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ZlhönlmM Tageblatt und Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Sonnabend, den 15. Mai 1880 111 Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 M». 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 1V Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Waldenburger Anzeiger Feldverpachtung. Das bei Oberwinkel an dem von da nach Oertelshain und Remse füh renden Communicationswege, am Eingänge zum Forstort Gersdorf gelegene, in sieben Parzellen eingetheilte Feldgrundstück an 4 Acker 290 Quadratruthen oder 2 Hectar 74,8 Ar Flächengröße soll in der Winkler'schen Gastwirlhschaft zu Grünefeld Mittwoch, den IS. Mai 1880, Vormittags 9 Uhr unter den im Termine vorher bekannt zu machenden Bedingungen, jedoch mit Vorbehalt der herrschaftlichen Genehmigung zum Zuschläge, vom I. October dieses Jahres ab gerechnet auf 12 Jahre parzellenweise ums Meistgebot ver pachtet werden und werden Pachtliebhaber hierzu eingeladen. Jürstkich Schönvurg'sche Uentverwaltmrg zu Waldenburg, den 10. Mai 1880. Dietrich. Holzauction auf Oberlvaldenburger Revier. (Rüsdorf und Oberwald.) Im Otto'schen Gasthofe in Hüttengrund bei Hohenstein sollen Mittwoch, den SO. Mai 1880, von Wormittags 9 Mr an m 314 32 50 17 48 4 620 19 12 6 21 2 ein. Mittenstärke, fichtene Stämme kieferne - tannene - kieferne Röhren fichtene Klötzer kieferne - tannene - fichtene Stangen von 11—32 - 13—26 - 11—32 - 17U.18 - 18—41 - 23—39 - 26—39 - 7 U.8 - Oberst., > 3,5 in. - - j lang, - - 3 u. 4 in. lang, - - 3,5 in. lang, - Unterstärke, Rmtr. fichtene Nutzrollen, > , , - kieferne - j "i. lang, - erlene Brennrollen, - weiche - - - Stöcke, Rüsdorf: Am heitern Blick (Ablb. 54.) Oberwald: Der obere Kiesern- i berg (Abth. 11.) Die große Ebene (Abth. 16.) Der Waldenburger und Lichtensteiner Baumgarten (Abth. 35, 37, 38) unter den vor Beginn der Auction bekannt zu machenden Bedingungen und bei den Stämmen, Klötzern, Röhren und Stangen entweder gegen sofortige Bezahlung oder zum mindesten gegen Erlegung des fünften Theils der Er- stehungssumme, bei allen übrigen Hölzern nur gegen sofortige volle Bezahlung meistbietend versteigert werden. Nähere Auskunft ertheilt Herr Revierförster Schulze auf Bad Hohen stein-Ernstthal. Fürstlich Schönburg'sche Forstverwaltung Oberwald. *Waldeuburg, 14. Mai 1880. Der Aufstand in Albanien. Daß der Berliner Vertrag nicht sofort die Ord nung in Südost-Europa wiederherstellen würde, war vorauszusehen. Die bunte Mischung der Be völkerung jener Länder ist eine der hauptsächlichsten Ursachen, welche immer wiederkehrende Störungen des Friedens herbeiführen werden. Besonders in den Gebirgslanden des westlichen Theils findet sich die allerbunteste Mischung der Racen und Bekennt nisse und der Zündstoff ist hier folglich in reichlichstem Maße angehäuft. Dies trifft auch für Albanien zu. Die Albanesen bilden das Gros der Bevölkerung in den ehemaligen Sandschaks Skutari, Prizrend, Pristina, Nisch, Skopia, Dibre und Jenibazar. Neben ihnen erschein als eingesprengte Elemente Serben, Türken, Bul garen, Walachen, Juden und Zigeuner. Die Alba nesen scheiden sich der Religion nach in römische Katholiken und Muhamedaner. An der aufständi schen Bewegung erscheinen in erster Linie betheiligt die Bergstämme oder Hochalbanesen. Zu diesen werden die Miriditen, die Hotti, die Kastrati, die Klementi, die Sehkreti, die Posripa, die Rioli, die Grudda und die Triepschi gezählt. Diese Bevölkerung ist durch ihre Abtretung an Montenegro in ihren heiligsten Gefühlen verletzt und will sich die Unabhängigkeit ihrer Race und ihres Glaubens erhalten. Die Pforte, wenn sie auch den guten Willen ha ben würde, wird kaum im Stande sein, den Mon tenegrinern zu ihrem unbestreitbaren Recht zu ver helfen. Die Frage steht seit Monaten nicht mehr zwischen der Türkei und Montenegro, sondern zwi schen den Montenegrinern und Albanesen, und auf die letzteren hat das gesammte europäische Concert, die hohe Pforte und der Padischah mit inbegriffen, gar keinen Einfluß, welcher hinreichend wäre, den festen Entschluß der Liga, kein Dorf ihrer Natio nalität unter slavische Herrschaft kommen zu lassen, zu erschüttern. Es würde kaum eine merkbareRückwirkung auf die Haltung der Liga ausüben, wenn heute die Mächte durch eine Flottendemonstration die Pforte zwingen wollten, ein Executionsheer nach Albanien zu entsenden. Damit wäre nur die definitive Un abhängigkeitserklärung Albaniens beschleunigt, in dem Conflicte mit Montenegro aber gar nichts ge ändert worden. Europa läßt am besten