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Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- Armende Nummer bis Bormittags '/-H Uhr. Abonnement-Preis beträgt vierteljähr- U 1 SV Ps. Einzelne Nrn. 10 Pf. M«te pro Zeile lv Pf., für auswärts 1b Pf. Tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. Filialen: in Altstadt«ak>««bu»g bei Her«» Otto Förster; inTallMbmg b«i-M.Gt«mA wirk« Fr. Herm. Richt«; in M Herrn Fr. Janaschek; « ll«,e»chE»»Äbti Herrn H. Stiegler; m P«n„ bei H«amAS» Helm Dahler; in Noch-b«-, bei Zehl; in WoUenburg bei H—r» H«m. Wvb»- Ham; in Ziegelheim bei Hm«, Sv»«» Kirste» UN- Waldenburger Anzeiger »«rsp'acher«r."st. Amtsblatt für den ^tcrdtrnt zu Maldenburg. — Zugleich weit verbreitet in den Städten Perlig, L«»zenau, Lich ter» stciU-Eall«ber- und in den Ortschaften der nachstehenden Stands-am tsb»jirle: Iltstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, Gt. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Fallen, Grumbach, Kaufungen, LangenchurSdorf, Langenleuba-Niederham, Lurge»- leuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. L, Reichenbach, Remse, RochSburg, Gchlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 241. Sonnabend, de« IS Ottober 1904. WitterungSberichl, ausgenommen am 14. Oktober, Nachm. 3 Uhr. Varometerftgntz 766 MM reduziert aus den Meeresspiegel. Thermometerstand -f- 9 6. (Morgens 8 Uhr -t 3,»° 6. Tiefste Nachttemperatur -f- 1' 6.) Kenchtißleits- lchslt der Lust nach Lambrechts Polymeter 58'/». T»-»«kt — 0,,* 6. Windrichtung: Ost. Niederschlagsmenge in den letzten 84 Stunden bis früh 7 Uhr: 0,» mm Daher WitternngsanSsichten für den 15. Oktober: Halb bi» ganz heiter. Der Lippische Landtag hat die Regierungsvor lage adgelehnt. »Waldenburg, 14. Oktober 1904. Einig» Tage herrschte Herbststurm, draußen in der Natur und in den Zeitungsspalten. An beiden Stellin ist die Er regung erfreulicherweise bald wieder gewichen, zum Glück auch, ohne hier wie da bedeutenderen Schaden ang»richlet >u haben. Das Toben der Elemente in der Welten-Runde ist um diese Zeit nicktS Ungewöhnliches, es kehrt alljährlich »nieder; dir vcrsassungSrcchtlichen Auseinandersetzungen, welche über den Thronfolgestreit im Fürstentum Lippe sich mit ge steigerter Lebhaftigkeit entwickelten, sind dagegen in ihrer Art ganz vereinzelt, und es besteht nicht allein die Hoffnung, sondern auch die Zuversicht, daß sie sich nicht erneuern werden. Allenthalben ist es in Deutschland zum Ausdruck als ein selbstverständliches Empfinden des Volles gekommen, ^aß die Söhne der einzelnen deutschen Stamm», die 1870/71 !° tapfer und todestreu vor dem Feinde standen, aus der wicdererrungenen deutschen Einheit doch so viel gewonnen Haden, daß sie ein Recht haben, sich den Landesfkrsten zu Zählen, den sie sich wünschen und Haden wollen, falls das Erlöschen der regierenden Familie eine Neuwahl erforderlich Macht. Lie Depesche unseres Kaisers an den jetzigen Graf- Regenten Leopold von Lippe-Detmold hat auch diesem natür lichen Volksrecht nicht vorgreifen wollen, wie etwa über eifrige Politiker zu vermuten geneigt waren, im Gegenteil erkennt, wie es nun auch der Reichskanzler Graf Bülow er läuterte, das Oberhaupt des Reiches diese einzelstaatlichen Privilegien an. Tie Regelung der Erbfolge-Angelegenheit lvird nunmehr ihren normalen Verlauf nehmen, und die- Migen