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WchMlt für MIsdmff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abvnncmentspreis vierteljährlich 1 Ml., durch die Post ^bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne I Nummern 10 Pf. ThmM DD, Menlchn imd die UmMÄe». Imtsblalt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. § für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 70. Dienstag, den 1. September 1801. Holzversteigerung. Auf den Schlägen der Abtheilungen: 11, 14, 39 und 46 und im Einzelnen in den Abtheilungen: 13—22, 24—29, 31, 32, 34, 42 und 48—51 des Spechtshausener Forst reviers aufbereitete 2578 weiche Stämme, 43 weiche Klötzer, 150 buchene und 1217 fichtene Derbstangen, 525 fichtene Schleifhölzer, 1,5 Rm. fichtene Nutzscheite, 121 Rm. weiche Brenn- scheite, 226 Rm. weiche Brennknüppel, 122 Rm. weiche Aeste, 545 Rm. weiches Brennreisig und 45,5 Wllhdrt. weiches dergleichen sollen Montag, den 7. September d. I., Borm, von !) Uhr an, im Gasthofe M Spechtshausen meistbietend versteigert werden. Nähere Angaben darüber enthalten die in Schankstättcn uud bei den Ortsbehörden der umliegenden Ortschaften aushängenden Plakate. Königl. Revierverwaltnng Spechtshausen und Königl. Forstrentamt Tharandt, am 25. August 1891. Tagesgeschichte. Unser Kaiser, der vorigen Montag den in der Provinz Sachsen stattgefundencn Manövern beigewohnt, hat bei dieser Gelegenheit bei dem zu Ehren Sr. Mas. von den Provinzial ständen veranstalteten Diner eine Rede gehalten, in welcher er ber Hoffnung auf Erhaltung des Friedens Ausdruck gab, aber gleichzeitig hinzufügte, daß, „wenn es einmal anders kommen sollte", uns die Schuld nicht treffen würde. Diese Rede wendung, deren authentischer Wortlaut leider noch nicht vor liegt, ist in der Presse lebhaft besprochen und verschieden aus- gelcgt worden. Wenn man ans die bloße Andeutung hin, baß der politische Horizont doch nicht so wolkenlos sei, als vielfach angenommen worben ist, hic und da ängstlich geworden ist, so liegt in den Vorgängen der letzten Wochen eine genügende Er klärung für diese Erscheinung, denn unserem nervösen Geschlecht sind auch kleine Anzeichen schon Anlaß genug, den Glauben an den sorgsam gehüteten Frieben ins Wanken gerathen zu lassen. Die .Nordd. Ällg. Ztg." reprvduzirt folgenden Kommentar der offiziösen Wiener „Presse" zu der Merseburger Rede: Man wird in dieser Aeußerung den Rester der letztwöchigen politischen Ereignisse erblicken, ohne erst an die Ankündigung unmittelbarer Störungen der Friedenslage Europas zu denken. Es ist doch unleugbar, daß seit 1871, also seit zwanzig Jabren, der Ruf Nack Revanche bas französische Volk beunruhigt, baß seit dem Berliner Frieden die panslavistische Partei Rußlands einen neuen Orientkrieg anstrebt. Die Negierungen und Höfe haben in zwischen die Kraft der Friedenspolitik bewahrt und bewährt. Man wird in den Kundgebungen, deren Schauplatz Kronstadt, Petersburg und Moskau waren, ebensowenig eine Veränderung längst bestandener Stimmungen erkennen dürfen, als zu besorgen haben, daß die Kraft der friedenserhaltenden Mächte irgendwie gemindert worden ist. In diesem Sinne kommentirt auch ein Lheil der deutschen Press; die Rede des deutschen Kaisers als Kundgebung des im Dreibunde verkörperten Friedenswillens, der hoffentlich nock lange Zeit den chauvinistiscken Strebungen wird Einhalt gebieten können. Diese Auffassung ist zweifellos die richtige. Die „-Reue Freie Presse" behandelt in einer ihrer jüngsten Nummern'die Frage . Ist der Friede bedroht?" ziemlich opti mistisch in hinein Leitarnkel, der