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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.03.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188403205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840320
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840320
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- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-03
- Tag 1884-03-20
-
Monat
1884-03
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.03.1884
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Erscheint tätlich früh 6'/, Uhr. Kr-allim uni Lrokditisu Iohaaaesgasse 33. Aprechkun-kn i>rr Nedactioa: Vormittag- 10—13 Uhr. Nachmittags 5—6 lldr. kt» -t» n»ck,.d, rui,n-iw^r M-mNcrwt« ««» »u »iedocuoa mch, «rduul»^, Tagtlilait «m,ah»e »er s»r »i, ni»ftk«l,end« Nu««er »esti«mtrn Ans erat« m v«chr,»ta»e„ »ls 3 Udr Rachmlttaa», «n Sonn- uns Feftta,en früh »iS '/,S Uhr. 2n -eu Filialen lur Ins.-Annahmn Ltt» Klemm. Universität«strave 21, L»«>S Lösche» Kaiharinenstraße 18. v. »ur »i« '/,» vtzr Anzeiger. Organ för Politik, Localgeschichte, Handels- nnd GeschästSveckhr. Auflage 18,Lv«. Adanunnealsvrei» vierrels. 4'/, MN. mcl. Bringerlobn ö Mk.. durai die Lost beizen 8 Mk. Jede eimeine Nummer AI Pj. Belegexemplar 10 Li. Gebühren lür Extrabeilagen »Vite Loirbeiördcrung :B Mt. «lk Postveivroerung 48 Mk. Inserate Kaespaltme Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichaiß. Tabellarischer u. Zisseriiiatz nach höherm Tarif. licrlamen unter dem Redactiansürich die Svaltzeile SO Pf. Inserate sind stet- an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prneoumeranüa oder durch Post- nachnaiime. ^ 8V. Donnerstag den 20. März 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekmmtnmchimg. In Gemäßheit der Bestimmungen in tz. 18.2 der Controlordnung vom 28. September 1875 wird hiermit bekannt gemacht, daß die Königliche Ersatz-Commission Leipzig-Stadl im Anschluß an daS diesjährige Musterung-- geschäst Dienktag, de« 8. April a. Dormittag» 8 Uhr, Roßplatz Nr. 1t, parterre links, versammelt sein wird, um über etwaige Gesuche von Reservisten. Landwrhrleuten und Ersatz-Reservisten I. Elaste im Bezirke der Stadt Leipzig uni Zurückstellung au» Anlaß ihrer häuslichen und gewerb lichen Verhältnisse im Falle einer Mobilmachung und außer ordentlichen Verstärkung deS Heeres Entschließung zu fassen. Diejenigen, welche auf Berücksichtigung Anspruch machen, haben ihre Gesuche ungesäumt beim Stadtrathe hiersclbst unter genauer Darlegung der militairischen, bürgerlichen und Bermögensverhäitniste. durch welche die zeitweise Zurück stellung bedingt werben soll, anzubringen. Die betreffenden Mannschaften haben in diesem Termine persönlich zu erscheinen und der weiteren Eröffnung gewärtig zu fein. Leipzig, den 14. März 1884. Der EtvU'Dorfi-ende der Königliche» Ersatz«bonimiffion de» A«S» Veb«»gS-Be;irLS Leiv;ig-Stadt. l)r. Grünler, Regicrungsrath. Vekauntmachung. Wir beabsichtigen in nächster Zeit laug» der Westseite de» Markte» eine Haaptschleutze zu bauen, und fordern daher unter Bezugnahme aus unsere Bekanntmachung vom 10. März 188t die Besitzer, bez. Verwalter der an grenzenden Grundstücke auf. wegen gleichzeitiger Unter führung der Fallrohre bez. wegen gleichzeitiger Her stellung von Bei sch len»*« unverzüglich bei uns Anzeige zu erstatten, damit die Herstellung der Fallrohr- und Bei- fckleußcn mit dem Bau