Volltext Seite (XML)
Ottendorfer Zeitung Bezugspreis: vierteljährlich 1,20 Mark frei ins Haus. In der Geschäftsstelle abaeholt viertel jährlich i Ml. Einzelne Nummer <0 pfg. Erscheint am Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag. S — ü ' ° unä Änzeigeökatt ÄnzriF^-reft: Lür die kleinspalttge Ä«rp»,-Zelle oder deren Raum w pfg. — Im Reklameteil für die kleinspalttge Petit-Zeile 2s Pfg. Anzeigenannahme bGmttKlMt. Seilagegedühr nach v«chih«e»ßß. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie den abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel" „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Dn^k und Verlag von Hermann Rühle, Buchdruckerei in Groß-Dkrill-l. verantwortlich für die Redaktion H. Rühle in Grsß-Okeiöa. Nummer 98 Sonntag, den 24. August MZ (2. Jahrgang Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Dkrilla, 23. August Wz. — Schattenkirschen (Sauerkirschen) spielen im Haushalt eine große Rolle und werden auch von Fabriken zum Einmachen und zu Säst massenhaft gebraucht. In den Gärten finden siw leider häufig Bäume, die nicht oder schlecht tragen. Das kann entweder als Ursache eine unfruchtbare Sorte haben, es kann aber auch die Unterlage falsch sein. Im „Praktischen Ratgeber im Obst- und Gartenbau" wird darauf hingewiesen, daß ost die Unterlage falsch gewählt wird und daß am besten auf Vogelkrrsche veredelt wird. Buschbäume lassen sich auch aus die Mahalebkirsche (krurms Llalialed) veredeln. Veredelungen auf Sauerkirsche wachsen nicht von der Stelle und machen dünne und schwache Triebe. Unsere Leser können Näh. eres erfahren, wenn sie sich die betreffende Veröffentlichung vom Geschäftsamt des „Praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau" in Frankfurt a. O. kostenlos erbitten. Lausa. Der Gesamtgemeinderat der vier Olischastcn Lausa, Weixdorf, Gomlitz und Fnedersdorf, die zufammenzelegt werden sollen, hat bereits über die Zusammensetzung des Gemeinderals der neugebildeten Gemeinde drralen, und zwar sollen die Gutsbesitzer nm mehr als 4 Hektar Land 4 Vertreter, die Gutsbesitzer mit weniger als 4 Hektar und die Hausbesitzer über 75 Mark Staatssteuern 2 Vertreier, die Hausbesitzer unter 75 Mark Staatssteuern 4 Vertreter, di« Unanjässigen über 1400 Mark Einkommen 1 Vertreter und die Unanfäsfigen unter 1400 Mark Ein- kommen 4 Vertreter wählen. Der neue Gemeinderat würde also aus 1 Gemeinde vorstand, 4 Gemeindeältesten und 15 Mit gliedern bestehen. Diese Zusammensetzung bedarf der Bestätigung durch die Königliche Amtshauptmaunichaft. Klotzsche. Als Hilfsgetsllicher ist der Kirchgemeinde Klotzsche-Hellerau der Pastor Kessel aus Berlin-Wechensee vom Landes- konsistorium zugewiesen worden. Dieser wird Sonntag den 31, August in beiden Kirchen seine Antliitspredigt halten. Dresden. Als die Kellnerin eines in Vorstadt Cotta gelegenen Restaurants bis gegen 11 Uhr am Donnerstag nicht ihr Zimmer verlassen hatte, ließ es der Wirt öffnen. Man traf die 20 Jahre alte, aus Bühlau flammende Kellnerin E. G. tot an. Sie lag vollständig entkleidet auf ihrem Bett und hatte eine Flasche Hienfongessenz voll- ständig ausgelrunlen. — Ueber die Talsperren Malier und Klingenberg waren Meldungen verbreitet, wo nach das Hochwasser der Weißeritz nicht un- beträchilichin Schaden angerichlet habe. Diese Meldungen entsprechen nicht den