Suche löschen...
Dresdner Journal : 23.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189302233
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930223
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930223
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-23
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 23.02.1893
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
W45 Donnerstag, den 23. Februar, abends. 1893 VAr Vr«,ä»» viertsIZSdrlick > tlarU SO kt, t»«i «t«, Il»i»«rt äsutsckeo M»rUeU S 11»rk; »u»i, rt»»It» U«» «ivut»cde» kocbo tritt ko,t- ua6 8tewpelru»cUI»^ kiQ»». Lisrelna Uumwera: 10 ?k. ituUü»al8«»8»xvbUUr«i»r N«r ä«o Kaum «iasr ^«»p»lt->i>ev Lsito Uieia«» 8ckriN 20 ?k. Vvter ,,kioj?«»i»Lät" 6i« 2«il« S0 1'5. L«i r»U«IIeo- uu<1 /its^rosLtr eotspr. Xuliebt»^. LrseUelnenr lallet» wit XuioLbw« <I«r 8ooa- u feiert»^» »dsoä». ksrll»precU-Lu»ctiIu,»: Ur. 12SL. AresduerIoumal. Für die Geiamtlettung verantwortlich: ^ofrat Gtto Banck, Professor der (Literatur- und Kunstgeschichte. ^»»»timv von Xnkunckijcanxon »N8«^r1»r l,«ip»i^: /->. Nc>MMli!»iouLr ä«» Ur^xUnor ^uura»I»z Nomdor« 8«rlm Vl,ll I.»ip»iU S»»«l vr,»l»> krUllttirrt ». lt.! /saarrirte«» t^trr, V«rlio-Visu-8»wdur^ ?r»^ ». ». Hä»ck«ll! ^tuct. r»n, I-oLÄoa S-rUa - rr»akkurt » ll Slalk^Lrt: Du ct t,'o., L,rUa: /nvaiicien-tanl:, Lr««I»u: H>t 8»»oor«r: t/. ü'c^ürrirr,' s»n« ». r.: Larct ct (.0. Ilerausxeborr Nüoi^I. ürpociition 6e» Oresitoer /ournnl«. Uroxtea, ^«in^eritr. 2V. ?«in»pr«cb-^ll»<:blu»»! Xr. I2SL. tlichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Wachrichten. Pari-, 23. Februar. (Tel. d. Dresdn Jour^. Die Morgenblättrr besprechen den Fall einer Wabl Ferry- zum P-äsidenten de- Senat-, welche nahem als gesichert gilt, olö eine- der be deutungsvollsten Ereignisse der letzten Jahre. Die gemäßigten Organe äußern sich befriedigt und heben hervor, daß an die Spitze de- Senat- und de- eventuellen Kongresses ein Mann mit fester Sprache und Willenskraft trete. Die Radikalen nennen die Wahl FerryS eine Herausforderung der öffentlichen Meinung. Die , Lanterne" sagt, für Frankreich beginne ein furchtbares Abenteuer: die nationale Sicherheit sei noch niemals so dem Zufall preiSgegeben gewesen. Lie konservativen Blätter betrachten Ferry nunmehr al- einen Nebenbuhler Carnots. Der „Figaro" betont, die unerwartete Rückkehr Ferrys in daS politische Leben bedeute eine Niederlage Carnots und Ri bots, da Carnot offen die Wahl seines Freundes Magnin begünstigte und Ribot entschieden Ferry bekämpfte. Brüssel, 22. Februar. (D. B. Hd) Eine unterirdische Gasexplosion sprengte gestern abend die Kanalisation von der Devrikrestraße bis zur Gazmesterstraße in Laeken in die Luft und riß die Lipdonstraße 40 m weit auf. Die Pflastersteine wurden biS auf die Dächer geschleudert, Fenster und Hausgeräte in weitem Umkreis zertrümmert und Möbel umgeworfen. Dir Straßen liegen voll Trümmer. Die Ursache ist unbekannt. Rom, 22. Februar. (W. T. B.) Wegen deS Verdachtes der Mitschuld an der in den letzten Tagen hier vorgekommenen Erplosio» einer Petarde find 20 Anarchisten verhaftet wv'den. Bei einem derselben wurde eine Petarde von derselben Kon struktion, wie die kürzlich in der Cavourstraße ex- plädierte, vorgefundrn und beschlagnahmt. London, 23. