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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.10.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101006019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910100601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910100601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-10
- Tag 1910-10-06
-
Monat
1910-10
-
Jahr
1910
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Bezugs-Prei» A»«rn»o »ad OrschistlkrI« ^odanaidgasl« v. S«»I»r»ch«! I4SVL l4«V. I40VL «,!»»««> «UrttlKhrt. »4» «»MM. «»lichl. PofNxstrll-kL. i>«r»r, >» Brlg i«», D4n«a»ri, d<» D»»aasU>arr», Italia, 8»rr—»ar». Nt«d»rl»»»«. ««» »erreich - llng«ra, <i»tiand, chk—ii». kp«»tM. A» »Ile» ädri^» ma dtreü »»rch di» »ekdttzOi-ll« »«, »um- erdtillich. D»« Leipziger T^edl»« «Ichem, >mM Irlich, v»a»» ». Aetcri « mer^nt. <U»»»»u>-»>«»!,»!, »u. «»«platz 8, »N »»<«»» lrtper». «I Sped««««» »ad >»»ad«ei!-Ve». s«»t« PovLxUer» »»d Vri^rrLger». Morgen-Ausgabe riWgerTMblaü Handelszeitung. Ämtsvlatt -es Rates und -es Rolizeiarrrtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Preis Oe AxNuU, »a« LeipO, »ad U«M»m, di» «^»»'kene « »M d«M» Vedt^S U»7«»,»«t»»»»k>a»,Oa,t^: m» »»»»ert» ch, N-L«»»» LHV A»1««l» »»» v«ddn>»» » «ittliche» U, 74 MM dm«t» OelttzeU« 4t) »etchtllianzeigell »M P »p»»e1ch»ts>»» Mp t» der Ideadodped» i« Preis« mdttze. N»b»n nach l»rt »rilaaegedütz» o ». la»>e»» erü. »»ii^dütz^ »«aatt» ÜSanrammm». !»L1W.^!S«LL «Medtttmma des S» «O «„«»MM. H»»»i.Stli«i» e>«a»i d«»dl«M, LL»«vSi«tz» io (Letepd»» VL «r. 4Ü08). Haapl-Stltat» vrrSdem SeelkaM <1 SetMtzm» «SW» Nr. 276 vomierst»-, üen S. vkloder ISIS. 104. Jahrgang. Vas Mchtiglle. * Di« Nachrichten von der Revolution in Portn-al bestätigen sich in vollem Umsang«. Di« Republikaner besinden sich in d«m B «sitz der Stadt. König Manuel und die Köni gin Mutter solle« sich an Bord eines brasilia nischen Kriegsschiffes begeben haben, nach ander« Meldungen «ntflohen sein. Eine pro visorisch« Regierung ist bereits gebildet. (S. Ausl. u. Letzte Dep.) * In Hamburg traten am Mittwoch 100 De legierte der deutschen Werftarbeiter zu Verhandlungen zusammen. Die Friedens aussichten find weiter gestiegen. (S. Dtschs R. u. Letzt« Dep.) * Der Führer der badischen Nationalliberalen, Dr. Obkircher, hat die Leitung der Partet- geschäfte in Baden niedergelegt. (E. Dtschs. R.) * Geheimrat Professor Hans Meyer in Leipzig stiftele 150 000 zur Errichtung einer Professur für koloniale Geographie an der Ber liner Universität. (5. Kunst u. Miss.) * Die gestern vertagte Verhandlung im Schwur- gerichtsprozeß gegen die Mörder Karl und Friedrich Koopius findet heute ihre Fortsetzung. (S. L. bes. Artz * Geheimrat Professor Dr. Ernst von Leyden ist gestern im 78. Lebensjahre in Tharlotter»urg g e - storben. (S. Kunst u. Miss.) Portugal. Das ist das Eigenartige, das große Stürme rn der Ferne für uns haben: daß plötzlich ein dichter Schleier herabsinkt und uns den Anblick des betroffenen Landes auf eine Weile entzieht. Wer kümmert sich im allgemeinen um Portu gal? Kein Menschs oder doch, wenn nicht gerade die Reichsregierung einen exzeptionell ungünstigen Vertrag mit dem Staate abgeschlossen hat, und die Geschäftsleute, die mit dem Lande der Lusiaden Handelsbeziehungen haben. Wenn ein halbes Jahr lang nichts über Por tugal in den Zeitungen stände, würde das den wenigsten Lesern