Volltext Seite (XML)
Pulsnitzer Fayeblatt Bank-Konten: Pulsnitzer Bank, PulSmtz und Commerz- und Privat-Bank, Zweigstelle Pulsnitz Anzeigen-Grundzahlen in Die 41 mm breite Zeile (Mosse'S Zeilenmesser 14) 1 mm Höhe 10 A/, in der Amtshauptmannschaft Kamenz 8 amtlich 1 mm 30 und 24 Reklame 25 Tabellarischer Satz SO °/« Ausschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühreu durch Klage oder in Konbrrssällen gelangt der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis V»10 Uhr-vormittagS eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften der Pulsnitzer LmtSgerichtSbezirkS: Pulsnitz, Puknitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und NiederÜchtena«, FriederSborf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. > Druck und Verlag von E. L Förster» Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Fernsprecher 18. Tel.»Adr.: 8 Postscheck-Konto Dresden 2188. Erscheint an jede« Werktag Im Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung der Betrieber der Zeitung oder der Beförderungseinrichtungen, hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Mck- zahlung der Bezugspreises. — Wöchentlich 0.60 E bei freier Zustellung; bei Abholung wöchentlich O.SO E; durch die Post monatlich 2.40 E freibleibend Nummer 200 Freitag, den 28. August 1931 83. Jahrgang WUWWg WMOMg O8MMW Botschafter v. Dirksen berichtet über die Verhandlungen Moskaus mit Paris und Warschau In der Donnerstagsitzung des Reichskabinetts, die etwa eine Stunde dauerte, wurde ein Bericht des Reichs außenministers über die bevorstehende Genfer Tagung entgegengenommen und eingehend die verschiedenen Fragen, die von dem Europa-Ausschuß, dem Völkerbundsrat und der Vollversammlung des Völkerbundes verhandelt werden, erörtert. , Der deutsche Botschafter in Moskau, von Dirksen, traf am Donnerstagvormittag in Berlin ein. Der Zweck seines Berliner Aufenthaltes ist vor allem die Berichterstat tung über die Lage, die durch die russisch-franzö sischen Verhandlungen sowie die Bemühungen der polnischen Regierung um einen Vertragsabschluß mit Sow jetrußland, entstanden ist. Die nächste Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Reichs kabinetts mit den Sachverständigen für das Bankwesen, bei der es sich um die Frage der Bankenaufsicht handelt, soll nun erst am Sonnabend stattfindcn. Anscheinend ist diese Frage bereits so weit gediehen, daß diese Angelegenheit in der Sonn abendsitzung wohl endgültig geregelt werden kann. Es wird sich dabei zunächst um die sachliche Seite der Banken aufsicht handeln, während die Personalfragen, die sich auf die Dresdner Bank, die Danatbank usw. beziehen, wohl erst zu einem späteren Zeitpunkt, und zwar nicht durch den Banken ausschuß, sondern in den Verwaltungsratssitzungen der be treffenden Banken selbst unter entsprechender Einflußnahme der Reichsregierung geregelt werden können. Ul WOW UMW »M WMW Am Donnerstag fand in Berlin eine Unterredung zwischen dem Reichskanzler und dem dcutschnatio- nalen Parteiführer Hugenberg statt. Als Or. Hugen berg den Reichspräsidenten kürzlich besucht.hatte, würde in der deutschen Oeffentlichkeit viel daüber orakelt, was bei dieser Zusammenkunft besprochen wäre. Aber alle er- < örterten Mutmaßungen wurden von deutschnationaler Seite offiziell dementiert. Auch diesmal ist man sich über den In- s halt der Besprechungen beim Reichskanzler nicht ganz im klaren, und man mutmaßt alles Mögliche. Vor allem glaubt man, daß vielleicht schon in nächster Zeit eine Re- gierungserweiterung nach rechts erfolgen dürfte oder daß. wie ein führendes volksparteiliches Blatt schrieb, nach dem Beispiel in England auch in Deutschland ein nationales Konzentrationskabinett ge bildet werden wird. Dem entgegen stehen allerdings vor läufig Erklärungen aus der Stuttgarter Zentrums-Tagung, wonach der Reichskanzler vorläufig nicht an eine Umbildung des Reichskabinetts denke, und das Reichskabinett „pari tätisch nach links wie nach rechts" wirksam bleiben wolle. Es kann natürlich ohne weiteres angenommen werden, daß vr. Hugenberg dem Reichskanzler die Auffassung der Deutschnationalen Volkspartei zur politischen und wirt schaftlichen Lage mitgeteilt hat. Am Dienstag und Mittwoch fanden die Beratungen der deutschnationalen Reichstagsfraktion statt, wobei die politische Marschroute der Deutschnationalen