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W'Er/'' Nr. 383. 27. Jahrgang- Freitag, dm 7. December 1900. Umständen forderten dächten sie bewilligen. Antrag in Redaction und Expedition: Bahnstratzc 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. Hunderte langen Kämpfen-sind wir endlich so weit, daß wir die staatsbürgerliche Gleichberechtigung aller Konfesstonen als die einzig richtige Grundlage anerkennen. Äbg. Graf Stollberg (kons.): Wir theilen die staats rechtlichen Bedenken des Reichskanzlers, auch wir wollen in die Kompetenz der einzelnen Bundesstaaten nicht ein begriffen wissen, aber da es doch fraglich ist, ob dieses Bedenken stich gegen alle Punkte des Antrages richtet und da eine große Partei die kommissarische Beralhung wünscht, so stimmen wir dieser zu. — Abg. v. Vollmar (Soz.): Die Gründe gegen vorliegenden Antrag, welche Abg. Lieber jetzt zurückweist, nämlich den angeblichen Ein griff in die Kompetenz der Einzelstaaten, sind vom Centrum sehr ost gegen sozialdemokratische Anträge geltend gemacht worden. Was Lieber beute dargelegt, stehe ganz im Widerspruch zu dem sonstigen Verhalten des CentrumS. Sonst sei das Centrum stets sehr förderRiv, heute dagegen für sehr weitgehende Reichskompetenz. Nach der katholisch kirchlichen Auffassung gebe es eine sittliche Freiheit gegenüber dogmatisch erkannten Wahr heiten überhaupt nicht. Die Kirche wolle nicht npr dogmatische, sondern auch politische Intoleranz, wo sie aber politisch tolerant sei, sei ihr dies erst von den werde in dec Kommission zu untersuchen sein. Der vom Centrum proklamirte Grundsatz der Gleichberechtig. ung aller Konfessionen ist gewiß sehr schön; wir wollen hoffen, daß er auch in katholischen Ländern anerkannt wird. W'r sehen in dem Antrag allerdings auch eine Erweiterung der Neichsverfassung, aber von diesem formellen Einwand ließe sich wohl absehcn. Hat doch der Reichskanzler selbst zugegeben, daß in den Einzelstaaten da und dort noch ganz veraltete Bestimmungen bestehen. Wir muffen aber darauf bestehen, daß die Religions freiheit nicht nur den Mitgliedern anerkannter Religions- gesellschasten gewährleistet. Nicht einverstanden sind wir damit, daß nach beendetem 12. Lebensjahre dem Kinde die Entscheidung seines religiösen Bekenntnisses zustehen soll. Das würde die bedenklichste Agitation zeitigen, namentlich, wo es sich um gemischte Ehen handelt. Abg. Richter (freisinn. Volkspartei): Als die Sturmglocke des Präsidenten verkündete, daß der Reichskanzler sprechen wolle, da dachte ich, er würde das Wort nehmen zu einer Entschuldigung des Verhaltens der Reichsregier ung gegenüber dem Präsidenten Krüger. (Stürmische Heiterkeit). Eine Verfassungsänderung ent hält der Antrag jedenfalls, und diese muß auch in dem Gesetzentwurf ausgesprochen werden. Ich halte es für durchaus richtig, Abschnitt 1, der jedem Reichsangehörigen volle Freiheit der Religionsübung gewährt, zum Gesetz zu erheben. Der Abschnitt 2 dagegen von den Religions gemeinschaften zieht alle nur erdenklichen Streitigkeiten, wie sie sich in den Einzelstaaten abspielen, vor das Reich, und das ist sehr bedenklich, zumal sich der Abschnitt auf anerkannte Gesellschaften beschränkt, alle anderen aber recht los läßt. Wir wollen gleiches Recht für Alle, wir wollen auch keinerlei staatliche Zuwendung für irgend eine Religionsgemeinschaft, sondern allenfalls für jede Vereinigung, welche sittliche Zwecke anstrebt. Wir können uns nur für einen Antrag erklären, der diesen von mir entwickelten Zielen und Grundsätzen entspricht. — Abg. Fürst Radziwill (Pole) tritt Namens seiner Fraktion Jnsertionsgebühren: die fünfgespaltene 12 Pfg - Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg-, gl s h Rabatt. Reclame 25 Pfg. Äei mehrmaliger Aufgabe Annahme der Inserate für die folgende erbeten. 