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Frankenberger Tageblatt Bezirks- Anzeiger Amtsblatt für die König!. AmtshaHtmMuschaftMha, das König!. Amtsgericht und den Stadttat zu Frankenberg * «erantworlllcher Redakteur: Ernst Roßberg sen. in Frankenberg i. Sa. — Druck und «erlag von L ». Roßberg in Frankenberg i. S«. 22S Donnerstag den 26. September 1V18 77. Jahrgang Zeichnungen auf die A. Kriegsanleihe nimmt entgegen «n- z« kostenloser Auskunftserteilung darüber ist gern bereit die Städtische Sparkasse Frankenberg. Brotkarten-Ausga-e. Die vom 28. September bis 29. November 1918 geltenden Brotkarten gelangen in unlerer >4 — zur Ausgabe, und zwar: Donnerstag, den 2S. September 1918. von vormittags 8 bis 12 Uhr für den 1. Bezirk. , , » » - nachmittag« 3 bi« 6 Ubr »ür den 2. Bezirk; Freitag, de« 27. September 1918, von vormittag» 8 bis 12 Uhr für den 3. Bezirk, » » » » » » nachmittags 3 bis 6 Uhr für den 4. Bezirk. Die Brotkarten werden nur gegen Vorlegung der Ausweiskarte verabfolgt. vi» »knek «rnd»Uinge Ttadtrat Frankenberg, am 25. September 1918. Ak lüMeiilMö TWtlM ms Fck ui LtMÜ oder nach Inlands-Garnisonen erfolgt pünktlich in allabendlicher Absendung unter Streifband durch die Post. Bezugspreis einschließlich Versandspesen für den Monat Mark 1.30. Bestellungen auf Einzelmonate oder längere Bezugszeit werden täglich angenommen. — Für die bisherigen Enlpfänger wolle man die Weiterbestellungen baldigst erneuern. Berlag de» Frankenberger Tageblatte». Die KgierulOtlMillW »her Die Rede des Reichskanzlers Graf v. Hertling im Hauptausschuh, dir wir auszugsweise bereits gestern mil teilten, hatte folgenden Wortlaut: Meine Herren! Der Ausschuß ist zusammengetreten, um in der ernsten Lage, in der wir uns zur Zeit befinden, von der Reichsleitung Auskunft über eine Reihe schwerwiegender Fragen zu erhalten und dieselben mrt den Regierungsvertretern zu besprechen. Der Wunsch ist durchaus begreiflich und wir werden ihm nach Möglichkeit «ntgegenkommen. Zunächst möchte ich mir aber gestatten, einige, allgemeine Benierkungen vorauszuschicken. Meine Her ren! Wie Ihnen bekannt ist, hat sich weiter Kreise der Be völkerung eine tiefgehend« Verstimmung bemächtigt. Der letzte Grund dafür ist der Druck, welchen der furchtbare, nun schon mehr als vier Jahre währende Krieg verursacht, alle die Leiden und Entbehrungen, die er zur Folge gehabt hat, die Opfer, die er allen Ständen, allen Familien und mehr oder minder jedem einzelnen auferlcgt. Ich denke nicht daran, diesen Druck durch Worte verringern zu wqllen. Aber, m. H.„ wenn die Mißstimmung durch unsere gegenwärtige militärische Lage, durch die Ereignisse an der Westfront beeinflußt ist, so muß ich, ohne den zu erwartenden Mitteilungen des Ver treters des Kriegsministeriump vorgreifen zu wollen, mit allem Nachdruck erklären, daß sie weit über das berechtigte Maß hinausgeht. Gewiß, m. H., unsere letzte großangelegte Offen siv« hat uns nicht den gehofften Erfolg gebracht, das maß ohne mriteres zugegeben werden. Die Heeresleitung hat sich veranlaßt gesehen, unsere Seit vorgeschobenen Linien auf die sogenannte Siegfriedstellung zurückzunehmen. "Die Lage ist ernst, aber wir haben keinen Grund', kleinmütig zu sein. Wir haben schon Schwereres durchzumachen gehabt. Denken Sie an den Sommer 1916, als die erste Verdun-Offensive scheiterte, an der Somme die heftigsten Kämpfe und im Osten die Massenanstürme Brussilows stattfanden, welch« die be kannten ungünstigen Rückwirkungen an der österreichisch-italie nischen Front nach sich zogen, worauf auch noch Rumänien in den Krieg «intrat. Damals haben wir den Mut nicht ver loren, sondern den Feinden, die uns am Ende wähnten, gezeigt, was entschlossener