in den nächsten Wochen festgelegt wurde. Insbesondere ist in diesen Beratungen zur Lage der Landwirtschaft festgestellt worden, daß keine Anzeichen erkennbar seien, die Lage der Landwirtschaft werde sich unter dem Kabinett Brüning bessern. Die Preise lägen weit unter den Selbstkosten der Landwirte, und jeder ernsthafte Versuch zur Rettung der Kleinlandwirtschaft und der Siedler auf dem Gebiet der Ver edelungswirtschaft werde vermißt. Die Landwirte könnten ihren Verpflichtungen gegen Gläubiger und landwirtschaft liche Arbeiter nicht nachkommen, während die Regierung durch Notverordnungen die Lage anderer Erwerbszweige wenigstens zu beeinflussen versucht habe. Besondere Kritik wurde von der deutschnationalen Reichstagsfraktion an der Agrarpolitik der Preußenkasse geübt. Die unnötige Ein- fuhr agrarischer Erzeugnisse sei nicht verhindert worden, und die Regierung habe mit der Erhöhung der Zuckersteuer eine schädliche Belastung des Konsums vorgenommen. Den Landwirten wird also deshalb empfohlen, ihre bisherige Reserve beizubehalten und sich durch die jetzige künstlich er zeugte, nur vorübergehende Entspannung der Wirtschafts lage nicht von der Erkenntnis abbringen zu lassen, daß die Landwirtschaft auch im kommenden Frühjahr noch aus reichende Erntevorräte an den Verbraucher abzü- geben in der Lage sein muß. , * Die Reichstagsfraktion Christlich-Sozialer Dolksdienst und Konservative Volkspartei hielt am Donnerstag im Reichstag fast vollzählig eine Sitzung ab, an der auch Reichsminister Trevrranus teilnahm. Der Vorsitzende Simpfendörfer berichtete über die allgemeine politische Lage. Oie besondere Aoi Sachsens. Konferenz der Finanzminister der Länder. Zwischen den Finanzministern der größeren Länder hat eine Besprechung im preußischen Finanzministerium statt gefunden, der sich eine Besprechung im Reichsfinanz ministerium angeschlossen hat. Der sächsische Ministerpräsi dent Schieck hat hierbei die besondere Notlage Sachsens, die durch die weit über den Neichsdurchschnitt gelegene Wohlfahrterwerbslosigkeit hervorgerufen ist, dargelegt und betont, daß Sachsen schnellstens Hilfe gebracht werden müsse. Oie Krage -er Bankenaussicht. Am Sonnabend neue Beratungen. Der Wirtschaftsausschuß des Reichskalnnetts wird mit den Sachverständigen für das Bankwesen am kommenden Sonnabend seine nächste Sitzung abhalten. Es ist anzu nehmen, daß in dieser Sitzung die Entscheidung über die Organisation der Banken fällt, auf die das Reich Einfluß hat. Ob dabei auch schon die Entscheidung über die Frage der Bankenaufsicht fallen wird, steht noch dahin. Immerhin dürften die Erörterungen schon sehr weit gediehen fein. Internationale Zusammenarbeit und Revision. Die Arbeiter-Opposition gegen die nationale Regierung. Auf einer gemeinsamen Sitzung des Generalrates der Gewerkschaften des nationalen Vollzugsausschusses der Arbeiterpartei und des beratenden Ausschusses der ar beiterparteilichen Fraktion wurde eine Entschließung an genommen, in der es unter anderem heißt: „Die neue Koalitionsregierung macht' grundsätzlich den Versuch, die Sozialpolitik ins Gegenteil zu verwandeln. Die Arbeitslosenunterstützung wird angegriffen mit der Begründung, daß sie den Widerstand gegen den Lohnabbau verstärke. Da die Regierung unwiderruflich auf wesent lichen Abstrichen in der Erwcrbslosenunterstützung, Ab bau der Löhne und Gehälter im Staats- und Gemeinde dienst, Ausgabcneinschränkung für öffentliche Arbeiten und Abstrichen im Gcsundheits- und Erziehungswesen bestehen wird, wird die gesamte Arbeiterbewegung entschlossene Oppositionsstellung einnehmen. Die Politik der Arbeiterbewegung für nationalen Wiederaufbau und internationale Zusammenarbeit ein schließlich einer Revision des Kriegsschulden- und Repa- rationsprobkems stellt die einzige Grundlage für die Wiederherstellung des Kredits und der Wohlfahrt der Welt dar." Unterbrechung der rusfifch-franzöfifchen Verhandlungen? Moskau. Man nimmt in amtlichen russischen Kreisen an, daß sich die russische Absage an Polen auch auf die russisch-französischen Verhandlungen auswirken wird. Jetzt, wo die Verhandlungen mit Polen gescheitert find, bezweifelt man, daß die russisch-französischen Verhandlungen zu einem Ergebnis führen werden. Das Wichtigste Außenminister Zaleski hat Donnerstag mittag im Aorderpreh Warschau verlassen, um sich zunächst nach Paris und "von dort nach Gens zu begeben. Präsident' Hoover hat seine Einwilligung zu der Gewährung einer 200-Millionen-Dollar-Anleihe Neuyorker Bankiers an England gegeben. 