auszüglich vom Telegraphen überallhin verbreitet wird und ziemliches Aufsehen erregt. Wir lühren die wichtigsten Stellen daraus hier an: „Wir legen kein allzu großes Gewicht aus den Umstand, daß die gesammte 1'ffsische Presse während des französischen Besuches trotz des hohen Tones, welchen sie anschlug, stets den friedlichen Charakter der russisch-französiscken Freundschaft Hervorbob und nicht eine fiuffge Drohung wider die Nachbarstaaten ausstieß. Allerdings überschlug sich mehr als Ein Blatt in dem vielleicht von Oben anbefobienen Eifer und verstieg sich zu der drolligen Behauptung, der Friede Europas sei erst jetzt, durch die innige Annäherung 'Frankreichs und Rußlands, wahrhaft gesichert. Diese Schminke war nun freilich zu dick anfgetragen, nm nicht sofort erkannt zu werden. Zndeß wird dadurch die Thatsachc nicht umgestoßen, baß die russische Journalistik, den Brüsseler „Nord" mit inbe griffen, während der Kronstädtcr Feste und nach denselben un unterbrochen Friedensschalmeien hören ließ. Wir möchten, wie gesagt, die Erscheinung nicht überschätzen, aber sie deutet jeden falls nickt gerade auf kriegerische Absichten der russischen Politik, zumal eine Menge Gründe, die in den inneren Verhältnissen Rußlands liegen, entschieden dagegen sprechen, daß der Zar die Kriegsfnrie entfesseln wolle. Daß die Finanzen Rußlands sich keineswegs in blühenden. Zustande befinden, weiß jeder Zeitungs leser. Daß inan zum Kriege Geld, Geld und wieder Geld braucht, ist ftit Monteeuculi ebenfalls eine sehr bekannte Wahrbeit. Man sagt wohl, jeder Staat könne so viel Papiergeld drucken, als ibm beliebe; aber auch in Rußland bürste man vor einen, so verzweifelten wirthschaftlichen Hazardspielc zurückschrecken. Die Neubewaffnung der russischen Armee mit Repctirgewehren hat eben erst begonnen, und sie wäre heute genöthigt, mit einer minderwerthigen Waffe auf dem Schlachtfelde zu erscheinen. Das allein dünkt uns eine genügende Ursache, um Rußland von einem Angriffe auf seine -Nachbarn abzuhalten; ober noch weit schwerer fällt zu Gunsten des Friedens die Notb in die Wagsckale, die, gleich einem grausen Gespenst, durch die weiten Ebenen Rußlands schreitet. Als das russische Ausfuhrverbot für Roggen wie ein Blitz in die deutschen Getreidemärkte ein schlug, ivar der erste Eindruck der, daß die Maßregel wesentlich eine politische sei und ihre Spitze gegen Deutschland richte. Ohne Zweifel leidet Deutschland darunter, und zwar, allen officiösen Versicherungen zum Trotz, empfindlich genug; aber es scheint, daß die russische Regierung das Ausfuhrverbot nicht aus Bosheit gegen Deutschland, sondern unter dem Drucke des Mangels im eignen Lande erlassen habe. In Rußland herrscht neben dem Zar heute ein noch mächtigerer, noch unumschränkterer Herr: der Hunger. Er schwingt fein furchtbares Scepter über große Landstriche, und das Volk gehorcht seinem unerbittlichen Gebot bereits mehr als den Behörden. Aus einer Reihe von Städten werden heftige Tumulte gemeldet, die alle dem gleichen Beweggründe entspringen. Es war in den letzten Tagen, ob wohl die Roggenausfuhr noch stattfinben durfte, an vielen Orten Rußlands einfach unmöglich, die Getreidesäcke nach der Bahn zn befördern. Die russischen Bauern und Kleinbürger, sonst so zahm und demüthig vor der Obrigkeit, sind in wildem Auf ruhr: „Lieber nach Sibirien wandern," rufen sic aus, „als auf heimischem Boden vor Hunger sterben!" Wie Wölfe fallen sie über die nach dem Auslande bestimmten Getreidesendungen her und drohend, wie das Feldgeschrei einer sozialen Revolution, gellt das Sprichwort durch die