Tatsachen. Tatsache ist, daß infolge des Regens und da durch verursachten Hochwassers der roten Wetheritz das Vorsperr-Becken sich am Sonn abend zu füllen begann, ehe einige Lori- und anderes Handwerkszeug weggeräumt werden konnlen. Am Sonniag abend war das Vor- sperr-Becken ganz gefüllt und das Wasser fließt in vorgeschriebener Weise über die Hufeisen- jörmige Avlaufstelle ab, einen kleinen, rauschenden Wasserfall bildend. Man kann von der Bahn zwischen Dippoldiswalde und Malter . diesen Wasserfall und den kleinen grünen Lee, der sich jetzt dort im Tal der Vvup.ii« u.bilo.t Hai, i«hc hüvich überblicken, u.ö veieüs am Mulwoch bet'.achleten sich vu,e Ausflügler aus Dreso.n diese vorteil« Hail« Umänderung der Gegend. Irgend ein nhcbl'cher Schaden ist absolut Nicht angerichlel woeoen, der „Lamm", der beschädigt sein ^üte, war lediglich ein Ableitungsdamm aus Balten, Lehm usw, den die Baufirma Halle stehen lassen, in der Hoffnung, daß vielleicht doch noch Hochwasser die Wegräumungs- oibrilen besorgen würde, was nun auch richtig geschehen ist. Wie hier, hat auch sonst das Wasser der Bauleitung nur Wünsch« erfüllt, die sie infolge des so lange herrschenden Wassermangels schon beinahe ausgegeb'en hatte, nämlich, daß zur Zeit der Einweihung das große Becken gefüllt sein würde. Nun, da die Voriperre gefüllt ist und auch gefüllt bleibt, wird auch für die Einweihung für das große Becken Wasser vorhanden sein. Im übrigen gehen die Arbeiten an der Hauplsperre ungestört weiter und der Weihelermin wird keineswegs verschoben, er ist vorläufig zwischen 20. und 30. September festgesetzt, da ein näherer Termin wegen der Abwesenheit des Königs, auf dessen Teilnahme an der Feier gerechnet wird, nicht gewählt werden konnte. Man hat am Donnerstag mit dem Abbruch dec letzten beiden Häuser, die noch im Tal der großen Sperre stehen, begonnen, auch die Aufräumungsarbeilen sind schon weit vor geschritten und die große Sperrmauer so gut wie vollendet. Ebenso sind Gerüchte über groß« Schäden an der Tharandter Wasser leitung und Klingenberger Talsperre teils stark aufgebauscht, teils direkt erfunden. Es ist nicht mehr Schaden verursacht, als längerer Regen normaler Weise an Straßen usw. Hervorrust und von einem nennenswerten Schaden oder einer Zerstörung kann man auch hier nicht sprechen. Oschatz. Das geheimnisvolle Verschwinden einer Anzahl Karabiner-Schlösser beim Ulanen- Regiment wurde in Zeitungsmeldungen als ein neuer Fall von Spionage bezeichnet. Das ist jedoch ein Irrtum. Die Konstruktion der Karabiner-Schlösser ist kein Geheimnis, wie überhaupt jene Karabiner im Handel käuflich sind. Die Schlösser sind von den Kaiabmern abzeschraubt. Man vermutet, daß lediglich ein einfacher Diebstahl vorliegt, um die Karabiner-Schlösser zu Zigarrenabschneidern zu verwenden. Die Untersuchung hat zu einer Aufklärung bisher noch nicht gejührt. Chemnitz. Bei dem Talsperrenbau in Neunzehnhain gerieten am Donnerstag nachmittag mehrere kroatische Arbeiter, die bei dem Bau der Talsperre beschäftigt sind, in Streit. Nach kurzem Wortwechsel zog ein 19 jähriger Bursche ein Messer aus der Tasche und versetzte einem Arbeitskollegen mehrere Stiche, sodaß dieser blutüberströmt tot zusammenbrach. Der Täler flüchtete und es gelang nicht, ihn zu ergreifen. Julia und Romeo. Humoreske von Dr. Wendland. Es wäre aber auch schon zu