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Dresdner Journal : 28.02.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189002285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18900228
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18900228
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-02
- Tag 1890-02-28
-
Monat
1890-02
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 28.02.1890
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Freitag, den 28. Februar, abends. 1890. Veraxvpretsr kür VreiNev viertelMbrliok 2 A»rk KO kk , ksi N»i»vrl. äsutockeo ko»t»o»t»Itsr» viert»! - j^»rUck S klark; »u»,erd»Ib Ne» üeutecken N«»cNs« tritt kort- uaö Ltewpeleueckle^ Nimu. Lioreloe ^uwwero: 10 ks. Xaküaalssunxi'irvbükrenr kür 6ea N»um einer ^erpnitevev 2eile kleiner Lodrikt 20 kk. Vvtvr ,,kiv8««nnät" äis Lei!« KV kk. Lei l'itdoNen- uoä LMeroeetr eotrpr. ^ut.clil^. Lreedelnva: l'LßlieU wit Xvivebmo »er 8ovn- n. keierta^s ndeocl«. kernepreeN-^nioNluer! Ur. 12VL. ^nnnkw» voa LokNoaixiinxen »aiM-rtar ArtMerZmmml. Lür die Gesaintleitung verantwortlich: Hofrat Otto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. F> Lrancketettrv, ^ommisrionkr 6si vkeoäner »ournel,; NemderU L«rU» Vien l»iprix L»««l Lr,»l»o rrrnktnre ». ».: ^/aarrnÄrin <s kodier, U«rNe-Vier»-L»wdiuA- ?r»x r.«tp»>x-rr»ektu't ». H. Hünedrv: .^o«e,' k»n, I-onckon 8«rlin -rr»nktorr ». H.-Slotl^erl: /)a«L« , Uerltn: , Lr»«I»o: Lm»t LaLeH, L»unor«r: <7. Lc/iürrirr, L»U« ». S.: Larct <S <7» UeraurxeNerr ^ünixl. Lrpeüitlon Ne, Oreeüoer lourvel». vreicleo, ^«in^errtr. 2V. kervrprecN-^oreNlor,: lir. 12VL. Amtlicher Teil. Dresden, 28. Februar. Sc. Majestät der König haben den Amtsrichter Ernst Eduard Leonhardt in Leipzig znm Rath bei dem Landgericht Leipzig und den Landgerichtsralh Albrecht Johannes Wolfram daselbst zum Amtsrichter bei dem Amtsgericht Leipzig zu ernennen Allergnädigst geruht. Se. Majestät der König haben dem Garde Meuble- Verwalter Johann Christlieb Kirsten das Albrechts kreuz zu verleihen Allergnädigst geruht. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichterr. Madrid, 28. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Ihre Majestät die Königin unterzeichnete einen Gnadenerlaß zu Gunsten deS Herzogs von Sevilla. London, 28. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Wie die Times auS Sansibar meldet, verlautet dort gerüchtweise, Banaheri wolle Frieden mit Deutschland schließen. St. Petersburg, 28. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Militärattache bei der deutschen Botschaft, Oberst Lillaume, ist ernstlich erkrankt. Bukarest, 28.Februar. (Tel.d.Dresdn.Journ.) Die parlamentarische Tagung wurde bis zum 27. März verlängert. Die Kammer nahm gestern mit 68 gegen 34 St. einrn Antrag an, wonach die Deputierten zwischen besoldeten Ämtern und einem Deputiertenmandat wählen müssen, und be gann alsdann die Beratung betreffs Einführung der Goldwährung. Sofia, 27. Februar. (W. T. B.) Wie die „Agence Balcanique" erfährt, wäre die Regierung anläßlich der Panitzaaffaire willens, bei den Mäch- ten Schritte wegen der Anerkennung des Prinzen von Koburg zu thun, um auf diese Weise dem gegenwärtigen Zustande ein Ende zu setzen. ES habe sich als evident herausgcstellt, daß, so lange die gegenwärtigen Verhältnisse fortdauern, auch Thür und Thor geöffnet sei, um Verwirrungen im Lande anzuzetteln. Dresden, 28. Februar. Tie ungarische Parlamentsopposition und Hr. v. Tisza. Das ungarische Abgeordnetenhaus war in den letz ten Tagen wieder der Schauplatz von Lärmscenen, welche überall den peinlichsten Eindruck hervorgerufen haben. Die Opposition hält offenbar an ihrer Ab sicht, Tisza zum