der Hauptschleuße aus Kosten der Adjacenten erfolgen kann; die Höhe der «egen Herstellung der Faltrvhrschleuße» re. zuvor bei un» zu biaterloarnden Bausch- ^ kosten wird einem jede» Bctheiligten mittelst besonderer An fertigung bekannt gegeben. Im Falle der unterlassenen Anzeige haben die Säumigen außer der Einziehung einer Geldstrafe bis zu 60 z» gewärtigen, daß di« vorstehend gedachten Arbeiten an Fall rohr- und Beischleußen von RalhSwegea -aus ihre Kosten ausgeführt werden. Leipzig, am 6. März 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Tröndlin. CichoriuS. Velimnlmlich««-. Wir werden in nächster Zeit auö ivohlfahrtSpolizeilichcn Gründen die Parthe von 30 m unterhalb des Händel'schen WehreS bi- zum Einfluß in die Pleiße abschlagen und in die Milte des dermaligen ParthenbetteS eine gemauerte Rinne mit Vorländern einbauen. Hierdurch wirb das AuSleiten von irqend welchen Flüssig keilen auS den anliegenden Grundstücken in die Parthe künftighin gänzlich ausgeschlossen; eS sind deshalb alle in die Parthe ausmündenden Hausschleußen und dergleichen Anlagen zu beseitigen. Wir setzen die Betheiligten schon jetzt hiervon mit der Aufforderung in Kenntniß. rechtzeitig für Beseitigung der bezeichnelen Anlagen und für Herstellung neuer Hausschleußen nach der Hauptschleuße der Berliner Straße Sorge zu tragen, bez. deshalb die nötbigen Anträge bei uns zu stellen Leipzig, am 13. März 1884. Der Rath der Stadt Letpzia. r. Tröndlin. vr. Wa vr. angemann. Nachdem dem zeilherigen Rittergut-Pachter Herrn Adolf Wiihein» Richard Krech von un» die Stelle dcs Oekonomie - InspectorS übertragen worden ist, bringen wir dies hiermit zur öffentlichen Kenntniß. Leipzig» am 17. März 1884. Der Rath der Stadt Leipzig, vr. Tröndlin. vr. Wongemann Gewölbe-Vermitthimg. Das bisher an Herrn Lederhändler Melzer vermietbet gewesene Gewölbe Nr. ö in der Georgenhalle (Brühlfeite), soll von» 1. April d». I». an gegen eiahalbjabrliche Kündigung Donnerstag, den 27. d». Mt». Vormittag» IL Uhr auf dem Rathhause, I. Etage. Zimmer Nr. 17, an den Meistbietende» anderweit vermiethet werden. Ebendaselbst auf dem großen Saale liegen die Vcr- miethungS- und Bersteigerungsbcdingungen sowie da» Inventarium des zu vernffethenden Gewölbe schon vor dem Termine zur Einsichtnahme auS. Leipzig, den 12. März 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Stöß. Auctionslocal des König!. Amtsgerichts Sonnabend, de« 22. diese» Monat», »o« 1» Udr vormittag« ad. gelnnge, Möbel. Betten. Wäsche, kleidnugsstücke »ad Küchen« gerittzschgften au» einem Nachlasse zur Versteigerung. Leipzig am IS. März 1884. vielst, Auetionator. Nichtamtlicher Thetl. Die englische Ministerkrisis. Der Sieg über Osman Digma. welchen General Graham unter verhSltnißmäßig großen Verlusten am 12 März bei Tamanieb errungn» hat. ist in London nicht mil Freuden begrüßt, sondern mit Bestürzung ausgenommen worden. Man hatte sich in England der Hoffnung hingegeben, daß der Feldzug mil dem Treffen bei El Teb beendigt sei und daß die Araber weiteren Angriffen der englischen Truppen nicht mehr Stand halten würden. Statt dessen wäre die gesammte Streitmacht de« Generals Gralxnn bei einem Haare vernichtet worden, und nur die Kaltblütigkeit deS General- Buller, welcher mit feiner Cavallerie dem Oberst Davis zu Hilfe eilte und die Wiederherstellung der Schlachtordnung de» gesprengten Carrös ermöglichte, hat die Niederlage in einen