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HohMkin-ErnsMer AnMr Tageblatt für Lcihenüein tzrngthal, Hkerlnngwih, Heisdorf, Aermsdorf, Wermsdorf, AWmSr-M, Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Fallen, Meinkdorf, Lmmbach. Tirfchhei» x. — Weitverbreitetes Z«isrti»M-LrgE M mMWe »mV P<Mbt-A«zeiKe«. ««Zs—- «bonurment Frei t«S H«uS Vei «bhvluvg 42 Pfg5 3b Pfg. monatlich mo. Illich vierteljährllch 1. M. 25 Pfg. Durch d,e Post bezogen 1'5 Mk. excl. Bestellgeld. Mittwoch, dcri 19 Dezember 1906 Nr. 293 Geschäftsstelle Bahnstr 3 Fernsprecher s)ir. 151. JnsertioxSgetühre»: die sechsgespaltene LorpuSzeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für au-wärt- 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Axxahme -er Inserate für die folgende Nummer bt» vsrm« 10 Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. die einzelne Nummer 5 „ 33. Jahrgang. Diese- Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, forme alle Postanstalten Für Abonnenten wird der Eorntags-N.mmer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigeg^ ' UM u. drei! »«W 8loKkgM8 Kegkobedirme Eigene fsbi'illslion. kepsi'Ltui'en unc! Keiligs billiget, -n- Freibank Hohenstein-Ernstthal. Verkauf von rohem Rindfleisch, Pfund 35 Pfg. Bon der Reichstagswahl. Mancherlei ist bei der jetzt erfolgten Reichs- tags-Auflösung eigenartig gewesen, und auch bei den Neuwahlen am 25. Januar treten neue Ge sichtspunkte hervor. So wird zum ersten Male seit dem Bestehen des Reichstages unter dem Zeichen der Gewährung von Diäten gewählt. Es find dreitausend Mark, die ein Volksverrreter im Jahre aus der Reichskasfe sür seine Anwesenheit in Berlin bezieht; Rede-Verpflichtungen sind ihm dafür nicht auferlegt, er muß nur zugegen sein und durch seine Abstimmung mitlaten. Es ist ja auch nicht möglich, daß alle -97 Mitglieder des Hohen Hauses glänzende Redner sein können, es mangelt sogar an Zeit, als daß nur ein beträcht licher Teil der Gesamtheit sich an wichtigen De batten beteiligen könnte, und, was uns zum Trost gereichen muß, soviel neues, wie Abgeordnete da sind, kann gar nicht gesprochen werden. Die drei tausend Mark Anwesenheilsgelder sind gerade kein fürstliches Einkommen und ob sie für die ganze Session eines Jahres im teuren Berlin auSreichen werden, bleibt abzuwarten; aber wenn es auch nicht viel ist gegenüber den 12 000 Mk , die z. B. die französische Republik jedem Volksvertreter sür jedes Jahr auShändigt, so genügen unsere deutschen Diäten doch, um auck einem tüchtigen Manne, der es noch nicht bis zum Besitz eine- eisernen Geld spindes gebracht hat, den Eintritt in den Reichs tag finanziell zu erleichtern, wenn seine Mitbürger ihn dieser Ehre für würdig halten. Das ist für die Auswahl der Kandidaten und damit sür den Wahlerfolg eine außerordentlich wichtige Sache. Wir wollen nicht bas Mindest gegen die per sönliche Tüchtigkeit und Aufopserungswilligkeit irgend eines heutigen Reichstagsabgeordneten sagen; aber eS kann doch keinem Zweifel unterliegen, daß die Sozialdemokratie einen nicht unerheblichen Teil ihrer Erfolge der Tatsache zuzuschreiben hat, daß sie als Kandidaten Männer in Vorschlag bringt, die dem Gros ihrer Wähler auch menschlich nahe stehen. Namentlich aus die breiten Volk-massen, bei denen nicht selten eine starke und unbegründete Voreingenommenheit gegen Personen besteht, die mit dem praktischen Leben nicht so sehr in Be rührung kommen wie andere, übt diese Eigenschaft eines Kandidaten großen Einfluß aus. Bisher war