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«n- I Kt- oieter Ldn- chcnk halt» »io. :tl -d »esk». »kill Hu«, imark SU» , 1«. «rt» k«r: mio- ü «, » «, lobrr «d« «rH o««r de«: noo» >«»»: Ko lo^». l-k. 0.0 Sttglttungserklörung -es Reichskanzlers Ordnung -er Finanzen. Steuersenkung für I»3I und umfassende Sparmaßnahmen, durchgreifendes Silssprogramm für die Landwirtschaft, Ankündigung einer Siedlungsvorsage Günstige Ausnahme im Reichstag § Berlin, 1. April. Die Tribünen sind überfüllt, der Saal ist voll besetzt, als die Mitglieder des neuen Kabinetts mit dem Reichskanzler Dr. Brüning an der Spitze ihre Platze am RegierungStisch einnehmen. Aus der Tagesordnung steht als einziger Punkt: „Ent gegennahme einer Erklärung der Retchsregte- run g." Der Präsident erteilt dem Reichskanzler Tr. Brüning das Wort. Die Kommunisten rufen: „Der Kanzler Klöckners, der Huirgerkanzler!" Reichskanzler Dr. Vrüntng: Ich habe die Ehre. Ihnen die neue Reichsregiernng vor. -nstclicn in der Zusammensetzung, wie sic Ihnen soeben der Herr Präsident des Reichstages bckänntgegcben hat. Dabei ergreife ich die Gelegenheit, um dem scheidenden Herrn Reichskanzler für seine hingcbeyde, von ernster Sachlichkeit getragene Arbeit im Dienste des Vaterlandes die aufrichtige Hochachtung der neuen Regierung auszusprechen. (Lachen bei den Kommunisten. Präsident Lühe bittet den Abg. Torglrr um Ruhe.) DaS neue Reichskabinett ist entsprechend de« mir »om Reichspräsidenten oeteUte» Anstra« an kein» Koalition ge bunden. Dach konnte« selbstverständlich die politischen Kräfte dieses Hatzen Hanse» det seine» «estnltnna nicht unbeachtet bleiben. DaS Kabinett ist gebildet mit dem Zweck, die nach allgemeiner Anfsassnng fttr daS Reich lebensnotwendigen «nsgaben in kürzester Frist za lösen. Es wird der letzte Versuch sein, die Lösung mit diesem Reichstage durchznführcn. (Hört, hört bei den Kom munisten.) Einen Aufschub der lebensnotwendigen Arbeiten kann niemand verantworte». Die Stunde fordert schnelles Handeln. iRus bei den Kommunisten: „Großer Optimist!") Daher erwarten Sie von mir heute nicht ausführliche Er- klärungen über die beabsichtigten Maßnahmen im einzelnen. Die neue Regierung wird Deutschlands LebenSintercssen in organischer Weiterentwicklung der bisherigen Außenpolitik aktiv vertreten. Nationales Selbstbewußisetn, Vertrauen in die innere Krast des Volkes sind die Grundlagen, ebenso wie die Erkenntnis, daß der Wiederaufstieg Deutschlands nur in friedlichem Zusammenwirken mit allen Völkern er reichbar ist. LonaleDurchsührnngderlnternatto- nalen Vereinbarungen tHört, hört!), Mehrung und weiterer Ausbau unseres Verhältnisses zu allen Staaten, z» denen wir in frcundschaltlichcn. vertraglichen und wirtschaft lichen Beziehungen stehen, Förderung internationaler Zu sammenarbeit. insbesondere ans wirtschaftlichem Gebiete zur Erleichterung der schwierigen Lage der eigenen, mit der Welt wirtschaft eng verknüpften Wirtschaft, das sind die Grundlagen dieser Außenpolitik. Endziel ist und bleibt ein wirtschaftliches gesundes, ein politisch freies nnd gleichberechtigtes Deutschland, das seinen Wiederaufbau im Schuhe des Friedens vollen den kann und das ein unentbehrlicher Faktor in der Staatengemeinschaft sein muß. (Beifall bei den Regierungsparteien.) Besonders herzlich in dieser Stunde gedenkt die Reichsregierung der R h e i n l a n d e, deren endliche Befreiung von der Besetzung unmittelbar bevorsteht. (Beifall. — Zwischenrufe bei den Kommunisten.) Nicht vergessen bleibt die Treue der Bevölkerung der be setzten Gebiete in schwersten Stunden, nicht zu Ende geht die Fürsorge