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Wochenblatt M Ar Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 344. Reichenbrand, Siegmar, Neustadt, Rabenstein nnd RottlNff. 35. Sonnabend, den 2. September 1811 Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition Meichevbrand, Nevoigtstratze 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand, Kaufmann Emil Winter in Rabenstein nnd Frisenr Thiem in Rottluff entgegen- genommen und pro Ispaltige Petitzetle mit 1b Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfang» und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Anzeigen-Annahme in der Expedition di» späteste»» Freitag» nachmittag» 2 Uhr, bei de« Annahmestelle» bi» nachmittag« 2 Uhr. VereiuSiuferate müssen bi» Freitags nachmittag» L Uhr eingegangen sein und können «icht durch Telephon aufgegeben werden. Die Ausführung der Zimmerarbeiten für den Schulneubau in Reichenbrand soll vergeben werden. Verdingungsanschläge können gegen Erlegung der Schreibgebühren im Bureau des Architekten Emil Ebert, Chemnitz, Aue 4,1, entnommen werden. Die Angebote sind bi» zum 7. September d. I., mittag» 12 Uhr, mit entsprechender Aufschrift versehen bei dem Gemeindeamte zu Reichenbrand einzureichen. Reichenbrand, den 31. August 1911. Der Schulvorstand. Bekanntmachung. Am 1 September 1911 war der 3. Termin der diesjährigen Gemeindeanlagen fällig. Es wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß die Anlagen zur Vermeidung des Zwangsvollstreckungsverfachren» bis zum 15. September 1911 an die hiesige Gemeindekaffe abzuführen sind. Der Gemeindevorstand zu Rabenstein, am 1. September 1911. Freibank zu Rottluff. Mittwoch, den 6. September 1911 wird von nachmittag» 3 Uhr ab das nichtbankwürdige Fleisch eines Rinde» im gepökeltem Zustande öffentlich verkauft. Preis: a Pfund 40 Pfg. Rottluff, am 30. August 1911. Der Gemeindevorstand. Straßensperrung. Wegen Einbau einer Schleuse in die Nevoigtstratze wird dieselbe für allen Fährverkehr zur Hofer Staatsstraße für den K., 6. und 7. September dieses Jahre» gesperrt und der Verkehr über die Arzigstraße verwiesen. Reichenbrand, am 1. September 1911. Der Gemeindevorstand. Schornsteinreinigung. Die nächste Reinigung der Schornsteine in hiesiger Gemeinde wird in der Zeit vom 8. bis 16. September vr. erfolgen. Rottluff, am 31. August 1911. Der Gemeindevorstand. Meldungen im Fundamt Ravenstein. Gefunden: 2 Schlüssel. Verloren: 2 Mangeltücher. Der Gemeindevorstand zu Rabenftein, am 1. September 1911. Sitzung des Gemeinderats zu Rabenstein am 2S. August lSIl. Anwesend: Der Gemeindevorstand und 19 Mitglieder. 1., wird ein Unterstützungs-Anspruch wegen Mangel der Bedürftig, keit abgelehnt und von dem Sachstand verschiedener Armensachen Kenntnis genommen, auch die Vornahme von Maßnahmen, bez. Stellung von Strafantrag gegen ein Familienhaupt, das seine Familie böswillig verlassen hat, beschlossen; 2., wird Kenntnis genommen: 2) von mehreren Dankschreiben; b) von einem Aufruf zum Beitritt zum Sächs. Verkehrs-Verband; «)^ou,den Lrkläruuakn „dLS-Llekttlzitätswelks Oberlungwitz, bez. der Gemeinde Thalheim i. E.; 6) von der Annahme-Erklärung des Revisors Arnold; 3., werden die Aufwendungen und verschiedene Anschaffungen in der