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MsdmfferTageblati Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und *Dcs «Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. Irei Haus, bei Postdcstellung 1.80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Apfg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. c—-e- Geschäftsstelle, nehmen zu B^tellungen -nl- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend o-gtn. Im ffallk hghmer ^Gewalt, Krieg od. sonstiger - """"" — Betriebsstörungen besteht »Lin Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke- erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks An,Hgenprkis« laut ausliegnidrm Taris Nr. 4. — Na chweisungs.Deböhs; 20 Npsg. — Dorgeschriebnia Erscheinung-.,age und Platzvorschristeu werden nach Möglichkeit berücksichtigt. >- Anzeigen. Annotzma dis vormittags W Uhr. »Für die Richtigkeit der, durch Fernrus Lbermit. Fernsp r e ü) e r . Amt Wilsdruff Nr. 6 teilen Anzeigen ödcenehq men wir keine lSewähr. — — Jeder Radattanspruch erlischt, wenn Ler Betrag durch Klage eingezogen werden muh oder der Auitraagebev in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist dos zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtsyauptmannschast Meißen, des Sta-L- rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 176 — 93. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 31. Juli 1934 Prozeß gegen die Dollfuß-Mör-er Um das Ehrenwort von Fey und Neustädter-Stürmer Sw erste VerhliMWMg. Entgegen den ursprünglichen Zcitungsmeldungen, stvonach die erste Sitzung des Militärgcrichtshofes am Mittwoch stattfinden sollte, wird überraschend bekannt, daß der Militärgerichtshos bereits am Montag zu Seiner ersten Verhandlung zusammengctreten ist. Die ersten Angeklagten sind der Mörder des Bundes- kanzlcrs, Plan 6 tta, und ein zweiter Führer der Auf- ständischengruppe, die in das Bundeskanzleramt cindrang, der ehemalige Soldat des Bundesheeres, Holzweber. Den Vorsitz führt der Jnfantericinspcktor von Wien, Generalmajor Oberweger. Der Generalstaatsanwalt Ar. Truppy vertritt die Anklage. Eine Kompagnie Infanterie bewacht das Landesgericht, in dem die Ver handlung stattfindet. Nach der Aburteilung der beiden unmittelbaren Mörder soll r unverzüglich die Verhandlung gegen die Auf- ständischen beginnen, Hie die Ravag am 23. Juli besetzten. Aus dem bisherigen Verhör der Aufständischen konnte noch nicht ermittelt werden, von welcher Seite der Auftrag zum Beginn des Aufstandes erteilt worden ist. Die Aufständischen erklärten in der Untersuchung, darüber nichts zu wissen. Die Her kunft der Uniformen der Aufständischen ist jedoch Zum großen Teil bereits aufgeklärt worden. Teils wurden die Uniformen vom Althändler gekauft, teils gehörten sie den Aufständischen aus ihrer früheren aktiven Dienstzeit, teils sollen sie für den Aufstand von einem Schneider an- tzefertigt worden sein. In unterrichteten Kreisen erwartet man, daß von den 144 verhafteten Aufständischen nur gegen die ein Todesurteil gefällt werden wird, die un mittelbar als die Mörder des Bundeskanzlers Dr. Doll- ffuß oder als die Haupträdelsführer anzusehen sind. Es besteht der Eindruck, daß die Regierung die Absicht hat, soweit als möglich Entlastungsmomente gelten zu lassen, l Der Täter Planetta wir- vernommen. Nach der Anklagerede des Staatsanwaltes wuche der Hauptangeklagte Planetta vernommen. Auf die Frage des Vorsitzenden, warum Planetta in das Bundeskanzleramt ein gedrungen sei, erwiderte der Angeklagte: „Auf Befehl!" Er gab jedoch n i cht an, auf w es s e n Befhl Der Angeklagte erklärte sodann, daß er dem Bundesheer bis zu seiner Ent lassung wegen Verbotener Betätigung für die nationalsoziali stische Partei bis zum Jahre 1932 angehört habe. Zuletzt sei er Stabswachtmeister gewesen. Planetta gab nun eine genaue Darstellung seiner An ordnungen. Am Bormittag des 23. Juli um 5 Uhr früh begann er die ihm als Truppführer unterstehenden Leute zu verständi gen, daß sie zwecks einer Aktion in einer Turnhalle im 7. Be zirk sich einzufinden hätten. Um °/,1 Uhr fuhren sie dann mit Kraftwagen vor das Bundeskanzleramt.. Sein Kraftwagen war der