spät gewesen, denn in einiger Entfernung von ihm stand der junge Hans Heinecke und betrachtete verwundert das sich ihm bietende tragikomische Schauspiel. „Aoer Herr Baumann, was machen Sie denn da?" rief erstaunt Hanö Heinecke. „Sie sehen doch, daß ich auf diesem ver fluchten Raupenring seslsitze. Helfen Sie mir doch, mich loszumachen". „Ich werde mich fchön hüten, im Gegenteil, ich werde gleich meinem Valrr Pseifen, der gar nicht weit von hier ist und sich sehr freuen wird, Sie auf fernem Baum begrüßen zu können". „Machen Sie keine solche faulen Witze. Es ist Christenpflicht, daß Sie nur Helsen". „Christenpflicht? Es,, war wohl auch sehr chrrftlrch, daß Sie meinen Vater fo lächerlrch machten nur der Geschichte von den jkal- fprelenden Hasen und mit der eingenähten Katze, nein, nein, Herr Baumann, das ist eine Fügung des Schicksals, daß mein alter guter Vater endlich seine Revanche bekommt"! Baumann biß die Zähne zusammen und strampelte weiter, aber auch die Hose krachte mehr und mehr, und er sah ein, daß er den größten Teil derselben, wenn er mit seinen Bssreiungsversuchen fortfahre, wohl als Trophäe werde auf dem Schlachtfeld lassen müssen. Er legte sich wieder aufs Bitten. „Seien Sie doch friedlich, Herr Heinecke," knurrte er mit gedämpften Ingrimm. „Wenn ich meine Hose hier lasse, kann ich doch nicht nach Hause laufen. Die Tagelöhner und die Mägde würden sich ja halb totlachen." „Warum sollen die nicht auch einmal ihre Freude haben? Na, und auf dem Kreistag erst! Wenn mein Vater das da erzählt, die lachen sich ja alle halb bucklig. Was wollten Sie denn eigentlich aus diesem Baum, Herr Baumann? „Ich wollte blos einmal nachsehen, ob.... ob.... ob da nicht ein Vogelnest oben ist." „Aber Herr Baumann, in Ihren Jahren nimmt man doch keine Vogelnester mehr aus! Ne, ne, da haben Sie einen anderen Grund gehabt. Wollten Sie vielleicht ein paar Aepfel mausen? Die sind ja noch nicht ein mal keif." Dieser Verdacht kränkte Baumann tief. „Aepfel mausen, ich! Ich habe ja selber welche." „Ja, aber ihre Aepfel sind ja alle wurm- stichig! Ich glaube, die mögen nicht einmal bei Schweine fressen! Oder sollten Sie vielleicht einmal haben nachsehen wollen, wie wir es machen, daß wir so schönes Obst haben?" Baumann schwieg, Vor verhaltenem In grimm sah er kirschrot im Gesicht aus Und die Blicke, die er auf den gemütlich mit den Händen in den Taschen seiner Joppe zwei Schritt von ihm entfernt stehenden Hans Heinecke warf, zeigten von dem Herannahen einer Explosion. Jetzt hielt Hans Heinecke cs für an der Zeit, einzulenken. „Wenn Ihnen daran so viel liegt, Herr Baumann," begann er, „so will ich Ihnen das gern klarlegen. Aber nur unter einer Bedingung!" „Wollen Sie mir etwa einen Vortrag halten, während ich hier festklebe und mich kaum noch rühren kann?" Durch die Be mühungen, sich loszuarbeilen, waren auch seine Hände so klebrig geworden, daß er sie jetzt kaum noch von dem Baumstamm lösen konnte, den er noch immer umklammert hielt. „Erst helfen Sie mir herunter." „Auch das will ich tun, aber immer nur unter der «inen Bedingung." „Unter was für einer denn?" „Daß Sie mir Ihre Tochter Julie zur Frau geben." „Ihnen? Eher dem, leibhaftigen Teufel!" „Na, daß eine solche Ehe gerade glücklich werden würde, glaube ich nicht. Aber wie Sie wollen! Dann können Sie ja meinet wegen die ganze Nacht