Rücktritt zu zwingen, mit größter Zähigkeit fest nnd sie scheint zur Erreichung ihres Zieles auch vor den verwerflichsten Mitteln nicht zu- rückschrccken zu wollen. Bisher ist es ihr zwar noch nicht gelungen, den Ministerpräsidenten zu treffen, wohl aber ist das Ansehen Ungarns sowohl wie das des gesamten Parlamentarismus von ihr aufs schwerste geschädigt worden und es erscheint fraglich, ob sich Hr. v. Tisza nicht schließlich doch noch veranlaßt finden wird, von seinem Posten zurückzutretcn Ain Ende wird er es müde werden, sich fortwährend zur Ziel scheibe der Angriffe seiner Gegner machen zu lassen und seine Person unausgesetzt den maßlosesten Be schimpfungen auszusetzen. Für die weitere politische Entwickelung Ungarns wäre ein solcher Ausgang ein schwerer Verlust. Hr. v. Tisza hat sich während seiner !5 jährigen Amtsthätigkeit nach Kräften bemüht, das Wohl des Landes zu fördcru und eine Reihe wich tiger Gesetzesvorlagen verdanken seiner Anregung ihre Entstehung. Zudem würde, wenn er, der die Mehr- heit des Parlaments auf seiner Seite hat, sich durch das Verhalten seiner Gegner von seinem Posten verdrängen ließe, auf die maßlosen Ausschreitungen der Opposition gewissermaßen eine Prämie gesetzt, die nur zu leicht zu Wiederholungen ähnlicher Art reizen könnte. Alle angesehenen Wiener Blätter äußern sich, wie begreiflich, mit großer Entrüstung über die Zucht losigkeit einer Parlamentsminderheit, welche sich ver messen will, dem Lande ihren Willen aufzuzwingen und geben dem Wunsche Ausdruck, daß sich Mittel und Wege finden lassen werden, den Ausschreitungen der Opposition ein Ziel zn setzen. So sagt die Wiener „Presse": Man darf sich keiner Täuschung darüber hingeben, daß im ungarischen Reichstage die zerstörende parla mentarische Krisis vom vorigen Jahre soeben eine neue Auflage erlebt. Auf der einen Seite steht der Ministerpräsident Koloman v. Tisza, der sich im Be wußtsein seiner Erfolge und Verdienste mit vollstem Recht auf das Vertrauen der Krone und auf die Un terstützung einer fast Zweidrittelmehrheit des Parla ments beruft; auf der andere» Seite steht die Oppo sition, welche das fünfzehnjährige Regiment des Ka- binettschcfs nicht mehr ertragen mag und dessen Rück tritt um jeden Preis erzwingen will. Tas Ministerium selbst, nämlich die Kollegen Tiszas, kommen dabei so wenig in Frage, wie die Mehrheit. Tie Opposition weiß recht gut, daß sie selbst nach dem Rücktritte des Ministerpräsidenten nicht ans Ruder gelangen würde, aber sie hofft der Erfüllung ihrer politischen Be strebungen näher zu kommen, wenn die fünfzehnjährige Herrschaft Tiszas ihr Ende erreicht haben wird. Es handelt sich also um keine Verschiebung der Partei- Verhältnisse, sondern lediglich nm die persönliche Stel lung des Ministerpräsidenten, der zugleich der Führer der Reichstagsmehrheit ist. Bekanntlich hat die Opposition schon im vorigen Jahre gelegentlich der dreimonatlichen Wehrgesetzdebatte dieselbe Frage gestellt. Darauf erfolgte die durchaus begründete Antwort, daß ein Minister dem cigensinniaen und gewaltthätigen Drängen einer Minderheit nicht nachgeben dürfe, wenn er sich im Besitze des vollen Vertrauens der entscheidenden konstitutionellen Faktoren befinde — denn der Rücktritt würde in einem solchen Falle die Grundsätze des Parlamentarismus auf den Kopf stellen Tic Opposition des ungarischen Reichstags änderte hierauf ihre Haltung; sie verhandelte während der eben abgelausenen Budgetdebatte mit einer seltenen Ruhe und Sachlichkeit, an welcher höchstens die ziem lich schwach verhüllte Ironie und Kampfbereitschaft auffallcn konnte. Ministerpräsident Tisza hatte nun mehr — nach der Versicherung seiner Anhänger — keinen Grund, seine Entlassung zn nehmen. Er be fand sich im Besitze des vollen Vertrauens der Krone nnd der Mehrheit, die Opposition war zahm nnd ver nünftig geworden — und in solcher Lage pflegt kein Minister die Entlassung zu geben, wenn er nicht will. Es war also schon vor mehreren Wochen offenbar ge worden: Ministerpräsidcrt v. Tisza „will" auf jeden Fall auf seinem Platze bleiben; wer darüber nicht ganz im klaren war, der konnte dies ans der letzten Rede des ungarischen Kabinettschefs ganz klar und deutlich entnehmen. Und in der That steht die Lage heute noch immer so. Koloman v. Tisza wird Mi nisterpräsident bleiben, so lange er „will" — nnd es wird die Opposition des ungarischen Reichstages sehr gnt daran thun, wenn sie sich dieses Verhältnis in seiner ganzen Einfachheit nnd Nacktheit noch für einige Zeit gegenwärtig hält Politisch und parlamentarisch genommen hat der gestrige Tumult im Reichstage nicht viel zu bedeuten. Er ist allerdings vom Standpunkte der Parlamentär- scheu Würde sehr zu bedauern, aber er wird sich in der Folge gewiß noch öfter wiederholen, weil eben die Opposition kein anderes Mittel besitzt, nm gegen die Geduld und die Zähigkeit der Ministerpräsidenten an zukämpfen und anzustürmen. Die Veranlassung des gestrigen Tumults war keine sehr ungewöhnliche. Der Avg Cornel Abranyi von der gemäßigten Opposition hatte gesagt: „Die Eisrinde, mit welcher der Mi nisterpräsident bisher alles um sich her starr brachte, schütze ihn nicht mehr; es schütze ihn keine Groß- machtbastion mehr, kein Stahlpanzer, sondern nur noch eine dünne Hülle, die Haut seines Gesichtes." Es ist nicht unmöglich, daß bei der jetzt eben im Reichstage herrschenden Unruhe von einzelnen die Worte „ar urcuvalr dSre" (die Gesichtshant) für „arcrütlawmx" t Unverfrorenheit) gehört und verbreitet wurden und es entstand so jener halbstündige Tumult, über den in allen Blättern berichtet worden ist. In der That hatte Abranyi dem Ministerpräsidenten keine Schmeichelei gesagt, doch sind im unga rischen Parlamente schon viel schlimmere Dinge ge sagt worven, ohne daß ein solcher Lärm wie gestern lvsgebrochen wäre. Nicht mit Unrecht, wenn auch mit aufgelegter Bosheit, erinnern heute Buda-Pester Blät ter an eine sehr stürmische Scene im ungarischen Reichstage zu Ende deS Jahres 1872, welche dem Sturze des Grafen Melchior Lonyay unmittelbar vor herging. Die Regierung hatte damals bei den Neu wahlen einen bedeutenden Sieg über die Linke er rungen und Ludwig Csernatony sagte namens seiner ungeduldig gewordenen Partei zur Regierung ge wendet: „daß, während das Land verarme, die Mi nister Paläste bauen . . Es war also weder das, waS Abranyi sagte, be sonders ungeheuerlich, noch kommt dem darauf gefolg ten Tumult in diesem Augenblick eine besonders schwer wiegende Bedeutung zu. Tas Bedauerliche dabei ist nur, daß sich derlei Scene» vielleicht schon in den nächsten Tagen, jedenfalls aber bei einer späteren Ge legenheit erneuern werden — und zwar so lange, als Koloman v. Tisza Ministerpräsident bleibt. Denn darüber kann nach den Erfahrungen der letzten zwölf Monate gar kein Zweifel mehr sein, daß sich die Oppo sition des Reichstages nicht lediglich von einer plötz lich aufflammenden und darum ebenso plötzlich ver schwindende» Leidenschaft leiten läßt. Sic hat cs sich nun einmal in den Kopf gesetzt, den Ministerpräsiden ten zum Rücktritt zu zwingen, und sie wird jede faß bare Gelegenheit ergreifen, um ihren Haß und Trotz, ihre ganze Rücksichtslosigkeit zur Geltung zu bringen, und eben darin liegt die parlamentarische Krisis und ihre Bedeutung für die weitere Entwickelung der Tinge in Ungarn. ES ist nach unserem Dafürhalten zur