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ) Bei der gestrigen Parlammt-wahl wurde an Stelle deS verstorbenen Konservativen Jennings der Kon- srrvative Whitely gegen den Gladstoueaner Hume mit 5264 gegen 4799 Stimmen gewählt. Liverpool, 22. Februar. (W T B ) Nach neuerdings hier eingetroffenen Depeschen find sämt- liche Passagiere und die Mannschaft deS auf dem Baiyahfelsen gestrandeten Dampfer- ,,Coanza" gerettet. Dir „Coanza" war am 28 Januar von Rotterdam nach dem Oilrivergebiet ab- gesegelt. KrrderikShavn, 22. Februar. (D. B. Hd.) Das nördliche Kattegat ist immer noch voll EiS. Der hier angrkommene Dampfer „U>.iou" hatte eine sehr beschwerliche Reise und brauchte fünf Tage van Hanstholm hierher. New-Uork, 22. Februar.*) Bei Palmira entgleiste der von New Aork kommende Schnell- rüg; l5 Passagiere wurden getötet und mehrere Personen verletzt. Washington, 23. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ ) Zum Zustizsekretär deS Kabinetts Cleve- landS ist Richard Olney au- Boston, zum Ma- rinrsekretär Hillary Herbert bestimmt. Dresden, 23. Februar. Eine Festversammlung und ihre Folgen. ff Nur in ruhigen, friedlichen Zeiten finden die Politiker der Parlamente und der Blätter die nötige Muhe, um Vorfälle von untergeordnetem Belange in Kunst und Wissenschaft. Der böse Geist. Roman von A. G v. Suttner. 'S (Fortsetzung.) „Und jetzt", fuhr Marcel fort, „will er das Heft umkehren, will behaupten, daß ich ihn beleidigt hätte? Er ist also nichts, als ein Krakehlcr, der um jeden Preis Blut fließen sehen will?" „Ja, ja, Sie mögen Recht haben! Ich gebe zu: Ihnen fällt die viel schönere Rolle zu — aber be denken Sie nur ein«: nichts kränkt einen Mann so sehr, als einen anderen vorgezogen zu sehen. Es scheint mir, daß er wirklich zum Teil ernstliche Ab sichten hatte, denn er gebärdet sich wie rasend, und ich weiß mir keinen anderen Ausweg." „Was meinen Sie unter: zum Teil ernstliche Ab sichten?" „Ach, wiegen Sie meine Worte nicht ab; Sie sehen mich ja selbst in einer unbeschreiblichen Aufreg ung! Ich weiß nicht, was ich spreche . . . Alles, was ich weiß, ist nur, daß ich viel darum gäbe, wenn man mich aus dem Spiele gelassen hätte — aus genommen, es gelänge mir, einen Vergleich zu stände zu bringen!" „DaS wäre ja leicht möglich, wenn Prinz Heissen- stein seine unbegründete Herausforderung zurück nähme I" „Aber, lieber Freund, waS liegt Ihnen im Grunde daran, auch diesmal der Klügere zu sein und um Ent schuldigung zu bitten!" weitschweifiger Weise zu erörtern und als Ereignisse von hoher Wichtigkeit zu behandeln. In diesem Sinne mag eS als ein erfreuliches Anzeichen unserer be friedigenden Gesamtverhältnisse gelten, daß zwischen Wien und Rom dieser Tage eine Polemik entstand, die an eine Begebenheit von ganz geringfügiger Be deutung geknüpft ward. Wenn die österreichischen und die italienischen Zeitungen spaltenlan^e Artikel über eine solche Begebenheit bringen und wenn die Redner der römischen Kammer aus dem gleichen Anlasse ihre Lungenkraft vergeuden, so muß es wahrlich gut um die Ruhe Europas bestellt sein! Das „Ereignis", welches den Stoff zu diesen Kom mentaren bot, hat sich in einer, zur Feier des Jubi läums Leo Xlll. in Wien abgehaltenen Versammlung eines katholischen Vereins zugetragen. Die öster reichische St. Michaelsbruderschaft, die jene Feier ver anstaltete, hatte Einladungen zur Teilnahme an katho lische Persönlichkeiten aller Kreise ergehen lassen, und diesem Rufe waren unter anderen auch drei Mit glieder des österreichischen Kabinetts gefolgt. — Um der historischen Treue willen betonen mir ausdrücklich, daß drei, nicht, wie die Blätter zuerst angaben, nur zwei Minister in der Versammlung anwesend waren, in der vor allem eine lebhafte Huldigungskundgebung für daS Oberhaupt dcr katholischen Kirche erfolgte. Nach dieser Kundgebung