Reichel. Bleiche genehmigt; 4., auf die Verordnung der Kgl. Amtshauptmannschaft, die Mäuse- plage betr., wird eine Kommission gewählt und diese mit der Vor nahme der erforderlichen Maßnahmen beauftragt; 3., die Vorschläge des Bauausschusses, die Nummerierung der Häufet und die Nichtbeleuchtung der Reichenbrander Straße außer- halb des bebauten Orts, werden gutgeheißen; 6., wird ein Ausnahmebewilligungsgesuch in einer Bausache de. fürwortet; 7., zu verschiedenen Maßnahmen des Bau- und Wasserleitungs ausschusses gibt der Gemeinderat seine Zustimmung; 8., wird die Aufstellung einer Ortsarmen-Ordnung in Gemäßheit des Gesetzes vom 2. Oktober 1840 beschlossen. Reichenbrand. Nach den Statistiken des hiesigen Einwohner- Meldeamts betrug die überschriebene Einwohnerzahl am 31. Juli 1911: 4313. 2m August wurden 42 Zuzüge mit einer Personenzahl von 54 und 51 Fortzüge mit einer Personenzahl von 54 gemeldet, sodaß die derzeitige Einwohnerzahl unter Zurechnung von lO Geburts- und Abrechnung von 20 Sterbefällen 4309 beträgt. Umzüge wurden II gemeldet. Reichenbrand. Bei der hiesigen Gemeindesparkasse erfolgten im August d. Z. 183 Einzahlungen im Betrage von 56555 Mark 56 Pf., 56 Rückzahlungen im Betrage von 10807 Mk. 54 Pfg. Die Gesamtein nahme betrug 59527 Mk. 92 Pfg., die Gesamtausgabe 57610 Mk. 34 Pf. und der bare Kassenbestand am Schluffe des Monats 1917 Mk. 58 Pfg. Der gesamte Geldumsatz im Monat August 1911 beziffert sich auf 117137 Mk. 96 Pfg. Rabenstein. Nach den Statistiken des hiesigen Einwohnermclde- amtes betrug die überschriebene Einwohnerzahl am 1. August 1911: 4905. 2m August wurden 47 Zuzüge mit einer Personenzahl von 5V und 43 Fortzüge mit einer Personenzahl von 47 gemeldet, sodaß die derzeitige Einwohnerzahl unter Zurechnung von 16 Geburts- und Abrechnung von 10 Sterbefällen4923 beträgt. Umzüge wurd m 9 gemeldet. Rabeuftei». Be» der hiesigen Gemeinde-Sparkaffe wurden im Monat August d. I». 221 Einzahlungen im Betrage von 18876 Mk. 65 Pf. geleistet; dagegen erfolgten 72 Rückzahlungen im Betrage von 21659 Mk. 09 Pfg. Eröffnet wurden 29 neue Konten. Zinsbar angelegt wurden 8000 Mk. Die Gesamteinnahme betrug 18878 Mk. 6b Pfg., die Gesamtausgabe 29659 Mk. 09 Pfg., und der bare Kaffen- bestaad am Schluffe de» Monat» 2655 Mk. 95 Pfg. Der gesamte Geldumsatz im Monat August beziffert sich auf 48W7 Mk. 74 Pf. Die Sparkaffe ist an jedem Wochentage von 8—12 Uhr vorm. 2—« Uhr nachm, geöffnet und expediert auch schriftlich. Alle Einlagen werden mit 3>/,°/o verzinst und streng geheim behandelt. Dugendfreundschaft. Roman von G. v. Schlippcnbach. (Fortsetzung.» o„d»I,n. „Ob Lina wohl auch ihren Roman gehabt hat?" dachte Eva neugierig. Das unschöne Besicht „unserer Nettesten" schien nicht geeignet, große Leidenschaft ein,»flößen. Und doch klopfte unter der häßlichen Hülle ein Mädchenherz, das der Liebe Leid, der Liebe Lust gefühlt hatte. Der kurze Traum lag eingesargt und niemand wußte um ihn, der Betreffende selbst nicht ausgenommen, ein junger, schöner Gutsbesitzer in dem Hause, wo Lina ihre erste Stelle angenommen hatte. Jetzt lagen viele Jahre dazwischen: eine so gesunde Frauen natur wie Lina Grotenbach krankt nicht an einer unglücklichen Liebe, in der Arbeit und Selbstlosigkeit mußte sie bald