aufsallen. Aber jetzt, wo bekannt wird, datz die Nachrichtenverbin dung mit Portugal unterbrochen ist — seit 4 Uhr nachmittags bis zur Stunde, wo diese Zeilen geschrieben werden, ist nach amtlicher Auskunft Lissabon auf keiner Linie telegraphisch zn erreichen —, da wirkt auf einmal der Reiz des Geheimnisvollen; und auch mancher, der sonst kaum einen Blick in das ferne Land werfen würde, wenn nicht der dichte Schleier hernieder gesunken wäre, späht nun angestrengt, ob er nicht durch das Wallen des Vorhangs hindurch dach etwas erkennen könne. Sicher ist wohl, daß es im Augenblick in Portugal sehr — portugiesisch zugehen dürfte. Vor einiger Zeit hörte man von blutigenSt r ei k- un ruhen in der Nähe der Hauptstadt. Ueber 20 000 Mann, so wurde vermeldet, Korkarbeiter und Böttcher, die sich durch die Einfuhr- und Aussuhrverhältnisse in ihren Branchen im Er werbe bedroht fühlten, haben die Arbeit ein gestellt, Züge angehalten, Tausende von Ballen Korkholz vernichtet und all die Gewalttaten begangen, die ein verhungertes und verhetztes Proletariat bei solchen Gelegenheiten zu be gehen pflegt. Munizipalgardisten, Infanterie, Kavallerie, Pioniere wurden zur Herstellung der Ordnung entsendet. Bei den Zusammen stützen wurden über 50 Streikende verwundet — und die Regierung hat es mit der Angst be kommen. Sie hat den willkürlichen Forderungen der Arbeiter auf Ausfuhr- und Einfuhrverbote — Verbote, die wider die Handelsverträge verstoßen — nachgegeben. Damit hoffte sie sich bis zur Parlamentseröffnung Ruhe zu erkaufen. Offenbar aber scheint diese Schwäche der Re gierung das Signal zu Schlimmerem gegeben zu haben. Nicht einen Tag hat es gedauert, und der Thron der Braganza war gestürzt. König Manuel und seine Mutter haben nach einem heftigen Bombardement des Königsschlosses von den Revolutionären freund lichst freien Abzug auf ein brasilianisches Kriegsschiff bewilligt erhalten, und nur wenige Stunden werden vermutlich vergehen, bis die portugiesische Republik ausgerufen ist. Portugal befindet sich seit Jahren in einer Epoche besonders starker Gärung. Und schon zu den gewöhnlichen Zeitläuften ist dem Lande der Begriff von Ruhe und Ordnung, wie wir ihn kennen, fremd. Die Herrschaft des Landes wechselt reihum zwischen Tliquen, die bald liberal, bald konservativ firmieren, bald Monarchisten, bald Republikaner sind und ihre Programme ausschließlich und lediglich zum Wählerfang fertigen.. Das Voll schmachtet in Elend und Unwissenheit (75 °» Analphabeten!) Verdient es auch nicht bester, da es weder die Energie noch auch nur den Willen hat, sich emporzuarbeiten. So ist es die Beute jedes Agitators, der ihm zu schmeicheln wcitz. Fana tischer, ganz veräußerlichter Katholizismus und fanatischer Unglauben gehen übergangslos nebeneinander her, und meist in derselben Seele nebeneinander her. Blinder, wilder Hatz gegen die in der Macht Schmarotzenden beim Volk; kalte Verachtung des Volkes und skrupelloser Egoismus bei den regierenden Cliquen und Klassen — das ist der Normal zustand dieses Landes, das seit nun zwei hundert Jahren nichts anderes mehr als ein geduldeter Vasallenstaat Englands ist. Wie sind solche Zustände möglich geworden? Wie konnte ein von der Natur so begün stigtes Land so bergab gehen? Ein Land, das von Haus aus reich und durch seine Lage am Westrande Europas zum Umschlagplatz des Welthandels prädestiniert ist? Die Antwort erteilt die Geschichte. Bei einer früheren Gelegenheit ist hier schon darauf hingewiesen worden, datz es kaum — Kampanien und Sizilien vielleicht ausgenommen — ein anderes Land auf der Erde gibt, in dem sich eine so chao tische Vermischung der heterogensten Rassen vollzogen hätte. 