für ihre Notlage. lBeisall.) Alsbaldige Rückgliederung des SaargebieteS zur Vollendung des begonnenen BcfreiungSwerkes ist das Ziel der von der RetchSregierung tatkrästigzusördernden Verhandlungen. Innenpolitisch gibt unsere Lage angesichts der sozialen und wirtschaftlichen Notstände und der mit ihnen verbundenen radikalen Strömungen Anlaß zu besonderer Wachsam- k c i t. Diesen Strömungen läßt sich nicht nur mit dem Einsatz staatlicher Mittel begegnen. Sie müssen in erster Linie durch wirtschaftliche Aufbauarbeit behoben werden. Die RetchSregierung fühlt sich stark genug, »ift den Mitteln, die das Grundgesetz unserer staatlichen Orb- nung. die Weimarer Versals» g, der deutschen Republik zur Verfügung stellt, allen gefahrvollen Bedrohungen entgegen, zuwirken. tBeisall.) Mit diesem Ziele nimmt die RetchSregie- r»ng die Mahnung zur nationalen Einigung auf, die der Herr Reichspräsident in seiner Kundgebung vom 18. März an das deutsche Volk gerichtet hat. (Beifall.) Er- bitterte Kämpfe um außenpolitische Fragen haben das deutsche Volk zerrissen. Nach der. Entscheidung dieser Kämpfe wollen wir da» Werk der Versöhnung in Angriff nehmen. Was unser Volk zum gemeinsamen Denken nnd Handeln, zur Zusammengehörigkeit zwingt, wird im Mittelpunkt unserS Wirken» stehen. Der Blick muß auf die ge meinsame Not und die gemeinsam zu beschließende Abhilfe und nicht auf da» Trennende gerichtet sein. Alle infolge der Bouagplan noch schaftlichen Maßnahmen müssen sofort tznrchgeflltzrt «erden. Sanierung der Finanz- nnd Her And« »nd Gemeind«« i« langfährigen Verhandlungen über de« > nicht erledigten finanziellen «nd wirt» md Saffenlage, Unterftlltznng ihrer schmierige» finanzielle« Lage ist daS Dringendste. Ohne eine schnelle Ord nung der Kassen, und Finanzlage fehlt die Ge währ der dringend notwendigen Entlastung der Wirt, schaft und der Milderung der A rb e t t s l o s i g k e it. (Sehr richtig! im Zentrum.) Durch Uebernahme de» von dem jetzigen Reichsfinanz- minister ausgestellten Entwurfes eines Reichshaushaftgesetzes für das Rechnungsjahr 1939 können die Arbeiten dcS Reichs rates in den festgesetzten Fristen durchgeführt werden. Die Reichsregierung übernimmt das z« diesem Hans- haltplan gehörende Deckungsprogramm. Diese DeckungSvorlagen sind in der Form des letzten Ver- mittlungsvorschlagcS der bisherigen Regierungsparteien mit der finanziellen Sicherung der Arbeitslosen versicherung tNus b. d. Komln.: Abbau!) der gesetzlichen Festlegung der Steuersenkung und der Ausgaben- ersparnts etn einheitliches Ganzes. Neue Steuer lasten zur Sanierung der Kassenlage sind nur tragbar, wenn sie im Nahmen eine» auf wette Sicht gestellten, Schritt für Schritt burchzuführenden Gesamtprogrammcs stehen. Eingehende Dparvorschljig« ans allen Gebiete« des öffentrkchen Levens «erde« t« kllrzester Frist fetten» der Reichsregiernng den -«ständige« Ktzrperschaftr« »nterdreitet »»erbe». tZnftschenrufe der Komm.) Diese Sparmaßnahmen sollen nicht von einem antisozialen Geist getragen sein. <Lachen b. d. Komm. — Glocke des Präsidenten — Ruf: Aprilscherz! — Abg. Ewers wird zur Ordnung gerufen, eben so Abg. Neubauer wegen Zwischenrufen.) Sie haben lediglich den Zweck, ihrerseits zur Senkung der Steuern, zur Hebung der Produktivität der Wirtschaft, zur Stärkung der Kreditwürdigkeit Deutschlands beizu, tragen. lBeisall.) Sie sollen Raum schaffen für die Senkung der aus dem Handwerk und dem gesamten städtischen und ländlichen Mittelstand besonders schwer lastenden Realsteuer«. Die Regierung ist von ernster Sorge erfüllt über die Rot, tage des gewerblichen Mittelstandes, sie wird alle