Volltext Seite (XML)
Amtsblatt für den ^Ltadtrath zu Waldenburg. ZchMniM Tage Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis nachmittags g Uhr des vorhergehenden Tages. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich I Mk. SS Pf. Einzelne Nummern 5 Pi Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Filial-Expedition in Altstadtwaldenburg: bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit. asdenburger MM« Sonnabend, den 15. November 1884. Bekanntmachung. Diejenigen, welche von der nach § 8, Abs. 6 des für hiesige Stadt be stehenden Anlagen Regulativs eingeräumlen Selbstabschätzung zur Ge- meinde-Anlagen-Einschätzung für das Jahr 1885 Gebrauch zu machen gedenken, weiden hiermit ausgesordert, ihre diessallsigen Erklärungen bis zum 18. dieses Monats bei Verlust des Rechte der Selbstabschätzung in der Rathsexpedition schriftlich abzugeben. Waldenburg, den 11. November 1884. Der Stadtrat h. Helbig.R. II. *Äa!dcnburg, 14. November 1884. Politische Nmrdfchan. Deutsches Reich. Der Kaiser wohnte am Mittwoch Abend zum ersten Male seit seinem Unfälle wieder der Vor stellung im Opernhause bei. Am Donnerstag nahm der Kaiser die üblichen Vorträge entgegen, arbeitete mittags eine Stunde mit dem Kriegsminister und empfing später den Besuch des Landgrafen Fried- r'ch Wilhelm von Hessen. Vor dem Diner unter nahm der Kaiser wieder eine Spazierfahrt. Die Hofjagden in Letzlingen, welche leut und morgen stattfinden sollten, sind in letzter Stunde bis auf Anfang nächster Woche verschoben, da auch der Kaiser an demsel'en Theil zu nehmen wünscht. Als künftiger Director der neu zu errichtenden dritten Abtheilung des Reichsamtes der Auswärtigen, die sich bekanntlich mit Colonial-Angelegenhei- len beschäftigen soll, wird Geh. Rath v. Kusserow, der bisherige Deccrnent für diese Frage genannt. Zur Begründung der neuen Abtheilung wird im ReichShaushaltsetat Folgendes angegeben: Die wachsende Bedeutung der wirthschaftlichen und commerciellen Interessen des Reiches hat in den letzten Jahren die Geschäfte der zweiten (handels politischen und staatsrechtlichen) Abtheilung in einem Maße vermehrt, daß für die Leitung und Controle derselben, die zunächst dem Direclor der Abtheilung obliegt, die Arbeitskraft eines einzelnen Beamten nicht mehr ausreicht. Während im Jahre 1874 die Gesammtziffer der nicht politischen Eingänge des Auswärtigen Amtes sich schon auf 44,000 Nummern belief, hat dieselbe 1883 die Höhe von 58,000 Nummern erreicht, und eine weitere Steigerung steht in dem laufenden Jahre zu erwarten. Die ordnungsmäßige Erledigung der Geschäfte hat durch diese Zunahme mehrfache Störung erfahren, so daß eine Abhilfe im Interesse des Dienstes geboten er scheint. Es wird deshalb beabsichtigt, die Abhilfe durch eine andere Organisation der Geschäfte in der Art herbeizuführen, daß die bisher in der 2. Ab theilung des Auswärtigen Amtes bearbeiteten handelspolitischen, Verwaltungs- und Rechtssachen unter zwei gesonderte Abtheilungen, die zweite und die dritte, vertheilt werden und jede dieser letzteren einem eigenen Director unterstellt wird. Der „Voss. Ztg " meldet ein Privattelegramm aus Kiel: „Das Urtheil des Kriegsgerichts in Sachen der „Undine" hat Allerhöchste Bestätigung erhalten. Der Kaiser hat den Corvetten-Capitän Kochius von seiner Ernennung zum Commandanten der Brigg „Rover" direct in Kenntniß gesetzt." Das Urtheil muß also den Capilän von aller Schuld an dem Scheitern