den ganzen Streitfall in sich selbst vergähren, ohne sich — bei aller Wahrung des vertragsmäßigen Nechtsstand- punktes — zu tief in den unerquicklichen Handel einzulassen. ^Waldenburg, 14. Mai 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die deutsche Kronprinzessin ist am 12. d. abends in Paris eingetroffen und am Bahnhof vom deutschen Botschaftspersonal empfangen worden. Der Abg. Virchow hatte im Reichstage behaup tet, Bismarck habe ein Schreiben an den Finanz minister Bitter gerichtet, worin er ihn gefragt, ob es nicht an der Zeit sei, die Freihafenstellung Hamburgs zu beseitigen. Der „Reichsanz." er klärte darauf, es sei nur richtig, daß in einem Schreiben des auswärtigen Amtes an den Finanz minister die Verhältnisse auf der Unterelbe be handelt seien, nicht aber die Virchow'sche Behaup tung. Daß Virchow von dem Schriftstück Kenntniß erhalten, könne nur durch Verletzung des Dienstge heimnisses geschehen sein. Sehr beruhigend für Deutschland lauten die Worte, welche der Kaiser von Rußland zu der preußischen Glückwunsch-Deputation geäußert haben soll. Er bemerkte, man müsse gar kein Gewicht auf Gerede und Geklatsch legen, als ob sein Sohn, der Thronfolger, dereinst nach andern Grundsätzen als er selbst regieren werde; das innige freundschaft liche Verhältniß zu seinem Oheim, Kaiser Wilhelm, werde niemals einem Wandel unterliegen und eben so sei er überzeugt, es werde ihnen, den Herrschern gelingen, zu bewirken, daß auch die beiden großen Reiche wie bisher in Frieden und Freundschaft mit einander leben. Die Summe, welche der Reichskanzler in der abgelaufenen Session durch neue Steuern aufzu bringen gedachte, wird auf etwa 32 Mill. Mark geschätzt, davon kommen etwa 12 Mill, auf die Brausteuer, 11 Mill, auf die Stempelsteuer und 10 Mill, auf die Wehrsteuer. Man ist gespannt darauf, ob die Reichsregierung dem nächsten Reichs tage diese Vorlagen wieder zugehen lassen wird. Die Meinungen darüber sind sehr getheilt. Die Wehrsteuer in ihrem jetzigen Umfang dürfte keinen- falls wieder eingebracht werden. Inzwischen wird die Vorlage als solche doch nicht aufgegeben werden, da ihr in manchen Beziehungen auch im Reichstage Sympathien entgegegebracht worden sind. Die nationalliberale Presse tritt mit Wärme für den Reichskanzler ein. So äußert die Magdeburgische Zeitung, daß, wenn auch mancher Sporn zwischen der nationalliberalen Partei und dem Fürsten Bismarck liege, sie doch niemals ver gessen dürfe, was sie zur Dankbarkeit und Vereh rung für immerdar verpflichte. „Braucht der Kanz ler Hülfe und kann die nationalliberale Partei sie ihm bieten, so dürfen wir ihn nicht verlassen. Wer fen wir einen Blick auf die ganze Weltlage, denken wir bei Allem, was uns nicht nach dem Strich geht, immer daran, was wir ihm verdanken! Die stets seine treuesten Bundesgenossen waren, werden in dem Augenblick, wo er mit oder ohne eigenes Ver schulden in harte Bedrängniß gerathen, am ersten wieder an seiner Seite zu finden sein. Die Lage ist verworren und gar manche Dinge sind übel ver fahren. Mögen die nationalgesinnten Männer des Reichstags dem Kanzler beistehen, um sie günstiger zu gestalten." England. Ein großes Frauen-Meeting fand am 6. Mai in London wieder statt, welches denfi zarten Geschlecht das Recht erkämpfen will, an den Wahlen für das Parlament theilzunehmen. Vorerst aller dings nicht dem gesammten Geschlecht, sondern nur jenen Jungfrauen und Wittwen, die vermöge des bestehenden Wahlcensus dazu berechtigt sein würden. Die große St. Jameshalle war überfüllt von Frauen der verschiedensten Stände, und wohl dürfen sie sich rühmen, im Punkte parlamentarischer Ordnung und Beredtsamkeit es der besten Männerversammlung gleich gethan zu haben. Da sie alle eines Sinnes gekommen waren, wurden die betreffenden altbe kannten Resolutionen natürlich einstimmig angenom men, und da Männer nur gegen Eintrittsgeld von einer halben Krone zugelassen wurden, hatten sich deren nur sehr wenige eingefunden. Am folgenden Tage sollte eine Abordnung die gefaßten Beschlüsse dem Premier übermitteln. In wie weit er sie be rücksichtigen wird, läßt sich schwer voraussagen. Gladstone war zu Zeiten ein Gegner und dann wieder ein Fürsprecher des Frauenwahlrechts. Zu dem Briefe voll de- und wehmüthiger Ent schuldigungen Gladstones gegen Oesterreich be merkt der conservative, also jetzt in Opposition zum Ministerium stehende Standard: Mit gemischten Empfindungen des Aergers und der Schmach liest England heute das seltsamste Schreiben, welches je der Feder einer öffentlichen Persönlichkeit entflossen