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Dresdner Journal : 24.07.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189607241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960724
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960724
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-07
- Tag 1896-07-24
-
Monat
1896-07
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 24.07.1896
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vez^-ret«: Für DrtSden virrteliLhrltch L Mark LV Pf., bei den Kaiser lich deutschen Poftanstalien vierteljährlich-Mark; außer halb des Deutschen Reiche- Post» und Stempelzuschlaa. tinzelne Nummern: tu Pf Vrschetnen: löslich mit Ausnahme der Tomr-^nd Feiertage abends. Fenffpr -Anschluß: Rr 12-5. Dresdner Ionrnal. Anlündi-ungSgebübre«: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner «chr.ft LU Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile bu Ps Bei Tabellen- und Zißerusatz entsprechender Auischlag. Herausgeber: Königliche Expedition deS Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr LV. Fcrnspr Anschluß: Rr 12V5. ^170. Freitag, den 24. Juli, abends. 1896. Nichtamtlicher Teil. Zu den Borkängeu aus Kreta. Es lag nicht in unserer Absicht, an dieser Stelle so bald wieder die kretensische Frage zu behandeln. Eme uns von trefflich unterrichteter Seite in Wien gesandte Zuschrift läßt sich über den Gegenstand aber in derart zweckmäßiger Weise und mit so klarer Abspiegelung der Anschauungen in Wiener diploma tischen Kreisen vernehmen, daß wir sie ihrem vollen Inhalt nach hier wiedergeben. Die Entwickelung der kretensischen Angelegenheit ist durch die fast regelmäßige Aufeinanderfolge von Anläufen zur Besserung und bedauerlichen Rückfällen gekennzeichnet. Sie erhält so jenes eigenartige Ge präge, welches fast immer dann zum Vorschein kommt, wenn die Pforte an einer politischen Frage unmittelbar beteiligt ist. Die kleineren Börsenspekulanten, die ihre Operationen gerne auf den raschen Wechsel der „Tendenz" auf den Geldmärkten gründen, können volle Gewinne erzielen, wenn sie zur Zeit, da solche Fragen in der Schwebe sind, mit einigem Geschicke zu Werke gehen. Versetzt die erfreuliche Nachricht von einem klugen, dem Frieden förderlichen Schritte der Pforte heute die Finanziers in freudige Bewegung, so kann man mit einiger Bestimmtheit darauf zählen, daß schon binnen wenigen Tagen irgend eine unliebsame Bot schaft aus Konstantinopel eine ausgiebige „staue" Stimmung Hervorrufen wird — und ebenso umgekehrt. Auch die Presse läßt sich im allgemeinen durch die Eindrücke, welche für das Börsengetriebe maßgebend sind, zu sehr beeinflussen und sie bringt infolge dieser Eindrücke hoffnungsvolle und düstere Anschauungen etwas unvermittelt zur Geltung. Diese erwähnten Wahrnehmungen finden eine dra stische Bestätigung, wenn wir die Haltung der finanziellen und publizistischen Kreise gegenüber den kretensischen Wirren beobachten. Das Publikum würde sich aber einer Täuschung hingeben, falls es dem Glauben huldigen wollte, daß die Stimmungen der Börse und der Presse etwa getreue Reflexe der Anschauungen seien, welche in den Kreisen der Berufspolitiker herrschen. Die Regierungen der Großmächte haben schon bei dem Ausbruche der Ruhestörungen auf Kreta sofort erkannt, daß die Bewegung, deren Tragweite in den Konsular- bcrichten vom Anfänge an gewürdigt worden ist, eine ernste Bedeulung besitze. Sie haben auch nicht über sehen, daß bei einer längeren Dauer diese Bewegung im Hinblick auf die