2lls Portugal in die Geschichte eintritt wird es von Kelt-Jberern (schon einem Misch volk also) bewohnt. Karthagische Handels siedlungen führen semitisches und hamrtisches Blut ins Land. Es kommen die Römer mit ihren germanischen, keltischen, illyrischen, sarmatischen Söldnern, lydischen und syrischen Dirnen, ägyptischen Gauklern, jüdi schen Händlern, ihren Sklaven aus allen Ländern des Erdkreises. Darüber branden die Wellen der Völkerwanderung. Das sarmatisch-germanische Mischvolk der Alanen flutet vorbei; die Sueven, die Vandalen. Endlich, zu dauerndem Besitz, die Westgoten. Bis auch sie wieder vertrieben werden von den arabischen und maurischen Anhängern Moham meds. Der Hauptteil des kriegerischen Ger manenadels weicht dem Stotze nach Norden aus, von wo er langsam vordringend das Land allmählich zurückerobert. Seit dieser Zeit hat der Adel sein Blut auch nicht mehr rein gehalten. Hat, durch grausame Iuden- und Mohammedancrverfolgungen, dafür gesorgt, datz alle Elemente dieser Völker gleichfalls in das Rastenchaos einbezogen wurden, während die besseren und stolzen größtenteils aus dem Lande flohen. An all dem noch nicht genug: seit den portugiesischen Entdeckungen, den letzten, was die Enkel der Westgoten leisteten, ehe sie, vom Chaos aufgesogen, aus der Geschichte verschwanden, ist Mestizenblut aller Sorten aus den Kolonien in das Lusiaden-Land zurück geströmt. Dem Völkererleben entsprechen die Ergebnisse: Nirgends ragt aus dem amorphen Volksge wimmel eine große Individualität hervor. Man hat mit Recht darauf aufmerksam gemacht, datz der letzte Portugiese, den man bei einiger Nach sicht noch unter die großen Männer buchen könnte, Pombal war, der doktrinäre, aber saubere und ideale Reformer in der Ausklärungszeit. Seit dem nichts, aber nichts mehr — was nach dem Gesagten nur natürlich ist. Wie sollte da ein Retter kommen diesem Lande? * Die in unserer gestrigen Abendausgabe verzeich- neten Meldungen über den Ausbruch der Revolution haben sich nur allzu rasch bewahrheitet. Da sämtliche telegraphische Verbindungen mit Portugal, insbe- sondere mit Lissabon unterbrochen find, laufen die Meldungen über die Vorgänge in der portugiesischen Hauptstadt nur langsam, zumeist auf drahtlosem Weg«, ein. Di« neuen Nachrichten, die veröffentlicht werden können, lasten erkennen, datz die Revolutio näre ihr Ziel, dt« Absetzung des König», ziemlich rasch erreicht haben. Der König befindet sich, entgegen den bisherigen Meldungen, nickt in der Gefangenschaft der Revolutionäre, sondern auf einem brasilianischen Krieg», schiff. Die Proklamation der Republik steht unmittelbar bevor. Wir erhielten folgende weitere Drahtmeldungen: Die königliche Familie gerettet. O. Lissabon, 5. Oktober. (Priv.