hier kleben bleiben und wenn morgen früh meine Leute die Raupen ablesen, können Sie ja mit ab genommen werden. Erst aber will ich noch einmal meinen Vater holen und unsere Gartenleute, die werden sich amüsieren!" „Verfluchier Kerl!" schimpfte Baumann jetzt im höchsten Paroxismus der Wut. „Wenn Sie das tun, dann breche ich Ihnen das Genick." „Es ist viel wahrscheinlicher, daß Sie es -sich selber brechen, wenn Sie hier herumer- purzeln! Na, mir kann's recht sein! Adieu einstweilen, Herr Baumann, wir sehen uns bald wieder, ich will nur meine Leute holen!" „So nehmen Sie doch Vernunft an! Ich will ja . . ." „Mir Julie geben?" „Ne. Aber nie wieder etwas von Ihrem Vater erzählen." „Das genügt nicht. Entweder Julie oder Sie bleiben sitzen." „Wenn es nicht anders sein kann, dann in drei Teufels Namen sollen Sie Julie haben!" „Ihr Wort darauf!" „Mein Wort. Aber nun helfen Sie mir auch herunter!" Das tat nun Hans und zwar io vorsichtig, daß Herrn Baumann's Hose, abgesehen da von, daß eine ziemliche Portion des Raupen leims sich ihr mitgeteilt hatte, nur geringen Schaden erlitt. Kaum aber war Baumann unten, so sruz er, den Händedruck seines zu künftigen Schwiegersohns nur mit etwas sauersüßer Miene erwidernd, als echter Land mann und Obstzüchter sofort nach dem von Heinecke angewandten Mittel, „Nichts einfacher als das!", belehrte ihn Hans Heinecke. „Sehen Sie, da ist eine Firma F. Schacht, chemische Fabrik in Braunschweig. Die liefert das denkbar Beste aus diesem Gebiet. Zur Herstellung der an meinen Bäumen befindlichen Raupenleimringe habe ich Schachts Pixol-Raupenleim benutzt, der eine ausgezeichnete langdauernde Klebkraft besitzt, bei Wärme nicht abläuft und bei Kälte nicht erstarrt. Davon, daß keine Raupe, wenn sie einmal mit ihm in Berührung ge kommen ist, wieder fortkommt, sind Sie nach den von Ihnen selbstgemachten Erfahrungen wohl überzeugt. Baumann lachte. „Ja, das bin ich aller dings", rief er und fügte hinzu: „Ob es nicht, nach der Klebkraft zu urteilen, wohl recht teuer ist?" „Nur scheinbar," lautete die Antwort, „denn es bleibt gefügig und braucht nicht so ost nachgestrichen zu werden. Es wird also im Gebrauch sehr billig, somehr, als die Fabrik auch franko liefert. Im übrigen darf man bei Schädlings-Bekämpsungsmitteln erst in zweiter Linie nach dem Preis fragen, die Hauptsache ist und bleibt jedenfalls die Wirksamkeit." „Recht haben Sie. Nun, ich werde eilen, das Versäumte nachzuholen, aber mit dem Leimgürtel allein ist es doch nicht getan ... ?" „Nein, es sind noch andere Maßnahmen nötig und die will ich Ihnen sehr gern bei einer anderen Gelegenheit noch schildern. Sie können ja inzwischen von der Firma F. Schacht in Braunschweig ausführliche Prospekte kommen lassen. Jetzt aber drängt es mich, meiner Julie die frohe Botschaft zu verkünden, daß ihr Vater unserem Bunde nicht mehr im Wege steht." „Schön, das Vergnügen sollen Sie haben, aber eins bitte ich mir auS' Kein Wort darüber, wie Sie mich gefangen haben! Wollen auch Sie mir ihr Wort geben, daß Sie den Schnabel halten?" „Natürlich! Ich werde doch meinen Schwiegerpapa nicht lächerlich machen." Versöhnt gingen sie nach Baumann's schloßähnlichem Wohnhaus, aber in einiger Entfernung von demselben mußte auf Baumann's Bitten Hans ihm dort erst einen Mantel holen, der Raupenleim hatte gar zu vorzüglich gewirkt. H - ß