Siegeswille vermag. Und wie steht es heute? Wir haben Frieden mit Rußland und mit Ru mänien, und wenn auch die Verhältnisse in dem ehemaligen russischen Reiche noch nicht geklärt sind und die Zukunft un sicher erscheint, so ist doch für uns die frühere Bedrohung von zwei Seiten in Fortfall gekommen, und ein beträcht licher Teil unserer vormÄigen Ostarmee kann jetzt im Westen verwendet werden. Die österreichisch-ungarische Armee hält weite Strecken italienischen Gebietes besetzt und behauptet dort standhaft ihre Stellungen. In Frankreich aber weisen unsere Truppen die von Franzosen und Engländern unter nommenen und durch moderne Kampfmittel aller Art unter stützten Vorstöße zurück. Der alte Geist ist in ihnen lebendig. Das haben die Ereignisse der letztvergangenen Tage deutlich erkennen lassen. - Die hartnäckigen Durchbruchsversuche des Fein des werden scheitern. Des Vaterlandes treue Söhne wehren ihm todesmutig das Eindringen. Und da sollten wir verzagt werden? Sollten vergessen, was früher geschehen ist? Sollten wir da den Männern, die in vergangenen Jahren .uns von Sieg zu Sieg geführt haben, nicht mehr das rück haltlose Vertrauen «ntgegenbringen, weil einer der Wechsel fälle eingetreten ist, wie sie die Kriege jederzeit mit sich brin gen? Nein, meine Herren» das wäre unmännlicher Kleinmut und schnöder Undank. Unsere Feldherren Hindenburg und Ludendorff werden sich, wie jeder früheren, so auch der gegen- > wärtigen Lage gewachsen zeigen, und der voreilige Siegesjubel der Feinde wird bald wieder absläuen. Aber Heer und Heimat gehören zusammen. Ich habe auch bei früheren Gelegenheiten nicht versäumt, wie dem Volk in Waffen, so dem Volk in der Heimat meine Bewunderung und meine Hochachtung aus zusprechen. Gewiß, die laute Begeisterung, wie sie die August- tage 1914 uns erfüllten, konnte nicht anhalten. Aber die - feste Entschlossenheit, auszuharren bis zum Ende, sie wird i allen Schwankungen und Erschütterungen zum Trotz fort- i bestehen/ Die Väter und Mütter in der Heimat werden Söhn«, Gatten und Brüder draußen im Felde nicht im Stiche lassen, gerade jetzt, wo es aufs Ganz« geht. Sie militärische mit politische Loge Wir haben den Krieg vom ersten Tage an als einen Verteidigungskrieg geführt. Nur um unserer Ber- tcivigung willen sind wir in Belgien eingerückt. Ich betone das uni so energischer angesichts des schnöden Mißbrauchs, der bis in die letzten Tage hinein mit den bekannten Worten des damaligen Herrir Reichskanzlers getrieben wurde. Als wir in Belgien einrückten, haben wir das geschriebene Recht ver letzt. Aber es gibt wie für den einzelnen, so auch für die Staalen ein anderes Recht,-das ist das Recht der Selbst verteidigung und twr Notwehr. Wir hatten Grund zu der Annahme, daß, wenn wir nicht rasch handelten,^ der Feind uns znoorkommen und bei uns einrücken würde. Ätachträglich haben wir dann aus den belgischen Archiven ersehen, wie bedenklich es längst vor Ausbruch des Krieges um die bel gische Neutralität bestellt war. Und hatten wir nicht vor dem notgedrungenen Einmarsch Belgien die Friedenshand geboten und uns bei Zusage der Neutralität anheischig ge macht, für die durch unsere militärischen Maßregeln ent standenen Schäden aufzukommen? Wir haben das gleiche Angebot zum zweiten Male nach der Einnahme von Lüttich gemacht, aber die belgische Regierung wollte nichts davon wissen und schloß sich dem Bunde unserer Feinde an. Um unsere Berteioigung allein hat es sich bei all den weiteren Kämpfen gehandelt. Wir mußten uns im Osten der ge waltigen russischen Heeresmafsen erwehren, die verwüstend in Ostpreußen eingedrungen waren, und sie in harten Kämpfen in ihre Grenzen zurückweisen und sie dann Schulter an Schulter mir