genesen. Eva gab in ihrer freien Zeit Klavierstunden: sie freute sich über das verdiente Geld und kaufte für ihre Lieben Weihnachtsgeschenke. Das Honorar für ihre Schriftstellerei hatte sie bisher au den Orten, von denen sie ihre Manuskripte abschickte, erhalten; nach Berlin wagte sie »icht um Zu sendung des Geldes zu bitten; Hammer sollte nicht wissen, daß E. Norden ihm so nahe war. Kurz vor Weihnachten erschien sein neuestes Buch. Es hieß: „Irrlicht." Eva kaufte es sich gleich. Das wohlgetroffene Bild des Verfassers war aus der ersten Seite. „Wie ähnlich es ist," dachte Eva, „das find seine klugen, dunklen Augen, die hohe Stirn und der sarkastische Mund mit dem dunklen Bart." Sie fing an zu lesen, aber schon nach den ersten Seiten stutzte sie. Das war ja ihre eigene Geschichte: ein junges Mädchen, das mit einem Schriftsteller Briefe wechselt und ihm als Redakteur einer Zeitung Beiträge zum Feuilleton geschickt. Hammers Briefe an Eva und ihre Antworten folgten sich in dem Roman, die Dichtergeftalten waren so lebhaft gezeichnet, daß Eva sich selbst und Hammer in ihnen wieder erkannte. Mit heißen Wangen las Eva das sehr schön geschriebene Buch, besten zartpoetische Färbung sie jehr ansprach. Der Ruf: „Wer bist du, wo finde ich dich, lockendes, verschwindendes Irrlicht?" ging wie ein roter Faden durch den Roman. Das endliche Finden war so leidenschaftlich geschildert, daß Eva unwillkürlich erbebte; war es ihr doch, als spräche der Held des Buches zu ihr. „Er — Hammer hat diesen Roman nicht ohne Absicht geschrieben," dachte Eva, „hofft er durch ihn E. Norden zu entdecken? Denkt er, daß sie sein Werk lesen wird?" Der Gedanke lag nahe und beschäftigte Eva unausgesetzt. „Lina," sagte Frau Grotenbach, „hier habe ich eine Anfrage aus Hannover bekommen; ein Herr bittet um Auf nahme in die Pension, er bittet aber um 2 Zimmer." „Das geht nicht, Mutter!" rief Lina, die jetzt ganz nach der Dorotheenstraße übergesiedelt war, „eben ist alles besetzt, wo sollen wir zwei Zimmer herschaffen, schreibe ab!" „Gut, ich tue es!" „Wie heißt der Herr?" fragte Eva. „Benno Hammer, er ist Rebakteur," sagte Frau Grotenbach. Eva wurde ganz rot, doch niemand bemerkte es. „Oh! Mutter, das ist mein Literaturlehrer!" rief sie, „wir müssen es so einrichten, daß er bei uns wohnt." „Wie willst du das?" fragte Lina etwas ungeduldig, „Willst du ihm vielleicht dein Zimmer einränmen?" „Gerade daran dachte ich," erwiderte Eva leuchtenden Auges, „ich ziehe mit dir zusammen und unfern kleinen Salon nebenan geben wir dazu, bitte, Mutting, sage ja." Nach einigem Hin- und Herreden wurde der Vorschlag angenommen. „Du kannst ihm zusagend schreiben," sagte Lina zu ihrer Schwester, „ich habe keine Zeit und Mutter geht gleich mit Kurt und Adam ins Theater zum Wilhelm Tell." Eva zögerte, sie fürchtete, daß Hammer ihre Handschrift erkennen könnte. Aber Lina liebte keinen Wiberspruch, ihre Weigerung wäre aufgefallen. „Soll ich in Mama» Namen schreiben?" fragte Eva. . „Natürlich, Eva," lautete die Antwort. So gut sie konnte, verstellte sie ihre Schrift, doch war dieselbe so eigenartig, daß es ihr nicht recht glückte. „Wie sonderbar hast du die Adresse geschrieben?" be merkte Lina, „deine Handschrift ist sonst anders." Einige Tage