-Tel.) Am Dienstagabend, bei Anbruch der Dunkelheit, ent sandt« das vor Lissabon li«g«nde brasilianische Kriegsschiff „Sao Paulo", mit dem Präsi denten von Brasilien an Bord, eine Dampfbarkasse vor den königliche» Palast, um die königlich« Familie ausznnehme». Nach einigem Sträuben willigten der König Manuel und die Königin-Mutter Amalie in die Ueber- siedelnng ei«. Sie begaben sich durch das Spalier der tönigstreuen Truppen in die Barkasse und von dort an Bord des Kriegsschiffes. Diese Nachricht, die im Widerspruch steht mit allen bisherigen Meldungen, kann als verläßlich gelten. Ls heißt, daß das Revolutions komitee Kenntnis von dieser Flucht hatte und sie stillschweigend billigte. Nach einer Pariser Meldung ist die Abreise des Königs aus dem Schlosse nicht als Flucht zu deuten, sondern als das Ergebnis von Verhandlungen mit den Revolutionären. O. Paris, 5. Oktober. sPrivattelegromm.) Im französischen Ministerium des Auswärtigen erhielt man soeben eine auf Umwegen angelangte Nachricht folgenden Inhalts: Das Bombardement des königlichen Palastes war gestern um Z Uhr nachmittags zu Ende. Um diese Zeit befand sich der König, die Königin-Mutter Amalie sowie der Königliche Stab im Palast, geschützt von der treu gebliebenen Garde. Während des Bombardements hielten sich der König und di« Kö nigin-Mutter und deren Umgebung in den Keller räumen auf. — Nach einer andern Depesche haben um die gleiche Zeit Verhandlungen zwischen dem Palaste und dem Chef der Revolutionäre begonnen. Diese Verhandlungen bezweckten, der könig lichen Familie freien Abzug über die Landes grenze zn gewährleisten. Die Abreise sollte im Laufe der verslostenen Nacht erfolgen. Bon d;n öffent lichen Gebäuden Lissabons ist außer dem Kgl. Palast kein» beschädigt. Die Bevölkerung zeigt sich den Revolutionären durch««» g«n» ft i g. Da» provisorische Regirrungskomitee läßt die Klöster durch eigese Sard, vor A«sschr«ittz»gen des Mobs schützen. Die auf den meuternden Schiffen gehißten Flaggen zeigen die Farbe« Grün nnd Blau, während die portugiesische Farbe blau und weiß ist. Ltrassenköimpsc in Lissabon. 0. DiaLrid, 5. Oktober. (Privattelegramm.) Aus Badajoz wird gemeldet, daß Reisende, die beute nacht von Lissabon kamen, folgendes erzählen: Das Volk behauptet, daß der Mörder des Deputierten Bombarda von Anarchisten oder von Personen der Umgebung des König» gedungen worden sei. Zwischen der Polizei, den Truppen und Re » olutIo - nären soll es zu blutigen Zusammen stößen gekommen sein, wobei esoieleToteund verwundete gegeben habe. Alle Telephon linien Spaniens mit Portugal find unterbrochen. Brüssel, 5. Oktober. (Priv.-Tel.) Nach den dis jetzt vorliegenden Nachrichten ist es sicher, daß in den Straßen der Stadt Lissabon seit gestern nachmittag gekämpft wird. Die Bewegung wird von den Führernderrepubli- kanischen Partei in Gemeinschaft mit einem ehemaligen Admiral, der der liberalen Partei angehört, geleitet. Deshalb befindet sich auch die gesamte Marine aus feiten der Aufständischen. Man ist sogar der Ansicht, daß auf Dränge« der Mar»ne der Schritt früher unternommen wurde, als er von den Republikanern geplant war. Ruhe in den Provinzen. Hamburg, 5. Oktober. (Priv.-Tel.) Nach Privatdepefchen Hamburger Handelsfirmen herrscht in Oporto und im größten Teil der Provinzen Ruhe. Der Dampferoerkebr noch Oporto wird fort gesetzt. Englische Kriegsschiffe unterwegs nach Lissabon. Gibraltar, 5. Oktober. (Tel.) Die Kreuzer .,Newcastl e" und „Minerv a" sind gestern abend in See gegangen, um sich so schnell als möglich nach Lissabon zu begeben. Der Deputierte Castro Präsident der vorläufigen Regierung. 0 Berlin, 5. Oktober. (Priv.