Sieg verwandelt. In London fürchtet man mit Recht, baß die Eroberung deS LagerS von Tamanieb für diese schwer wiegende Tbatsache kein ausreichendes Gegengewicht bildet, daß der Mutl, der Araber, weit entfernt, ge brochen zu sein, ungcsckwächt ist und daß diese nur aus e»e passende Gelegenheit warten, um die erlittene Niederlage zu rächen. Der KriegSminister, Lord Hartington, sucht da» ve- vrgte Parlament' durch Mittheilung einer Aeußerung de» Scheichs Mahmud Ali zu beruhigen, welcher sich bdhin aus gesprochen bat. daß die Niederlage bei Tamanieb ti«:Araber versöhnlich stimmen und von OSman Digma abwendig ma« werde. Die Ereignisse aus dem Kriegsschauplätze strafen g die Meinung des Scheichs Lügen, denn, wenn wirklich AuSs ^ aus den Frieden vorhanden wäre, dann würde Oberst Stewart nicht Hanbuk besetzen und in Bertheidigungszustanv -Hltzxi,. Graham ist aus neue Angriffe von Seilen der Araber lMaßt und trifft die erforderlichen Maßregeln, um nicht übstMscht zu werden. ^ ES ist sehr erklärlich, daß man in England über ihn Verlust einer großen Anzahl Otflciere und Soldaten nickt besonders erfreut ist, daß sich aber die Opposition dadurch verleiten läßt, in die Kriegführung deS General» Graham einzugreifcn, läßt sich nicht rechtfertigen. Ter Antrag Labouchsre, daS Unterhaus möge erklären, daß die Noth- wendigkeit der großen durch die militärischen Vorgänge im Sudan vcranlaßten Mcnschenverlustc nicht erwiese» sei, kann nur als ein Versuch betrachtet werde», da- Ministerium Gladstone während der Krankheit des Prcinicrmniisttzr- zu stürzen. Northcote, der Führer der Opposition, warnrit. dem Antragsteller einverstanden und nur einem Zufall ist.M zu- rufchreiben, daß der Zweck deS Antrages nicht erreicht Wurde. Nur 205 Abgeordnete waren bei der Abstimmung gegcnwittllg und von diesen stimmten unter Führung Norlbcöle'»«v4'fstr den Antrag. Al» daS Ergebaiß der Abstimmung bekannt wurde, sagte der Staatssecretair des Inner» Hai*d^.-> !° Haß Hk'vsn'Abgrorvnrten gehört wurdet „Dieser MüiHjge Streich ist nicht gelungen!" Freilich war der Angriff gegen das Ministerium Gladstone in Abwesenheit seines erkrankten Oberhauptes nicht ritterlich und außerdem verstieß die KampseSweise der Opposition gegen die hergebrachten parla mentarischen Regeln, was auch der Kriegsniinister dadurch öffentlich kcnnzeichnete. daß er die Unkcimtniß der Regierung von der Absicht der Gegner bervorhvb, eine ernste Debatte über die egyptische Frage anzuregcn. Im Grunde genoiniiic» siebt man auch auf Seile» der Opposition wohl ein, daß die Operationen aus dem Kriegsschauplätze im Sudan durch Directiven deS Parlaments nicht bestimmt werden könne», sondern daß eS dem Obergencral überlasten bleibe» muß, was er nach Lage der Verhältnisse für zweckmäßig erachtet; aber die Gegner des Ministeriums wollen Liese Gelegenheit nicht unbenutzt vorübergehen lasten, um eS zu stürze» und selbst die Regierung zu übernehmen. Leider sind die Minisier zu schrövch, um Viesen Einmischiingsversuchcn mit voller Energie eiitgegenzutrctcn, wie die Aeußerung de« Unlerstaalsiccrelairs Fitzmaurice beweist, daß General Graham nicht befugt sei, die Operationen bis Berber auözudcbnen. und die Erklärung Harlington's, daß Admiral Hewelt nicht daS Recht habe, ohne vorherige Vereinbarung mit Daring, dem Vertreter England« in Egypten, einen Preis auf Len Kops Osman Digma's aus zusetzen. AuS den englischen