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Amts- VS AnzeWblutt für den Abonnement viertelj. 1 M. 20 Ps. rinschließl. de» „Jllustr. UnterhaltungLbl.' n. der Humor. Beilage »Seifen blasen' in der Expedition, bei unfern Boten sowie bei allen ReichSpostanstalten. GeM des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Erschein« wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. JnsertionspreiS: die kleinspaltige Zeile 10 Pf. Im amtlichen Theile die gespaltene Zeile 25 Pf. ;» r Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: E. Hannebohn in Eibenstock. - ' 46. Jahrgang. Donnerstag, den 10. August 18SS Bekanntmachung. Wegen vorzunehmender Reinigung bleiben die Rathsexpeditionen Jireitag und Sonnabend, den it. und 12. Auguk er. geschlossen. Nur dringliche Angelegenheiten des Standesamtes werden Freitag Bor mittags von 8 bis S Uhr erledigt Eibenstock, den 4. August 1899. Der Rath der Stadt. Hesse. Gnüchtel. Der kehle Akt der „Affäre" hat in Renner, der allen Hauptstadt der Bretagne, am Montag begonnen. Vier Tage lang wird zunächst geheim verhandelt werden, weil man Unheil von dem öffentlichen Bekanntwcrden des geheimen Dossiers fürchtet, alsdann aber soll im vollen Lichte der Ocffentlichkeit weiterverhandelt werden. Bekanntlich hat der höchste französische Gerichtshof in einem mit Einhelligkeit gefaßten Urtheil erklärt, daß das Bordereau nicht vom Kapitän DreyfuS herrühre, während das erste Kriegs gericht im Jahre 1894 seinem verurtheilenden Verdikt die An nahme zu Grunde legte, daß dieses Bordereau thatsächlich von dem Angeklagten geschrieben sei. Inzwischen hat Esterhazy öffent lich anerkannt, daß er der Autor dieses Schriftstückes sei, das er aus Befehl des früheren Ches» de« Nachrichtenbureaus, Oberst Sandherr, verfaßt habe. Dieser Zeuge, auf den Esterhazy sich beruft, ist allerdings todt. Im Hinblick auf die Lügenhaftigkeit Esterhazy» ist auch seine Berufung auf den Oberst Sandherr durchaus unglaubhaft. Sie bezweckt aber, vorzuspiegeln, daß durch das Bordereau der Schuldbewcis gegen DreyfuS lediglich verstärkt, nicht etwa allein durch ihn begründet werden sollte. In der gesammten zivilisirten Welt außerhalb Frankreichs zweifelt nun Niemand mehr daran, daß Esterhazy nicht bloß da« Bordereau geschrieben, sondern auch sämmtliche darin verzeichnete Aktenstücke ausgeliefert hat. Die hervorragendsten Vertreter der deutschen Regierung haben in offizieller Form erklärt, baß niemals deutsche Offiziere oder deutsche Agenten mit dem Kapitän Drey- fu« in irgendwelcher Beziehung gestanden haben. Niemals ist dagegen von deutscher Seite bestritten worden, daß Esterhazy that- iächlich die dem Kapitän DreyfuS ohne jeden Schein einer Be rechtigung zugcjchricbene Rolle gespielt hat. Der Fälscher Oberst leutnant Henry und der Kommandant Esterhazy, zu denen sich allem Anschein nach auch der früher bereits in eine Korruption« affäre au« Anlaß eines Eisenbahnbaue« verwickelte, inzwischen verstorbene russische Exgcneral Annenkow gesellte, haben ein gan zes Netz von Lug und Trug gewoben, in das sich eine Reihe von Generalen des großen französischen GeneralstabcS und eine An zahl Kriegsminister verstrickten. Auf diese Gewährsmänner be rufen sich auch die Ncu-Boulangisten. Wie wenig Bedeutung jedoch diese Autoritäten haben, erhellt vor Allem au« der Thalsache, daß derjenige frühere KricgSmini- >tcr, der eine Zeitlang als Führer der Gegner der Revision er schien, und der in diesen Kreisen bereits als der zukünftige StaatS- Chef galt, daß Herr Cavaignac in öffentlicher Kammersitzung al« den hauptsächlichen Beweis für die Schuld des Kapitäns DreyfuS ein angebliche« Dokument bezeichnete, daS sich später al» plumpe Fälschung de« Oberst Henry erwies. Dank den muthigcn Männern, die wie Schcurer-Kcstner und Trarieux ihre politische Stellung, wie Emile Zola ihre Populari tät als Schriftsteller, wie Oberstleutnant Picquart ihre militärische