haben zu früh frohlockt, die da meinten, es würde sich ein innerpolitischer Riß im deutschen Reiche ergeben. Eerade unter solchen Auseinandersetzungen zeigt sich, wie tief das Rechtsbewußtsein in ganz Deutschland eingewurzelt ist, das Rechtsbewußtsein, welches sich auch beim Buren-Kriege und bei anderen Gelegenheiten so glorreich geltend machte. Ein Sturm im Glase Wasser war gegenüber der Auf legung in Lippe der zwischen den Berliner Stadtoätern und der preußischen Staatsregierung ausgebrochene Konflikt; die letzter» will es nicht dulden, daß die Stadt Berlin in den ihr gehörigen Schulen die Turnhallen oder andere größere Räume in den Abendstunden, in welchen keine Benützung für die Schule stattfindet, wahllos an allerlei Vereine für deren Verfammlungcn vermietet. Die staatliche Aufsichts behörde bekämpft und verbietet die Abhaltung von frei religiösen und radikalpolitischen Versammlungen in solchen Tchulräumen unbedingt! Die Berliner Stadtverwaltung — Magistrat und Stadtverordnete — Haden sich darüber in hohem Maße erregt, freilich nichts mit ihren Protesten ausgerichtet, während man außerhalb der Millionenstadt darüber recht kühl denkt und der Anschauung zuneig«, daß Pereine mit extremer Tendenz in Schulräumen wirklich nichts -u suchen haben. In Verlegrnheit kommen diese Vereine durch daS staatliche Verbot ja nicht, da eS in Berlin mehr wie genug und übergenug solcher Versammlungslokal, gibt. Die ganze Angelegenheit hat eigentlich auch nur um des willen außerhalb des Berliner Weichbildes größere Beachtung gefunden, weil in der Maßnahme der preußischen Regierung der erste, längst erwartete Schritt erblickt wird, die Berliner Stadtverwaltung auf andere Füße zu stellen. Hervorragend bemerkt worden ist die von echtem und rechtem modernen Geiste durchwehte Rede unseres Kaisers, welch» der Monarch bei der feierlichen Einweihung der neuen technischen Hoch- schul» in Danzig gehalten hat. Haben auch die neuen tech- Nischen Wissrnschaften die Bedeutung der Landwirtschaft nicht in den Hintergrund drängen können, so sind sie doch heute, wo die Industrie ihr Gebiet immer weiter ausgedehnt, »ine Macht gewordrn. Der Reichskanzler Gras Bülow hat durch seine glückliche Erläuterung deS kaiserlichen Telegramms in der Lippischen Angelegenheit viel Beifall geerntet; wenn man daran denkt, daß in der Regel zwei gute oder auch zwei minder gute Dinge zusammen-, resp. kurz nacheinander kommen, so kann man die Hoffnung hegen, daß bei der bevorstehenden Handels- Kampagne im deutschen Reichstage der leitende Staatsmann ebensoviel Geschick aufweisen und nicht weniger Glück haben > wird. Die Kette der abgeschloffenen Verträge wird länger und länger, und wenn wir mit Oesterreich-Ungarn im Reinen sind, dürfte Graf Bülow getrost an den Reichstag hcrantreten können. Eine Abmachung mit den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika steht freilich noch immer auS, sie ist auch wohl in ziemlich weite Ferne gerückt, aber eine staatliche Reise Von glücklich errungenen anderen Vorträgen kann uns vorläufig trösten und sie wird auch ihren Eindruck nach Außen, auch nach Amerika hin nicht verfehlen. Jevenfalls haben wir keinen Anlaß, den Amerikanern die Einfuhrtür! für das deutsche Reich sperrangelweit offen zu halten, während man drüben uns am liebsten in der Tür festklemmen möchte. Las gibt'S