wurden mehrere Festreden gehalten, die in gewohnter Weise die heutige Stellung des Papstes und der Kirche behandelten. Drei Tage hindurch hat sich weder in Wien noch in Rom selbst irgend jemand um diesen Vorgang be kümmert, obschon die Wiener Journale erschöpfende thatsächliche Berichte über den Verlauf der Versamm lung sofort veröffentlicht hatten. Nach Ablauf jener Frist tauchten plötzlich in einzelnen Wiener Blättern langatmige Betrachtungen über den bisher vernach lässigten Gegenstand auf, dessen maa sich wohl wegen des Mangels an verwendbaren Artikelstoffen noch nachträglich bemächtigte Man entdeckte, daß die Festredner der Michaelsbruderschaft eine feindselige Sprache gegen Italien geführt hätten und daß die betreffenden Ausfälle geeignet seien, das freundschaft liche Einvernehmen zwischen Österreich Ungarn und lem verbündeten Königreiche zu trüben, da der Vorstoß der Michaelsbrüder im Beisein von Ver tretern der österreichischen Regierung ersolgte! Um den Nachdruck dieser Alcnmufe zu verstärken, wurde hervorgehobeu, daß man in Italien durch den Zwischen fall umsomehr verletzt sein müsse, da die dortigen maßgebenden Kreise stets bemüht seien, jeden An schein der Billigung österreich-feindlicher Kundgebungen zu vermeiden. DaS seltsame Unternehmen, in welches sich einzelne Wiener Blätter da einließrn, muß wohl unbedingt verurteilt werden. Will man die öffentliche Meinung eines Landes würdig vertreten, so darf man niemals übersehen, daß bei Preßäußerungen nicht nur deren Wirkung auf das inländische Publikum in Betracht zu ziehen ist. Die freiheitlichen Zeitungsorgane Oesterreichs haben unzweifelhaft das gute Recht, sich im Kampfe um innerpolitische Streitfragen der schärf sten Waffen gegen ihre rücksichtslosen klerikalen Wider sacher zu bedienen. Das Bewußtsein dieses Rechtes darf aber nicht dahin ausgedehnt werden, daß man, um einen angeblichen Fehler der Gegner zu beleuchten, die eigene Regierung bei einem fremde» Staate an klagt. Die Wiener Blätter haben sich nicht mit dem Hinweise auf eine Taktlosigkeit der Ultramontanen be gnügt, sondern sie haben die Regierung angegriffen, deren Mitglieder sich zu Zeugen einer für Italien verletzenden Kundgebung hergegeben hätten; sie hoben kurzweg hervor, daß die österreichischen Mi nister von ihren italienischen Kollegen, die niemals einer irredentistischen Versammlung beiwohnen, beschämt „Auch diesmal? Muß ich Ihnen wiederholen, daß ich neulich ebensowenig in die Lage gekommen bin, Abbitte zu leisten?" „Freilich, freilich, ich vergaß. Allerdings kam Heifsenstein wieder auf jenen thörichten Zwischenfall zu sprechen und betonte, daß Sie den ersten Schritt gemacht hätten, um damals ein Rencontre zu ver meiden." „Das ist eine Unwahrheit. Thöricht möchte ich übrigens das Ganze nennen; ein knabenhafter Streit, der keinen Sinn hat." „So lassen Sie ihm seine Freude." „Lieber Eytzing, ich bin ein sehr versöhnlicher Mensch und ich wiederhole: ich verabscheue diese Art, eine Differenz zum Austrag zu bringen; aber Sie werden trotzdem einsehen, daß ich mich unmöglich einer feigen Handlung kann bezichtigen lassen — und daß Heifsenstein das behaupten wird, glaube ich bestimmt, da er sich jetzt schon mit einer ähnlichen Anspielung brüstet. Von einer Entschuldigung oder Abbitte meinerseits kann also keine Rede sein, allerdings er kläre ich mich bereit, ihm die Hand zur Versöhnung zu bieten, falls er einverstanden ist, die ganze An gelegenheit als tot und begraben zu betrachten. Ich nahm damals keine Notiz davon, als mir seine un passende, höchst