Zeit ganz vergeblich, Betrachtungen darüber anzustcllen. wie verkehrt und unparlamentarisch das Vorgehen der Opposition ist, wie es auch nutzlos wäre, die Frage zu erörtern, ob Tisza besser daran gcthan hätte, sich während des vorigen Sommers zurückzuziehen oder ob seine Stellung heute stärker sei als vor Jahr und Tag. Die Frage liegt nur so: ob Ministerpräsident Tisza in nächster Zeit zurücktreten kann — und wenn nicht, welche Mittel angcwcndct werden müssen, nm die Oppo sition zur Änderung einer Taktik zu zwingen, welche sowohl den Parlamentarismus wie das öffentliche Leben in Ungarn im höchsten Grade schädigen muß. Wir stehen den Vorgängen innerhalb des Partei lebens in Ungarn viel zu fern, nm auf diese Frage eine auch nur akademische Antwort erteilen zu können — ganz abgesehen davon, daß wir weit davon ent fernt sind, uns an einer Erörterung rein innerer An gclegenheitcn Ungarns zu beteiligen. Tie Buda Pester Presse sucht bereits nach Aushilfsmittcln aller Art. Tie Organe der Mehrheit fordern Geduld, Ausdauer und eine strenge Handhabung der Geschäftsordnung; die oppositionellen Journale fordern den Rücktritt des Ministerpräsidenten oder die Auslösung deS Reichs tags; die außerhalb der Parteien stehenden Blätter gestehen ein, daß die bisher geübten parlamentarischen Auskunftsmittel keine dauernde Hilfe und Befreiung gebracht haben. Wir fühlen uns, wie gesagt, nicht berufen, in diesen Widerstreit der Meinungen einzu treten, und können nur nach Konstatierung einer that sächlich vorhandenen und nicht unbedenklichen Krisis den freundnachbarlichen Wunsch aussprechen: daß es der Mehrheit und vor allem dem Präsidenten des Reichstages sehr bald gelingen möge, wieder nor male parlamentarische Verhältnisse herzustellen. Soll ten Zugeständnisse gemacht oder Opser in dieser ver fahrenen Lage gebracht werden müssen, dann sollte eS eben so rasch als möglich geschehen, denn darüber ist jedermann auch außerhalb Ungarns im klaren, daß die ungeschmälerte Fortdauer oder Wiederholung der jetzigen Krisis sowohl das Ansehen des Parlaments wie das der Regierung in Ungarn untergraben würde. Tagesgeschichte. * Berlin, 27. Februar. Se. Majestät der Kaiser präsidierte heute der zweite« Abteilungssitzuna des Staatsrats, welche bis in die 6. Nachmittagsstunde hinein dauerte. Abends fand bei den Kaiser! Maje stäten anläßlich Allerhöchstderen heutigen VermählungS- tages eine größere Hostafel statt. — Tie „B P. N." schreiben: Wir können be stätigen, daß der Reichskanzler seine Zustimmung zu dem geplanten Verkauf des Haupttciles der Be sitzungen der deutschen Kolonialgesellschaft für Südwestafrika an ein auswärtiges Konsortium versagt hat. Die Presse, darunter auch die den kolonialen Unter »ehmungen freundlich gesinnte, beschäftigt sich seit einigen Tagen sehr eingehend mit den bevorstehenden oder beabsichtigten militärischen Maßnahmen im deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiete. Es wer den genaue und eingehende Mitteilungen über ge plante oder in Durchführung begriffene Ausrüstungen mit Kanonen, Gewehren und Munition, über Trup penanwerbungen und dergleichen mehr mittzcteilt und dabei ganz übersehen, daß es sich um Geheimnisse der deutschen Kriegsführung gegen die ostafrikanischen Re bellen und Sklavenjäger handelt, worüber besser nichts gesagt würde. Wir glauben, daß es nur dieser Er innerung bedarf, um dem Übelstande abzuhelfen Was die vielbesprochene Reise des MajorS Liebert »ach Ostafrika betrifft, so könne:, wir ver sichern, daß derselbe keinerlei militärische Aufgaben in Ostasrika zu lösen hat. Auch die abenteuerlichen Meldungen über einen geplanten großen Erode- rungszug Emin Paschas sind mit