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Mterhaltungs- und Intelligenz-Blatt. 43. Stück. Sonnabends, den 24. October. 1829. XVUZahrg. Blicke in das Innere der Türkei. (Fortsetzung.) ach der türkischen Geistlichkeit, und in mancher Hinsicht mit ihr vielleicht auf derselben politischen - Stufe, kommt der Adel. Er bildet im ottoma- nischen Reiche eine durch Reichthum, Einstuß und Feudalverfassung mächtige Kaste, die von Osman I. gestiftet wurde. Nach dem Beispiel aller privilegir- ten Kasten nahm der Ehrgeiz des türkischen Adels bald überhand. Er suchte sich unabhängig zu ma chen und zu herrschen. Die Kriege während der Regierung Osmans und Orkans I. hatten seine Absicht nicht zum Ausbruch gedeihen lassen; aber spater wurde die Ruhe des Reichs dadurch ost ge stört. Die Söhne und Enkel der ersten Eroberer nannten sich , obgleich sie selbst nicht das Geringste gethan hatten , die « Kinder der Eroberung » und versuchten es , eine Art Feudal-Oligarchie zu grüu- den , und die Macht des Sultans zu theilen. Sie waren reich, hatten einen starken Anhang in der Armee , und großen Einfluß auf das Volk. Ihre Unternehmungen wurden wehr als drohend in den ersten Regierungsjahren Murad 1. Dieser Sultan war von Feinden umringt. Die Kaiser von Kon stantinopel , die abendländischen Fürsten und die persischen Schahs bekriegten ihn beinahe zu gleicher Zeit, und die kaum begründete Dynastie war nahe daran , wieder vernichtet zu werden. Murad mußte also unterliegen , oder kräftige Mittel ergreifen, um seinen innern und äußern Feinden die Spitze zu bieten. Er bildete eine besondere Soldatcnkaste, die er auf eine Weise zusammensctzte, daß sie ein blin des Werkzeug seines Willens werden mußte. Diese Legion bestand aus jungen starken Sklaven, die sammtlich Renegaten waren. Er legte ihr den Na men Jauitschareu oder neue Armee bei. Außeror dentliche Tapferkeit und glanzende Siege machten von Jahr zu Jahr die Janitscharen berühmter, aber zugleich anmaßlicher. So wurde ihr Einfluß sehr groß und ihre Zahl vermehrte sich beständig. Die reichsten und ausgezeichnetsten Personen ließen sich auf den Listen ihres Ortes einschreiben, um sich dadurch unter den Schutz dieses mächtigen Corps zu stellen und Theil an seinen zahlreichen Rechten haben. Die Janstscharen blieben ziemlich ruhig und den Sultanen zugethan, so lange die Zeit der Eroberung dauerte und sie Beute machen konnten. Aber als die Großherren im Innern ihrer Serails sich verweichlichten, und den Oberbefehl der Armee ihren Großvezieren überließen, benutzten ehrgeizige Intriganten , und vor allem die Ulemas , die Macht dieser Truppen zu ihren Absichten , und brachten es endlich so weit, sie mehr als einmal zum offe nen Aufstande, zur Entthronung und selbst zur Ermordung ihres Monarchen zu reizen. Soliman, der Gesetzgeber genannt, hatte mehr als eine Ver schwörung seiner eigenen Söhne gegen seinen Thron und sein Leben zu unterdrücken. Endlich aufs höchste gereizt, faßte er den Entschluß, ihnen allen das Recht der Erbfolge zu nehmen. Demzufolge erließ er ein Gesetz, nach welchem nicht der Sohn des regierenden Sultans, sondern der älteste seiner Neffen , Sohn des letztverstorbenen Sultans , den Thron besteigen sollte. Zugleich gebot er, daß die Prinzen vor "allen Blicken verborgen, im Innern des Serails erzogen werden, und es nie ohne be sondere Erlaubmß des Kaisers verlassen sollten. Durch diese Maßregel, oder den Kafessa, ver schaffte er sich selbst zwar Ruhe, bereitete-dagegen dem ottowanischen Reiche eine stürmische Zukunft, indem er ihn: Herrscher ohne alle Energie und ohne die geringste Regkrungsfahigkeit gab. Die Zügel des Sraats gerrcthen also in die Hande