unkavaliermäßige Äußerung über Baronin Ragotz m Ohren kam — möge er ebenso über meine, übrigens gar nicht gehässig gemeinten Worte hinauSgehen; dann ist die ganze Angelegenheit erledigt." „Sie geben mir noch einen kleinen Hoffnungs strahl; ich will alles aufbieten, um ihn zu überreden, und ich danke Ihnen. Wenn Sie wüßten, wie mir würden und dergl mehr. Solche Äußerungen haben eine bedauerliche Ähnlichkeit mit einer Anklage der eigenen Staatsgewalt vor einer auswärtigen Macht und sie sind daher durch die Erregung des in Oester reich wogenden politischen Kampfe- nicht zu ent- fchuldigen. Die Wirkung deS tadelnswerten Beginnens blieb nicht aus. Der elektrische Draht spielte und binnen wenigen Stunden hatte man in Rom Kenntnis von den aufreizenden und aufdringlichen Auslassungen der betreffenden Wiener Blätter erhalten. Einzelnen italienischen Abgeordneten war die Gelegenheit sehr er wünscht, ihrer Regierung inmitten der ermüdenden „Panamino"-Debatte in einer neuen Weise unbequem zu weiden und so erfolgten denn schon am Tage nach dem Erscheinen der fraglichen Zeitungsaussätze geharnischte Anfragen in der römischen Kammer. Die Fragesteller vertrauten dabei ganz und gar auf die Angaben ihrer österreichischen Gewährsleute, ohne sich in Forschungen über die volle Richtigkeit jener Angaben zu vertiefen. Dadurch würde dem Minister des Äußern, Hrn. Brin, die Beantwortung der Inter pellationen wesentlich erleichtert. Er konnte den be flissenen Beschütze, n der Rechte Italiens vor allem erwidern, daß diese Rechte von den Festrednern der ehrenwerten Michaelsbruderschaft überhaupt nicht verletzt wurden, nachdem in der Versammlung nur von der Freiheit und Selbständigkeit des Nachfolgers Petri, jedoch nicht mit einem Worte von einer Antastung des italienischen Besitzstandes gesprochen ward. Er konnte daiauf Hinweisen, daß die klerikalen Wortführer eben nur eine jener Kundgebungen veranstaltet hatten, die von katholischer Seite gewissermaßen zur Wahrung eines Grundsatzes in Scene gesetzt werden. Indem Hr. Brin lo die Bedeutungslosigkeit der fraglichen Kundgebung wahrheitsgetreu kennzeichnete, erklärte er zugleich, daß die italienische Regierung keinen Anlaß gefunden habe, mit dem Wiener Kabinett eine Er örterung über den Vorfall zu pflegen. Damit hat der Munster nur dargethan, daß man sich an maßgebender Stelle in Rom weder durch die pathetischen Beschwerden einiger Abgeordneten noch durch die mittelbaren Ver hetzungsversuche der Wiener Blätter beeinflussen ließ. In der Kammer fanden die Eröffnungen deS Hrn. Brin eine kühle Aufnahme, die aber unter den heu tigen Verhältnissen sehr erklärlich ist Die Stimmung deS Unbehagens, die derzeit aus dem Monte Citorio herrscht, bewirkt es, daß alle Äußerungen von der RegierungSbank mit einer leisen Hinneigung zum Übelwallen geprüft werden und daß man es den leitenden Staatsmännern insbesondere verübelt, wenn sie eine ruhig-korrekte Haltung beobachten, anstatt den radikal-chauvinistischen Eitelkeitsaefühlen zu schmeicheln. Diejenigen, welche in der römischen Kammer so urteilen, haben eben nicht die verant wortungsvolle Aufgabe, die auswärtige Politik des Königreichs zu führen und zu vertreten. Sie erblicken ihre Aufgabe nur darin, daS Wirke» der Regierung zu erschweren und sie werden ärgerlich, wenn ihnen für solches Bemühen kein Lohn, sondern die vec diente Abfertigung beschicken ist. Hr. Brin aber hat durch d.e Beantwortung der erwähnten Anfragen neuerdings seine diplomatische Begabung, seine richtige Austastung seines Amtes er wiesen. Manche seiner Zuhörer