eventuelle Haltung der Bewohner Griechenlands und die schwierige Position des Athener Kabinetts mit Gefahren zu rechnen sei, die beispiels weise im Vorjahre bei der Behandlung der armenischen Angelegenheit gar nicht in Betracht kamen. In dem Programm, welches den Mächten für ihr diplomatisches Eingreifen vorschwebte, ward bereits dieser Mög lichkeiten gedacht, und eben deshalb hat sich dieses Programm bisher in allen Phasen der gesamten Affaire bestens bewährt. Die gemeinsamen Rat schläge und Mahnungen, die inan nach Athen richtete, sanden dort die gebührende Beachtung, und man darf konstatieren, daß die Haltung der griechischen Regierung bis jetzt eine zumindest äußerlich korrekte war. Dank dem Einflüsse der Mächte wurden ferner die Führer der kretensischen Bewegung selbst dazu bestimmt, ihre Forderungen zu formulieren, ihre Abneigung gegen die Beteiligung an der Nationalversammlung aufzu geben und die Feindseligkeiten zu unterbrechen, ob wohl die letztere Entschließung für die Kämpfenden nicht unbedenklich war, da der Pforte dadurch die Füglichkeit zur ungestörten Heranziehung größerer Truppenmassen geboten wurde Wenn wir recht unter richtet sind, so empfingen jene Führer durch die Inter vention der Konsulate auch genaue Mitteilungen über Kunst und Wissenschaft. Neue Romane und Novellen. (Schlüße Ganz auf modernem Boden, zu dem denkwürdigerweise das Land und die kleine Stadt in den seltensten Fällen mitaerechnet werden, bewegt sich der Roman „Opfer" von K E Nicolai (Leipzig, Verlag von Rob. Frieses Separat- lonto, 1896), eine sehr ernstgemeinte Darstellung der Kon flikte, in die, unter Umständen, die innere Ehre eines warmherzigen und sittenstrengen Offiziers mit gewißen Überlieferungen seiner Lebenskreise und gewißen Anschau ungen seiner Standesgenoßen geraten kann Wie unwahr scheinlich auch die erste Voraussetzung des Romans, die Verlobung deS Lieutenant« Werner mit Johanna Berg mann, sein mag, schlechthin unmöglich ist sie nicht und damit die weitere Entwickelung der ganzen Erfindung zum tragischen AuSgang gegeben Die Grundempsindung des Buches ist tüchtig und gesund, aber der eigentlich poetische Reiz, der Hauch de« Individuellen, der un« für die dar- aestellten Konflikte erwärmen, die gegeneinanderstehenden Typen, wie Johanna und Betty, wie Werner und Stein hardt, wie Mättig und Bergmann, in feßelnde Menschen gestalten verwandeln könnte, fehlt, e« erscheint alle« wirk lich genug, al« ob wir dergleichen schon erlebt, d h von fern gesehen und gehört hätten, aber es zwingt uns nicht«, diese Erergniße und Schicksale jetzt mitzuerleben Ganz sicher sind viele Erzähler zu einer Detailmalerei gediehen, in der der einfache Gang der Handlung untergeyt, doch die Weise zu erzählen, die im Roman „Opfer" vorwaltet, hat einen Anstrich von nüchterner und stimmuna«loser All täglichkeit Die beste Gestalt des Roman« ist die de« Premierlieutenant« o Perthes, der in bester Meinung, den verfahrenen Karren ins Gleis zu bringen und einen hoch dos Ausmaß der Forderungen, tue bei einer friedlichen Lösung von den Mächten gegenüber der Pforte unter stützt würden. Diese Mitteilungen dienten dem Zwecke, die Leiter der Bewegung von übermäßigen Ansprüchen abzuhalten und somit eine Regelung der kretensischen Verhältnisse vorzubereiten. Die Pforte hatte de Ge währung der bezeichneten Forderungen zugesagt und es war so vor ungesähr vierzehn Tagen die Grund lage einer Beilegung des Zwistes zwischen den Kre- tensern und der Pforte allem Anscheine nach bereits hergestellt. Seither