-Tel.) Beach tenswert ist eine jüngst von dem Deputierten Eastro abgegebene Erklärnng, daß die künftige Re publik Portugal für alle Verpflichtungen der Monarchie gegenüber auswärtigen Gläubiger« aus- zukomme« bereit sei. Castro giU für de« Fall de» Gelingens der Revolution als Präsident einer vorläufigenRegierung.dieau» 11 republi- kanischen Delegierten gebildet werden soll. Die Bankverbindung Portugal-Deutschland ist die Bank für Handel und Industrie i« Berlin. Wie vo« dieser Bank erklärt »srd, dürfe« die Interessenten der Revolutio« gegenüber völlig ruhig sein. Der regelmäßig« Geschäftsgang zwischen der portuaiefischen Finanzverwaltung und ihrer Berliner Bank fei alle« inneren politische« Bewegungen zum Trotz stet» normal gewesen. Selbst al» König Carol und der Kronprinz ermordet worden fei, fei nicht di« geringste Störung zu spüren gewesen. Di« portugiesisch« Königrfamili« aehört dem Hause Koburg an, das nach blutigen Kämpfen mit dem letzten Sprötzling de» Hauses Braganza zur Regierung gekommen ist. Die Stamm- mutter de» heutigen Herrschergeschlechts ist Maria II. da Gloria, die 1826, erst siebenjährig, von ihrem Vater Dom Pedro I. zur portugiesischen Königin gemacht wurde. Nach ihrem lode im Jahre 1853 übernahm ihr Sohn Peoro die Regierung. Nach seinem plötzlichen Tode im Jahre 1861 — man ver- mutet, datz er gemeinsam mit zwei anderen Brüdern einem Giftanschlag zum Opfer gefallen ist — trat der jüngste Bruder Ludwig die Regierung an. Er war ein tüchtiger Regent, der die wirtschaftliche Lage seines Reiches bedeutend verbesserte, aber auch, wre z. B. im Jahre 1870, durch Revolutionen vielfach in seinen Planen gestört wurde. Ihm folgte 1889 sein Sohn Carlos, der bei dem blutigen Attentat am 1. Februar 1908 gemeinsam mit dem Thronfolger den Tod fand. Nunmehr wurde der heutige Regent Manuel König von Portugal. Als Prinz hatte er den Titel eines Herzogs von Beja geführt. Ge boren wurde er am 1b. November 1889. Er ist bis jetzt noch unvermählt. Seine Mutter ist die Königin Marie Amalie, eine Bourbonin, seine Großmutter ist Maria Pia, ein« Tochter Viktor Emairuels I. von Italien. Kus üen ReilhslsgskllmmiNiauen. Die Reichsocrficherungskommisfion beriet am Dienstagnachmittag zunächst über den Maßstab für die Beiträge zur land wirt- ichaftlichen Berufsgenossenschaft. Ein konservatives Mitglied wandte sich entschieden gegen den Erundsteuermaßstab. Die gegenwärtige Grundsteuerveranlagung in Preußen sei ein Unfug. Ein Umlage nach Arbeitstagen sei durchführbar. Die Grundsteuer als Maßstab führe zu steuertechnischen Ungeheuerlichkeiten. Die Grundsteuerveranlagung sei in Preußen und Bayern vollständig veraltet. Ein Regierungsvertreter erklärte, man wolle den Berufsgenossenschaftcn möglichst freie Hand lasten in der Wahl des Maßstabes. Die Einfachheit des Prinzips erleichtere die Durchführbarkeit der Veranlagung. Es können auch andere geeignete direkte Staats- und Kommunalsteuern als Grund lage gewählt werden. Ein Zentrumsredner stellte sich im ganzen auf den Standpunkt der Re gierung. Die Berufsaenossenschaft müsse möglichste Freiheit in der Veranlagung haben. Die Sozial demokraten traten für die Vorschläge des kon servativen Redners ein. Auch für die Landwirtschaft müssen Gefahrenklassen eingerichtet werden, zumal die Maschine auch in der Landwirtschaft mehr und mehr in Gebrauch kommt. Ein anderer konser- vativer Redner führt« aus, daß gerade die kleinsten Betriebe wegen des hauswirtfchaftlichen Risiko, die Verussgenostenschasten am meisten be- lasten. Datz der Eroßgrundoesitzer von der Veran lagung