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Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Verantwortlicher Redakteur Iulius Braun in Freiberg. 183. Erscheint jeden Wochentag Mends 6 Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 25 Pf., zweimonatlich 1 M. 50 Pf. n.emmonatl. 75 Pf. 80. Jahrgang. Donnerstag, den 8. Angnst. Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile oder deren Raum 15 Pfennige. 1878. 397 336 122--2x61 Es Das Resultat der Wahlen im vierten Wahlkreis hat er- welches unser Kandidat, Herr Landtagsabgeordneter Penzig Bedingung der einzelnen Existenz und der Freiheit sind, sein, die am 30. Juli gegen Herrn Penzig gestimmt haben? Teplitzer Schützen den Ordonnanzdienst und die Ehrenwache. Namens des Reichskanzlers durch den Rcichskanzleramts- handelt sich j.tzt darum, ob wir der rothen Fahne folgen wollen, welche der Mann der Sozialdemokratie in seinen Gesellschaft vor unsäglichem Unheil gerettet werden. Unser Wahlbezirk steht vor der StichwahlI c. LUltl-ll.il litt iZicucil LUlll-ll.icw l-lll cl.- Händen führt, oder ob wir uns um das Banner der Ordnung, wiesen, daß die Fortschrittspartei nicht im Stande gewesen ist, des Friedens, der Treue zu Kaiser und Reich schaaren, ihrem Kandidaten, Herrn Stadtsvndikuö Zelle, die Majorität öu sichern. Obwohl wir die Politischen wie auch die »virtb- was einst ein römischer Kaiser in dem Abhauen der Mohn köpfe so artig versinnbildlichte. Es giebt keinen schlimeren und absoluteren Tyrannen als eben diesen sozialistischen Staat, welcher sogar der Natur den Krieg erklären muß, weil er sie bemeistern will. Die Sozialdemokratie ist der denkbarste Gegensatz des Liberalismus und der alten Demokratie — ein Gegensatz, welcher einer mittelalterlichen Richtung viel näher steht als der des liberalen Fortschritts. Die prinzipielle Bevormun dung eines jeden Einzelnen in all' seinem Thun und Lasten, welches ja ein «ine gua non — Gesetz des sozialistischen Staates sein müßte, steht in so grellem Widerspruche nicht nur mit der allgemeinen Menschenwürde, sondern auch mit allen Bedingungen der Kultur, daß aus derselben nur ein Rückschritt um Jahrtausende — also vielleicht zu einem Kanibalismus, wo Einer den Andern auffräße — hervor- gehen könnte. Die bürgerliche Gesellschaft im Sinne der Sozialdemokratie wäre keineswegs ein Durchschnitt der Klaffen-Unterschiede, so daß Hohes und Niederes in einem Mittleren sich ausgltche. Mit anderen Worten: die unteren Stände würden nicht zu einer gewissen Höhe heraufge schraubt, während das jetzt Glänzende die andere Hälfte der Leiter herabzusteigen hätte. Es könnte überhaupt nur ein allgemeines Sinken auf die niedrigste Stufe sich er geben; denn wo dem Einzelnen geradezu die Möglichkeit des Wirkens zu seinem eigenen Heile und Wohle benommen ist, da muß auch Maß und Güte der Gesammtarbeit des Menschen geschlechts sich nothwendig verringern. Der Sozialismus kennt kein Gesetz des Staates, den er als seinen Feind, kein Recht der Gesellschaft, die er als eine despotische In stitution betrachtet, keine Milde des Gefühls, keine Billig keitsrücksichten, denn der Haß, dem er entsprungen, hat derartige Gemüthsregungen erstickt. Der sozialistische Staat ist daher schon in seiner Idee, ganz abgesehen von seiner unmöglichen Realisirung, eine Mißgeburt; und um einer absoluten Unmöglichkeit willen Ehrenpforten nnd Festons; von allen Häusern prangen österreichische, böhmische und bairische Fahnen. Mit beson derer Erlaubniß des Kaisers Franz Joseph übernehmen die Jetzt haben alle anderen Rücksichten dem einen großen Gegensätze gegenüber zu schwinden, welcher den Mann der Ordnung von dem Manne der Revolution scheidet! Denn darüber möge sich nur Jeder klar werden: wer für Kayser stimmt, oder wer sich auch nur durch Wahlenthaltung sür ihn endscheidet,der wählt einen Mann der Revolution, jener blutigen, gewaltsamen, furchtbaren Revolution der Zukunft, gegen die nach eigener Aussage der Sozialisten die Pariser Kommune nur ein kleines Vorpostengefecht ge