Parlamcntsverhandlungcn der letzten Tage ist daS Eine mit Sicherheit zu entnehmen. daß die egyptische Angelegenheit gründlich verfahren ist und daß die Regierung nicht mehr aus noch ein weiß. Durch das TauschungSsystem, welche« daS Ministerium Gladstone in der egyptische» Angelegenheit von Anfang an befolgt bat, ist es in der eigenen Falle gefangen. Bezeichnend für die Sachlage sind die Erklärungen Harlinglon's über die Häsen deS Reihen Meeres. Er unterscheidet zwischen Dem. waS er gesagt hat und was er zu sagen beabsichtigte, und kommt schließlich zu der Erklärung, daß England der egyptische,, Regierung im Schutze der Häs-n deS Rothen Meeres beisteben wolle. Für jeden unbefangenen Beurtbeiter der Verhältnisse liegt die Sacke so, daß England die Häfen deS Rothen Meeres als sein Eiqeutbum betrachtet und deshalb so große Opfer für ihre Erhaltung im Besitze Englands bringt, jetzt ist eS aber der englischen Regierung eingefallen, daß ja Egypten ein türkischer Vasallenstaat ist unv daß Alles, was im Rolben Meer unter nommen wird, nur ii» EinverftaiiLniß niit dem Sultan geschehen kann. So künstliche Scheinvcrhältniste können auf die Dauer nicht bestehen, und es ist gut, daß durch die Macht der That- sachcn endlich einmal Klarheit in die Sachlage kommt. General Gordon'S schiefe Stellung wird in Folge dcsicn auch täglich offenkundiger. Er ist nicht nach Khartum gegangen, nm diese Stadt dem Mahdi zu übergeben, sondern um eS für England zu erhalten. Er hoffte diesen Erfolg anfänglich nur durch seinen persönlichen Einfluß und durch Geld zu erreichen, jetzt sicht er ein, daß er dazu auck Soldaten braucht und deshalb richtet er an die englische Regierung Las Ver langen, daß sie ihm die nötbigen Truppen senke, um die egyptischen Garnisonen im Sudan zu retten. Wahrscheinlich bestand darüber, daß dies geschehen solle, schon gebcinieS Em- vcrständniß zwischen Gorkon und der englischen Regierung, als er seine Reise nach dem Sudan antrat, oder Gladstone bossle, daß sich der Erfolg ohne Soldaten erreichen ließe. Allmälig wurde eS klar, daß dies ein Irrtbum sei, und des halb nahm Gladstone keinen Anstand, im Parlament zu er klären, daß er über die Berichte Gordon'S »ur so viel mit- theilrn werde, als er im öffentlichen Interesse für z:veck»iäßig eracht«. Gordon ist jetzt wahrscheinlich in großer Notb, sein Leben ist der Gnade seiner Feinde überantwortet unv die englische Regierung zögert, die ibm so nötbigen Truvven zur Vcrsügnng zu stellen; sehr erklärlich, weil di« i^ppositicn mil Argi>s»uaen jede Blöße auSzukundschaslen sucht, welche sich etwa die Re gierung giekt. Solche Siege, wie der von Tamanieb. können dem Ministerium Gladstone über seine selbstverschuldeten Vcr iegenheiten nicht Hinweghelsen, dazu bedarf eS durchschlagender Erfolge, und daß diese nicht errungen werken können, darüber wacht die Opposition mit eifrigem Bemüben. Die Folgen deS Siege« von Tamameb lasten sich also dahin zusammensassen, daß weder in militairischer noch in politischer Beziehung dadurch derjenige Zustand verbürgt rst, welcher allein geeignet ist. in EgYPlen und >m Sudan dauernde Verhältnisse anzubahnen. England möchte die un umschränkte Herrschaft in Egypten unv am Rothen Meere an sich reißen und auch den Sudan womöglich seinen Zwecken dienstbar machen, aber der Schein soll gewährt werden, als ob Alles beim Alten geblieben wäre. Eine so ränkrvolle Politik muß endlich Schiffbruch