Massen: „Wir wollen leben und essen!" Der Ruf ist laut genug, uni bis an das Ohr des Zaren zu dringen, und er muß ihn friedlich stimmen. Ein Volk, das der Hunger zu gewaltsamen Ausbrüchen treibt, führt man nicht in den Krieg. Daher glauben wir nicht an die Be hauptung, daß Rußland kriegerische Pläne habe, daß der euro päische Friede bedroht sei. Der Artikel der „Nowoje Wremja" über die bosnischen Bataillone, obwohl er voll Perfidie steckt, bestärkt uns in dieser Anschauung. Die „Nowoje Wremja" liebt es, gegen Oesterreich zu Hetzen. Wenn sie jetzt die Ent deckung macht, daß ein Protest der Berliner Signatarmäckte gegen "die Verwendung der bosnischen Bataillone im Ernstfälle — ein Protest, an den außerhalb Rußlands kein Mensch denkt — in keinem Falle wünschenswerth wäre; daß die Mchrzabl der Mächte falls ein solcher Protest wirklich erfolgte, auf Seiten Oesterreichs stünde, was die Balkansrage zuspitzen könne: wenn die russische Presse derartige Liedchen pfeift, dann darf man daraus wohl den Schluß ziehen, daß man in Petersburg, für jetzt wenigstens, keinen Krieg will, daß die Befürchtungen, die wir im Eingänge erwähnten, unbegründet sind." Die „Köln. Ztg." bringt über die Roggentheuerung fol genden bemerkenswerthen Artikel: „Kein mit den Verhältnissen Vertranter kann ernsthaft bezweifeln, daß die Auftreibung des Roggenpreises auf die jetzige Höhe in den Verhältnissen nicht begründet ist, sich vielmehr als einen Kamps zweier Börsengrnppen darstellt, dessen Entscheidung von der größeren oder geringeren finanziellen Leistungsfähigkeit der einen oder anderen Gruppe abhängen wird. Wie zu früheren Zeiten die Stärke der Baisse- partei an den Börsen die Getreidepreise auf eine in den Ver hältnissen nicht gerechtfertigte Tiefe hmabdrückte, so hat jetzt die einstweilen siegreich gebliebene Haussepartei den Preis über mäßig in die Höhe geschraubt. Auf wie lange, steht dahin. Die Landwirthschaft, die von der Börsentreiberei so oft geschädigt worden ist, wird diesmal den Vortheil von den Sünden ihrer gewohnheitsmäßigen Feinde haben. Auf wie lange, das steht dahin. Es ist heute, wo die Erntearbeiten zur Neige gehen und das erste heimische Korn bereits zu Markte kommt, ge boten, sich über Bedarf und Vorrath der Wirklichkeit — im Gegensatz zu den Hoffnungen und Bestrebungen der Börsen parteien — Rechenschaft zu geben. Deutschland verbraucht nach Abrechnung des Saatgutes jährlich 5,500,000 Tonnen. Wenn die im Reichsanzeiger unlängst veröffentlichte Erntestatistik auch nur annähernd richtig ist und wenn das übrige Deutsch land keine schlechtere Ernte macht als Preußen, so kann mit aller Bestimmtheit gesagt werden, daß heute weit mehr Roggen in Deutschland lagert, als in einem Jahre aufgezehrt werden kann. Der „Neichsanz." berechnet für Winterroggen 82 Prozent! einer Mittelernte, die zu 1313 Kilogramm für den Hektar! angenommen wird. Die Anbaufläche für Roggen beträgt in Deutschland annähernd 6 Millionen Hektar. Darnach wären in Deutschland weit über 6 Millionen Tonnen Roggen ge wachsen. Da der Verbrauch schwerlich 5'/-r Millionen aus macht, verbliebe eine halbe Million Tonnen als Saatgut, was mehr als reichlich genügen würde, und es hätte zur Volkser nährung gar keiner Einfuhr fremden Roggens bedurft. Der Durchschnitt der Roggencinfuhr ist 600,000 Tonnen. Im Jahre 1887, das annähernd die gleiche Ernte hatte wie 1891 betrug sie sogar nicht ganz 350,000 Tonnen. -Nun ist den Russen der Zweck ihres Ausfuhrverbotes, so plump und durch sichtig er auch war, wirklich geglückt. Das Ausland, insbe sondere Deutschland, bat sich schrecken lassen und in Rußland unsinnige Mengen Roggen zu Schwindelpreisen gekauft, die jetzt in Deutschland lagern und ihren drückenden Einfluß auf den Preis des heimischen Roggens sehr bald fühlbar mache» werden. Nimmt inan auch an, daß die alten Vorräthe so gut wie aufgebraucht sind, so wird sich doch mit Sicherheit sagen lassen, daß eine Einfuhr von 500,000 Tonnen den wirklichen Bedarf Deutschlands für's nächste Jahr mehr als gedeckt hätte. Allem Anscheine nach erreichen aber die Käufe, welche Deutsch land seit vier Wochen im Anslande gemacht hat, das mehr fache dieser Summe. Daß bei der Preistreiberei der letzten Zeit der Zoll gar keine Rolle gespielt hat, daß bei Aufhebung der Zölle der Preis böchst wahrscheinlich nicht im mindesten sich anders gestellt hätte, läßt sich zwar mathematisch nicht be weisen, aber mit größter Gewißheit annehmen. Es hat sich noch bei allen Zollerböhungen gezeigt, daß der Preis von ilmen nicht beeinflußt wurde. Er ist sogar regelmäßig nach allen Erhöhungen heruntergegangen. Wenn nun, obgleich Deutsch land über und über mit Roggen versorgt ist, die Preise gleich- wobl auf ibrer Höhe bleiben, so möge man nicht die Zölle, die daran unbetheiligt sind, anklagen sondern den einzigen Schuldigen: die Börsenspekulation, als die modernste Erscheinung des Kornwuchers. Es wäre sehr dankeuswerth, wenn von amtlicher Stelle eine Statistik über die Menge der Roggen einsuhr nach Deutschland in dem laufenden und nächsten Monat veröffentlicht würde, und zwar zugleich mit dem bis dahin sicher zu ermittelnden Ernte-Ergebniß. Dann würden die Klagen über den Mangel an Brodsrucht bald verstummen. Vielleicht würden auch die Preistreiber an den Börsen anderen Sinnes werden. Franksurt a. M., 27. August. Die „Frankfurter- Zeitung" meldet aus Würzburg: Bei Bischofsheim sand heute in Folge Ausspringens von Wagen aus dem Geleise ein Eisen bahnunglück statt. Drei Personen sind todt. Auf dem Brüsseler Arbeitcrkongreß ist bekanntlich der Wunsch ausgesprochen worden, daß die Arbeiter aller Nationen bei einer Kriegserklärung in einen allgemeinen Aus stand eintreten sollten, um so den Ausbruch des Krieges zu verhindern. Gegen diesen Vorschlag wendet sich nun auf sallenderweise kein anderer als der doch gewiß als Anarchist und Revoulutionär unverdächtige Roche sort. Er hält es für unmöglich, daß bei unseren jetzigen Verhältnissen ein solcher Ausstand ausgeführt werden könne. „Lassen wir", so sagt er „Ruhm und Patriotismus und Politik gänzlich beiseite: es wird immer so bleiben, daß das Individuum einen Fremden bekämpft, der ihm sein Hausgeräth und seine Uhren wegnehmen will. Es stebt eben mit der Unterdrückung des Krieges etwa wie mit der Heirath: es gehören zwei dazu. Nur dann wird man den Krieg abschaffen können, wenn man ein Verfahren gefunden haben wird, um Haß, Verleumdung, Streit und Prozesse zn beseitigen. Dann wird das goldene Zeitalter zurückgekehrt sein, wenn es nämlich jemals eines gegeben haben sollte, das aus diesem köstlichen Metall zusammcnge setzt war. . . . Was sollte wohl aus dem Lande werden, dessen Soldaten den Ausstand erklärten, wenn die Gegner nicht mitmachten? Diese brauchten dann nur bei ihnen ein zumarschiren, daß cs eine Freude wäre." -Nachdem man so oft über Rochefort's Tollheiten berichtet hat, soll man auch eine vernünftige Anwandlung nicht verschweigen, obgleich man sicher sein kann, daß sie nicht lange anbalten wird. -Nach Beendigung des Brüsseler Kongresses bat sich Herr Liebknecht nach Paris begeben, wo er auch sogleich einem Interview zum Opfer gefallen ist. Es werden da demselben