haben es offenbar mißbilligt, daß ec ihnen nichts von einer kräftigen Beschwerde oder Mahnung erzählen konnte, die von ihm in Wien vorgebracht worden wäre. Ec selbst hat aber mit nüchternem Scharfblicke erkannt, daß ein solcher Schritt bcsser unterbleiben solle. Die öster reichische Regierung hätte auf eine derartige Mahnung sicherlich erwidert, daß die vielbesprochene katholische Kundgebung den Rahmen einer zulässigen Gesinnungs- Äußerung nicht überschritt und daß die vielgetadeUe zu mute ist, ich glaube, Sie brächten mir das Opfer und gingen persönlich zu Heissenstein, uni alles inS reine zu bringen." „Es ist sehr freundlich von Ihnen, daß Sie sich mein Wohl so angelegen sein lassen; ich begreife voll- kommen, wie unangenehm Ihne» die Sachlage ist, da Sie mit beiden Teilen befreundet sind. Hoffen wir also, daß der Wüterich noch einen lichten Augen blick haben und sich eines Besseren besinnen wird." „Und wenn das nicht der Fall sein sollte?" „Ja, dann bleibt mir nichts übrig, als mich zu stellen; ich könnte es nicht anders als einen Akt der Notwebr meinerseits betrachten; wenn man mich mit der Waffe in der Hand anfullt, muß ich schließlich trachten, mich meiner Haut zu wehren. Es ist das eine recht überflüssige, bei den Haaren herbeigezogene Geschichte!" versetzte er nach einer kurzen Pause. „Was kann er eigentlich begehren wollen? Hofft er, mich beiseite zu schaffen, um dann etwa als Bewerber um ZoeS Hand aufzutreten? Kann er denn denken, daß sie je einem Mörder ins Gesicht blicken wollte?" „Ja, eS ist eine unglückselige Verwickelung der Umstände! Wenn ich nur noch jemanden zur Seite hätte, der mir i.i meinen Bestrebungen b.iständc! Haben Sie schon darüber nachgedacht, welche Person Sie für sich als Vertrauensmann wählen würden?" „Nein, darüber habe ich nicht nachgedacht." „Eine Idee!" rief Eytzing nach einigem Nachdenken. „Meiner Ansicht nach wäre Oberlieutenant Cloßmann die geeignetste Persönlichkeit; im gewöhnlichen Leben — daS heißt, wenn er nicht am Spieltisch sitzt — ist er ein ruhiger, überlegender Mann, der, so viel ich weiß, in ähnlichen Fällen schon öfter Anwesenheit der österreichischen Minister in der Ver sammlung der Michaelsbruderschaft nur dem persön lichen Empfinde» dieser, als Privatpersonen dort er schienenen Würdenträger Ausdruck gab. Die verbind lichste Form einer in diesem Sinne gehaltenen Er- widerung hätte die Thatsache nicht beschönigen können, daß der Empfang einer solchen Antwoit für die ita lienische Regierung ein kleiner Mißerfolg gewesen wäre. Hr. Brin hat daher sehr klug gehandelt, als er eine Beschwerde bei dem Wiener Kabinett unter ließ und er hat außerdem seine Unparteilichkeit bewiesen, da er in seine jüngste Rede eben jene Argumente ein- flochh welche die österreichische Regierung einer all- sälligen Beschwerde des römischen Kabinetts entgegen- stellen konnte. Dadurch hat er gezeigt, wie sich zwischen Wien und Rom durch die ehrliche und weit sichtige Behandlung deS politischen Bündnisses eine ruhige, sachgemäße Auffassung aller jener untergeord neten Einzelfragen ergeben hat, die nur durch Über treibung oder Übelwolleu zu einer Augenblicksbedeutung gelangen können. Lagtsgeschichte. Dresden, 23. Februar. Se. Majestät der König wohnten gestern abend der Oper im Altstädter Hof- theater bei. Se. Majestät der König und Se. Kaiserl. und König!. Hoheit der Großherzog von Toscana haben Allerhöchst und Höchstsich in Begleitung der Flügel- adjutanten Oberstlieutenant Wilsdorf und Major v Haugk, sowie des Kaiserl. und König!. Kämmerers Rittmeister