letzte, und als er dort ankam, war die Wache bereits über wältigt- Planetta schilderte dann eingehend, wie er die Schüsse auf den Bundeskanzler abgegeben habe. Als er den Kanzler niedersinkcn sah, sei er so fort aus dem Zimmer gelaufen, um V er b a n d s w a t r e zu holen. Am Schluß seiner Vernehmung erklärte Planetta, e s tue ihm sehr leid, daß er den Bundeskanzler erschoßen habe. — Der Prozeß nahm nunmehr bei der Vernehmung des Angeklagten Holzweber eine aussehenerregende Wendung. Cs kam zunächst das Abkommen zwischen den Putschisten und den eingeschlossenen Regierungsmitgliedern auf freien Ab zug zur Sprache- Der Verhandlungsleiter fragte den Ange klagten Holzweber; Hat bei der Uebergabeverhandlung Mini ster Fey schon von der schweren Verletzung des Bundeskanzler gewußt? Holzwcber: Der Minister hat davon gewußt und auch den Bundeskanzler in seinem Blut liegen sehen. Auch Minister Neustädter-Stürmer hat durch Fey von der schweren Verletzung des Kanzlers Kenntnis erhalten. Minister Fey hat auch an das Heeresministerium um )^3 Uhr telefoniert, daß der Kanzler im Sterben liege. Minister Fey hat erklärt, daß diese Sache gütlich beigelegt werden solle; dies sei auch der Wunsch des Kanzlers. Minister Fey habe auch sein chcenwvrt für, ' Abzuges, an den leine Bedingungen geknüpft waren, gegeben. Der Ange klagte Holzweber erklärte noch, daß er angenommen habe, die ganze Aktion sei legal. Minister Fey sagt aus. Minister Fey erklärte bei seiner darauffolgenden Verneh mung, daß die Angabe des Angeklagten Holzweber richtig sei; er habe das freie Geleit unter Svldatenehrenwort zugesichert, wenn die Putschisten die Waffen streckten. Zu dieser Zeit habe er von dem Tode des Bundeskanzlers bereits gewußt. Minister Fey schilderte die schon bekannten Ereignisse von der Besetzung des Bundeskanzleramtes und die verschiedenen Gespräche mit dem sterbenden Bundeskanzler, dessen letzte Worte gelautet hätten: „Kein Blutvergießen, es soll Frieden gemacht werden!" Der Minister fuhr fort: Am späteren Nachmittag ist dann Mi nister Neustädter-Stürmer vor dem Gebäude des Bundeskanz leramtes erschienen und hat im Namen der Regierung ein Ul timatum gestellt, daß das Haus zu räumen und die Gefange nen freizulassen seien, widrigenfalls gestürmt würde, andern falls würde freier Abzug gewährt. Vorsitzender: Sind an diesen anderen Fall Bedingungen geknüpft worden? Minister Fey: Nein. Ich wurde dann neuerdings auf den Balkon geholt, um mit Minister Neustädter-Stürmer zu sprechen. Es ist dann noch mehrfach verhandelt worden Vorsitzender: Ist nicht die Vereinbarung sofort zurückge zogen worden, als bekannt wurde, daß der Herr Bundeskanz ler tot sei? Minister Fey (lebhaft): Nein! — Der Minister schilderte dann den bekannten Hergang der Herbeirufung des damaligen deutschen Gesandten Dr. Rieth, worauf der Vorsitzende fragte: Haben Sie sich dafür eingesetzt, daß das Uebereinkommen eingehalten wird? Minister Fey: Ich habe mich dafür eingesetzt und darauf hingewiesen, daß diese Vereinbarung getroffen wurde. Ein Verteidiger: Haben Sie nicht Ihr Wort gegeben, daß die Aufrührer freigelasscn werden, Vorsitzender: Diese Frage laste ich nicht zu. Minister Fey: Ich habe keinen Grund, diese Frage nicht zu beantworten. Bezüglich dieser Vereinbarung gab ich weder mein Wort noch mein Soldatenwort, weil ich keine Verein barung treffen konnte. Diese Vereinbarung wurde zwischen Mi nister Neustädter-Stürmer und den Aufständischen getroffen. Ich habe lediglich als Dolmetsch fungiert. Richtig ist nur, daß der Angeklagte beziehungsweise andere Aufrührer mich gefragt haben, ob sie sicher sein können, daß die Vereinbarungen ein gehalten werden, worauf ich erklärte: Ich glaube, daß Sie sicher sein können. Auf die Frage des Vorsitzenden, wie sich Fey das erkläre, daß die Gefangenen nicht freien Abzug bekommen haben, er widerte der Minister: Später ist von feiten der Regierungsmitglieder von dieser Bedingung gesprochen worden. Die Haltung Neustädter-Stürmers. Darauf wurde Mini st er Neustädter-Stür mer vernommen. Dieser gab zuerst eine Darstellung des mit den Aufrührern zustandegekommenen Abkommens und fagte weiter; Als der Hergang des