später meldete sich Hammer für Mittwoch an. Als er den Brief bekam, stutzte er und blickte nach denklich auf die schwungvollen Buchstaben nieder. „Halt!" rief Hammer, „jetzt weiß ich es!" Er holte einige Briefe hervor und entfaltete sie. Am Schluß stand E. Norden; genau prüfte der Redakteur die Schrift, er wurde zweifelhaft. „Ich habe mich geirrt," dachte er, „es ist doch nicht eine und dieselbe Person, Frau Grotenbach kann doch nicht E. Norden sein, es besteht nur eine ausfallende Aehnlichkeit zwischen den Handschriften beider. Das neckische Irrlicht entschwebt mir wieder. Ich glaube, ich finde es nie." Er verschloß die Briefe wieder. „Ob sie wohl mein Buch gelesen hat? Ob sie sich in der Heldin wieder erkannt hat? Liebe ich E. Norden? Ich habe sie nie gesehen, vielleicht ist sie wirklich so wie sie sich schildert: häßlich nnd mißgestaltet. Vielleicht aber täuscht sie mich absichtlich. Kann man eine Frau lieben, die man nie mit seinen leiblichen Augen geschaut, die man nur durch ihre Feder kennt? E. Norden paßt zu mir, sie versteht meine Seele und ich die ihre." Hammer hatte ein historisches Schauspiel geschrieben, das vom königl. Schauspielhausc erworben war; es sollte nach einigen Wochen über die Bretter gehen und des Dichters Anwesenheit war notwendig. Kurz vor der Abreise nach Berlin erhielt Hammer einen Brief; er trug den Berliner Poststempel. Erst im Kupee las Hammer folgendes: „Geehrter Herr! Ihren Roman: „Irrlicht," habe ich gelesen, — ich danke Ihnen dafür, gerade dieses Werk hat mich ergriffen und im höchsten Grade befriedigt. Wissen Sie auch weshalb? Wie Sie sehen, bin ich jetzt in Berlin. Ob wir uns treffen werden? Ich werde Sie gewiß sehen; der Schrift steller Benno Hammer ist eine berühmte Persönlichkeit ge worden. Wie ich höre, wird hier demnächst Ihr historisches Schauspiel aufgeführt werden. Wenn der geniale Dichter am Abend der Premiere begeistert hervorgerufen wird, dann denken Sie, daß auch ich unter denen bin, die Ihnen be geistert zujubeln. Hochachtungsvoll ergeben E. Norden." „Sie ist in Berlin, ich muß sie finden!" Dieser Gedanke begleitete Hammer auf seiner Reise. Es war für Eva eine besondere Freude, ihr Zimmer für ben Gast einzurichten. Sorgsam wischte sie ben Staub, rückte die Möbel und freute sich, wie wohnlich und sauber alles aussah. Ihr hübscher, zierlicher Schreibtisch wurde in den Salon gestellt und ein Blumenstrauß als Gruß darauf gesetzt. Hier würde Hammer schreiben, hier die nächsten Wochen wohnen, so nahe dem „Irrlicht," das er suchte, Eva fteute sich auf den Besuch. Aber als er da war, hielt sie sich zwei Tage in mädchenhafter Scheu fern. Hammer war säst den ganzen Tag fort. Erst Sonntags sahen sie sich. „Guten Tag, gnädiges Fräulein," begrüßte er sie, „ich freue mich, daß es Ihrer Frau Mutter möglich war, mich aufzunehmen." „Ich hoffe, die Zimmer sind nach Ihrem Sinn, wenigstens gab ich mir Mühe," — sie schwieg verwirrt. „Sie haben selbst," — begann er, „Ein wenig für Ihre Bequemlichkeit gesorgt," fiel Eva lachend ein, „nun ja, ich will es eingcstehen." „Wie reizend sie mit diesem verlegenen Gesicht ist," dachte Benno Hammer. „Sehr freundlich," sagte er, sich verneigend, „ich setzte schon voraus, daß eine zarte Frauenhand gewaltet; die