der Undine freigesprochen haben. Zu den am Donnerstag in Berlin stattgehabten Stichwahlen hatten sich alle nichtconseroatioen Blätter der Hauptstadt energisch für die freisinnigen Candidaten ausgesprochen. Dem stellte die „N. A. Z." am Morgen des Wahltages Folgendes gegenüber: Es sollte zwingende Pflicht der Con- servativen und überhaupt Aller sein, die ausbauen und erhalten wollen, alle Anstrengungen und die ganze Kraft daran zu setzen, die Entscheidung gegen die Fortschrittspartei ausfallen zu lassen. Man sollte sich nicht durch Sympathie oder Antipathie über Personenfragen heute beeinflussen lasten, son dern sollte, die politische Bedeutung des Augen blicks richtiger fastend, bis auf den letzten Mann zur Wahlurne schreiten, um die Befreiung der Stadt Berlin von ver Herrschaft des Fortschriltler- thums herbeisühren zu Helsen. Solches erscheine als politische Pflicht für alle, welche in der Politik die Sache über die Person stellen und beilragen wollen, einem zum Verhängniß gewordenen Zustande ein Ende zu machen. Die Stichwahl in Berlin, die am 13. d. statlsand, bot nichts außerordentliches. An Plakaten rc. auf den Straßen fehlte es nicht, auch gab es erregte Debatten in Menge, doch nirgends kam, soweit bekannt, eine Ruhestörung vor. Von den Parteien wursten diesmal außerordentliche An strengungen gemacht, säumige Wähler durch Ver trauensmänner zur Wahl heranzuziehen. Gewählt wurde im 2. Wahlkreis Virchow (dfr.) mit 23,756 Stimmen, (Stöcker erhielt 15,851 Stimmen,) im 3. Wahlkreise Munckel (dfr.) mit 13,212 Stimmen (Brecher erhielt 9107 Stimmen), im 5. Wahlkreise Eugen Richter (dfr.) mit 10,943 Stimmen (Cremer erhielt 7891 Stimmen) und im 6. Wahlkreise Hasenclever (soc.) mit 24,469 Stimmen (Klotz er hielt 721 Stimmen). Für den 6. Wahlkreis hatten die Deulschfreisinnigen Wahlenthaltungen beschlossen, daher dessen geringe Stimmzahl. Hingegen haben im 2. Wahlkreise die Socialdemokralen offenbar für Virchow gestimmt, denn im ersten Wahlkreise halte Virchow nur 16,724 Stimmen erhalten. Stöcker hatte im ersten Wahlgange 12,535 Stimmen, demnach in der Stichwahl über 3000 Stimmen mehr. Bei Munckel erhöhten sich die Stimmen gegen den ersten Wahlgang um ca. 3600, bei Brecher um 2300, bei Richler um 2000, bei Cremer um 1460, während Hasenclever ca. 150 Stimmen weniger erhalten hat. Für außerordentliche Ausgaben zu Gunsten der Militärverwaltung werden im nächsten Jahre (zu den rund 300 Millionen) noch 26 Millionen extra gefordert. Die Uebersicht der Etatsstärke de» deutschen Heeres für 1885/86 stellt sich folgender maßen: Offiziere 18,140; Unteroffiziere 51,496 Zahlmeister-Aspiranten 789; Spielleute 13,443; Gefreite und Gemeine 347,887; Lazareth Gehilfen 3532; Oekonomiehandwerker 10,127; überhaupt 427,247. Militärärzte 1698; Zahlmeister 783; Roßärzte 619; Büchsenmacher und Waffenmeister 736; Sattler 93; Dienstpferde 81,598. In Berlin hat am Donnerstag die zur Berathung einer Abänderung des Submissioswesens einbe- berufene Conserenz ihre Arbeiten begonnen. Die Verhandlungen finden im großen Sitzungssaale der Potsdamer Bahn statt. Nur wenige Tage noch, und die Arbeiten des deutschen Reichstages werden ihren Anfang nehmen: Der Kaiser hat den Reichstag auf den 20. November nach Berlin zusammenberusen, der Termin fällt etwas spät, doch werden dann erst die zahlreichen Stichwahlen vollkommen zum Abschluß gelangt sein. Bisher haben in den letzteren ver- hältnißmäßig am meisten