Todes des Kanzlers bekannt wurde, hat der mittlerweile vor dem Bundeskanzleramt erschie- Lsterreichs neuer Gmweskau, lcr. Der bisherige Unterrichtsministe. Dr. Sckuschnigg ist ZUW Ptzndeskanzler ernannt «ordxp. nene Bundesminister Schuschnigg gesagt: Da ergibt sich ja eine ganz neue Situation. Hier ist ja ein Mord geschehen. Infolge dessen wird die Regierung vorläufig bis zur Klarstellung des Falles die gesamten Aufständischen in Gewahrsam nehmen. Ein Verteidiger: Unbekümmert um das Schicksal des Bun deskanzlers war die Zusicherung des freien Geleites gegeben, wenn von da an nichts geschieht; das steht einwandfrei fest. Nunmehr beantragten die Verteidiger die Vernehmung des ehemaligen Gesandten Dr. Rieth und des Bundeskanzlers Dr. Schuschnigg. Nach zehn Minuten Beratung teilte der Vor sitzende mit, dieser Antrag sei abgelehnt. Die Verteidiger er klären darauf, außerstande zu sein, aus Gründen der Lieber- anstrengung weiter zu verhandeln. Sie bäten um Unterbrechung des Prozesses. Als der Vorsitzende trotzdem weiterverhandeln zu wollen erklärte, kam es zu einer sehr erregten Szene. Die Verteidiger legten ihr Amt nieder. Mangels einer Verteidigung für die Angeklagten mußte der Prozeß unterbrochen werden. Niedriger hängen! Die italienische Presse hat neuerdings jedes Maß einer gewohnten Polemik überschritten. So schreibt „Mes- saggero" von Deutschland: „Siehe da, wie das wilde Tier zu seiner wahren Natur zurückkehrt. Es denkt in- stinktiv an neue Bluttaten, an neue Verfolgungen, an neue Rache", und er bezeichnet die deutschen Blätterstimmen als „Früchte einer allgemein anerkannten moralischen Minder wertigkeit". „Pöpolo d ' Italia" behauptet von den Deutschen, daß „in ihren trüben Seelen jene wilden Instinkte und jener Blutdurst wieder auftauchen, den die römische Kultur in zwei Jahrtausenden Christentums in ihren anormalen Seelen abgedämpst hatte". Das Blatt schließt seine schamlosen Beschimpfungen mit der Be merkung: „Die Herren Nazis sind Mörder und Päderaften, nichts anderes." Wir verzichten darauf, auf diese Ebene eines journa listischen Tiefstandes ohnegleichen hinabzusteigen, und übergeben diese Verwilderungen der italienischen Presse dem Urteil des deutschen Volkes. Oie Phrase von Österreichs „Llnahhängigkett". „ Eine bemerkenswerte schwedische Stimme. „Svenska Dagbladet", das führende konservative Organ Schwedens, das vor allem in der österreichischen Frage durchaus nicht deutschfreundlich eingestellt ist, bringt in seinem Leitartikel sehr bemerkenswerte Ausführungen zu der Frage der Unabhängigkeit Österreichs. Es weist darauf hin, daß von einer wirklichen Unabhängigkeit des Landes gegenwärtig keineswegs die Rede sein könne und sagt wörtlich hierüber: „Es ist fcstznsteSen, daß die von Mussolini unterstützte und wohl auch m großem Umfange finanzierte Hcimwehr ebenfalls den Totalitätsanspruch erhoben hat. Gleich zeitig ist es bemerkenswert, daß man in der hitzigen Debatte über Österreich so einseitig den National sozialismus im Auge gehabt hat, daß man fast ganz vergaß, daß Italien sich im gleichen Umfange — aber ohne jede Grundlage in der Bevölkerung — in die inneren Angelegenheiten Österreichs cingcmischt hat. Die Heim- Wehr Starhembergs, vielfach »venig besser als reine Bandikenharde«, habe in vielen Orten nach Belieben Hausen können, weil man auf seilen der Rcgicrnng ihre Verbindungen mit Rom kannte und selbst ans Mussolinis Unterstützung angewiesen war. Eine der wichtigsten Aufgaben in Öster reich ist folglich, daß die Heimwehr der gewöhnlichen Polizei und der Gendarmerie Platz macht, und daß Italien der Möglichkeit stcraubt wird, weiterhin eine eigene Armee ans österreichischem Boden zu halten. In diesem Zusammenhang muß man auch an die umfangreichen Schmuggeleien von Waffen und Propagandamaterial erinnern, die mit Kenntnis der tschechische» Be hörden an der tschechisch österreichischen Grenze betrieben werden. Es ist bekannt, daß sich die Tschechoslowakei der Vernichtung des Austromarxismus heftig widersetzte, und daß intime L^rbinduugcu zwischen der Sozialdcmo - lratiein der Tschechoslowakei und dem M a rzciI M » s tu OHnreich bestanden und nach besuchend