leiden. Sechzig, SV. März 1884. * Sehr bezeichnend ist eS, daß im Zusammenhang« mit der neuen Parteibildung fast ebenso viel wie von dieser selbst von der nationalliberalen Partei die Rede ge wesen ist. AuS dem link-liberalen Lager selbst heraus hören wir da« Geständniß. daß die letztere zur Zeit viel umworben sei. Die Nalionalliberalen. die so osl Toblgesaglen. werken kiese Anerkennung ihrer Lebendigkeit und Lcbenssäbigkeit mil Gcnuglbuung registriren können; was aber die verschiedenen Werbungen anlangt, so werden sic denselben gegenüber kühl bis ans'Her, binan bleiben. Was will denn eigentlich die von allen Seilen an sie gerichtete Forderung, zu dem Vor gänge anf der Linken „bestimmte Stellung" zu nehmen? Hat sich denn überhaupt eine so einschneidende Veränderung der Verhältnisse vollzogen, daß eine neue Stellungnahme er forderlich wäre? Seit die nun ausgelöste „Liberale Ver einigung" sich von den Nationalliberalen getrennt, hat zwischen diesen beiden Fractionen in den Parlamenten »war rin äußerlich freundschaftliches Berbältniß. aber — abgesehen von einigen Versuchen ohne wesentlichen Erfolg — kein mnerer Zusammenhang bestanden. Dagegen hat sich in den letzten Jahren, wie Jedermann weiß, eine immer engere Annäherung zwischen der Liberalen Bereinigung und der Fortschritttpart« vollzogen. Wenn di« beiden letzteren jetzt den Augenblick für gekommen erachten, ihre besonderen Verbände anfzu- geben, ibre Verschmelzung auch äußerlich zu vollziehen, so ist das lediglich ihre eigene Angelegenheit und die national liberal« Partei wird dadurch gar nicht berührt. Herr R'ckert hat in Danzig von der schwirrten Lag« der Rational- liheralm gesprochen; nach seiner Meinung ist denselben, wenn wir di« bekreffeudrn Berichte recht verstehen, heute lediglich die Alternative gestellt» entweder zu der »deutschen freie sinnigen Partei" oder zu den Freiconservativcn zu gehen. Wir renken, es ist wohl noch ein Dritte- möglich: daß nämlich die nationalliberale Partei einfach aus ihrem bisherigen Stand- punct verharrt. Herr Rickert sagte: „Wenn die National liberalen der Dolkssreibcit dienen wollen, so werden sie aus unsere Seile treten müssen". Soll unter dem „der BolkS- sreibeit dienen" die entschlossene Verlheidigung der verfassungs mäßig fcstgestclllcn Rechte de» Volke» verstanden werden, so hat die nationalliberale Partei nicht erst nvthig, aus die Seite der neuen Parkei zu treten; zum Mindesten läßt sich ebenso gut sagen: die Letztere stellt sich in diese», Puncle an die Seite der Nationalliberale». Aber mit der Verlheidigung der Ver fassung sind ticAusgabcn derGegenwart nickt erschöpft; die eigent liche Signatur der Zeit — daS wird henke wohl Nieinanv »lehr leugnen — ist die socialpolitische Arbeit. Und in diesem Pnnclc herrschen zwischen den Nationalliberalen und den weiter links stehende» Parteien erhebliche Unterschiede der Anschauungen. Aber so wenig die nalionalliberale Partei nöthig hat, auS versassungspolilischcn Grünten eine Schwenkung nach links zu mache», ebenso wenig hat sie auS socialpolitischen Gründen Veranlassung, nach recht- zu gehen. Wa- die unmittelbar vorliegenden Ausgaben anlangt, so wird sie sich freuen, wenn ihr eine Mitwirkung am Zustandekommen des Unsall- versichcrungsgesetzes möglich gemacht wird; vom Standpnnct der Parteipclitik aus aber kann sie nichts Anderes ihn», als getrost die Zeit abwarten, La einer liberalen Partei in