Volltext Seite (XML)
Dienst«-. EeiHezick. Di« Zeitung erscheint »st Abnahme de« Montag« täglich und wird Nachmittag« 4 Uhr au«- gegeben. VkeiS für da« Biertel, sahr 1'/, Thlr.; jede «in. zelne Nummer 2 Ngr. Nr 28«. - IS. Deeember I8S4 DmW Mgtmilit Ztitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit u«d Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslände«, sowie durch die Itrpedition in Leipzig Muerftraße Nr, 8). rzjnsertion«-«bühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. . i Die russische Note vom 6. November. Aus Frankfurt a. M. vom 8. Dcc. schreibt die Frankfurter Postzeitung: „Die Veröffentlichung Zier Note des Grafen Ncsselrode vom 6. Nov. an den russischen Gesandten Baron Budberg in Berlin (Nr. 283) hat endlich den Schleier von der neuesten Gestalt der russischen Politik hinweggczogen und die Versicherungen ruffenfreunklicher Blätter, daß Rußland die vier Garantie- punkte ohne Vorbehalt angenommen habe, auf ihren wahren Werth oder Unwerth zurückgeführt. Betrachten wir die russische Erklärung im Einzel- nen. Zunächst wird als Ausgangspunkt der Verhandlungen zugegeben: I) gemeinsame Garantie der religiösen und bürgerlichen Rechte der christ lichen Bevölkerungen des osmanischen Reichs ohne Unterschied des Cultus durch die fünf Mächte; sodann 2) Protectorat der Fürstenthümer, in Ge- meinschä'fk aü-geübt durch die fünf Mächte unter den nämlichen Bedingnn- gen, Kelche unsere (Rußlands) Verträge mit der Pforte zu deren (d. h. der MärsteNthümer) Gunsten stipulirl haben. Wir verweilen bei diesem zweiten Punkte zunächst und fragen, welche Beruhigung Europa aus dieser Art des Aufhörens des russischen ProtcctoratS über die Fürstenthümer schöpfen köünte? Wenn die Bedingungen, unter denen eS geübt wird, nach den Verträgen Rußlands mit der Pforte sörtbestehen, so hat die Verwandlung des alleinigen russischen Protektorats in ein Collectivprotectorat der fünf Mächte, solange der Pruth die Grenze bildet, und Rußland der bereite, auch kampfbereite Nachbar und Erbintereffent ist und bleibt, nur die Wir- kung- die gefährliche Stellung Rußlands zu den Donaufürstcnlhümern, zu Serbien und zu der Pforte unter den Schirm europäischer Verträge zu bringen und zu legitimiren. Das wäre fürwahr eine so große Thorhcik, daß man an eine solche Foderung nicht glauben sollte, wenn man sie nicht deutlich formulirt läse. Weder die Gelüste würden erlöschen, noch die Macht gebrochen sein. Die Executive des Protccivrats bliebe natürlich Rußland und der Gebrauch seinem Belieben und derjenigen Treue anhcimgestellt, die man zum Schrecken erprobt hat. Fast ebenso mag die russische Concession verstanden sein. Nicht immer werden westliche Flotten im Schwarzen Meere schiffen, österreichische Heere an der Donau stehen. Das Verhällniß würde zu Gunsten Rußlands ungemein ungleich sein, wenn eS scheinbar als gleich sich darstellte. Das Protektorat über 12 Millionen griechische Christen in der Hand einer griechisch-christlichen Macht, werd; es auch dem Recht nach gotheilt mit christlichen Mächten, welche nicht griechischer Religion sind, ist von. ganz anderer Bedeutung als der Antheil, der de» andern Mächten anderer Confessioncn beschicken ist. Das Collcklivprotectorat mit gleichen Rechten Aller würde nur dann ohne drohende Gefahr denkbar sein, wenn durch das gänzliche Aufhörcn des russischen Protektorats über die Fürsicn- thümer und Serbien, und Substituirung einer starken europäischen Macht, also Oesterreichs, die Pforte und Rußland auScinandergehalten werden könn ten- und wenn sür die Ausübung des religiösen Protektorats sich ein völlig sichernder Organismus finden ließe. 3) Uebcr die Revision des Vertrags von 1841 sagt Graf Neffelrokx: Rußland wird sich der Aufhebung dessel ben nicht widersetzen, wenn der Sultan als zunächst betheiligte Macht darein willigt. Aber damit ist nicht« erreicht. Es kommt darauf an, Bürgschaf ten zu erlangen, daß Rußland seine Machtstellung im Schwarzen Meere nicht misbrauchen wird. Die Aufhebung jenes Vertrags, durch welche die Pforte verpflichtet wird, den Kriegsschiffen aller Nationen den Durchgang durch die Dardanellen zu verbieten, reicht nicht hin. Durch den Krieg ist er von selbst erloschen: der Friede kann also von seiner feierlichen Aufrufung nicht abhängig sein. Wohl aber ist der Vertrag von 4841 ein Magnat zur Verarbeitung und cs Müssen neue Stipulationen angenommen werden, die die Ruhe des Orients und den Frieden der Wclt sichern. Nicht aber mals darf Fürst Mentschikow das Stehen oder Fallen von Konstantinopel in seinem Paletot herumtragcn können. 