Karriere in die Schanze schlugen, ist da« ganze Lügengewebe zer rissen. Mit der Kühnheit ter Verzweiflung kämpfen anderseits die kompromittirtcn Generale, allen voran der frühere Kriegs minister, General Mercier, für ihre Existenz. War cs doch dieser, der im Jahre 1894, al« die Entscheidung de« Kriegsgericht« schwankte, diesem geheime Aktenstücke unterbreiten ließ, von denen der Angeklagte und dessen RechtSbeistand keine Kenntniß erhielten, so daß von diesem Gesichtspunkte au« da« Urtheil bereit» null und nichtig war. Die Taktil der kompromittirten Generale in dem neuen Pro zeß ist klar und durchsichtig Während sie früher Geheimnisse vorschützlen, durch deren Enthüllung lediglich in ihrer Phantasie bestehende internationale Verwickelungen hcrvorgerufcn werden sollten, lassen sie jetzt ankündigcn, nunmehr sollte Alle« gesagt werden. Früher durste selbst da« Köpi, die Miiitärmütze de« Oberst Henry, nicht erfahren, was hinter dessen Kopf vorging. Jetzt will General Mercier nicht» verschweigen, vielleicht nicht einmal die vom General Annenkow gefälschten Briese de« — deutschen Kaiser» an den Kapitän DreyfuS. Da» Kriegsgericht in Renne» soll offenbar veranlaßt werden, eine neue Prüfung der in Wirklichkeit vom Kassationshof bereit entschiedenen Rev'stonSangelcgenheit zu beschließen. Wird Zeit gewonnen, so rückt inzwischen der Termin der Wiedervereinigung der Kammern heran, und dann, hofft man, würde da» Revisions- Ministerium Waldeck-Rousseau mit seinem energischen KriegS- minister General Gallifet beseitigt werden, Meline, für den al» Konseilpräsidcnten eine Revisionsangelegenheit überhaupt nicht existirt, wäre der Mann nach dem Herzen der Generale, die im Zola-Prozeß die Geschworenen einschüchterten, indem sie nach dem Beispiel de» General» BoiSdeffre in Ermangelung von Thatsachen und Revisionsgründen mit den Säbeln klirrten. Gelänge e« einem General Mercier aber, auch da» Kriegsgericht in Renne» cinzuschüchtern, dann würde die französische Republik trotz de« Eingreifen» einer nicht geringen Anzahl muthiger Männer, die für Recht und Gesetzlichkeit cintratcn und kämpften, vor der ge sammten zivilisirten Welt ihr eigene» Verdikt gefällt haben. Tagesgeschichte. — Deutschland. Das Reichs Versicherung Samt beab sichtigt aus derPariser WeltauSstellungdie Arbeiterversichcr- ung de« Deutschen Reichs sowohl durch statistische u. graphische Ueber- sichten über die bisherig. Wirkungen der gesammten Arbeiterversicher ung, als auch, soweit möglich, durch bildliche Vorführung der Ein richtungen für die Unfallverhütung und für die Heilbehandlung von Unsallkranken und Invaliden zur Darstellung zu bringen. Von der früher gehegten Absicht, die Unfallverhütung hauptsäch lich durch Modelle darzustellen, welche bemerkenSwerlhe Betriebs anlagen mit Sicherheitsvorkehrungen zeigen sollten, mußte in An betracht de« zur Verfügung stehenden beschränkten Raume» Abstand genommen werden. Man wird sich daher im Wesentlichen auf die Ausstellung einer großen Zahl von Photographien beschränken, welche Maschinen und andere Betricbseinrichtungcn, die mit Schutzvorkehrungen versehen sind oder durch eigenartige Gestalt ung Schutz gegen die BctriebSgcfahren bieten, sowie Geräthe zur unsallsicheren Bedienung von Betricbseinrichtungcn darstellen. Diese Photographien, im Maximalumfange von 300 Millimeter Breite und 200 Millimeter Höhe, sollen in besonder» dazu ein gerichteten Apparaten, die eine große Zahl von ihnen aufnehmen und sie nacheinander einzeln dem Beschauer zeigen, vorgesührt werden. In Fällen, in denen die Photographie allein kein deut liche« Bild von der SichcrheitScinrichtung bietet, würden in gleich großen Blättern auch Zeichnungen bcigesügt werden können, welche die besondere Konstruktion zeigen. Ferner wird beabsichtigt, eine größere Zahl charakteristischer Maschinen, Geräthe nnd anderer Betriebseinrichtungen in MutoSkop-Apparaten derart zur Darstell ung zu