ihrem Sinne wieder, wie ehedem, eine positiv-fruchtbare Thäligkeit Zufällen wird. * Im Reichstage ist die Uebersicht der vom BundeS- rath gefaßten Entschließungen ans Beschlüsse des Reichstages in den letzten Sessionen zugegangen. Wir entnehmen den selben Folgendes: Aus den Beschluß des Reichstages, da- Fortbestehen de- Köruer-MuscumS zu Dresden zu sichern und von dem Er- gebmß der bezüglichen Erörterung dem Reichstag Minheilung zu machen, hat der BundcSrath die Petitionen dem Reichskanzler über wiesen, aus dessen Anordnungen die von dem Reichstag gewünschten Verhandlungen mit dem Besitzer des Körner-Muieuins gepflogen worden sind. Tie bezüglichen Erörterungen haben indessen sur das Reich aiinchmbarc Bedingungen, unter welchen die Sickerung des Fortbestehcns des Mu'eums zu erreichen sein möchte, nicht ergeben; der Besitzer des letzteren hat die ursprünglichen, auch von dem Reichs tag als erfüllbar nicht betrach:eten Forderungen inzwischen »och ge> steigert, und es hat sich überdies yerausgestellt, daß bchuss einer geeigneten und unqesährdeten Ausbewabrung der Sanimlunqen deS Mulcums die Beschaffung onderweiter Räumlichkeiten unerläßlich sein würde. — Im Januar v. I. hatte der Reichstag beicklassen, den Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstag daS Actenmaterial über die rkotlüchlichen Vorgänge bei der Verhaftung des Abg. Dietz (Hamburg) ja Stuttgart, noch in dieier Session, belniss der Ent- Icheidung darüber vorzulegen, ob eine Verletz»',g der Reichevcrsassung (H. 31) vorliegt. Der BundeSrath hat in Erwägung, daß bei der Verhaftung d«S ReichStageabgeordneten Dietz das demselben nach Art. 31 der ReichSveriaffung zustehende Vorrecht nickt außer Acht gelassen, vielmehr dasselbe nur deshalb für ausgeskylossen erachtet worden ist, weil der ebenda vorgesehene AuSnohmesall der Ergreiiung aus srischer Tbat voriicge, daß über die Richtigkeit dieser Annahme von den im Instanzenznge Vorgesetzten Gerichten z» befinden war, daß der Reichsrag zwar ein Interesse daran hat, darüber Auskunft zu er- langen, ob die gedachte Verhastung von dem beschließcnven Richter au ihre Versoffungsmäßigseit geprüst worden ist, daß e» indessen einer besonderen Miitdrilung hierüber nicht bedarf, da der Reichstag durch die von dem Reichstagsabgeorduklen Dietz selbst in der Sitzung vom 13. Januar 1883 gegebenen Nuiklärungen bereits davon unler- richict ist. daß jene Prüfung statigesundcn har — beschlossen: der Resolution deS Reichstags vom 13, Januar 1883 keine Folge zu geben. — Ter Reickstog hatte beschlossen, den Reichskanzler zu er suchen. die Anferiiaung eines ondenveüen Plane» zu dem Kaiser- valast in Straßburg womöglich mittelst Ausschreibung einer engeren Soncurrenz zu veranlassen. Der BundeSrath hat die Reiolution dem Reichskanzler überwiesen. Tie daraus eingetretene Erörterung d^ Gegenstände« hat eS nicht ongezeigt erscheinen lassen, der Resolution zu entsprechen. Insbesondere besiinimend hierbei war d e Erwägung, daß >m Falle der Veroustallung einer neuen Wettbewerbung daS Jahr 1883 für die Bauzeit ganz verloren ge- gangeu wäre. Um jedoch den nn Reichstage gegen das Bauprojekt erhobenen Bedenken lhunlichst Rechnung zu tragen, ist der Entwurf einer durchgreifenden Umarbeitung unterzogen und besonders liiii- sichtlich der Fw.