nicht mehr, ein ehrliches Entgegenkommen muß vielmehr ein anderes zur Folge haben. Daß einzelne nord-! amerikanische Politiker daS eingesrhcn haben, beweisen die Reden während d-r Agitation für d>» im November stalt- findrnde Präsidentenwahl. Ob sie im Stande sein werden, ihren sehr treffenden Gedanken später die rechte Verwirklichung zu »erschaffen, das steht freilich auf einem anderen Blatt und muß Vor der Hand bezweifelt werden. Vor der letzten Wahl sprach der heutige Präsident Roosevelt sehr energisch für eine Reform der fehr hohen nordamcrikanischen Zölle, aber bei dem Willen ist's geblieben, der Widerstand der großen Ring-Gesellschaften zur Festhaltung der hohen Preise war zu mächtig; und viel anders wird es auch nach der jetzigen Wahl nicht werden, mag nun Herr Roosevelt oder sein Gegner Parker als Sieger aus dem Streit hervorgehen. Dev rusfisch-japanische Krieg. Auf dem rufsisch-japanischen Kriegsschauplätze haben die Japaner den russischen Vormarsch mit einem energischen Gegenstoß beantwortet. General Kuropatlin berichtet dem Zaren, der Vormarsch sei, besonders auf dem linken russischen Flügel, auf starken Widerstand gestoßen. Ein heftiges Ge fecht, das mit zahlreichen Verlusten auf beiden Seiten endete, fand 10 Werst südlich von Pönsihu statt. Ter Stabschef Ssacharow fügt hinzu, daß das Gros der russischen Armee an einem Punkte 5 Kilometer südlich von Jantai und 7 Kilometer von Pönsihu eingetroffen sei. Lie russischen Streit kräfte seien 830,000 Mann stark mit 800 Kanonen. Tie Ruffen seien den Japanern an Zahl überlegen. Die amtlichen japanischen Meldungen bestätigen, daß die Russen bei Pönsihu bereits den Taitse-Fluß überschritten hatten und »inen Versuch unternahmen, die Armee Kurokis abzuschneiden. Dieser Versuch wurde jedoch durch einen stürmischen Gegenangriff der Japaner vereitelt. Ein russisches KorpS soll in der Hitze des Gefechtes sogar soweit vorge drungen sein, daß rS den Japanern nicht mehr rechtzeitig entweichen konnte und dem General Kuroki in die Hände gefallen sein soll. Lin andere- Telegramm auS Tokio verlegt die Kämpfe an den Hunfluß, alfo in das Gebiet von Mulden. Am Mittwoch erfolgte der japanische Gegenstoß auf der ganzen Front, rr brachte die Vorwärtsbewegung KuropatkinS zum Stillstand. Die zerstreut aufgestellten russischen Truppen ver- suchten anzugreifen, bevor sie sich konzentriert hatten. Am Hunfluß ist ein schwerer Kampf unvermeidlich. Diejenige russisch» Abtrilung, welch» die Umg»hungSbrwegung auSführrn wollt», b»stand aus etwa 5000 Mann, sie wurde abgeschnitten und wird vielleicht von den Japanern abgefangen werden. Die russische Abteilung, der dies Mißgeschick widerfahren sein sein, steht unter d«m Befehl drs Generals Mischtschenko. Vie entscheidenden Operationen stehen noch auS, erfolgen aber wohl bald. Zwischen dem Taitse- und dem Hunfluß muß die Ent- scheidung fallen. Für di» f»indlichen Heer» gibt eS keinen Rückzug, kein Entrinnen. Tie Japaner können, wenn sie in die Flucht geschlagen werden sollten, ebenso wenig schnell über den Taitseho hinwegsetzen, wie die Russen im gegen teiligen Falle in d,r Lage wären, den Hunfluß zu nehmen. Je sicherer eS ist, daß aus dem engen Raume zwischen den beiden genannten Flüssen die große Entscheidungsschlacht aus gefochten werden wird, um so bedauerlicher ist der Mangel klarer und authentischer