es z. B kaum möglich, daß sür nicht sozia- Ilstische Arbeiter ein wirklicher, intelligenter Ar beiter als Kandidat ausgestellt, wurde; ihm fehlten die Mittel, und ein Reichstags-Kandidat kann und darf sich nicht offenkundig etwas schenken kaffen. Das kann sich jetzt alles ändern, und eS ist nicht nur möglich, sondern auch im vollsten Maße be rechtigt und wünschenswert, daß in einem industriellen Bezirk ein Mann aus der Arbeiter schaft aufgestellt wird. Vielleicht kommt kein Er« folg auf den ersten Hieb, aber eS liegt kein An laß vor, daß der Erfolg immer auSbleiben sollte. Auch in denjenigen Wahlkreisen wird man eine Erleichterung merken, die bisher genötigt waren, ihren Abgeordneten sich aus solchen Herren aus zusuchen, die in Berlin selbst oder dessen Nähe ihren Wohnsitz haben. Nichts soll gegen diefe Herren gesagt werden, aber wiederum ist es eine erprobte Wahlerfahrung, daß Kandidaten „von weit her" mit nicht geringem Mißtrauen der Wähler zu kämpfen haben. Ein ReichStagSabge- ordneler aus dem Wahlkreise selbst spricht bei der Wählerschar unzweifelhaft immer mehr an, wie ein „Außerhalbscher", und wenn eS selbstverständ lich ganz und gar ausgeschlossen ist, daß er seinem Wahlkreise besondere materielle Vorteile zuwenden kann, so kann er doch bei mancher geeigneten Ge legenheit sich frank und frei und auf Grund eigener Beobachtungen oder Erfahrungen über dortige wirtschaftliche Verhältnisse oder andere Vorkomm nisse äußern. Man wird mit Hilfe der Diäten jetzt nicht „mehr weit" zu suchen haben, denn >»n tüchtigen, erfahrenen und steifnackigen Männern haben wir erfreulicherweise nirgends Mangel. Die Vorgänge in Rußland. In Rußland mehren sich die Attentate mir dem Heranrücken des Termins für die Dumawahlen. Noch hatte sich Petersburg nicht von dem Schrecken des tollkühnen Attentats auf Admiral Dubassow, den früheren Moskauer Gcneralgouverneur, e>holt, da wurde in Radom dem Ehef der Gendarmerie, Oberst Plotto, durch einen Bombenwurf das rechte Bein zerschmettert. Der verhaftete Attentäter war ein Zögling der Handelsschule. (!) In einem Orte Bessarabiens erschaffen 3 Revolutionäre einen Be amten, der sie verhaften wollte. Sie veisuchien darauf zu entfliehen und töteten 4 von den sie verfolgenden Bauern. Danach wurden zwei der Revolutionäre niedergeschoflen, der dritte verübte Selbstmord durch einen Schuß in den Kopf. Beraubung eines Geldbriefträgers in Leipzig. Leipzig, 18. Dez. In dem Durchgänge DeutrichS Hof, Nikolaistraße 11/13, nach der Reichsstraße zu, wurde gestern morgen in der neunten Stunde der in L--Schöneseld wohnhafte Geldbriefträger Ernst Theodor Rübner, geboren am 28. September 1872 zu MahliS bei Werms dorf, verheiratet und Vater von vier Kindern, von einem Unbekannten überfallen und schwer verletzt. Der Geldbriefträger hatte in dem gerannten Grundstücke in der Nikolaistraße in der 2 Etage bei dem Rechtsanwalt Gänzel eine Bestellung zu besorgen. Auf dem Wege dahin kam ihm ein Unbekannter mit einer schwarzen Mappe in der Hand von oben entgegen. Der Unbekannt» grüßte den Briefträger und ging an ihm vorüber. Al der Beamte indes auf dem Treppenpodest der zweiten Etage angelangt war, kehrte der Unbe- kannte um, eilte auch nach dem Podest und schlug hier mit einem stumpfen Instrument auf den Kopf dcS Briefträgers ein. Der Ueberfallene sank unter der Wucht der wiederholten Schläge nieder und verlor daS Bewußtsein. Als er wieder zu sich kam, fehlte ihm sowohl die für die Briefe usw. bestimmte Tasche wie die Geldtasche. In