-aden verbessert worden. — Bezüglich des Beschluss S des Reichstages auf Einscsung einer Sachverständige»-Eoniinissisii »ur Untersuchung der Stromverhälr nifse des Rheines und einer Nebenflüsse, haben aus Veranlassung des BundeSratt:- behus« Erörterung der Frage, in welcher Weise den in der Resolution >es Reichstags bezcichnclen Zielen am zweckmäßigsten näher z» trete i ein wird, unter Leitung eines CommissarS des Reichs Beratliungen von Vertretern der Regierongco der dem Stromgebiete des RheniS angehörigen Bundesstaaten staltgcsunden. Die aus diese» Beraihungei: dcrvorgegangcncn Vorschläge bilden gegenivärtig den Gegenstand von Verhandlungen mit und unter den bezeichnten Landesregierungen. * Die EentrumSpartei entwickelt in der gegenwärtigen parlamentarischen Saison einen fast fieberhaften Eifer, immer aufS Neue kirchenpolikische Anträge cinzubriiigen und große parlamentarische Debatten über die kirchliche Frage hcrvcr- zurufen. In, preußischen Abgeordnetenhause ist aus die An träge wegen Wiederherstellung der kirckenpolitischen Vrrfaii'ungo- artikel und Aufhebung de» Sperrgesetzcs ein neuer Antrag gefolgt, welcher eine baldige organische Revision der bestehenden kirckenpolitischen Gesetzgebung fordert, und im Reichstag liegt der Antrag aus Aushebung de- Gesetzes über die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern wieder vor. Es liegt sehr nahe, die neuesten Anträge mit der Frage der Ver längerung deS Socialisteiigcsctzes in Verbindung zu bringen. An geblich ist das Cenlrum zum weitaus größten Tlwil entschlossen, der Socialisienvvrlaae zuzuslimmen, die Entscheidung soll aber durch Coiiimisfwnsberathung hinauSgeschoben werden und inzwischen präsentirt daS Cenlrum seine kirchcupolitischen Wechsel. Werden sie nicht nach Wunsch honorirt, s» bleibt immer noch die Möglichkeit, dafür beim Socialistengesetz Rach« zu nehmen. Definitive Beschlüsse in der Fraction solle» ohnehin »och nicht stattgesunden haben. Wir hoffen, di« anoeren Parteien werden sich nicht veranlaßt fühlen, klerikalen Demonstrationen und kircheupolitischen Schachergeschäften Vorschub zu leisten, und auch von der Regierung möchteu wir wünschen, daß sie sich durch den Hinblick aus die Unterstützung des EcntrumS in der Socialistciisrage nicht zu lirchenpolitischen Cvnccssionen bewegen läßt, selbst auf die Gefahr hin, daß da» Gesetz in dem gegenwärtigen Reichstag scheitert. * Die Budgetcommission deS Reichstag» hat in ihrer ersten Sitzung zum Vorsitzenden den Abg. von Wedell« Malckow. zum Stellvertreter den Abg. Mndtborft gewählt. Die Wahl de« Elfteren erfolgte nur mit einer Stimme Mehrheit gegen brn Abg. Hobrecht. E« hat sich nun aber heransgcstellt, daß ein CentrumSmitgl,rd irrtümlicher Weis« initgewAhlt hatte, welches gar nicht Mitglied der Commission ist. Die Wabl der Vorsitzenden ist infolge dessen für ungültig erklärt worden. Indessen wird auf Vorschlag de« Lbg. Hobrecht die Commission voraussichtlich doch wieder unter dem Vorsitz der beiden genannten Abgeordnete» sich con-> tituiren. * Die „Deutsche freisinnige Partei- hat sich im Reichstag alS Fraction constituirt. In den Vorstand wurden gewählt die Abgeordneten v. Forckenbeck. Freiherr vo» Ctäiif'senberg, Rickert. Baniberaer, HLncl, Virchow, Richter (Hagen), Klotz. Als Schriftführer fungiren die Abgg. Hermes, Schräder, Dohr». Radeniacher. Eine provisorische Geschäftsordnung ist vereinbart worden. Zu Senioren sind ernannt worden di« Abgeordneten vr. Baumbach, Rickert, Richter, Eysoldt und Klotz. Ueber die NeichStagSsitzung vom 