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Freitag. Nr. 6. 19. Januar 1866. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Weißerih-Zeitmrg. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Psg- Amts- Md Anzeige- Mall der Königlichen Gerichts-Aemter Md Stadträthe ZV Dippoldiswalde, Muenstein und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. In der Nacht vom Dienstag zur Mittwoch sind in Ulberndorf mehrere Einbruchs diebstähle verübt worden; auch in Börlas ist dies in voriger Woche geschehen. Eine Mahnung zur steten Vorsicht. * Altenberg. Einen Winter wie den jetzigen hat unsre Chronik noch nicht aufzuweisen: Fast jede Stunde wechselt das Wetter; bald schneit es und stürmt, bald nieselt es wieder, und gleich darauf ist der schönste Sonnenschein. Der seit dem 16., Dienstag, bei näß licher Witterung eingetretene Schneefall scheint doch wenigstens in Etwas dem Bergwerk förderlich zu sein, das nahe daran ist, das Getriebe stehen lassen zu müssen. Der Bergmann vertraut auf seinen Wahl spruch : „Wenn die Noth am größten, ist Gottes Hüls' am nächsten," und darin wird er sich auch diesmal nicht getäuscht sehen. — Muthwillige junge Menschen machen es sich jetzt zur Aufgabe, bei Nachtzeit an Läden zu schlagen, Zäune zu beschädigen, Fenster einzuschlagen, überhaupt nächtlichen Unfug zu treiben. Möchte es doch der Ortspolizei gelingen, solche Frevler an das Tageslicht zu ziehen und dem Gerichte zur Bestrafung zu übergeben. — Wie man vernimmt, beabsichtigt unser Gesangverein, im Februar einen Maskenball im Flemming'schen Saale hier abzuhalten. ° Altenberg. Unsere Bürgermeisterfrage ist nun dem Abschlüsse sehr nahe gelangt, da in den nächsten Tagen der neuerwählte Bürgermeister Herr Advocat Riedel als solcher eingewiesen werden wird. — Unser Gewerbeverein wird in den nächsten Tagen das Stiftungsfest feiern, wozu Veranstaltungen ge troffen werden, die früher nicht üblich waren. Cs wird eine Festsitzung und 8 Tage darauf ein Ball abgehalten, auch in ersterer einige theils hier, theils auswärts wohnhafte Männer als Ehrenmitglieder eingeführt werden. Aue, 12. Jan. Seit acht Tagen sind in meh rer« Familien auf dem in unserer Nähe gelegenen Blausarbenwerke Niederpfannenstiel die schwarzen Blattern aufgetreten und haben bis heute schon fünf Opfer — vier Männer und eine Frau — gefordert, während mehrere andere erwachsene Personen an dieser Krankheit noch schwer daniederliegen. Berlin. Am 15. Januar ist der Landtag durch den Ministerpräsidenten Graf von Bismark im Auf trage Sr. Majestät des Königs eröffnet worden. Die hierbei von demselben verlesene Thronrede sagt: In der letzten Session ist das vorhergesehcne (Äatgesetz nicht vereinbart worden. Es mußte daher auch uu abgelaufenen Jahre ohne ein solches Gesetz die Staatsverwaltung geführt werden. Die Finanzlage ist fortdauernd günstig. Die Diensteinkommen gering besoldeter Beamtenklassen konnten im Voranschläge ohne Störung des Gleichgewichts weiter verbessert werden. Als Vorlagen für den Landtag werden in der Thronrede aufgeführt: Gesetzentwurf, betreffend die Kosten der Steuenegu- lirung, Gesetzentwürfe zur Ermäßigung des Gerichtskostcnzuschlags, wegen Unterstützungen für die Staatsbahnen. Verträge werden vorgelegt: Handels- und Zollverträge mit Luxemburg, Anhalt, Bremen, der englische Schissfahrtsvertrag, der Handelsvertrag mit Italien, dessen Ratificiruna feiten aller Zollvereinsstaaten die Regierung zuversichtlich erhofft. Weiter heißt es: Nach mehrjährigen fruchtlosen Verhand lungen über die Militärnovellen kann die Regierung von Wie derholung solcher Vorschläge für jetzt ein ersprießliches Resultat nicht erwarten; sie wird es daher bei den geltenden Gesetzesbe stimmungen über die Kriegsdienstverpflichtung belassen. Indem die Regierung diese ihr abgedrungene Entschließung bedauert, bleibt sie von der Nothwendigkeit durchdrungen, die Reorgani sation aufrecht zu erhalten und dazu die uöthigen Geldmittel auch ferner zu fordern. Die Regierung hält das Bestreben einer schnellen und kräf tigen Entwickelung von Preußens Seemacht, die Gründung an gemessener Hafenetablissements, Beschaffung von Kriegsschiffen und Schiffsbcwaffnung und die Verwendung außerordentlicher Mittel unerläßlich fest. Ein desfallsiger Gesetzentwurf wirb aber mals vorgelegt. Die Beziehungen Preußens zu den auswärtigen Staaten sind befriedigend und freundschaftlich. Nachdem durch Vertrag von Gastein der Kaiser von Oestreich seinen Theil der lauen- burgischen Souveränetätsrechte Preußens Könige abgetreten hat, ist Lauenburg mit der Krone Preußens vereinigt worden. Se. Majestät der König von Preußen ist gewillt, diesem Herzogthnme alle Vortheile des Schutzes und der Pflege, welche die Verei nigung ihm bietet, genießen zu lassen. Die schließliche Entscheidung über die Zukunft Schleswig- Holsteins ist im Gasteiner Vertrage weiterer Verständigung Vor behalten. Preußen hat aber in dem Besitze Schleswigs und in der gewonnenen Stellung in Holstein ein ausreichendes Pfand dafür erhalten, daß diese Entscheidung nur in einer, den deutsch nationalen Interessen und den berechtigten Ansprüchen Preußens entsprechenden Weise erfolgen werde. Um die Ausführung des Nordostseecanals vorzubcrciten, er folgt ebenfalls eine Vorlage. Nachdem durch die Bestimmungen des Gasteiner Vertrags über den Kieler Hafen einer künftigen deutschen Flotte ein bisher mangelnder Hafen gesichert ist, wird cs die Aufgabe der Landesvertretuug sem, die Staatsregierung in die Lage zu versetzen, Verhandlungen mit ihren Bundesge nossen auf einer, Preußens würdigen Unterlage eröffnen M können. Die Thronrede schließt: „Die Regierung Sr. Majestät lebt der Ueberzeugung, daß bei unbefangener, leidenschaftsloser und rein sachlicher Prüfung Dessen, was sie mit Hilfe der Landesver tretung noch erstrebt, genug der Zwecke und Ziele gefunden werden müßten, in denen alle Parteien sich eins wissen. Werden Sic von dem Wunsche getragen, diese Eimgungspunkte zu suchen und festzuhalten, so wird Ihren Berathungen Segen und Erfolg nicht fehlen." — Kurz nach der Eröffnung hielten beide Häuser eine Plenarsitzung. Die des Abgeordnetenhauses wurde von dem Präsidenten Grabow eröffnet mit folgenden Worten: Meine Herren! Bei Eröffnung dieser dritten Session der 8. Legislaturperiode heiße ich Sie recht