hat sich die Situation auf Kreta und wohl auch in Athen wieder in unerfreulicher Weise verändert, und zwar einzig und allein durch das Verschulden der Pforte. Die Ausschreitungen und neuerlichen Vorstöße der türkischen Truppen er schütterten bei der christlichen Bevölkerung Kretas den Glauben an die Loyalität der ottomanischen Organe auf der Insel und an den Wert der Verheißungen ter Pforte überhaupt. Es erhoben sich Stimmen für die rasche Wiederaufnahme des Kampfes und eS wurden neue Forderungen laut, die wesentlich über den Umfang der früheren Ansprüche hinausgingen, während zugleich auch in Athen die chauvinistische Strömung neue Nahrung erhielt. Angesichts dieser Wendung muß betont werden, daß die Mächte durch aus nicht dem Wahne huldigen, ihre diplomatische Aktion in Athen, Konstantinopel und auf Kreta sei ein Allheilmittel, welches die friedliche Beilegung der Krise unter allen Umständen verbürge. Das Pro gramm der Kabinette diente dem Bestreben, eine Lösung zu erzielen, bei welcher die türkischen HoheitS- rechte über die Insel in keiner Weise eingeschränkt würden. Für eine Regelung, bei welcher dieses Recht nicht berührt werden sollte, verwendeten sich die Kon suln bei den Aufrührern, und zwar nur unter der Voraussetzung, daß die Pforte eine solche Vermittlung durch die rasche Erfüllung der gegebenen Verheißungen unterstützen wolle. Macht nur die Pforte diese Vor aussetzung hinfällig, so müssen die Bemühungen der Konsuln erfolglos bleiben, dann könnte es nicht mehr die Aufgabe der Kabinette sein, der Pforte Deckung gegen übertriebene Forderungen der Aufrührer zu verschaffen und dann müßte überhaupt das Bestreben der Mächte, die Ruhe aus Kreta wieder herzustellen, in anderen Formen zur Geltung gelangen als bisher. Es ist wohl mehr als zweifelhaft, ob eine solche Änderung für den Sultan und die Pforte vom Vorteile wäre. Wir legen das Hauptgewicht auf die Frage der Einhaltung der türkischen Zusagen, weil von dieser Frage thatsächlich der weitere Verlauf der Dinge nach der Überzeugung der diplomatischen Kreise in erster Linie abhängig ist. Die Öffentlichkeit mag es mit Befriedigung begrüßen, wenn der Sultan durch die Abberufung des Militürgouverneurs von Kreta den peinlichen Episoden ein Ende macht, die sich aus dem Wirken dieses Würdenträgers ergaben. Ernste Poli tiker werden aber in einem solchen Entschlusse, ter zur Stunde schon vollzogen sein dürfte, kein Ereignis von weittragender Bedeutung erblicken können. Die Mißgriffe Äbdullah Paschas wären vorweg unmöglich gewesen, wenn die Pforte angesichts der Haltung des letzteren nicht eine rätselhafte Duldsamkeit beobachtet hätte, und seine durch das einmütige Andrängen der Kabinette veranlaßte Abberufung wird nur dann einen wirklichen, erfreulichen Umschwung markieren, wenn man in Konstantinopel auch in der Frage der Zu geständnisse an die christlichen Krerenser die einhelligen Forderungen der Mächte ohne Schwanken und Zögern loyal erfüllt Vermag man sich zu einer solchen That nicht aufzuschwingen, so wird man in bedauerlicher Selbstverblendung die relativ günstige Situation zer stören, welche für die Pforte durch das bisherige Ein greifen der Mächte geschaffen ward. Tagrs geschützte. Dresden, 2-l. Juli. Se Majestät der König trafen heute vormittag >4 > l Uhr, von Pillnitz kommend, im hiesigen König!. Residenzschlosse ein und nahmen mililärische Meldungen sowie die Vorträge der Herren Staatsmiuister entgegen. Von >42 Uhr ab erteilten der Monarch Audienzen an die nachgenannten Herren: Oberamtsrchter Hecht aus Bautzen, Universitäts Professor vr. Riehl aus Leipzig, Oberlehrer am Realgymnasium zu Döbeln Prof. Ritter, Rechtsanwalt Keyßelttz aus Großenhain und Förster Hörig aus Sachsendorf. Ferner empfingen Se Majestät eine aus den Herren Hofrat vr. Mehnert, Stadtrat Weigand, Dekorationsmaler Ranft und Hoffederschmücker Schu mann bestehende Deputation der Dresdner privil. Bogenschützengesellschaft, welche eine Einladung zum diesjährigen Festschießen überbrachte. Nachmittags verfügten Sich Se. Majestät der König wieder in die Sommerresidenz zu Pillnitz. — Ihre Majestät die Königin gedenken nächsten Sonntag früh 6 Uhr 50 Minuten von Brennerbad hier einzutreffen und vom Böhmischen Bahnhofe aus mit Sonderzug nach Niedersedlitz zu fahren, um Sich von dort in die Königl Sommerresidenz Pillnitz zu begeben. Deutsches Reich. * Berlin Se. Majestät der Kaiser sind gestern bei Molde mit Sr. Majestät dem Könige von Schweden zu sammengetroffen Nachdem die „Hohenzollern" unter Nacht bei Naeste vor Anker gelegen, kam gestern früh '49 Uhr die Jacht König Oskars in Sicht und ankerte um 9 Uhr der „Hohenzollern" gegenüber. Der König begab sich sofort an Bord der „Hohenzollern". Beide Monarchen begrüßten Sich aufs herzlichste Nach Vorstellung der Ge folge wurde an Bord der „Hohenzollern" ein gemeinschast- liches Frühstück eingenommen, während deßen die Kapelle der „Hohenzollern" konzertierte. Um '41 t Uhr kehrte der König auf feine Jacht zurück, nach herzlichster Ver abschiedung von Sr. Majestät dem Kaiser Kurz darauf setzte die „Hohenzollern" die Fahrt nach Maeraak fort. Das Wetter war regnerisch — Uber den weiteren Verlaus der Nordlandsreise Sr. Majestät des Kaisers wird der „Nordd. Allg. Ztg." berichtet: Am Mittwoch, den 15. Juli, wurde morgens früh in der auf der „Hohenzollern" üblichen Weise von einer aus Matrosen gebildeten freiwilligen Kapelle dem Intendanten v. Hülsen vor seiner Kammer ein Ständchen gebracht. Das Musikcorps zeichnet sich weniger durch musikalische Kenntnisse als durch die Merkwürdigkeit seiner Kostüme und seiner Instrumente aus, unter denen z B. die aus einem alten Heringssaß und einem Stück Segel tuch verfertigte Trommel besondere Beachtung verdient. Um 3 Uhr nachmittags wurden die Anker gelichtet und die Fahrt durch Sognefjord nach dem Meer zu angetreten. Die Fahrt ging am Ende des Fjords nördlich bis etwas über Florö hinaus Dann wurde vor Anker gegangen und die Nacht über still gelegen, weil die Lotsen angesichts des zunehmenden "Nebels Bedenken gegen die Weitcrfahrt durch die Scheren hatten In der Nähe von Florö passierte die „Hohenzollern" die Stelle, wo kurz vorher der französische Dampker „General Chanzy" aufgefahren und dann durch die Hilfe der „Gefion" wieder fiott gemacht worden war. Trotz des trüben Wetters war der Abend an Deck wunder voll. Der Kaiser standen lange oben und betrachteten die merkwürdigen Berg- und Jnselformationen, die Se. Majestät und die ständigen Begleiter des Monarchen auf den Nord- landSsahrten wie liebe alte Bekannte begrüßen Großartig war der Sonnenuntergang; draußen am Horizont über dem weiten Meere, hinter einer Reihe kleiner Felsen- inseln, die nur wie große Steine aus dem Wasser hervor ragen, schien alles in glutrote Flammen getaucht, während das Wasser um daü Schiff und die umliegenden Höhen und Felswände in unzähligen Farben schimmerten und glitzerten Am Donnerstag, den 16 , ging es zunächst bei Hornölen vorüber, hinaus ins offene Meer, nm das berüchtigte und von den nicht ganz