unseren treuen Verbündeten an ihrem weiteren Vordringen verhindern. Ebenso kämpfen wir im Süden an der Seite der österreichisch-ungarischen Monarchie gegen das treulose Italien und das Frankreich, das nunmehr der hauptsächlichste Kriegs schauplatz geworden fst. Wir haben nie ein Hehl daraus ge macht, daß uns jeder Gedanke an Eroberungen fern liegt. Wie aber stehen die Dinge auf der Gegen seite? Freilich, wenn man den Auslassungen der Feinde, amtlichen und außeramtlichen, Glauben schenken sollte, so ginge ihr Wille nur dahin, das in frevelhaftem llebermut die Welthegemonie erstrebende Deutschland zurückzuweisen, für Freiheit und Gerechtigkeit gegen deutschen Imperialismus und preußischen Bttlitarismus zu kämpfen. Wir wissen es besser. Vorbereitet wurde der Weltkrieg schon vor Jahren durch die bekannte Einkreisungspolitik König Eduards. Für die Gegenwart freilich haben die feindlichen Machthaber es ver- stanven, durch einen unerhörten Feldzug der Lüge und Ver leumdung die Wahrheit zu verdunkeln. Was durch das ge sprochene oder geschriebene Wort nicht erreicht wurde, mußte durch bildliche Darstellung ersetzt werden, durch Erzeugnisse einer geradezu teuflischen Phantasie, von der man sich mit Entsetzen und Ekel abwendet. Aber der Zweck ist erreicht worden, in der feindlichen Bevölkerung ist ein Haß gegen die Mittelmächte, insbesondere gegen Deutschland, entfacht, der alle Besonnenheit aufhebt, jedes gerechte Urteil erstickt. Sie haben alle die jüngste Rede Clemenceaus ge lesen, die an fanatischem Haß und Roheit der Gesinnung alles bisher Geleistete zu übertreffen schien. Aber in Amerika hat sie, wie die zu uns herüberdringenden Kundgebungen beweisen, ein vielstimmiges Echo gesunden. In den Ver einigten Staaten ist zurzeit der wildeste Kriegstaumel im Gange. Und die englische Negierung, die mit besonderer Vorliebe die Worte von Recht und Gerechtigkeit im Munde führt, hat es ganz neuerlich damit vereinbar gefunden, das zusammcngelaufene Gesindel der Tscheckw-Slowaken als krieg- , führende Macht anzuerkenncn. Die Lage ist ernst, aber zu > tiefer Mißstimmung gibt sie keinen Anlaß. Der eherne Wall ! an der Westfront wird nicht durchbrochen werden und der s Unterseebootkrieg erfüllt langsam, aber sicher seine Aufgabe, l den Frachtraum zu verringern und dadurch vor allem den Nachschub von Mannschaften und Material aus den Der- ! einigten Staaten wirksam zu bedrohen. Die Stunde wird kommen, weil jie kommen muß, wo auch die Feinde zur Vernunft kommen uiw sich bcreitfinden werden, dem Krieg ein Ende zu machen, ehe die halbe Welt zu einer Trümmer- - stätte geworden ist und die Blüte der Manneskraft tot am i Boden liegt. Inzwischen gilt es, kaltblütig und zuversichtlich, einheitlich »und fest entschlossen zusammenzustehen. Für uns alle kann es ja nur «in Ziel, «in Ini«r<sse geben: den Schutz des Vaterlandes, seine Unabhängigkeit und Bewegungsfreiheit. Gewiß gibt es auch bei uns Meinungsverschiedenheiten auf politischem Gebiete, und di« Zeit nach dem Kriege wird uns im Innern vor neue Probleme stellen. Ich will davon jetzt nicht reden, aber da ich weiß, daß di« vor handene Mißstimmung nicht allein durch die zuvor ange deuteten Leiden und Kümmernisse der Kriegszeit, sondern auch durch ganz bestimmte Sorgen und Beschwerden politischer Art beeinflußt wird, will ich hierüber ein kurzes Wort sagen. Ich bin von dem Tage an, da ich die schwere Bürde des Kanzleramtes übernommen habe, bestrebt gewesen, die von mir gegebene Zusage zu erfüllen, und ich werde mich durch nichts beirren lassen, was nach dieser Richtung noch aus-, steht, energisch durchzuführen. Natürlich denke ich hierbei an Vie große Reformvorlage, die zwar nicht vor das Forum des