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und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mr. so Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 1V Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Sonntag, de» 9. April 1882. Einst ging ein Frommer hin an's Grab, Wo seine Lieben schliefen, Und wollt' im Geiste schau'n hinab, In die verborgnen Tiefen; Ec wollt' in seines Herzens Trieb An ihrem Grabe weinen; Denn die drin schliefen, hat er lieb, Wie hier auf Erden Keinen. Und steh', das Grab war aufgethan, Die Felsengruft stand offen; Da wagt er's kaum, sich ihr zu nah'n, Von Furcht und Grau'n betroffen; Doch bald mit schönem Angesicht Empor ein Engel blicket. Und süß und freundlich zu ihm spricht, Was ihm das Herz erquicket: OßeW. Komm her und sieh', das Grab ist leer, Komm, sieh' und laß das Klagen! Er ist im Grabe nun nicht mehr, Den ihr hierher getragen. Ihm ist nun wohl! Er schaut nun gern Auf diese Stätte nieder, Und singt dem Herren aller Herrn Mit Engeln Jubellieder. — Wir blicken auch in's Grab hinein Und finden nicht den Todten; Doch sehn wir Licht und Himmelsschein Und hören Gottes Boten. Dann gehn wir selig und vergnügt, Gedenken gern der Frommen. Und sprechen: Gott hal's wohl gefügt! Er ist zur Ruhe kommen! Im Geist sehn wir am Wege stehn Mit himmlischen Geberden Den Herrn des Lebens, und wir sehn, Er ist nicht von der Erden; Und öffnet seinen Mund und spricht, Daß uns die Herzen beben: „Ich bin, ihr Lieben, Zaget nicht, Die Auferstehung, Leben." Und als wir beteten, verschwand Der Herr aus unsern Blicken; Wir aber sahn in's Vaterland Ihm nach mit Hochentzücken. Wohl Jedem, der besuchet hat Manch Grab mit Wehmuthswunden, Und der dort an der Seinen Statt Den Heiland hat gefunden! S. Die zu Ostern d. I. fälligen Commun-Anlagen sind bis zum 20. dieses Monats zu bezahlen. Stadtsteuer-Einnahme Waldenburg, am 8. April 1882 Das auf das erste Vierteljahr 1882 fällige Schulgeld ist spä- tsstens bis zum 17. dieses Monats an hiesiger Rathsexpeditionsstelle zu bezahlen. Schulkasfenverwaltung Waldenburg, den 1. April 1882. Erledigt hat sich die auf Dienstag, den 11. l. M., Vormittags 10 Uhr in hiesiger Rathskeller-Wirthschaft angesetzte Versteigerung. Waldenburg, am 8. April 1882. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts. Arnold. *Waldenburg, 8. April 1882. Auferstehung. Die Glocken läuten die Ostern ein In allen Enden und Landen — Und fromme Herzen jubeln drein .... Es ist ein schönes, sinniges Fest, das wir feiern, das Fest der Auferstehung. Der Heiland sprengt die Banden des Todes, trium- phirend in himmlischem Glanze steigt er aus der öden Grabesnacht, und der gläubige Christ denkt wonneschauernd des großen gewaltigen Augenblicks, wo die Posaunen tönen, und wir alle, die wir als Staub in Staub gesäel sind, uns vor dem Angesicht Gottes, prangend in neuer Schöne, versammeln. Es giebt keine Vernichtung, kein Verwesen, kein Ver sinken in das unendliche Nichts .... Die Kirch höfe sind nur die Herbergsstätten müder Erdenwan derer, in welchen sie ausruhcn von Trübsal und Qual, von Kummer und Gram, um dereinst aus vieltaufindjährigem Schlafe geweckt, wieder den süßen Reiz des Lebens zu fühlen, eines Lebens, dem kein Ende und Ziel mehr gesetzt .... Welcher Gedanke könnte tröstlicher sein? . . . Giebt cs etwas, was die Seele furchtbarer erschüttert, als die düstere Vorstellung, daß wir hinwegaeblasen sein sollen wie das Blatt, das vom Baume fällt, daß mir verloren sein sollen wie die Flocke Schnee, die in der Sonne schmilzt? Und nun träumen zu können, daß wir nicht auf ewig Abschied nehmen dürfen, wenn es zum schweren Scheiden geht, daß drüben in dem räthselhaften Jenseits noch eine Fort setzung des Daseins folgt, eine schönere und idealere, -- fürwahr ein wunderbar heilkräftiger Balsam, ein Balsam für alle Wunden, die uns ein unbarmherzig Schicksal schlägt, liegt in diesem frohen, freudigen Glauben. Sein oder Nichtsein, das ist die Frage, die uns Alle wenigstens einmal gründlich und aus dem Fun dament