Siege die Socialdemo kraten davongelragen, die bereits mehr als 15 Mit glieder zählen und sonach in der Lage sind, im Reichstage selbstständige Anträge stellen zu können. Sie haben zum ersten Male München 2 und Magde burg gewonnen. Nach den Socialdemokralen kom men die Freisinnigen, die allerdings auch bei der Hauptwahl am weitesten zurückgeblieben waren, doch werden auch die Conservativen und Nationallibe ralen ihre Sitze nicht ganz unbeträchtlich vermehren. Die Centrumspartei gewann ebenfalls einige neue Mandate. Eine genaue Uebersicht des Standes der einzelnen Parteien läßt sich jedoch erst in nächster Woche geben und werden wir dann darauf zurück kommen. Zu großer Bedeutung gelangt diesmal bei der Reichstagseröffnung die Präsidentenfrage. Herr von Levetzow, der bisherige erste Präsident, ist nicht wiedergewählt, und die Conservativen müssen sich also nach einen Ersatzmann umsehen. Als erster Vizepräsident steht Herr von Frankenstein von der Cenlrumspartei fest, dagegen handelt es sich beim zweiten Vizepräsidenten wieder um die Wahl zwischen einem Freisinnigen und Nationalliberalen. Ob der Kaiser selbst den Reichstag eröffnen wird, ist noch nicht bekannt, doch ist es nicht unmöglich, da sich der Monarch von den Folgen seines Unfalles in der vorigen Woche wieder völlig erholt hat. Der mecklenburgische Landtag ist am Mitt woch in Malchin (die Landtage finden abwechselnd in Malchin und Sternberg statt) eröffnet worden. Or. Delbrück, der kürztlich zum Abgeordneten für Franzburg-Rügen erwählt wurde, ist zum ordent lichen Professor ernannt. Demnach stünde für den genannten Kreis eine Neuwahl bevor. Das deutsche Geschwader für Westafrika, bestehend aus S. M. Schiffen „Bismarck", „Gnei- fenau", „Olga" und „Ariadne", unter dem Befehl des Geschwader-Chefs Contre-Admiral Knorr, ist am 12. November in Madeira eingelroffen und beabsichtigt, am 16. die Reise fortzusetzen. Die „Frkfrt. Ztg." bringt „vom Rheine" die auf fällige Nachricht, daß Cardinal Jacobini dieser Tage in Berlin eintreffen werde. Es liegt auch Nicht der geringste Anhalt vor, diese Meldung glaub würdig erscheinen zu lasten. In München II, wo von Vollmar gewählt ist, war am Wahltage an allen Kirchihüren rc. ein Plakat des erzbischöflichen Generalmcars angeschla gen, in welcher zur Wahl von Vollmar's aufge fordert wurde, da der (ultramontane) Gegencandi- dal Pfarrer Or. Westermayer durch seine BerufS- pflichien abgchalten sei, ein Mandat anzunehmen. Es liegt wohl eine Fälschung vor. Der greise Bischof von Limburg ist so ge fährlich erkrankt, daß in den Kirchen seiner Diözese für ihn die Krankengebete abgehalten werden. Oesterreich. In der österreichischen Delegation hat sich ein bemerkenswerther Zwischenfall zugelragen. Ein Ab geordneter besprach die Thatsache, daß zwei Offi ziere in Tirol wegen Verweigerung der Annahme eines Duells degradirt und versetzt seien. Der Kriegsminister bemerkte, daß, obgleich nicht das Ge setz, sondern Jeder in der Versammlung das Duell verwerfe, es doch eine auf gewiffe Ansichten, viel leicht Vorurtheile basirte Meinung sei, daß das Duell nicht zu vermeiden sei. Er könne gegenwärtig nicht« dagegen veranlassen, weil er dadurch in directen Widerspruch zu dem ganzen Offizierkorp« treten würde. — Der Minister scheint nicht zu wissen daß Oesterreich's großer Kaiser Joseph II. zwei Offiziere, welche duelllrt halten, nicht nur zu ent lasten und streng zu bestrafen befahl, sondern auch