seefesten Mitgliedern der Reisegesellschaft so sehr gefürchtete Kap Stattlandet herum. Doch waren diesmal alle Befürchtungen über flüssig; das Meer war fast ganz ruhig. Da jedoch abermals "Nebel auskam und stetig zunahm, ging die „Hohenzollern" nachmittags vor Aalesund vor Anker Die Stadt liegt auf zwei nur durch einen schmalen Wasserarm getrennten Inseln Bei der Einfahrt in den geräumigen, durch einen Sleindamm geschützten Hafen auf einer der Dampfpinassen der „Hohenzollern" sah man so fort, daß Aalesund ein belebter und rühriger Handelsplatz ist. Ringsum standen hohe, dicht an das Wasser gebaute Speicher, und auf dem Lande wie auf dem Wasser herrschte ein sür die Größe des OrteS ausfallendes Leben Ebenso fallen die vielen neuen und sauber aussehenden Häuser des Städtchens auf, und fortwährend liefen während der Anwesenheit der „Hohenzollern" Dampfer ein und aus Hinter der hügeligen, aus dem und in den Felsen gebauten Stadt ist unmittelbar unter hoher Berg wand ein sehr gut gehaltener kleiner Stadtpark mit zahl reichen Blumen und Ziersträuchern Aus einem ein Stück am felsigen Berge in die Höhe führenden Wege gelangt man nach einer kleinen in den Felsen gehauenen Platte, von der man eine herrliche Aussicht hat. Vor sich zu Füßen sieht man die Stadt mit ihrem belebten Hasen, dahinter das saftige Grün der Insel, rechts und links die See. Auf der einen Seite ist sie nur vom Horizont begrenzt und mit zahlreichen kleinen Inseln besäet. auf der anderen bilden die gewaltigen Bergspitzen am Jörundsjord den Hintergrund. Der Kaiser begaben Sich noch abends an Land und erstiegen einen kleinen, mitten in der Stadt liegenden Hügel; am anderen Morgen besuchten Er den Park und die erwähnte Felsplatte. Um 9 Uhr — am Freitag, den 17. Juli — ging die „Hohenzollern" Anker auf und setzte die Reise nach Trontheim fort, wo sie abends 10 Uhr ankam Am 18. früh kam ein Kurier an Bord, und der ganze Tag war der Arbeit gewidmet, obgleich der Aufenthalt an Bord der „Hohenzollern", die Kohlen einnahm, wenig angenehm war. Der Kaiser, welcher den ganzen Vor- und Nachmittag Vorträge ent- gegengenomnun hatten, begaben Sich erst abends 6 Uhr an Land und besuchten den Dom Der Hohe Herr interessierten Sich lebhaft sür die Fortschritte, welche die Restauration der Kirche gemacht hatte Ganz besonders gefiel dem Kaiser das jetzt in Angriff genommene Ouerschiff, das mit zwei übereinander liegenden Reihen romanischer Fenster geschmückt ist. Der Kaiser wußten dabei genau, was alles seit seinem letzten vor zwei Jahren erfolgten Besuch neu gemacht worden war Am Sonntag, den 19. Juli, hielten der Kaiser den Gottesdienst, wie gewöhnlich, um 10 Uhr ab. Zum ersten Frühstück war der kaiserliche Konsul Eoatcs aus Christiania an Bord gekommen Den Tag über arbeiteten Se Majestät noch sür Sich, da abends der Kurier wieder abging Abends fuhren der Kaiser mit dem Gefolge nach der etwa H Stunden von Drontheim reizend gelegenen Villa des kaiserlichen Konsuls Jenssen, um da selbst das Abendessen einzunehmen — Wie die „Nordd Allg Ztg " hört, ist sür den vor kurzem zur Disposition gestellten General der Infanterie v Arndt der Kommandeur der 3. Division, Generallieute nant Anton v Froben, zum Gouverneur von Metz ernannt worden Am 31. Oktober 1839 zu Karlsruhe geboren, kam v. Fr. nach dem Besuch der dortigen Kadetlen- anstalt 1857 als Portepeesähnrich in das badische Artillerie regiment Nach dem Feldzug 1866 wurde er zur Kriegs akademie in Berlin kommandiert und erhielt sechs Monate später das Hauptmannspatent. Im