Kräfte einsetzen, dem Art. 164 der Reichsverfassung ent sprechend, den gewerblichen Mittelstand in Landwirtschaft» Handel und Gewerbe zu fördern, vor Ueberlastnng und Aus saugung zu schützen. (Beifall.) Die Notwendigkeit einer planmäßigen, auf Wirtschaftlichkeit «nd Ersparnisse gerichteten Vereinfachung auf allen Gebieten der öffentlichen Verwal tung schasst die Garantie und die Voraussetzung für die Wciterverfolgung der Sozialpolitik, die als eine staatliche Notwendigkeit von der neuen RetchSregierung unbedingt an erkannt wird. (Ruf b. b. Komm.: Heuchelei!) Finanzielle, soziale «nd wirtschaftliche Aufgaben müssen von einheitlichen Gesichtspunkten aus angesaßt werde«. Gerade von diesem Standpunkt aus ist das Rettnngswerk unserer in schwerstem Ringen um die Existenz kämpfenden Landwirtschaft vordringlich. (Ruf b. d. Komm.: Schiele! Hugenberg!) Die Agrarkrise hat in besonders bedrohten Lanbesteilen den Charakter einer allgemeinen Volks- und Staatskrise angenommen. Die Land wirtschaft hat, wie jeder andere Stand, der unverschuldet ins Elend und in Lebensgefahr geraten ist, das Recht auf die Hilfe des Staates. Stützung nnd Wiederbelebung der ländlichen Wirtschaft ist das wirksamste Mittel z«r Drosselung der Landflucht «nd zur Schaffung neuer Absatz- «nd Arbeitsmöglich« ketten sür Gewerbe und Arbeiterschaft. Von hier aus muß der Druck auf den Arbeitsmarkt und die ständige Bedrohung der Lebenshaltung des deutschen Volkes beseitigt werden, (Sehr wahr! im Zentrurn.) Deshalb ist die Regierung entschlossen, in Fortführung und Erweite rung der von dem bisherigen Ncichsernährungsminister bis in die letzten Tage getroffenen Maßnahmen ein umfassendes und durchgreifendes Hilfsprogramm sür die Landwirtschaft schleunigst zu verwirklichen. Sie scheut dabei angesichts der ernsten Lage nicht vor außergewöhnlichen Mitteln zurück. (Zuruf bet den Kommunisten: '„Hungerregierung!") Die Reichsregierung ist davon überzeugt, daß nur auf vielem Wege der drohende Zusammenbruch der Landwirtschaft aus zuhalten. eine wesentliche Besserung der gegenwärtigen Krise und dadurch eine Wendung der Lage dieses BcrusSstandcs herbcizuführen ist. So wird auch den deutschen Bauern der Mut zu lebendigem Schassen aus eigener Krast erwachten. Die Regierung hat bereits mit der Ausarbeitung der notwendigen GcsetzeSvorlagen begonnen. Diese Maßnahmen schassen allein nicht die Gewähr, um da» deutsche Volkstum in der O st m a r k wieder fester mit seiner Heimat und seiner Scholle zu verbinden. Durchgreifend« und umfassende Ost Hilfe, Zng «m Zug mit dem allgemeine« Aararprogramm, ist eine besondere Notwendigkeit. Umschuldung «nd Entschuldung. Zins- «nd Lasten» senknng, Ordnung der Kreditvcrhältnisse stehen i» Vordergründe. Festigung und Erhaltung der bestehenden wirtschaftlichen Be triebe schaffe» erst die Möglichkeit einer ztelbcwußten Bauern- und Arbeitersiedlung. Zur Deckung dieser notwendig werden, den Ausgaben wird die Rcichsregtcrung, ohne den Steuer zahler neu zu belasten, eine besondere Vorlage unterbreiten. In Uebereiiisttmmuilg mit dem Herrn Reichspräsidenten hat sich die Reichsregierung zu diesem Vorgehen entschlossen. Gesundung der östliche» Landwirtschaft ift die Grund lage nationaler und volkspolitischer Rettung des deutschen Ostens. (Sehr wahr! bei den Regierungsparteien.) sDie Reichsregie rung wird an diesen Vorschlägen und au ihrer schnellste» Durchführung unter allen Umständen fest halte«. Sie ist gewillt und in der Lage, alle vcrsassungsmLßige« Mittel hierfür cinzusetzcn. Das Werk des versöhnenden Aus gleichs zwischen den einzelnen Bcrufsständcn und Schichten