Reichstages gehört, aber weit über di« preußische Grenze- hinaus die politischen Kreise in Deutschland beschäftigt. Ich kann hier nur auf di« Erklärungen verweisen, die ich wieder holt, zuletzt im preußischen Herrenhaus«, abgegeben habe. Die Staatsregierung ist fest entschlossen, j>.i« Vorlage zur Annahme zu bringen und wird dabei vor keinem ihr verfassungsmäßig zu Gebote stehenden Mittel zurück schrecken. Dabei aber - bitte ich «ins zu b«denken: es handelt sich um eine tiefgreifende Veränderung in der historrsch er wachsenen Struktur des preußischen Staates. Es wäre eine Unbilligkeit, ja es wäre ein Unrecht, wenn den Vertretern der allen Ordnung nicht die Möglichkeit gegeben würde, ihren Standpunkt in dem Parlament zu vertreten, oder daß man über ihre Argumente mit leichter Handbewegung h!n- weggehen würde. Von Verschleppungsversuchen darf natürlich nicht die Rede sein und ist auch nicht die Rede, wie sich die Herren in Bälde überzeugen werden. Gelingt es jedoch nicht, das gesteckte Ziel auf dem Weg parlamentarischer Ansprachen zu erreichen, so wird eben der andere Weg beschritten werden, den die Verfassung vorzeichnet. Lassen Sie mich zum Schluß noch einen kurzen Blick auf die<Zukunft werfen. Die Menschheit zittert bei dem Gedanken, daß dieser schreckliche, kulkturvernichtende Krieg nicht der letzte sei, sondern weitere Kriege Nach sich ziehen werde, und die Frage beschäftigt immer weitere Kreise, ob es kein Mittel zur Abhilfe gäbe, ob cs nicht möglich sei, eine Organisation unter den friedens« bedürftigen Völkern zu schaffen, die das Recht an die Stelle der Macht, die friedliche Lösung an die Stell« blutiger Kämpfe Hetzen würde. Bekanntlich hat der Präsident der Vereinigten Staaten in 14 Punkten die Richtlinien für einen Friedensschluß aufgestellt. Ich habe am 24. Januar d. I. in Ihrem Ausschuß die sämtlichen Punkte besprochen und zu dem letzten derselben bemerkt, daß mir der hier ange regte .Gedanke eines Völkerbundes durchaus nicht unsym pathisch sei, unter der Voraussetzung, daß ehrlicher Ariedens- wille und die Anerkennung des gleichen Rechtes aller Bundes staaten gewährleistet sei. Herr Wilson hat aber weder damals noch später davon Notiz genommen. Inzwischen scheint sich ja auch der frühere Idiologe und Friedensfreund in das Haupt der amerikanischen Imperialisten umgewandelt zu haben. Aber der Plan eines zu gründenden Völker bundes wird dadurch nicht deskredicrt. Er hat in dem schweizerischen Bundespräsidenten Calonder und dem nor wegischen Minister Knudsen beredte Fürsprecher gesunden, welche beide, insbesondere auf die Interessen der neutralen Staaten an einer solchen Einrichtung Hinweisen. Ueber die Freiheit der Meere, habe ich mich schon früher ge äußert. Sie bildet eine notwendige Voraussetzung für den uneingeschränkten Verkehr der Staaten und Völker. Hier aber werden, selbstverständlich nicht auf unserer Seite, die größten Schwierigkeiten gemacht werde». Als ich seinerzeit diesen Punkt berührte, und auf die Konsequenzen hinwies, welche von einer ehrlichen Durchführung verlangt würden, also ungehemmter Zugang aller Nationen zu den Binnen meere», keine Vormachtstellung Englands in Gibraltar und Malta, wie im Suezkanal, hat eine englische Zeitung dies als „Unverschämtheit" bezeichnet. Endlich der Schuh der kleinen Nationen. Hier können wir sofort uno ohne Vorbehalt zn- stimmen, da wir hier ein völlig reines Gewisse» habe». Der Herr Staatssekretär des Auswärtige» wird sich noch näher über die politische Lage aussprechen und dabei ins besondere die bekannt« österreichisch-ungarische Not« bespreche», sowie die Aufnahme, die sie bisher auf der feindlichen Seite gesund«!, hat. Mit überstürzter Eile haben die Machthaber