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Illustrierte s Fachj ournal für die Voll-, gaumwoll-, Seiden-, feinen-, 5anf- und Jute-3ndustrie sowie für den Textil-Jtfaschinenbau; Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Stickerei, färberei, Druckerei, Bleicherei und Appretur. Redaktion, Expedition u. Verlag: Leipzig, Brommestraß. 9, Chefredakteur und Eigentümer: Theodor Martin in Leipzig. Ecke Johannis-Allee. O XCT Fern sprech-Anschluß: No. ro§8. Telegramm- Adresse: Textilmartin Leipzig. Organ der Organ der Sächsischen Textil-Berufsgenossenschaft. Norddeutschen Textil-Berufsgenossenschaft. Organ der Vereinigung Sächsischer Spinnerei-Besitzer. .V 7. XXVI. Jahrgang. Nachdruck, soweit nicht untersagt, ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Deipzig, 15. Juli 1911. Die Pulzwoll-Industrie. [Nachdruck verboten.] Von der Bearbeitung der rohen Baum wolle in der Spinnerei an bis zur Herstellung des fertigen Gewebes in der Weberei entsteht eine Menge Abfälle. Die Abfälle der rohen Baumwolle werden von der Textilindustrie zur Herstellung von Watte, Schießbaumwolle und ähnlichen Erzeugnissen verwendet; auch grobe Gewebe, wie Putz- und Scheuertücher, werden aus den erwähnten Abfällen herge stellt, dagegen dienen die in der Spinnerei und in der Weberei entstehenden Garn ab fälle zur Herstellung von Putzwolle. Es sind dies zum Teil hart gedrehte Fadenenden, die sich anderweitig nur sehr schwer ver werten lassen. Außer Baumwolle kommen für die Herstellung von Putzwolle noch Leinen, Jute und Wolle in Betracht; auch leichte Gewebe, wie z. B. alte Gardinen, können mit Vorteil seit Einführung der Gardinenreißer auf Putzwolle verarbeitet werden, ebenso Spitzenabfälle. Wenngleich die Herstellung der Putzwolle mit keinerlei besonderen technischen Schwierig keiten verknüpft ist — es handelt sich hier in der Hauptsache um das Entwirren und Strecken der Fäden —, so bietet doch dieser Gewerbszweig in mancherlei Hinsicht Inter esse. Entstanden aus dem Handel mit Textil abfällen sowie aus dem Handel mit technischen (Maschinen-) Bedarfsartikeln, kann die Putz wolleherstellung heute als eine eigentliche Industrie angesprochen werden, seitdem allerlei Maschinen, wie die Streckmaschinen von P. & 0. Garnett Ltd. in Cleckheaton und die Putzwoll - Streck - Reiß - Maschinen von A1 phons de Fontaine vormals J. G. Dom eisen in München-Gladbach, für den ge dachten Zweck erfunden worden sind. Ein großer Teil des Erfolges bei der Putz- (Originalbeitrag von J)r. Richard Dohm.) wollherstellung beruht zunächst auf einer zweckmäßigen und mit aller Sorgfalt durch geführten Sortierung nach der Fadenstärke und der Saugfähigkeit, sei es nun, daß der Putzwoll-Fabrikant selbst diese Sortierung vornimmt oder daß letztere zum Teil bereits vom Zwischenhandel besorgt wird; die Baum wollabfälle können von den Putzwollfabriken auch in den einzelnen Qualitäten gesondert bezogen werden, sodaß ein zeitraubendes Sortieren entfällt. Die besseren Sorten (weiße Kops-, Kett-, Zwirn- und Schlichtfäden, bunte Fäden), die die Putzwollfabriken ziemlich rein von den Spinnereien und Webereien erhalten, können meist ohne weiteres verarbeitet werden. Das Mischen, Strecken (Kämmen) und Auf wickeln geschieht in einem Fabrikations gange. Hierzu dient eine aus zwei sich gegen einander drehenden Walzen bestehende Maschine. Die Walzen sind mit etwa 10 cm langen, an den Enden übergreifenden, starken, spitzigen, eisernen Zähnen besetzt. Nachdem die Walzen in Gang gesetzt sind, werden vor ihnen Garnabfälle ausgebreitet. Die Zähne ergreifen sie und ziehen sie zu einzelnen Fäden oder Fadenbündeln auseinander, wobei dieselben sich auf die Walzen aufwickeln. Soll zur Erzielung einer bestimmten Preislage eine Mischung verschiedenartiger Abfälle vor genommen werden, so werden die einzelnen Sorten nacheinander auf die Walze gebracht. Hierbei wird zur Verbesserung des Aussehens der Putzwolle darauf Bedacht genommen, daß das beste zur Mischung verwendete Material jeweils zuerst und zuletzt auf die Walzen kommt. Ist die gewünschte Mischung erzielt, oder sind die Walzen gefüllt, so werden letztere abgestellt, die Fäden als fertige Putzwolle ab genommen und zum Verpacken aufgestapelt. Mehr Arbeitsaufwand erfordert das minder wertigere Material, der Kehricht ausWebereien und Spinnereien. Er muß, um zu Putzwolle verarbeitet werden zu können, stark fäden- haltig sein. Er ist mit allen möglichen Un reinigkeiten, wie Papierhülsen, Sand, Holz teilen und dergleichen, vermengt und muß hiervon vor der weiteren Verarbeitung im sogenannten Wolf befreit werden. Er er leidet hierbei einen Gewichtsverlust von 40 bis 50°/ o . Die zurückbleibenden Fäden von schmutziggrauer bis schwarzer Färbung wer den zu den mittleren und geringeren Quali täten bunter Putzwolle verwendet. Zu den letzteren wird neben Abfällen von Jute viel fach auch entölte (gewaschene) gebrauchte Putzwolle wieder verwendet. Vielfach wer den die zur Putzwollbereitung bestimmten (gewaschenen grauen) Abfallfäden auch ge färbt. Soweit irgend angängig, wird weißes Material nur mit weißem und buntes mit buntem vermischt. Hierdurch entstehen die beiden Hauptarten: weiße und bunte Putz wolle. Innerhalb dieser durch die Farbe bestimmten Arten gibt es die mannigfachsten Qualitäten, die sich nach der Güte der Fäden und deren Mischungsverhältnis bestimmen. Nach den erheblichsten Preisunterschieden zwischen den einzelnen Rohstoffen (die Preise bewegen sich zwischen 5 und mehr als 100 Mk. für 100 kg) und den Anforderungen, die die Käufer an das Putzmaterial stellen, lassen sich feste Wertgrenzen für bestimmte Qualitäten bei weißer oder bei bunter Putzwolle eigentlich nicht ermitteln. Bei beiden Farben können ungefähr 3 Hauptsorten unterschieden werden, deren Zusammensetzung und ungefähre Preis lagen wie folgt wiedergegeben seien: 80