letzterer dürften sich gegen 7000 Mk. befunden haben Der Beamte hatte mit ca. 9000 Mk. seinen Be- stellgang angetreten und eine Reihe von Geldbe- stellungen bereits erledigt. Der Briefträger konnte, als er das Bewußtsein wieder erlangt hatte, sich nach unten schleppen und hinzukommrnden Leuten — das Treppenhaus war leider so lange leer ge blieben — die notdürftigsten Angaben über den Tatbestand machen Danach hat der Täter der inzwischen entkommen war, den Eindruck eines Schreibers gemacht. Er war 25 bi- 28 Jahre alt, von kleiner untersetzter Gestalt und hatte kleinen dunklen Schnurrbart. Der Täter hat dem Verletzten nicht den Eindruck eine- herunterge- kommenen, sondern eine- ordentlich gekleideten Menschen gemacht. Wie später festgestellt worden ist, war der Räuber kurz vor Ausführung der Tat von einer im Hause wohnenden Frau auf der Treppe gesehen worden, wobei der Frau seine dunklen, stechenden Augen besonders ausgefallen sind. Das Opfer der Räubers wurde zunächst nach der SanitätSwache und alsdann, da sich der Zustand al- gefährlich erwie», nach dem Stadt- krankenhause St. Jakob übergeführt. Der Mann hat eine tiefgehende Rißwunde über dem rechten Auge, Quetschwunden an der linken Schläfegegend, sowie eine erhebliche Verletzung des Schädelkn ockens und Quetschwunden am Hinterkopfe erlitten. Der Zustand RübnerS ist noch immer besorgniserregend. Gestern nachmittag hatte sich der bedauernswerte Beamte verhältnismäßig so wohl gefühlt, daß er sich unterhalten und den ganzen Vorgang schildern konnte. Gegen abend war der Zustand den Um- ständen nach gut, doch ist eine Verschlimmerung noch nicht außer Frage. Auf Ermittelung de» Täters hat die Kaiserliche Oberpostdirektion 500 Mk. Belohnung auSgefetzt. Oertliches und Sächsisches. Hshenftetx-Urxstthal, 18 Dezember 1906 Zu« Winter gehört eine «arme Stube, ein gemütlicher Tisch, an dem alle Platz haben, die unS so recht anS Herz gewachsen find, aber dann noch etwa-, ohne welche- es nun einmal außer de- Leibes Nahrung und Notdurft nicht abgeht, da» ist — die Zeitung. ES hilft einmal nicht-, wenn auch mitunter noch so sehr über di» Zrrtungen raison- niert wird, sie sind da, weil sie da sein muffen, und find nötig beinahe wie da» tägliche Brot. Die Zeiten sind eben vorbei, in welchen sich die Erde drehte, ohne besonders geschmiert zu werdens heutzutage fragt man stet- nach Ursache und Wirkung. Und im Herbst und Winter spielt dir Zeitung nun »ine besonder» große Rolle, nicht ge- rade bloß wegen der so lang gewordenen Abende, an denen sich oft die Langeweile einstellt So arg ist eS nicht, denn es kann auch lange Lage mit endloser Langeweile geben; aber in die nächsten Wintermonate fällt so manche», wa» unser innerste» Denken und Fühlen angeht, nebenbei auch unseren Geldbeutel nicht unberührt läßt. Da sind vor allem die ReichStagSneuwahlen und viele andere große und kleine Dinge der Politik und sonst noch mancherlei Wer schon des Alters Grau in seinem Haupt- und Barlhaar verspürt, der ent sinnt sich wohl der Zeiten noch, in denen mancher Mitbürger im Brusttöne der Urberzeugung ver« Bom Schenken. IV Non Büchern sprechen wir hier nicht Der „Literarische Ratgeber" des Kunstwortes, der des Dürerbundes Strebensgefährte ist, tut das mit aller Gründlichkeit. Nur die Mahnung, auch hier mit dem Pfunde, mit dem wir ,m Sinne unserer Persönlichkeit wirken können, nicht leicht fertig umzugehen, das beste Samenkorn zu streuen, daS in» Acker keimen kann. Hier, wo es sich um das Vermitteln edelsten