der Bevölkerung verträgt keinen Verzug. Diesen Gedanken muß auch der Reichstag in seiner Stellungnahme zur neue» Reichsregiernng Rechnung tragen. Parteipolitische Erwäg»«, gen müssen In dieser Stunde in de« Hintergrund treten. tBe- wegung. Beifall bei den Regierungsparteien.) Sachliche Ein, stcllnng zn diesem Programm des Kabinetts allein sichert die Zukunft des deutschen Volkes. tBeisall und Händeklatschen bet den Regierungsparteien — Pfuirufe bei den Kommunisten.) Präsident Lobe teilt mit, daß von dem kommunistischen Abg. Stöcker der Antrag eingcgange» ist: Die Reichsregie- rung besitzt nicht das Vertrauen des Reichstags. Abg. Schultz-Brombcrg tTN.) wünscht, daß die nächste Sitzung erst am Donnerstag stattfinde, und beantragt dies. Der Antrag des Abg. Schulh-Bromberg tDN.» wird gegen die Stimmen der Deutscknationalen abgelchnt. Das Haus beschließt mit großer Mehrheit, die Sitzung morgen u m 12 Uhr zu beginnen. Schluß gegen 4M Uhr. Bor schweren Entscheiöunven SUmwnngodUck nnooror Serlloor SeNrittlottung Dienstag, den 1. April, nachmittags 4 Uhr, im Reichstag. Wir wissen nicht, ob dieser Tag in der Geschichte des Nach, kriegsdeutschlands einmal rot angestrichen werden wird. Wir wissen heute nur so viel, daß er seinesgleichen zu suchen hat, und daß nur einmal seit 1918 eine ähnliche Situation entstanden ist. nämlich damals, als bas deutsche Volk in der Inflation zu versinken drohte und das deutsche Parlament ebenso mürbe war, wie die Menschen draußen in Stadt und Land. Damals bekam Dr. Luther als Reichs- kanzler seine Ermächtigung. Heute schwebt da» große Fragezeichen über dem brechen- vollen Hause, ob man Dr. Brüning etn Vertrauensvotum gibt. An sich brauchte er kein». Er hat Vollmachten genug, aber es wäre ein Schönheitsfehler für unser System, wenn er von ihnen sozusagen antiparlamentartsch müßte. > Schon daS äußer« Bild weist auf die Bedeutung diese» Tages hin. Wagenburgen vor den Portalen, Menschenmassen, von Polizei ln Ordnung gehalten, erregte Stimmung in Wandelhalle und GttzungSräumen, der Plenarsaal bl» zum letzten Platz besetzt, die Dtvlomatentrtbüne überfüllt, in- und ausländische Presse vollzählig, anwesend und auch auf den Zu schauertribünen kein Plätzchen mehr, denn der Wettlauf mn Eintrittskarte« ging seit Lage». Um dt« Rednertribüne Gebrauch machen drängen sich die Regierungsvertreter. Die Reichsratsbevoll mächtigten sind vollzählig zur Stelle. Auf der Länderbank der preußische Ministerpräsident, etn verhältnismäßig seltener Gast in diesem Hause, neben ihm der bayrische, dann der sächsische, bann die übrigen Gesandten der Länder. DaS neue Retchskabinctt hat bereits seine Plätze eingenommen. Brüning auf dem Kanzlerplatz, neben ihm der neue Vize- kanzler Dietrich-Baben, gleichsam als Manifestation des neuen Regterungswillens Gröncr als dritter, weiter hinten dann Schiele, als letzter tn der Reihe neben dem neuen ReichSjusttzmintster Dr. Brebt, TrevtranuS. Punkt 4 Uhr ertönt LöbeS Glocke. Zwei ManbatSnteber- legungen werden bekanntgcgeben. Dr. Wunderlich (Leipzig), der neue RcichsgerichtSrat, ist auSgcschteben, Schiele hat seine parlamentarischen Bindungen abgelegt, um aus der Mtntster- bank Platz zu nehme». „DaS Wort hatte Herr Reichskanzler!* Totenstille herrscht im Saale. Diese Regierungserklärung ist eine Sache für sich. Mit keinem Worte fordert diese Regierung von dem Parlament Vertrauen. DaS ist ganz außergewöhnlich, den» entweder am Anfang ober Ende der ersten Erklärung jede» Kabinett» sieht al» Bitte oder Forderung der Appell an den Reichstag, wen» nicht et» Vertrauensvotum »» beschttesten, i» doch »»» l S