1» Uhr. Größere Anzeigen Abends vorher für den Antrag ein unter Klagen über d^ ^ehandl der Polen in Preußen in konfessioneller, w . Hinsicht. - Staatssekretär Graf Pos°d°wSky« Der preußischen Slaatsregierung liege es völlig f - . legitime Verbindung zwischen der katholischen „n Posenschen einerseits und ihrem geistlichen . andererseits zu verhindern, aber sie fei verpfllch , für zu sorgen, daß in jener Provinz Ruhe un F herrsche. — Abg. Rickert (freisinn. Vereinigung) freut sich, daß das Centnim seine Anschauungen u e Kompetenz des Reiches geändert habe, und hofft, daß diesem Antrag ein gutes Gesetz zu Stande komme. Abg. Stockmann (Reichspartei) : Dein Grundgedanken des Anträge« kann wohl jeder humanistisch Gevi v zustimmen, wenn es auch eigenthümlich ist, daß gerave das Centrum ihn einbcingt. Für uns ist das Wichtigste die staatsrechtliche Seite der Sache. In Bezug auf die Beseitigung veralteter Bestimmungen stimmen wir dem Reichskanzler durchaus zu, aber lin nationalen Interesse halten wir es doch für bedenklich, in die Staatshoheit der einzelnen Staaten einzugreifen. Die patriotische Haltung des Centrums in neuerer Zeit erkennen wir an, aber wie stimmt damit die Pa role des Centrums, bei der Ersatzwahl in Bomst für den Polen zu stimmen und nicht für den Deutschen? — Abg. Vichler (Centr.) verbreitet sich über zahlreiche Fälle, wo katholische Minderheiten vergewaltigt worden seien, namentlich m den mitteldeutschen kleinen Staaten, vornehmlich in Braunschweig, ferner in Mecklenburg und in Sachsen. — Sachs. Bevollmächtigter Graf Hohenthal erklärt, die Erklärung des Reichskanzlers, der er sich in allen Theilen anschließe, überhebe ihn der Nothwendigkeit, auf den Antrag näher einzugehen, und tritt sodann dem Anträge des Vorredners über einige Einzelfälle, speziell über Vorgänge in dem Schlosse Wechselburg des Grafen Schönburg entgegen. Es handle sich dabei um angeblich verhinderte öffent liche katholische Gottesdienste. Die Besorgniß, daß es eines Eingreifens des Reiches bedürfe, sei unbegründet, es bedürfe nur einer energischen Beschwerde in Sachsen selbst, falls irgend eine Unzuträglichkeit vorkomme, und die Sache sei' geregelt. Jedenfalls seien das allein sächsische Angelegenheiten. — Mecklenburgischer Bevoll mächtigter v. Oertzen äußert sich ähnlich. Die Geneh migung für den Bau katholischer Kirchen sei niemals versagt worden, wo ein Bedürfniß dazu vorlag. Wenn im Sommer katholische Arbeiter nach Mecklenburg kämen und Gottesdienste verlangten und die Mecklen burgische Regierung treffe entsprechende Einrichtungen, so kämen vielleicht im nächsten Sommer weniger katho lische Arbeiter, und da solle dann jene Einrichtung be stehen bleiben? Im Allgemeinen sei jedenfalls für katholische Gottesdienste hinreichend gesorgt. — Braun schweiger Gesandter v. Cramm-Burgdorf tritt eben falls noch den Lieber'schen Beschwerden entgegen mit dem Hinzufügen: Einzelne Dinge, über welche be gründete Beschwerde geführt sei, würden nicht wieder vorkommen - Der Antrag geht in eine Kommission - Tfchmg und L.