Nachrichten über den jeweiligen Stand der Ting». So lange endgültige Entscheidungen nicht »orliegen, sich vielmehr noch alles im Stadium der Ent wickelung befindet, darf man allerdings schwerlich auf amt liche Nachrichten rechnen. AuS den Mitteilungen des Mar schalls Oyama ist wenig zu entnehmen, und General Kuro- patkin beweist fick wieder einmal ganz und gar als der groß» Schweiger. Ob man auS seiner Wortkargheit auf ein Fiasko seines Unternehmens zu schließen hat, müssen schon die nächsten Tage lehren. Nus der Fülle der vorliegenden Nachrichten heben wir da» folgende hervor: Marschall Oyama gab ein Bild der Operationen an den beiden ersten Schlachttagen, Montag und Dienstag. Er sagt, daß die japanischen Opcrativnen guten Fortgang nehmen. General Kuropatkin suchte den rechten japanischen Flügel aufzurollen und dann das Zentrum bei Jantai anzugreifrn. Tie Kämpfe währten volle zwei Tag». In einem heftigen Gegenangriff wurden schließlich die russi- schen Abteilungen, die drei Attacken gemacht hatten, unter schweren Verlusten zurückgcworfen. Die russische Artillerie konnte trotz heftigen Granatfeuers nicht zum Schweigen ge bracht werden. Nach weiteren japanischen Meldungen haben die Generale Oku und Nodzu ein gemeinsames Umgehungs manöver eingeleitet. Tie Russen hätten auf der ganzen Linie den Rückzug angetreten. Die Abteilung Mischtschenko sei eingeschlossen und habe 8 Geschütze verloren. Port Arthur, zu dessen Entsatz General Kuropatkm auf Befehl aus Petersburg vielleicht früher, als ihm lieb war, die Offensive ergriff, steht nach einer Meldung aus Tokio in Flammen, nachdem eS drei Tage lang unaufhörlich von der Landseite aus bombardiert worden war. Zahlreiche Russen zeigten bereits die weiße Fahne und ergaben sich. Die Ja paner sollen zwei weitere Forts erobert haben. Eine in der Nähe der Wohnung der Generals Stössel eingcschlagene Granate nötigte diesen, seinen Aufenthalt näher an der Stadt zu verlegen. Die Kindersterblichkeit in Port Arthur ist sehr groß. Am 1. Oktober vrrsuchte das Port Arthur-Geschwader angeblich einen Ausfall zu machen, der jedoch durch daS Feuer, der den östlichen Hafen beherrschenden japanischen Batterien vereitelt wurde. In Petersburg ist di» zuvr-sichtliche Stimmung schnell einer allgemeinen Beunruhigung gewichen. Um MischtschinkoS Abteilung ist man ernstlich besorgt, da man die Verwegen heit des Generals kennt und weiß, daß Kuropatkin gerade seinetwegen den gemessenen Befehl, überall Besonnenheit an den Tag zu legen, erließ. Auch sieht man darin ein un günstiges Anzeichen, daß in Regierungskreisen jetzt betont wird, KuropatkinS Vorstoß sei richt durch Petersburger Depeschen, sondern lediglich durch mündliche Berichte deS Fürsten Radziwill über die schwierige Lage Port Arthurs, di» dessen unverzüglichen Entsatz notwendig mache, erfolgt. Politische Kuudschan. Deutsches Reich. Der Kaiser und di« Kaiserin gedenken am Sonnabend von HubertuSstock nach Potsdam zurückzukehren. DaS Jagd glück ist dem Kaiser sehr günstig gewesen; der Monarch er legt» mehrer» Achtzehn- und Sechzehnender. Unsere Truppen in Eüdwestafrika sollen Berliner Blättern zufolge um weitere 3000 Mann verstärkt werden. In der Kolonialabteilung fand dieser Tage eine Sitzung unter der Lritung des Direktors Stübel statt, die sich mit den Vorgängen besonders im Süden de- Schutzgebiets de-