18. März, die wir zum großen Thcil schon, gestern mitcheilten, haben wir noch den Schluß nachzutragem Nach dem Abgeordneten vr. Barth nahm das Wo, Staatssecretair ». Brrcbord: Es ist in den Motiven schon darauf hingewiesc», daß die Zolliestietzuirgen für den Import vo» Zündhölzern überall höher sind, als bei unS, ja, daß i» Frankreich die Einfuhr schwedischer Zündhölzer ganz verboten ist. Eine Nor- mirung von 10 .st erscheint doch also für Deutschland nicht zu hoch. — Tie Voraussetzung, von der Abg. vr. Barth ausgeht, daß nämlich die Vortage nur die Haus- und Kleinindustric beschränken will, ist ganz unrichiig. Die Vorlage soll die Fabrikation von WeißptioSphorzündhölzcrn beschränken und ihr endliches Eingehen herbcssühren. Wen» man diese Fabrikation jetzt ganz verbieten wollte, so dürste man sich bei dieser Zollbestimmung nicht beruhigen, entern die Einfuhr, wie in Frantreich. ganz verbiete». Abg. vr. Baumbach: Es ist für mich gar nicht einzusehen, wie der Herr Staalsiccrelair es beweisen will, daß von der Vorlage die Großindustrie ebenso betroffen wird, wie die kleine und die Haue- industrie. Ter Hinweis aus den Zoll bei anderen Ländern bezieht sich eben nur am Schutzzollländer; wir sind aber aut den Export in hohem Maße angewiesen. Ich wiederhole daher meinen Antrag, s 6 abzulehnen. Die erste Berathnng wird geschlossen und aus Antrag des Abg. vr. Baumbach die zweite Beralhung für heute auSgeietzt. Damit ist die Tagesordnung erledigt. * Die Frage deS Neubaues eines Abgeordneten hauses in Berlin ist ein gutes Stück weiter gesördcrl worden. Die Commissarien der verschiedenen Ministerien haben fleißig zusammen gearbeitet nnd ei» neues Prvject sertiggestellG welches bofscnllich auch im Abgeordnetenhaus« Anerkennung finden wird. In dem mit der Borberalhung dieses Gegenstandes betrauten Ausschuß deS Hauses machten sich bekanntlich drei Strömungen geltend; die eine, welche für den immerhin etwas knappen Bauplatz an der Spree eintrat, die zweite, welche diesen durch Ankauf der Häuser bis zur Dorothecnstraße vergrößern, und die dritte, welche von einem Neubau in jener Gegend überhaupt nichts wissen wollte. Eine Vorlage, welch? jedenfalls in den allernächsten Tagen dem Abgeordnetenhaus« zugehc» wird, kommt kein zweilcn, hier angedeuteteu Wunsche nach, indem sie den Ankauf Ler Hänscr bis zur Dorotheenstraße vorschlägt unv unter Zugrunde legung de- Schulze'schcn ProjeclS sowohl den Wünschen des Reichstag- alS auch denen de» Abgeordnetenhauses vollauf gerecht wirk. Die Höfe sind groß und geräumig gedacht, daS Kesselbau» für die Heiz- und DentilationS- anlagen de« Reichstag- soll in einen, besonderen Gebäude an der Ecke untergcbrackt, mit hübschen Gartenanlagen umgeben und auch äußerlich so ausgcstatlet werden, daß eS nach der ästhetischen Seite hin, gewiß nickt minder alS nach der praktischen allen Anforderungen entspricht. Bei der Abneigung gegen den ursprünglich vorgescblagenrn kleineren Raum mnßte an eine Vergrößerung LcS Platzes gekackt werden, die aller dings den Preis für den Baugrund aus circa 4,000,000 erhöhen dürste. Inzwischen bat der Besitzer dcs Kroll'scken Etablissements die Forderung für sein Grundstück aus 1,200,000-. 4! ermäßigt und eS wird sich vicUeickk dock noch fragen, cv denn nickt diesem Gedanken näher getreten werten könnte. Der prächtige Platz könnte nur gewinnen, wenn
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