Frhrn. v. Listen heute vormittag 7 Uhr 40 Min mit Sonoerzug nach Rehefeld begeben und werden nachmittags Hü Uhr wieder hier eintreffen. Bei Ihren König!. Majestäten findet heute nach mittag um 5 Uhr Familientafel statt an der Se. Kaiserl. und König!. Hoheit der Großherzog von Toscana, Ihre König!. Hoheiten der Prinz Georg, der Prinz Johann Georg und die Prinzessin Mathilde, sowie die Damen und Herren vom Dienste teilnehmen. * Berlin, 22. Februar. Se. Majestät der Kaiser haben heute mittag im Königl. Schlosse in Gegen wart des Präsidenten des Staatsministeriums und des Ministers für Landwirtschaft eine Abordnung der landwirtschaftlichen Zentralvereine der östlichen Provinzen empfangen, welche beauftragt war, mittels einer Denkschrift die Wünsche der Landwirt schaft zur Allerhöchsten Kenntnis zu bringen und um deren Förderung zu bitten. Se. Majestät erwiderten auf die Ansprache deS die Denkschrift überreichenden Hrn. v. Below nach dcm „Reichsanz." folgendes: „Ich danke Ihnen, Meine Herren, daß Sie zu Mir gekommen sind und sich unmirtelbar an Ihren Landes vater wenden. Wie Mein unablässiges Streben auf das Wohl Meines Landes gerichtet ist, so ist es auch Mein Wunsch und Wille, den Schwierigkeiten und Sorgen abzuhelfen, mit welchen die Landwirtschaft, zumal iu den östlichen Provinzen, zu kämpfen hat. Die Mittel und Wege, welche hierzu einzujchlagen, sind mannigfacher Art und schwieriger Natur. Nur einer längeren Zeit wird es, auch bei voller Hingabe Meiner Regierung an die gestellte Aufgabe, gelingen, dem angestrebten Ziele näher zu kommen. Dazu be darf es vor allem des Friedens, zu dessen Erhaltung auch Sie beitragen können, indem Sie für die Stärkung unserer Wehrkraft eintreten. Die Wünsche, welche Sie Mir Vorträgen, werden von Meiner Negierung eingehend geprüft und nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Je mehr dies ge- schehen und daS Gedeihen der Landwirtschaft gefördert werden kann, desto giößer wird Meine Befriedigung sein, da die Landwirtschaft und die ackerbautreibende ü ) 7 ' eine glückliche Hand gehabt hat. Zwei Sekundamen die einander verstehen, vermögen oft die schlimmsten Affären zu schlichten und ich stehe mich sehr gut mit ihm. Wollten Sie ihm vielleicht ein paar Zeilen schreiben?" „Wenn Sie glauben, daß es angezeigt wäre, warum nicht? Allerdings glaube ich nicht, daß er mir große Sympathie entgegenbringt, allein in dieser Sache dürfte er wohl Ehrenmann j/nug sein, seine Pflicht zu chun, falls er überhaupt dem Ansuchen nachzukommen gesonnen ist." , Versuchen Sie es immerhin; schreiben Sie ihm ein Billet und ich will eS selbst abgeben, damit eS sicher in seine Hände gelangt." Marcel gehorchte ohne Zögern der Aufforderung und händigte sodann Eytzing das Schreiben ein. „Hier, und hoffen wir, daß alles glimpflich abläuft. Jedenfalls danke ich Ihnen heute schon für die Be mühungen, die Sie sich geben werden." Zwei Tage vergingen, ohne daß Marcel von Eytzing eine Nachricht erhalten hätte. Cloßmann hatte fein Schreiben bejahend beantwortet und be merkt, daß er sich vorläufig so lange passiv ver halten werde, bis der Zeuge des Gegners an ihn herankomme. Ungeduldig, endlich zu erfahren, ob alles bei gelegt sei oder nicht, machte sich Marcel gegen Abend nach Pottenbrvnn auf und stattete bei seiner Verlobten nur einen kurzen Besuch ab, um sodann Eytzing» Wohnung anfzusuchen. Der Gesuchte war nicht zu Hause, wurde aber jeden Augenblick erwartet. Eben al» Marcel wieder auf die Straße trat, kam Eytzing herangeeilt.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite