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Zchölünirgtl Tageblatt und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zn Waldenburg. Der Abonnementspreis beträqt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und dis Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nachster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Sonntag, den 27. Juni 188». Verkauf von Gebäuden auf Abbruch. Die aus Wohnhaus, Schweinestallgebäude, Scheune, Pferdestall und Schuppen bestehenden sämmtlichen Gebäude des vormals Hellmann'schen jetzt herrschaftlichen Gutes in Altstadtwaldenburg sollen um das Meist- gebot auf Abbruch verkauft werden. Diese Versteigerung findet Freitag, den S. Juli 1880, Vormittags halb 10 Uhr, in der in der Nähe der vorbenannten Gutsgebäude gelegenen Rieh schen Bekanntmachung. Beiträge für die Wasserbeschädigten der Oberlausitz werden bei der hie sigen Stadtsteuer-Einnahme angenommen und wird das Resultat der Sammlung seiner Zeit bekannt gegeben werden. - . . , r. Waldenburg, den 21. Juni 1880. Der Stadtrath. Cunrady. Restauration zu Altstadtwaldenburg unter den im Termine vorher be kannt zu machenden Bedingungen statt, der Zuschlag an den Höchstbietenden erfolgt jedoch nicht im Termine durch den mit der Versteigerung Beauftragten, sondern bleibt dem Durchlauchtigsten Herrn Besitzer, dem es frei steht, selbigen zu ertheilen oder auch zu versagen und das abgegebene höchste Gebot zu ver werfen, vorbehalten. Kauflustige werden hierzu eingeladen. Fürstlich Schönburg'sche Rentverwaltung zu Waldenburg, den 21. Juni 1880. Dietrich. Grasauction im Remser Revier. Künftige Mittwoch, den SO. Juni 1880, soll das in den Distric- ten Klosterholz, Gersdorf und Anger des obengenannten Reviers anstehende Gras unter den im Termine bekannt zu gebenden Bedingungen gegen sofor tige Bezahlung an Ort und Stelle versteigert werden. Versammlung Vormittags S Uhr im Rosenfeld'schen Gasthof zu Remse. Fürstlich Schönburg'sche Forstverwaltung zu Remse. *Walde»burg, 26. Juni 1880. Gambetta regt sich wieder. Die Amnestiefrage ist in Frankreich seit Langem Gegenstand der Erörterung gewesen. Nunmehr ist die Amnestievorlage vom Ministerrathe genehmigt und der Deputirtenkammer vorgelegt worden. In der Kammersitzung am 21. d., in welcher über diese Vorlage berathen wurde, hat auch Gambetta wieder einmal das Wort genommen, um sich warm für die Vorlage zu verwenden. Der Anlaß hierzu mag theilweise der alte Scandal- macher Paul de Cassagnac gewesen sein, der gegen die Amnestie sprach und schließlich die Frage auf warf, ob das ein Zeichen der Beruhigung sei, daß im Pariser Stadtviertel Belleville, in Gambetta's eigenem Wahlkreise, der Zuchthäusler Trinquet, der gegenwärtig noch im Bagno weile, zum Munici- palrathsmitglied gewählt worden sei. Auf diese Weise in die Debatte gezogen, trat Gambetta den Präsidentensessel an Brisson ab und ließ sich in die Rednerliste einschreiben. Sobald Cassagnac die Tribüne verließ, bestieg der Chef der Republikaner dieselbe von der anderen Seite und - erklärte: , „Er gehorche einer gebieterischen Pflicht, wenn er in diese Debatte eingreife. Nicht daß die große Maßregel der Amnestie das Werk irgend einer einzelnen Persönlichkeit sei! Die Regierung habe es für nöthig gehalten, die Meinung nicht eines Mannes, sondern der Majorität kennen zu lernen. Er selbst nun stehe ebenso wenig über der Regierung wie neben Herrn v. Cassagnac. Er behaupte seinen Rang, seinen Platz, den Posten, auf den ihn das Vertrauen der Kammer erhoben habe. „Jndeß würde es in dem Augenblick, da man eine so bedeutungsvolle Staatsaction discutirt, als ein Beweis von Selbstsucht oder Gleichgiltigkeit erscheinen, nicht seinen Antheil an der Verantwortlichkeit in Anspruch zu nehmen. „Was die gestrige Wahl anbetrifft, so wird man vielleicht versuchen, viel Aufhebens von dieser com- munalen Abstimmung zu machen, die keinen prak tischen Erfolg und keine Tragweite haben kann. Selbst wenn der locale Wahlact von Belleville in seinem politischen Charakter noch stärker prononcirt wäre, so würde man trotzdem die Amnestie ertheilen müssen. Es giebt kein anderes Mittel, um die schamlosen Anklagen, die noch immer an den Bürger krieg geknüpft werden, verstummen zu machen, als durch Verkündigung einer vollständigen Amnestie. Es giebt einen Augenblick, wo es gilt, über die Ver brechen, die Schwächen und die Ausschreitungen, die Allen gemeinsam waren, einen Schleier zu breiten. Man bezeichnet dies als eine Politik der Schwachherzigkeit, indeß, wenn man schaut, woher der Vorwurf kommt, so begreift man, daß es im Gegentheil eine Politik der inneren Sammlung ist. Es war nothwendig, die Amnestie vor den Wahlen zu ertheilen, und dann ist es besser, sie so lange Zeit wie möglich im Voraus zu machen, damit die feindlichen Parteien sie nicht ausbeuten können. „Vor einigen Monaten noch befand sich Europa unsertwegen in Unruhe. Es fürchtete die Amnestie, und dieser Ansicht, diesen Besorgnissen mußte man Rechnung tragen. Wie aber denkt Europa heute? Was sagen die Männer, welche es vertreten? Sie sagen, daß Frankreich hinsichtlich seiner moralischen Stärke das Vertrauen des Auslandes Wiedergewon nen hat. Sie sagen einstimmig, daß Frankreich die Amnestie gewähren kann." Zum Schluß kam der Redner noch einmal auf seinen Wahlkreis Belleville und die dortige Munici- palraths-Wahl zurück: „Ich selbst repräsentire den Bezirk der tapfersten und thäthigsten Demokratie. Aber diese Demokratie ist auch nicht frei von Schwächen. Gestern hat sie sogar einen Fehler begangen. Unter dieser Bevöl kerung giebt es Leute, die sich für Parteigänger der Amnestie ausgeben und die sie verhindern möchten. Die Wahl Trinquet's war ihre letzte Waffe, aber sie wird in ihren Händen zerbrechen. „Trinquet hätte schon längst zurückkehren können, denn er ist einer von jenen Bagno-Sträflingen, die mehr für ihre Solidarität mit anderen, wirklich strafbaren Genossen als für eigene Vergehen büßen mußten. „Kann man eine große Zahl von Wählern ver hindern, für Trinquet gestimmt zu haben, um ihn seiner Familie, seinen Kindern wieder zu geben? Kann man darin einen Einwand gegen die große Amnestiemaßregel erblicken, am Vorabende einer Feier, bei welcher die Armee, unsere höchste Hoff nung sich von Antlitz zu Antlitz der Nation gegen über befinden wird, die ihr die einst so schmachvoll ausgelieferten Fahnen ersetzt?" Und mit einer wahren Donnerstimme schloß Gam betta: „Es gilt, auf die Verbrechen der Commune einen Grabstein zu wälzen und Allen zu sagen: „Es giebt nur ein Frankreich, einig in der Republik." Mit dieser Rede, die fortwährend von dem stür mischen Beifall der Majorität unterbrochen wurde, und die einen gewaltigen Eindruck hervorbrachte, schloß die Discussion und wurde die Amnestie mit 333 gegen 140 Stimmen bewilligt. Die Rede Gambetta's soll übrigens auf Staats kosten gedruckt und in sämmtlichen Gemeinden Frankreichs öffentlich angeschlagen werden. ^Waldenburg, 26. Juni 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Reichskanzler hat den Führer der Con- servativen, Herrn v. Rauchhaupt und den Führer der Nationalliberalen, Herrn v. Bennigsen, zum Diner geladen, um dort das große Versöhnungs werk und ein Compromiß über die Kirchenvorlage zu Stande zu bringen. Es ist bezeichnend, daß diese Verhandlungen mit den Führern der parla mentarischen Fractionen von dem Reichkanzler, der bis jetzt an der Discussion über die Kirchenvor lage nicht theilgenommen, ohne Mirwissen des Res sortministers, des Herrn v. Puttkamer, betrieben werden. Der Kultusminister muß, da des Art. 4 wegen der Rückberufung der Bischöfe persönlich aus der Initiative des Königs hervorgegangen, alle seine Beredtsamkeit aufwenden, um diesen Artikel zu retten, um nachher vom Reichskanzler die nackte Mittheilug zu erhalten, daß der Art. 4 geopfert worden sei. Das preußische Abgeordnetenhaus hat nunmehr volle achtTage an der Kirchengesetzvorlage herum- berathen und kaum ein anderes Resultat erzielt als die Commissionsberathung. Möglich ist es jedoch noch, daß in der dritten Berathung ein Compromiß zwischen der conservativen und der nationalliberalen Fraction einerseits und der Regierung andererseits zu Stande kommen wird. Im preußischen Abgeordnetenhause stand am 25. d. die Interpellation des Abg. Virchow, betreffend die Einverleibung Altonas und der unteren Elbe in das Zollgebiet, ferner die Interpellation des Abg. v. Huene, betreffend den Nothstand in Oberschlesien, ferner die Interpellation des Abg. v. Schorlemer- Alst, betreffend den Stand der Ernte, auf der Tagesordnung. Das Verwaltungsgerichtsgesetz wurde 6ii dloo in der Fassung des Herrenhauses angenommen. Von der Conferenz in Berlin verlautet, daß sie in der Sitzung vom 25. d. den Bericht der Dele- legirten über den französischen Vorschlag bezüglich der Grenzregulirung entgegennahm. Montag wer den die Bevollmächtigten nochmals zusammentreten und über die letzte formelle Ausführung des von den Mächten der Conferenz übertragen gewesenen Man dats Beschluß fassen. England. Der Fall Bradlaugh wird im englischen Unter- Hause nochmals zur Verhandlung kommen. La- bouchere will die Annullirung des über Bradlaugh gefaßten Beschlusses beantragen. Dürler. Die Pforte hat auf die identische Note der Mächte