wesen ist. Man lasse sich nur nicht durch die glatten Worte in den Wahlreden und Wahlprogrammen dieser Agitatoren täuschen, als handele es sich bei ihnen nur um Reformen auf Grund der bestehenden Gesetze, um Ver minderung der Militärlast, des Steuerdrucks u. s. w. Dies Ziel erstreben auch alle übrigen Parteien. Bei den Sozialdemokraten sind dies nur Lockmittel, um das Bürger thum für ihre verdeckten Zwecke zu gewinnen. Ihr wahres Ziel ist die Beseitigung der monarchischen Staatsform und die Begründung des sozialdemokratischen Zukunftsstaates. Möge jeder Wähler sich dessen am 15. d. M. bewußt sein, damit unserem Wahlreise die Schmach erspart bleibt, von einem Vaterlandslosen auf dem Reichstage vertreten zu werden. Diese 61 Stichwahlen halten jetzt noch die Wahlbe- wequng in Fluß. Es fehlt hierbei nicht an Kundgebungen, weiche von echtem Patriotismus beseelt sind Das Wahl- komitse für dis Kandidatur des Kultusministers Falk in Berlin erläßt z. B. folgende Bekanntmachung: Die Parteiverhältniffe werden sich im neuen Reichs- tnge wie folgt gestalten: Der „Reichs-Anzeiger" meldet, im Laufe des vorigen Monats hatte der Reichskanzler den verbündeten Regierungen vorgcschlagen, eine Minisierkonferenz behufs vertrau licher Verständigung über die Angelegenheit der Steuer reform zu veranstalten. Nach allseitiger Annahme des Vorschlags ist die Konferenz am 5. August in Heidelberg in den von dim Großherzog zur Verfügung gestellten Räu- smen des grobherzoglichen Pailais zusammengetreten und Tagesschau. Freiberg, 7. August. Ueber das Befinden des Kaiser- schweigt heute der Telegraph. Dagegen meldet er berichtigend, daß der Ex könig von Neapel nicht vom Kaiser Wilhelm, sondern von der Großherzogin von Baden empfangen worden sei. Gestern Abend verließ der österreichische Kaiser seine Residenz Wien und ist heute Morgen in Teplitz eingetroffen. Die Em- pfangsvorbereitungen für denselben sind großartig; überall wird nun die heutige Welt in einer ihre Grundvesten er schütternden Aufregung erhalten. Die Leiter und Rädelsführer dieser auf Umsturz ge richteten Agitation wissen so gut als jede alte Karten schlägerin, welche den leichtgläubigen Opfern ihren Koeu» xoeus vormacht, daß es auch mit ihrer Weisheit nichts ist. Von ihrer Stile ist die sozialistische Propaganda eine Frivolität. Im gegebenen Falle würden sie eine Klaffen- wirthschaft der verwerflichsten Art einführen — eine solche, die nur durch die Anwendung der rohesten Gewalt aufrecht erhalten werden könnte, weil die Menschennatur sich beständig gegen diesen unnatürlichen Zustand empört aufbäumen würde. Mit einem Worte, der Sozialismus ist nicht allein staatsgefährlich, sondern auch freiheitsfeindlich! Er plant nichts Anderes als die Unterdrückung der Einzelnen und natürlich der Besten. Deshalb gerade ist es für unser Volk an der Zeit, dem sozialistischen Unwesen, ehe es uns über den Kopf wächst, ein definitives Ziel zu setzen. Nur auf diese energische Weise kann die bedrohte bürgerliche Vor der Stichwahl. So viel auch die sozialistische Bewegung in dieser er regten Zeit von sich reden macht, das Verständniß derselben ist im weiteren Kreist unseres Volkes noch nicht in dem jenigen Maße vorgedrungen, welches für den Erfolg ge meinsamer und vereinigter Abwehr nöthig wäre. Trotz aller Ausschreitungen der Sozialisten laufen dennoch Vor- urthetle zu Gunsten dieser Partei um und verhindern da durch einen großen Theil des Volkes, gegen dieselbe eine offensive Stellung zu nehmen. Eines jener Vorurtheile besteht darin, daß viele Uneingeweihte glauben, sie haben in der Sozialdemokratie es mit einer Freiheits-Partei zu thun. Dies ist jedoch ein gründlicher Jrrthum und vielleicht gerade derjenige, welcher an dem bisherigen lauen Vortreten gegen diese Sekte die Hauptschuld trägt. Die Sozialdemokratie ist keine Partei drr Freiheit, wohl aber das direkteste Gegentheil einer solchen — in Wahrheit eine solche Partei, welche die ärgste Tyrannei heraufbeschwören will, die in der Weltgeschichte nur jemals bekannt