nach der Grundsteuer besondere Vorteile habe, sei irrig. Von der Regierungsseite wurde noch mehrfach die Aufrechterhaltung des gegen wärtigen Zustandes befürwortet, ebenso von einem Nationalliberalen. Schließlich wurden die SH 997 bis 1001 (Maßstab des Steuerfußes) in der Fassung der Vorlage angenommen. Außerdem wurde auf Antrag des Zentrums ein neuer 8 1001» eingeschaltet, wonach durch die Satzung für die Verteilung der Lasten ein anderer Maßstab de stimmt werden kann, der einen Anhalt für den Ar beitsaufwand gibt, z. B. die Fläche in Verbindung mit der Grundsteuer, die Kulturart. Der früher aus gesetzte § 964 betr die Satzung und die 88 068 bis 976 und 980 bis 996 wurden unverändert ange nommen, die 88 977 bis 979 (Aufsicht) auf Grund früherer Beschlüsse gestrichen. Weiterberotung Mittwoch. Die Strafprozeßkommission trat am Dienstag in die Beratung des S 145 des Ge richtsverfassungsgesetzes ein, der die Ausübung des Amtes der Staatsanwaltschaft regelt. Dazu lag eine Resolution vor, die eine Reorganisation der Amtsanwaltschaft in dem Sinne wünscht, daß, soweit es möglich, nur juristisch vorgebildete Kräfte zu diesem Amte zugelasten werden. Diese Resolution wurde damit begründet, daß der Amts anwaltschaft durch die neue Strafprozeßordnung sehr weitgehende Befugnisse eingeräumt werden und da mit ihre Verantwortung auch in juristischer Bc Ziehung eine viel größere sei. Ein anderer Antrag wollte dem 8 143 die Bestimmung hinzufügen, daß zur Anstellung als Amtsanwalt die Ablegung der ersten juristischen Prüfung erforderlich ist. Dieser Antrag wurde abgelehnt, die Resolution dagegen angenommen. Zu dem dann behandelten 8 172 (Ausschluß der Oeffentlichkeit) lagen mehrere Anträge vor. Nach der Regierungsvorlage soll das Gericht nach freiem Ermessen die Oeffentlichkeit für die Ver handlung ausschließen, wenn das Verfahren eine Be leidigung betrifft und einer der Prozeßbeteiligtcn die Ausschließung beantragt. Ein fortschritt licher Antrag will die Ausschließung nur zulasten, wenn alle Prozeßbeteiligten damit einverstanden sind. Ein sozialdemokratischer Antrag wollte die Worte „nach freiem Ermessen" streicken und in dem Verfahren gegen Jugendliche den Aus schluß der Oeffentlichkeit nur zulasten, wenn der Bei stand oder Verteidiger des Jugendlichen sich damit einverstanden erklärt, in den übrigen Verfahren nur. wenn der Angeklagte die Ausschließung beantragt. Nach längerer Diskussion wurde die Regierungs vorlage mit der Abänderung angenommen, daß statt der Worte ..nach freiem Ermessen" die Worte „sofern nicht ein öffentliches Intereste entgegensteht" einge setzt wurden. Dann wurde die Frage der Bestrafung jener Personen erörtert, die öffentliche Mitteilungen über Vorgänge in geheimen Verhandlun gen machen. — Ein Antrag wünschte ein« Aendc- rung de» 8 184i> des Strafgesetzbuches dahin, datz die letzten Worte dieses Paragraphen gestrichen werden und damit eine Bestrafung besten eintritt, der aus Gerichtsverhandlungen, für die die Oeffentlichkeit ausgeschlossen war. oder aus den diesen Verhandlun gen zugrunde liegenden amtlichen Schriftstücken öffentlich Mitteilungen macht, so datz also das jetzige Erfordernis der „Erregung von Aergernis" sortfallt Dieser Antrag wurde angenommen, alle übrigen abgelehnt. Ein Antrag zum 8 179. dahingehend, daß als Ordnungsstrafe für eine Ungebühr vor Gericht
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