2m Stadtviertel Hospitalet bei Barcelona wurden 5 Fälle von Bubonenpest festgestellt, 3 davon mit tödlichem Aus gang. Der Innenminister teilt mit, daß dieses Biertel poli zeilich und durch Sanitätsmannschaften abgesperrt worden ist, um jedes Liebergreifen der Seuche zu vermeiden. Neuorientierung im Osten? W a s h a t S o w j e tr u.ß l a n d v o r? Seit Monaten gehen die wildesten Gerüchte über einen' russisch-fran- z ö s i s ch e n N i ch t a n g ri f fs p a k t, und in diesen Tagen scheinen sie sich zu bewahrheiten, denn es ist noch kaum ein Zweifel daran, daß dieser russisch-französische Vertrag in aller nächster Zeit unterzeichnet werden wird. Mit dem Nicht angriffspakt wird auch zweifellos ein Wirtschafts- abkommenverbunden fein, das einen engeren Güter austausch zwischen der Sowjetunion und Frankreich ein leiten wird. Die Versöhnung Frankreichs mit Rußland mutet etwas seltsam an. Bisher waren alle russischen Bemühungen um Wiederherstellung normaler Beziehungen mit Frankreich ge scheitert. Seit vier Jahren etwa versucht di« Sowjetunion, mit Paris ins Einvernehmen zu gelangen. Das Haupt hindernis war bisher immer die Frage der Anerkennung und Rückzahlung der Vorkriegsschuld. Wie es scheint, hat man sich aber in Paris jetzt über dieses Hindernis hinweggesetzt, weil man ohne Frage andere Ziele mit Sowjetrußland im Auge hat. Wohin Frankreichs Pläne zielen, wird man einigermaßen erkennen können, wenn man jetzt hört, daß auch Polen mit Rußland einen Nichtangriffspakt ab schließen will. Der polnische Gesandte in Moskau, Patek, weilt zur Zeit in Warschau und bespricht mit dem polnischen Außenminister Zaleski den polnischen Entwurf eines russisch-polnischen Nichtangriffspaktes. Die Tatsache steht also fest. Im übrigen hüllt sich die polnische Regierung in Schweigen und läßt keine nähere Mitteilung über ihre Ab sichten oder den Stand der Verhandlungen mit Rußland be kanntwerden. Ohne auf den Inhalt der polnischen Vor schläge zu warten, ist allein die Feststellung der polnisch- russischen Verhandlungen geeignet, das größte Aufsehen her vorzurufen. Wenn auch von den Polen ausdrücklich betont wird, daß sich das geplante Abkommen im Rahmen der im Kellog-Pakt eingegangenen Verpflichtungen hält, so lehren doch die praktischen Erfahrungen, die Deutschland mit Polen gemacht hat, daß sich die Regierung in Warschau nicht allzu ängstlich an bestehende Verträge hält, sondern im geeigneten Moment ihr hinderlich erscheinende Abkommen beiseite schiebt. Polen wird um so mehr Mut haben, als zweifellos Frankreich die Triebfederfür die Aussöhnungs politik mit Sowjetrußland ist. Die polnische Presse, die sich natürlich sehr mit den russisch-polnischen Verhandlungen be faßt, gibt bereits offen zu, daß der polnische Vorschlag an Sowjetrußland im engen Zusammenhang mit den französisch russischen Verhandlungen steht. Dabei darf auch derrumä - Nische Besuch in Warschau nicht übersehen werden. Bekanntlich weilte kürzlich Prinz Nikolaus von Rumänien in Polen und stattete auch dem polnischen Ministerpräsiden ten Pilsudfki einen Besuch ab. Wie es heißt, wollte Prinz Nikolaus polnische Flugzeuge für Rumänien kaufen. Man wird diese Erklärung für den Besuch etwas skeptisch auf nehmen müssen und sich fragen, ob nicht doch andere Dinge hinter den Kulissen spielen. Auch Rumänien ist ja nicht so ganz frei von französischem Einfluß. Und so wird man ein Recht zu der Vermutung haben, daß auch der rumänische Besuch in Warschau im Zusammenhang steht mit den fran zösischen Plänen in Osteuropa. Diese Annäherung Paris — Moskau, War schau— Moskau und Bukarest — Warschau oer- langt die größte Aufmerksamkeit der verantwortlichen Stel len in Deutschland. Bekanntlich hat ja Deutschland den Berliner Vertrag vom Jahre 1926, der in der Linie der von der deutschen Regierung verfolgten Rapallo-Politik liegt, nicht erneuert. Sollt«« die geplanten Abkommen der Sowjet russen mit Frankreich und Polen etwa den deutschen Vertrag torpedieren? Wenn mau der Auffassung der Völkerbunds kreise Beachtung schenken will, so wäre ein Nichtangriffspakt zwischen Sowjetrußland und Frankreich in erster Linie