geworden wäre. Der sozialistische Staat ist eine Zwangsjacke schlimmster Sorte, welche jede Freiheit des Einzelnen selbstverständlich ausschließt und ausschlicßen muß. Er stellt einen allgemeinen Menschenbrei dar, eine unterschiedslose Masse, welche fortwährend durcheinander geknetet werden muß, damit Absonderungen, welche die zu sichern. Obwohl wir die polnischen wie auch die wirtk- schaftlichen Grundsätze des Herrn Zelle zum größten Theil nicht billigen und deshalb denselben zu bekämpfen uns verpflichtet halten, so gebietet uns doch die Rücksicht aus das Gemeinwohl, ein Obsiegen der sozialdemokratischen Partei, so viel an uns ist, zu verhindern. Wir fordern deshalb alle unsere Gesin nungsgenossen auf, sich bei der Stichwahl eifrigst zu betheiligen und nunmehr Herrn , Stadtshndikus Zelle ihre Stimme zu geben. Das ist eine ehrliche und offene Erklärung, zu welcher die Antwort des fortschrittlichen Kandidaten in Dresden (vergl. die weiter unten folgende Korresondeuz) im grellsten Gegensatz steht. — Ein weiteres Beispiel uneigennützigen Patriotismus liefert der bisherige Reichstagsabgeordnete aus Steltin, Oberlehrer Schmidt, durch folgende Erklärung: „Nachdem in der Wahl am 30. Juli die liberale Partei gegenüber einer aus den verschiedensten Elementen zusammen gesetzten Koalition in die Minderheit versetzt worden und nun mehr der Gegenkandidat, Herr Staatsminister a. D. or. Delbrück, im Wahlkreise Zena-Neustadt unterlegen ist (diese Nachricht har sich nicht bestätigt), so daß er sür das ihm von hier angetragene Mandat, falls auch die notbwendig gewordene engere Wahl zu seinen Gunsten entscheidet, freie Verfügung hat, sehe ich mich zu der Erklärung veranlaßt, daß ich meine Kandidatur hiermit zurückziehe und allen meinen Wählern, die mich mit ihrem Vertrauen beehrt haben, die freie Entschließung zurückgebe. Ich fühle mich zu dicsein Schritt durch die Erwägung veranlaßt, daß voraussichtlich ein Sieg meiner Freunde in der engeren Wahl nur mit Hilfe der sozialdemokratischen Wähler er rungen werden konnte, auf welche Bundesgcnossenschaft ich sie im Interesse der liberalen Sache nicht angewiesen zu sehen wünsche. Ich sehe mich dazu ferner bewogen durch die Er wägung, daß mein freiwilliger Verzicht dem Reichstage die Kraft ekncö Mannes sichert, der zwar keineswegs der politischen Richtung der Stettiner Wählerschaft entsprechen dürste, aber auf dem Gebiet der wirthschamichen Politik eine anerkannte Autorität ist. Ich hoffe, durch dicfe Erklärung den unerquicklichen Kämpfen der letzten Wochen das von allen ersehnte Ziel zu setzen und jeden liberalen Wähler die Freiheit des Willen zurückzugeben. Sillen aber, die meine Wahl gefördert, sei hier mit herzlicher Dank gesagt: sie mögen auch diesen meinen Schritt nur nach dem Gesichtspunkt beurtheilen, daß mir daS Interesse des Ganzen stets höher stand als meine Person." In der gegenwärtigen Wahlbewegung ist uns kein Vor gang bekannt geworden, welcher in solchem Grade, wie die vorstehende Erklärung, als ein Akt seltenen politischen Anstandes wie politischer Klugheit bezeichnet zu werden verdiente. oro vro -">v. in Dresden voranträgt! Sollte hier die Wahl nicht für unmöglich gemacht werden. In solchem Staate gilt der'jeden Vaterlandsfreund, für jeden gewissenhaften Wähler, Einzelne nichts, nur die Waffe. An Jedem, der sich! für jeden denkenden Menschen ungemein leicht, ja selbst- kraft seiner natürlichen Anlagen über dir Waffe erheben! verständlich sein? Muß sie es nicht selbst auch für Diejenigen würde, müßte ohne Erbarmen vorgenommen werden, Im vorigen Reichstage Am 30. Juli In engerer gewählte Abgeordnete Wahl steh. Kandidaten Deutschkonservative 40 54 15 Dcupche Reichspartei 37 48 13 Altliberale rc. . . 2 3 7 Nationalliberale. . 127 82 35 Gruppe Löwe rc. )2 4 4 Fortschrittspartei . Bolkspartei . . . 35 17 11 4 — 4 Sozialdemokraten . 12 2 16 Zentrum .... Welftsche Parti- 92 91 6 kularisten . . . 6 7 3 Polen 14 13 5 Dänen 1 1 — Elsasser Klerikale . 5 5 — Protestpartei. . . 5 5 1 Autonomisten. . . 5 4