bringen, daß die Handhabung der Maschinen und der dabei in Betracht kommenden Sicherheitsvorkehrungen nach Art der „lebenden Photographien" sichtbar wird. In einem Rund schreiben, welche« da« ReichSversicherungsamt kürzlich an die Vor stände der betheiligtcn BerusSgenossenschaften gerichtet hat, ist eine größere Anzahl von Maschinen und Vorrichtungen angegeben, welche sich zu einer derartigen Darstellung eignen, sowie alle« 'Nähere über die geplante Vorführung mitgetheilt. — Die preußische Grenzpolizei und Zollbehörde er hielt den Auftrag, Tschechen, die sich zum bleibenden Aufenthalt nach Preußen begeben, die Grenze nicht passiren zu lassen. — Oesterreich - Ungarn. Der deutsche Reichskanzler Fürst Hohenlohe wurde am Sonntag Nachmittag vom Kaiser von Oesterreich auf dem Bahnhof in Aussce empfangen. Kaiser Franz Joseph verließ den Wagen, begrüßte Fürst Hohenlohe und lud ihn hieraus ein, in den Salonwagen cinzusteigen, wo eine längere Unterredung statifand. — Der „Voss. Ztg." wird au« Wien gemeldet: Das „Fremdenbl." bringt heute eine offenbar von maßgebcnstcr Seite beeinflußte Drahtnachricht au» Berlin, wonach man dort den Empfang Hohenlohe« auf dem Bahnhöfe in Aussee als einen neuerlichen Beweis der persönlichen Liebenswürdigkeit des Kaiser« Franz Joseph erblicke. Der Monarch habe dem greisen Staats mann diesmal den Abschiedsbesuch in Ischl ersparen wollen. Ob nach diesem Empfange eine Begegnung Hohenlohe« mit Golu- chowski stattfinden werde, sei unbestimmt; jedenfalls aber sei der politischen Zeichendeuterei jetzt jeder Anlaß genommen worden, au« dem Unterbleiben dieser Begegnung politische» Kapital zu schlagen und daraus etwa eine Verstimmung zwischen Oesterreich- Ungarn und Deutschland abzuleiten. Weder die „Los von Rom- Bewegung" noch andere inncrpolitische Vorgänge haben aus da« bundcSfreundliche Bcrhältniß beider Kaisermächtc irgendwelchen nachtheiligen Einfluß geübt. Da» Bündniß bleibe von diesen Vorgängen unberührt. — In Oesterreich kann al» charakteristische» Zeichen der gegenwärtigen Lage gelten, daß da« „Amtsblatt" in Wien an einem einzigen Tage 53 gerichtliche Erkenntnisse über Verbote von Zeitungen veröffentlicht hat. — Frankreich.' Nach den bestimmten UnschuldSbetheue- rungen DreyfuS' am Montag ist der Gerichtshof zu Renne« in die Prüfung der Geheimakten eingetrcten, die etwa vier SitzungS- tage in Anspruch nehmen sollen. — Japan. Ucber da« Bündniß zwischen Japan und China meldete die „Schlesische Zeitung", daß nach Nachrichten ou» Tokio der Abschluß desselben al« vollendete Thatsachc gilt. Der Allianzvcrtrag selbst sei allerdings noch nicht vollzogen, aber bereit« paragraphirt, und seine Grundlinien seien endgültig ver einbart. Diese seien: Rückgabe der im Kriege von 1894/95 von den Japanern erbeuteten Peyangflottc an China. Dieselbe besteht au« den zehn Kriegsschiffen, welche die Niederlage am Paluflusse überlebten. Alle sind in vortrefflichem Zustande. Mit den seit her von der chinesischen Regierung erstandenen Fahrzeugen wür den sie China mit einem Schlage eine brauchbare Kriegsflotte geben. Diese Flotte soll von japanischen Marineoffizieren geführt werden und nur der Form halber unter chinesischem Oberbefehl stehen, mit anderen Worten: Japan „schenkt" China die ihm s. Z. abgenomme Flotte, aber unter der Bedingung, daß dieses ihm dagegen die Führung und das Kommando seiner Gesammtflotte überläßt. Al« weitere Gegenleistung räumt China dem neuen Bundesgenossen „bedeutende" Vorrechte in Fukien ein. Worin diese im Einzelnen bestehen, ist zunächst unbekannt. Japan ver pflichtet sich, die Reorganisation der chinesischen Armee zu über nehmen und die dafür nöthigcn Offiziere und Instruktoren zu stellen. — China. Peking, 7. August. Der russische Gesandte von Gier» richtete an das Tsung-li Aamcn eine Note in Ange legenheit der Meldungen über ein Bündniß zwischen China und Japan, in welcher er darauf aufmerksam macht, daß der Abschluß eine» solchen Bündnisses in Rußland in hohem Maße Anstoß erregen und für China sehr ernste Folgen haben würde. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. In dem auf dem Neumarkt Hierselbst er bauten CircuS Variete, welcher gegen jede« Unwetter geschützt ist, finden allabendlich Schaustellungen start, die wohl Anspruch auf Beachtung verdienen. Die Leistungen auf dem Drahtseil so wie auf dem schwebenden Reck sind schwierige und werden mit großer Sicherheit ausgeführt. Der Südafrikaner Haxi Tata im- ponirl durch seine großen Kraftlcistungen, der Schlangenmensch Herr Vega aber durch seine außerordentliche Gewandhcit und Schmiegsamkeit des Körper«. Die musikalischen Akrobaten pro- duziren sich al« gewandte Künstler, nur müßte der Träger des kleinen Geiger« ebenfalls in Trikot erscheinen, wie dies auf allen Schaubühnen üblich ist, da durch den gewöhnlichen AlltagSanzug das Bild selbst an Reiz verliert. Interessant sind auch die Schattenbilder und der Stelzenlauf des dummen August, der nach Möglichkeit die Lachnerven der Zuschauer anzuregen sucht. In kurzen Worten gesagt, sind die Leistungen der Berg scheu Gcsell- schast recht respektable und zeichnen sich vortheilhaft vor denen mancher anderen herumziehenden Künstlertruppe aus. — Eibenstock. Nächsten Sonntag, den 13. August d. IS. läßt die StaatSeisenbahn-Vcrwaltung wiederum einen Person en- Sonderzug zu ermäßigten Fahrpreisen von Leipzig :c., Werdau und Zwickau nach Aue, Eibenstock, Schönhciterhammer, Schwarzen berg und Johanngeorgenstadt mit Anschluß an den bei entsprechen der Bctheiligunz ab Johanngeorgenstadt nach Karlsbad verkehren den Sonderzug abzchen. — Stützengrün Bei dem hier Sonntag aufgetrosfencn Gewitter schlug der Blitz in den Gartenzaun de« Matcrialwaaren- händler» Gustav Baumgärtel, zertrümmerte den Riegel, die eine eiserne Säule und verbrannte den in der Nähe stehenden Sohn am Rücken. — Carl «selb, 7. August. Der imposante Neubau der v. BultcjuS'schen HohlglaShütten-Werke hier (dritte» GlaS-Wcrk) wurde heute gehoben. Wir freuen uns über den mächtigen in dustriellen Aufschwung unsere« Orte« und wünschen der Firma weitere« Blühen und Gedeihen! — Leipzig, 6. August. Ein in ter Bayerischenstraßc wohn hafter Kaufmann erhielt gestern von unbekannter Hand einen Brief, in welchem er eingeladcn wurde, in einem Vergnügungs etablissement in Lindcnau zu erscheinen. Er folgte dem an ihn ergangenen Rufe und begab sich nach jenen Lokalitäten, traf jedoch Niemand, der sich al« der Briefschreiber gerirt hätte. Al« er einige Stunden später seine Wohnung wieder betrat, mußte er die unangenehme Wahrnehmung machen, daß inzwischen Diebe derselben eine Visite abgestattet und daraus mittelst Nachschlüssels 336 Mark in barem Gelde entwendet hatten. — Kirchberg, 7. August. Wie wir vor einiger Zeit mit- Iheilten, erkrankten damals hier und in Burkersdorf und SaupcrS- dors wohl über 100 Personen infolge Genusses von Wurst, die sie bei dem hiesigen Matcrialwaarenhändler und Restaurateur O. gekauft hatten. ES wurde deshalb gegen diesen ein gerichtlicher Verfahren wegen Nahrungsmittelfälschung eingeleitet. Dasselbe ist aber Seiten der Kgl. Staatsanwaltschaft wieder eingestellt worden. ES soll sich nicht einmal mit Sicherheit haben feststellcn lassen, ob jene Erkrankungen überhaupt eine Folge de« Genüsse» verdorbener oder verfälschter Wurst sind, keinesfalls aber soll den Restaurateur O. irgend ein Verschulden dabei treffen. — Kirchberg, 8. August. Auf Anregung vieler Ein wohner und der Militärvereine hier, da« aus dem kleinen Kirch platze stehende Kriegerdenkmal auf einen der beiden neu vor gerichteten Marktplätze zu versetzen, hat die Stadtvertretung be schlossen, ein Siegesdenkmal auf dem hiesigen Neumarkt durch freiwillige Beiträge neu errichten zu lassen, weil da« alte für einen größeren Platz nicht paßt und durch die Versetzung auch erhebliche Beschädigungen erleiden würde.