimlichen, verheerenden Einflusses auf unsere Jungen bin ich an anderer Stelle nachgegangen. (Siebe meine beide» Aufsätze: „Zentrum und Jugend" in der „Kölnischen Poikszeitung" Nr. 609 und 612 1928.) * Eine der allertiefsten Ursachen für den Rückgang des Zentrums am 20. Mai — das ist in der sogleich nach der Wahlniederlage einsetzenden, mit tiefschürfender Gründlich keit geführte» Gewiffenserforschung in krasser Deutlichkeit zutage getreten — war das Versagen und Fernbleiben der christlichen