größter Vorsicht aufzunehmcn Es handelt sich weder um eine Eroberung Wadelais noch der östlich vom Tan ganika gelegenen Gebiete, sondern einzig und allein um die Thatsache, daß der gewiß berechtigte Wunsch zn bestehen scheint, Emin Pascha, welcher, wie wenige vor ihm, Erfahrungen in zentralafrikanischen Angelegen heiten besitzt, für die deutschen Interessen in Ostafrika zu gewinnen Sein körperliches Befinden ist ein durch aus befriedigendes und aus seinem Verbleiben in Bagamoyo darf man vielleicht schließen, daß er nicht abgeneigt sei, eventuelle an ihn herangetretene oder herantretendc Wünsche in der oben bezeichneten Rich tung zu erfüllen. — Ter Gesetzentwurf, betreffend die Errichtung von Gcwcrbcgerichten und Einigungsämtern, welcher bekanntlich bereits vom Bundesrate angenom men ist, ist an die Mitglieder deS Staatsrats ver teilt worden. Wenngleich von einer eigentlichen Be ratung des Gesetzentwurfs durch den StaatSrat nicht gut die Rede sein kann, dem letzteren der Entwurf vielmehr nur zur Kenntnisnahme vorgelegt worden ist, so wird ihm doch deshalb großes Interesse entgegen Ftuillktoii K. Hofthcatcr. — Altstadt. — Am Donnerstag, 27. d M.: „DaS Rheingold" von Richard Wagner. Der einleitende Teil des Nibelungenringes erfreut sich nicht mehr jener starken Teilnahme des Publikums, welche letzteres den drei Hanptabcndcn der Trilogie noch immer in unvermindertem Grade enttzcgenbringt. Dies Verhältnis ist erklärlich. Denn in keinem Werke vor und »ach „Rheingold" hat R. Wagner seinen musikalischen oder richtiger widermusikalischen Stil mit so trockener Konsequenz durchgeführt als im Vorspiel, dessen Musik, arm an Schönheit, fast so kalt und un erquicklich berührt wie die Handlung und deren wesent liche Träger. I» der „Walküre" vorzugsweise, dann im „Siegfried" nnd in der „Götterdämmerung" sprossen doch au« der Wüste all der reizlosen Deklamation und der in ewigen Trugschlüssen sich zersetzenden nnend- lichcn Orchestermelodie einzelne wahrhaft herrliche Oasen hervor, die den müden Wanderer für die gehabte Mühsal zu lohnen vermögen, diese Teile enthalten doch Sccncn, darin sich daS rein musikalische Talent de- Komponisten mit glänzender Wirkung auSbreitet, aber im „Rhein gold" bilden nur die poetische Eingangsscrne und daS Finale zwei Lichtpunkte in dem grauem deklamatorischen Einerlei, daS den laienhaften Hörer ermüdet und den musikalischen peinigt. Solcher Eindruck blieb dem gegemvärtigen Zeit geschmack von vornherein nicht ganz fremd, ja er stärkte sich in ungünstiger Richtung noch durch dir Art der dramatischen Aktion, darin das Reinmcnschliche zum Vorteil von Göttern, Riesen und Zwergen zurückgedrängt ist, ohne daß irgendwo jene tiefe Symbolik ausblitzt, welche die Sage um ihre Göttergestalten wob Für diese Handlung mit ihren übermenschlichen Trägern, deren natnrnotwendig schwächliche Verkörperung unsere Phantasie verletzt, mit ihren Hauptpersonen, den „Ge bietern der Welt", deren Ohnmacht im Thun und Lassen und Erbärmlichkeit im Denken und Empfinden unsere von der Mythologie genährte Vorstellung irri tiert, ließ sich in« besten Falle rin bloßes äußerliche Interesse gewinnen. Und während nun der Musiker in der aufmerksamen, lohnenden Betrachtung der nenen Mittel nnd der neuen Behandlung und Verwendung der instrumentalen AnSdruckswcisc Entschädigung suchte und in derBewunderung von Wagners großem Kombinations talent für Instrumentierung nnd Harmonisierung,das sich mit reicher Erfindungskraft im RhvthmnS und in der Dy namik vorteilhaft verknüpfte, auch teilweise fand, sah sich der größte Teil des Publikums auf die wenige» allerdings mit kundigster Hand vorbereiteten und mit glänzendem Einsatz