französischen Kriege befehligte er die vierte schwere badische Batterie Nach dem er 1871 bei Übernahme des badischen Offiziercorps in den Verband der preußischen Armee der 14. Artillerie brigade bez. dem badischen Feldartilleriercgiment Nr 14 überwiesen worden, trat er 1873 zum Garde-Feldartillerie- regimcnt über 1875 zum Flttgeladjutanten Sr. Königl Hoheit des Großherzogs von Baden, sowie zum Major ernannt, wurde er 1878 Kommandeur der 2. Abteilung des naßauischen Feldartillerieregiments Nr. 27 und 1882 Lberstlieutenant. 1883 wurde er mit dem Kommando des 1 badischen Feldartiüerieregimentes Nr 14 in Karls ruhe betraut und 1886 zum Oberst, 1889 zum General major und Kommandeur der 14. Feld-Artilleriebrigade in Karlsruhe und 1892 zum Generallieutenant und Kom mandeur der 3. Division in Stettin ernannt — Im „Reichsanzeiger" wird seitens des Preußischen Kriegsministeriums zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß den Unteroffizieren und Mannschaften dienstlich ver boten ist: 1) jede Beteiligung an Vereinigungen, Ver- qeschatzten Freund aus peinlicher Lage zu crlöicn, Johanna Bergmann in den Tod treibt und eine Schuld auf sich läd, von der er fühlt, daß sie ihm sür immer schwer aufliegen wird Hier bewährt der Verfasser ein Talent zur Individualisierung, das er pflegen und der ganzen Reihe seiner Gestalten und Gebilde zu gute kommen lassen müßte, wenn er sich über die Linie eines Romans wie „Opfer" erheben will Etwas älteren Datums sind die „Novellen" von Hermann MenkeS (Berlin, Freund u. Jeckel, 1895), die ein zuviel von dem gewahren lassen, was wir bei Nicolai zu wenig fanden. Die Stimmungsmalerei, Grau in Grau und dazwischen grelles Rot, beherrscht diese Novellen derart, daß sie trotz verschiedenen Talent« sehr geteilte Eindrücke hinterlaßen Auf dem Hintergründe eines der seit Franzos beliebt gewordenen ärmlichen galizischen Nester entfaltet sich hier der Ekel am Leben in mannigfacher Gestalt. Typisch für das Ganze ist der Hauptmann a D. Richard v Kiernicki in der ersten Novelle „Es schneit" Ter Brave hat jahrelang seinen Juaenderinnerungen und dem Andenken an sein verstorbenes Weib gelebt, und da aus einmal überkommt ihn die Gewißheit, daß er alt geworden ist „Eine heftige Furcht bemächtigte sich seiner vor den einsamen, träge und dämmerhaft dahinschleichenden Tagen de« Alters, vor dem Einerlei, vor den täglichen Gewohn heiten, den öden Mahlzeiten. Und nun fiel ihm auch ein, daß auch Lucia ihm bald entschwinden werde, sodaß er keine Jugend mehr um sich haben wird. Sie war die letzte holde Täuschung des Leben« für ihn gewesen — und nun war auch das aus ... Um zu vergeßen, versuchte er einer alten Gewohnheit gemäß vie Gegenstände, die herumstanden und herumlagen, in Ordnung zu bringen, holte er die Sachen hervor, die ihm von seiner Frau zurückgeblieben und in welche bi« jetzt seine Erinnerungen Seele hineingetragrn hatten Jetzt erschien ihm alle« tot, dieser alte staubige Duft, der den Kleidern anhaftete, be rührte ihn peinlich, und er sagte sich, daß ja alle« unnütz lei, va man sich gegen vie Vergessenheit und Vergänglich keit nicht wehren kann Wie lange, und diese Kleider werden enden, wie alle alten Lumpen, im Schmutz und Kot der Gasse." Und der Hauptmann erschießt sich. Gewiß ist es Aufgabe der Novelle, einen besonderen Fall oder Zug des Lebens darzustellen, und dem Dichter soll man nicht mit moralischen Gemeinplätzen kommen Doch dies taeäium vitas tritt so verallgemeinernd, ausdringlich an den Leser heran, daß diesem