Gutes bandelt, soll man ganz sonderlich mit Stolz und Ernst Sachwalter de- Geistes unserer Besten sein — auch wenn wir „nur" Kindern Jugendschristen oder Bilderbücher schenken Es kommt darauf an, was dem jungen Wesen durchs Auge in die Seele kommt. Auch hier leitet der literarische Ratgeber des KunstwartS und ausführlicher und im besonderen noch daS „Verzeichnis empfehlenswerter Jugendschristen usw." d»S Hamburger Jugendschriften-AuSschuffeS zu den erprüsl lautersten Quellen. An Bilderbüchern sind, seil Ludwig Richter zu schaffen ausgehört hat, sicher die von Ernst Krerdolf geschaffenen die besten ihrer Gattung, die wir Deutschen haben. Freilich gerade sein verbreitetstes Bilderbuch, seinen „Fitzebutze" mit Texten von Paula und Richard Dehmel, kann trotz guter Einzelheiten nur sür ein schwächeres Werk gelten. Und daS nicht deshalb, weil in ihm zweifellos Grobheiten und Flüchtigkeiten der Zeich nung zu finden find, sondern aus einem erfreu licheren Grunde. Kreidols ist so selbständig, daß er nicht imstande ist, zu „illustrieren", da» heißt sich in von anderen ersonnene Texte so recht hinein- zufinden. Der ganze Kreidolf kommt erst heraus, wenn er selbst sich die Märchen auSdenkt und die VerSchen dazu dichtet, in seinen „Blumenmärchen", in seinen „Schlafenden Bäumen" und in den „Wiesenzwergen". In diesen drei Werken ist alles drm Kindesgemüt verständlich und alles ihm heil sam. Welch feines charakteristisches Erfassen des BlumenwesenS und welch lustig phantafievollr» Be seelen und Vermenschlichen, welch liebliches AuS« spinnen zu kleinen Idyllen und Märchenbegebniffen in den „Blumenmärchen"! In „Schlafende Bäume" werden große Naturstimmungen und Vorgänge. Nachtstille, Sturm, Feuersbrunst und Regen so ge- geben, daß fie da- Kind mühelos nachempfind«n, nachfühlen kann. DaS Best« de» heutigen Meister« des Bilderbuches aber sind die „Wiesenzwerge". Wie viel größer ist nach allen dem diese» Reich deS Schenkbaren als da» Märktlein der großen Menge. Und wie dehnt e» sich jedem, wenn er der feinen Netze im GesamtorganiSmuS Menschheit bewußt wird. Auch da» Schenken ist ja Au-druck, ist Sprache, und so kann'« herabstnken zur oberflächlichen Phrase gleich dem „Hochachtungsvoll" und sich stei- gern bis zur persönlichsten Uebrrtraaung d»S Fiin« sten, da« in unS lebt. Etwa» zu schenken, weil'» blendet, ist eine Beleidigung gegen den anderen, etwas schenken, weil'S Mode, ist eine Beleidigung gegen mich selbst; denn e» heißt: ich gehöre zur Herde. Wie viel Selbstverständlichkeiten gibt e» da, die man doch oft vergißt. Und die größte davon ist ' zum freundlichen Ergreifen, wodurch mit den ver fügbaren Mitteln die dauerhafteste und tiefste Freude geweckt werden kann, aus daß mit jedem späteren Genuß »in Gruß de» Gebers bescheiden aber ver nehmlich verbunden sei E» ist eine Kunst, die wie jede nur an Festtagen kommt, in Feierstunden, in gesegneten Augenblicken. ES verlangt Eingebung. Diese Umgestaltung de» Schenken», die hier erörtert wurde, kann nie allgemein sein. Wer aber für sein Teil am Verinnerlichen auch hier mitwirken will, dem könnte auch der beste Praktiker keinen bessern Rat geben, al- den selbstverständlichen: Nimm das ganze Jahr über die gute Stunde wahr, wenn nicht zur Tat, so doch zum Entschlusse. Dann wird oft Zeit wi« Geld sein: «a» du an liebevoller Ueberlegung hingibst, wird des Geschenke« Wert steigern Nur auf diesem Wege können wir zu «iner menschlich feineren und kulturell ertragreicheren Art de» Schenken- kommen —tz—