aller irgend vorhandenen Mittel hcrbcigcführteu szenischen und malerischen, poetischen und dramatischen Höhepunkt der Handlung, auf ein zelne überraschende Klangessekte und Reize der instru mentalen Sprache, die mannigfache Verkettung der prägnanten Leitmotive, in der Hauptsache aber auf die Künste des Dekoration-, Kostüm- und Maschinen wesens angewiesen, welche der Komponist hier wie in keiner zweiten Schöpfung zu einem blendenden Spiel feerienhafter Überraschungen und scenffchcr Zaubereien aufgeboten hat. Diese Bemerkungen, welche auf Neuheit keinen An spruch erheben, erklären vielleicht richtig die schwin dende Gunst, welche das Publikum zur Zeit dem Vor spiel der Trilogie zuwendet. Das Werk bewegt den Hörer zu keiner inneren Anteilnahme, es erweckt Staunen, Bewunderung durch die Fülle geistreich er fundener nnd fein kombinierter Einzelheiten der Or chestcrfprache, Befriedigung für das Ange durch seine scenischen Effekte, aber es erringt sich als Ganzes keine Sympathie, und nur Sympathie dauert. Möglich und im Interesse des Kunstinstituts wün schenswert wäre eS jedoch, daß die schon früher vorzüg liche Vorführung des „Rheingold" an unserer Hofbühne, welche sich infolge neuer Besetzung einiger Par tien, wie solche seit kurzem cingetrcten ist, noch weiterhin gehoben hat, der abnehmenden Teilnahme für einige Zeit kräftigen Widerstand leisten kann. Den Wotan singc jetztHr. Scheidemantel. Ersucht die blutleeres Figur des in seiner Passivität oft erbärmlichen l Gottes nach Möglichkeit zu heben nnd bringt mit besonderer Wirkung dessen starke Herzcns- regnngen zur Deutlichkeit. WotanS Ehefrau, des HausrS Scrpter führende Ericka giebt Frl. Wittich und die liebliche Göttin Freia stellt Frau Schuch dar: beide Rollen haben durch diese Vertretung erheblich gewonnen. Tie Erda sang Frl Reinel sehr befrie digend. Bekannt, aber doch wieder eines neuen LobcS Wortes wert ist Hrn. Erls sehr vorzügliche, fein nnd charakteristisch durchdachte Leistung als Loge; auch Al - bcrich wird trefflich interpretiert von Hrn Jensen. Meisterhaft, tonschön, virtuos in der Überwindung aller großen Schwierigkeiten spielte die Königl. Kapelle unter der sicheren, anregenden Leitung deS Hrn. Generalmusikdirektor Schuch Überhaupt traten alle Mitwirkenden voll künstlerischen Eifers für den er reichbar besten Gesamteindruck des Werkes ein -i-- Die Enkel. Erzählung aus drm Emslande von E » Din »läge. 21 (Fortsetzung) „Baron Marke»!' unterbrach der Diener die laute Heiterkeit des ZukunftSbräutigams. „Er ist willkommen!" Sie schritt dem Gaste ent gegen mit jener vielversprechenden, ernsten Freund lichkeit getroffener Entscheidung. Ter Baron konnte kaum vor Bewegung reden, aber Kurt warf sein Album in die Ecke und ergriff unverfroren den Mo ment: „Ich bin erfreut, Baron, mich bei Ihnen rehabi litieren zu dürfen, nachdem ich meiner armen Schwester hier so viele Thränen gekostet habe! Sie als Welt mann begreifen natürlich besser, als ein ängstliche- junges Mädchen, wie leicht ein ungeschickter Laud junker in Beziehungen gedrängt wird, die er selbst am wenigsten zu beurteilen vermag, und wie gern man den Namen eines so hilflos Düpierten vorschiebt nnd mißbraucht, wenn eine Entdeckung hercinbricht — hoffentlich aber war das Lehrgeld nicht zu teuer und trägt die Erfahrung mir ihre guten Zinsen!" Marken nahm Kurts ihm gebotene Hand: „Wenn Sie auch nach dieser Richtung meines Beistandes be dürfen sollten, Marquis de Lance, so stehe ich von Herzen gern zur Verfügung! Es ist mir doppelt er wünscht, Sie hier zu finden, um in Ihrem Beisein eine Frage an die Komtesse, Ihre treffliche Schwester,
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