unwillkürlich der ketzerische Gedanke kommt: eine einzige selbstlos übernommene Pflicht würde es Hrn. v. Kiernicki ersparen, dem Tod vor der Zeit inS Handwerk zu pfuschen Da ist gleich ja im Häuschen nebenan der Maurergesell LendowSky gestorben — es wäre etwas, sich um deßen hilf lose Familie zu bekümmern Aber freilich so pro saische Naturen, die das eigne Leid in der Sorge für andre überwinden, kann unsere neueste Erzählungükunst selten brauchen Die bedeutendste und fesselndste unter diesen Novellen ist „Das Kind", eine Geschichte, die einem tausendfach wiedertehrcnden Motiv, dem Verhältnis zwischen Stiefkind und Stiefmutter, ein paar neue Züge abgewinnt Auch das polnische Idyll „Der stille Hafen", so traurig auch die Schilderung des Verfalls ist, enthält einige gute Beobachtungen, und die Wahrheit der Darstellung würde gewirkt haben, ohne daß der Verfasser eine leise Apologie des jüdischen Güterwuchers damit verbunden hätte Durchaus andern und erfreulicheren Geprägt« sind die „Zwei Novellen" von Fritz Zilcken (Leipzig, Verlag von A G Liebeskind, 1896), mit denen ein unseres Wissens neuer Name zuerst in der Litteratur erscheint. Bride in dem Bändchen enthaltenen Novellen „Bruder Cölestin" und „Die weiße MauS", namentlich die erste, haben ein wenig an die Romantik anklingende "Motive Die Erzählung von Schuld und Schicksalen de» Geiger- Josef Huber, der sich al« Bruder Cölestin in einem Kloster nach der Regel von La Trappe lebendig begräbt und die Ueberlieferung seiner Geige an einen zufällig auf seiner Wanderschaft m das Kloster geratenen Jugend und Bc- russgenossen, schwebt seltsam zwischen Traum und Wirk lichkeit In beiden Novellen sind viel feine Einzelheiten, durch die die ungewöhnlichen Vorgänge warm belebt und uns näher gebracht werden Gelingt es dem Verfaßer, dessen Novcllistik bis jetzt bei Stoom, Jensen, Ferd. v Saar in die Schule gegangen ist, eigen erlebte starke Motive mit den Elementen von Poesie und feinem Wahr heitssinn, die ihm eigentümlich sind, zu erfüllen, so läßt sich sicher von ihm noch Vorzügliches erwarten Von der „Bibliothek kleiner Novellen und Er zählungen", die Martin Maack (Lübeck, Verlag der Novellenbibliothek) herausgiebt und deren bereits früher gedacht wurde, sind inzwischen eine Reihe weiterer Hefte erschienen. Unter ihnen „Sein Nebenbuhler" von Konrad Telmann, „Der Narr des Glücks" von Julius Grosse, „Die Gefahren der Abwesenheit" von Alfred Fried mann, „Ihr Opfer" von Marie v Suttner und ein paar kleinere hübsche Geschichten „Lütt Dörken" und „Mein Robert" des Herausgeber« Martin Maack. Der Wert der hier vereinigten Novellen ist natürlich ein sehr ungleicher, doch geht des Herausgebers Bestreben unver kennbar auf die Gewinnung besserer Erzählungen von künstlerischer Haltung. Sein großes Mitarbeiterregister enthält eine Reihe von Namen, die noch bessere Beiträge verbürgen würden, als zur Zeit erschienen sind, und so muß man ihm wünschen, daß diese Mitarbeiter bald in Wahrheit mitwirken Einen großen Anlaus nimmt Nora Görner in dem Roman „Unser Prinzeßchen" (BreSlau, S. Schott länder, 1896), der Glanz und Leid eine« fürstlichen Hause«, „Thränen unter Kronen" darstellen soll. Die Schilderung des Ledens eines kleinen Hose« sowohl als der Gegen sätze ist aber viel zu sehr nach dem Rezept de« Fräulein« Marlitt und der „Gartenlaube" autgesallen, al« daß die Wirklichkeit zu ihrem Rechte käme Einzelne Züge und Ccenen könnte man vielleicht für wahr gelten laßen, aber
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