-Hung-Tschang erklären, daß sie begierig sind, die Forderungen der Mächte zu erfahren China wünscht um jeden Preis einen Friedm der s ck mit der Würde eines unabhängigen Staates' vereinen affe. Aber ,e langer das große ausländische Heer di- TMi Nch. «E. d-s,° schu^A Uw .egende Problem zu losen. D.e Missionare und ande e Leute, welche d.e Belagerung der Gesandtschaften mst! mittags 11—^12 Uhr geöffnet. Nur dringliche keinen Aufschub er finden in dieser Zeit Erledigung. Oberlungwitz, am 4. December 1900. Oppermann, Gemeindevorstand. aufgezwungen worden. Als Minorität Ullramontanen Toleranz, als Majorität nicht daran, der Minorität das Gleiche zu Abg. Bassermann (nationallib.): Ob der allen seinen Theilen dem Frieden diene, D-- °°° ^ "" W Pf,. b« das 8. December d. I. sd Hchichm-Wllpl, MrbnWitz, Gklswf, ,7^' ^^enbrand, Ursprung, Mittelbach, Hmnsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf T " a-HiH Deutsches Reich. Berlin, 5. Dezember c» Bundesrathslische: Reichskanzler ° S- Am Staatssekretär Graf Posadowskn und nung steht die erste Beratbun^' u Tagesord- betr. die Freiheit der RCentrumantrages, über qcsetzüeberijche Slnliäae d« de« VE» berührend," Selbstständigkeit der Bundessiaalen auf einem Gebiete beschranken will, das sic der Zuständigkeit ihrer Landes- gesetzgebungen Vorbehalten müssen. Vorstehende Erklär ung verltest der Reichskanzler und fährt dann fort: Die aus älterer Zeit überkommene Gesetzgebung dieses oder jenes Bundesstaates mag Vorschriften enthalten, die mit den m dem größten Theile des Reiches anerkannten Grundsätzen freier Ausübung nicht überall im Einklänge stehen, wenn ich auch für meine Person hoffe, daß der artige landesgesetzliche Disparitäten verschwinden werden Ich bin durchaus für Gleichberechtigung der Religions gemeinschaften, doch muß ich als Reichskanzler mir vor Augen halten, daß meine erste Aufgabe als Reichskanzler dahin geht, den bundesstaatlichen Charakter des Reiches und die Autonomie der Bundesglieder, soweit die Reichs gesetzgebung dieselbe gewährleistet, nicht ohne willige Zu stimmung der Einzelstaaten beeinträchtigen zu lasten. Darin wurzelt das Vertrauen, auf welches dis Neichs- gewalt bei den Bundesstaaten zählen muß. Dieses Vertrauen ungemindert und ungeschmälert zu erhalten, ist meine vornehmste Pflicht, und ich bin überzeugt, daß das hohe Haus mit mir in dieser Auffassung überein stimmen wird. — Abg. Dr. Lieber (Centr.): Die per sönliche Erklärung des Reichskanzlers kann auch meine Partei billigen, anders verhält es sich mit der Erklär ung des Bundesrathes, der in diesem Falle, abweichend von seiner sonstigen Gepflogenheit, eine auffällige Eile gehabt hat, da er nicht einmal die Begründung unseres Antrags abgewartet hat. Wir sind aber so wenig verwöhnt, daß wir schon sroh sind, wenn der Bundesrath wenigstens überhaupt etwas sagt. (Heiterkeit). Wir hoffen, daß das hohe Haus uns Gelegenheit geben werde, in einer Kon.mission die Einzelheiten der Be schwerden in Bezug auf die Religionsübung darzulegen. Zu welchen Beschwerden ist in den letzten Jahren namentlich in Meklenburg, Braunschweig nud Sachsen Gelegenheit geboten worden! In den Schutzgebieten ist volle Religionsfreiheit zugelaffen, dagegen mcht über all im Reiche selbst) das ist beschämend Ww wollen die staatskirchliche Hoheit überall da beseitigen, wo sie Vereinsfreiheit einschränkt. Was den Umwand 'lber d Unzuständigkeit der Reichsgesetzgebung auf dresem Geb.e betriff so ist ia doch schon 1869 ein Gesetz gemacht R-ch.° °°n d« KMf-fsi-n. Und nu» a° d°t 0«! 1° mi. dn "/»m S°nd darf doch nickt sagen, das 'Eelch 9 ^ahr- Schutze» der Religionsübung unzuständig. Nach Bao