beschäftigt, wenn nämlich Freund Hain den Kopf durch dre Thür steckt, und der Hammer unserer Lebensuhr zum letzten Schlag aushebt. Und gehören wir auch vielleicht zu jenen Libellen naturen, die gedankenlos über die Schaumwellen des Zeitstromes dahinfliegen: in der schwülen fieberheißen Stunde, wo sich unser Geist mühsam aus den Fesseln des Leibes losringt, da starren wir tiefernsten Auges in das Chaos von Schatten, das sich immer un klarer und verworrener vor uns ausbreitet, und fragen wie der Philosoph: „Giebt es eine Fortexi stenz in einer besseren Welt, ein Wiedersehen in wonnigeren Räumen?" Ja, auch der Zweifler, der mit mephistophelischem Lächeln über den Kinderglauben an die Unsterblich keit zur Tagesordnung übergeht, und der sich vor kommt wie ein Licht, das eine verborgene Hand plötzlich unv ungeahnt auf immer auslöscht, er ver mag sich an der Grenze von Sein und Nichtsein dieser Frage nicht zu entschlagen. Aus einem Winkel seines Hirns kriecht sie hervor, eine kleine Viper, die lange für tobt dagelegen, und während er sich anschickt zur Reise in das unbe kannte Land, ringelt sie sich noch um seine ent fliehende Seele. Ach, wie schön läßt es sich träumen von diesem unbekannten Lande! Krankheit, Alter und Tod sind abgeschafft, diese drei herben Erbübel der Menschheit; ewige Gesund heit umfächelt uns, ewige Jugend lächelt uns, und das alte häßliche Skelett mit der Sense stört uns nunmehr in keinem Genuß. In unserer Seele scheint wandellos die Sonne, es blühen in ihr die duftigsten Frühlingsblumen, und wir sitzen mit un seren Lieben bei Palmenconcert und Nektar und Ambrosia in einer laubbedeckten Grotte des Para dieses. Uns vorüber schießt vielleicht ein verenden der Stern ... wir leben, unaufhörlich, und wün schen dem zersplitternden Weltkörper mitparadiesischem Humor: „Glück auf den Weg!" Tausend und aber tausend Räthsel veschäftigen uns auf dem rollen den Planeten, wo manches Denkerhaupt schon ver geblich über den Urgrund unseres Daseins nachge grübelt: in den Gefilden der Seligen sind sie alle gelöst, und die Thränen des Schmerzes und der Trauer, die wir geweint, sie schimmern über uns in den siebenfarbenen Bogen des Friedens. Ach! es ist ein köstlicher Traum, dieser Traum vom Jenseits, vom Wiedersehen, von der Aufer stehung von den Todten, und es ist eine überaus sinnige Idee, daß man das Osterfest gerade in den Beginn des Frühlings gelegt hat. Das Erwachen der erstarrten Natur, ihr geheimnißvolles Weben und Wirken in Thal und Höhe, das Sprossen und Keimen in Wald, Wiese und Feld: es ist ein mit kraftvoller Hoffnung erfüllendes Bild unseres der- einstigen Wiedererwachens aus dem Schlummer des Grabes. Der erste Schmetterling, den wir fliegen sehen, der sich aus Raupe und Puppe zu einem neuen schönen Wesen entwickelt hat, erscheint uns, wie eine Illustration zu uns selber und zu den Ver heißungen, die der fromme Glaube in unsere Brust gesenkt. Alles, was verschwunden, was unter der weißen Hülle des Winters verborgen ivar, es kehrt wieder im Lenze, es steht auf von den Todten und lebt, erweckt aus dumpfem Schlummer von dem allmächtig schaffenden Sonnenlichte. In den dürren, blattlosen Baum steigt frischer Saft und alle die Pflanzenleichen, die im Schnee begraben lagen, sie erheben sich in bunter Pracht und duften ihre Träume in die Herzen sinniger Menschen und die Herzen der Dichter, von welchen wir am Schluß einen frommen, gläubigen Oster sänger hier citiren wollen, Emanuel Geibel. Der selbe singt: „Wacht auf, ihr Geister, deren Sehnen Gebrochen an den Gräbern steht, Ihr trüben Augen, die vor Thränen Ihr nicht des Frühlings Blüthen seht. Ihr Grübler, die ihr fern verloren Traumwandelnd irrt auf wüster Bahn! Wacht auf! die Welt ist neu geboren, Hier ist ein Wunder, nehmt es an! Ihr sollt euch All' des Heiles freuen, Das über euch ergossen ward! Es ist ein inniges Erneuen Im Bild des Frühlings offenbart. Was dürr war, grünt >m Weh'n der Luft, Jung wird das Alte fern und nah, Der Odeni Gottes sprengt die Grüfte — Wacht auf! der Ostertag ist da!"