4) Ueber die Freiheit der Donau schiffahrt sagt die Note, daß sie von Rechtswegen bestehe und deren Be schränkung Rußland niemals beabsichtigt habe. Der letzte Satz wird durch die That, durch eine lange traurige Erfahrung widerlegt. Daß der erste richtig, das ist wahr; daß das Recht auf die Freiheit nichts geholfen hat, ist aber auch wahr. Wir müssen also bessere Bürgen haben als das er neute Versprechen. Der kurze Sinn der russischen Note ist, daß Alles beim Alten bleiben soll. So versteht man dort die vier Punkte, so verstanden dit Nussenfreunde die unbedingte Annahme." Deutschland. * Frankfurt a. M., 10. Dec. In der gestrigen Bundestags sitzung ist der Deutsche Bund einhellig dem von den beiden deut schen Großmächten am 26. Nov. umsirzcichnettn Zusatzartikel beige- treten und Has die infolge davon vereinbarten Ausschußanträgc zum Be schluß erhoben. Preußen, n Berlin, 9. Dcc. Gestern wurde hier von einer neuen Note Rußlands gesprochen, über die ich aber, da mir die Quelle unbekannt war, in meinem gestrigen Briefe nur andeutungsweise etwas mittheilen konnte. Die Jnde'pcndancc belge, welche eben cintrifft, versichert nun, daß wirklich in den letzten Tagen des November eine neue Nole, eine „eingehendere Adhäsion" enthaltend, in Wien übergeben worden. Die Nichtigkeit der Nach richt vorausgesetzt, ward unstreitig eine Abschrift der Note in Berlin mit- gctheilt. Es wäre also der Ihren Lesern bekannten telegraphischen Benach richtigung, welche solchen wichtigen Schriftstücken stets voraugeht, dieses selbst gefolgt. Man wird aber die Angaben über den Inhalt dieser neuen Note mit großer Vorsicht aufnchmen müssen. Die Erfahrung hat gelehrt, wie wenig die Note vom 6. Nov. den Erwartungen entsprochen hat, die von dieser angeblich „rückhaltlosen Annahme der vier Garantien als Ausgangs punkt der Unterhandlungen" gehegt oder angekündigt wurden. Das heutige Preußische Wochenblatt enthält darüber eine bemcrkcnswcrthe Parallele. Man versichert, daß von dieser Note vom 6. Nov. eine zeitlang nur eine Ana lyse, das Programm der Garanticnannahme nämlich, ohne die Motivirung mitgctheilt worden war. Es steht daher die Veröffentlichung der neuen Note abzuwarten. Auch wolle man nicht vergessen, daß auch der Constitutionncl vom 4. Dec. der neuen Adhäsion Rußlands schon erwähnt und mit Be friedigung hinzufügt, dieselbe habe den Abschluß und die Unterzeichnung des Dccembervcrtrags nicht verhindert. Was also diesem Abschluß in Bezug auf die Garanticnannahme rc. voranging, ist durch die neue, westliche Interpre tation dieser Garantien, welche die österreichische Sommation begleiten soll, vollständig antiquirt. — Die Times vöm 5. Dcc. wurde wegen eines Ar tikels über die letzten Hosfeste nicht sowol confiscirt als eingehakten. Wie schon vor wenigen Tagen bei Gelegenheit der Nummer vom 30. Nov. und der um dieselbe Zeit fälligen Nummer des Punch mußten mehre Eigenthü mer von Lesecabincten sich schriftlich verpflichten, die incriminirten Blätter nicht auszulcgen. NBerlin, 10. Dec. Ueber die neue russische Erklärung werden weitere interessante und orientirende Einzelheiten mitgctheilt. Zuerst aber mag daran nochmals erinnert werden, daß, als die Note vom 6. Nov. noch nicht veröffentlicht war, dieselbe anfangs als eine „rückhaltlose An nahme", dann als eine „rückhaltlose Annahme zum Ausgangspunkt der Unterhandlungen" bezeichnet wurde. Man bcstrikt sogar mit osficiösem Si cherheitslon, daß eine neue Nole als eine „positive Antwort" angekündigt worden. Jetzt soll die neue, nicht mehr destritlenc Erklärung eine kurze, rückhaltlose Annahme darthun. Es Hal abcr damit eine cigenthümliche Bc- wandtniß. Alles rührt von einem Misverständniß des Fürsten Gortschakow in Wien her. Wie ich Ihnen nämlich am 3. Dec. schrieb, hatte Graf Buol nach Kenntnißnahmc der ersten Note geäußert, die Garantien seien in dieser Form und mit diesen Reserven begleitet als eine ernsthafte Basis der Unterhandlungen nicht zu betrachten. Dies faßte nun der russische Ge sandte dahin auf, daß mit der Annahme als Basis der Unterhandlungen, bei der jene Reserven nicht ausdrücklich bezeichnet würden, Alles in Ord nung sein werde. Er war einer Auffodcrung, die Garanlien im Sinne der französischen Nolc vom 22. Juli, der eine englische bald darauf zu stimmte, ausdrücklich anzunehmcn, nicht gewärtig. Die mündlichen Aus lassungen des russischen Gesandten sollen darüber keinen Zweifel gelassen haben. Man begreift daher, wie die neue russische Erklärung den Deccm- bervertrag nicht äufhalten konnte. Die Hoffnung, die russische Auffassung bei den Unterhandlungen wieder geltend zu machen, ist damit zerschlagen ämd es handelt sich jetzt darum, der westlichen Auffassung, die allein einen dauernden Frieden verbürgen kann, zu genügen. Daß daher die Frirdtns- hoffnungen nur auf Illusionen beruhen können, ist leicht erkennbar. — In Uebereinstimmung mit der Ihnen am 3. Dec. mitgethrilten Version wird aus guter Quelle versichert, daß Oesterreich den Entwurf dcS December- vertrags selbst proponirt halte. Hr. v. Serre habe ihn vor drei odcr vier Wochen nach Pari- gebracht. England habe hinsichtlich der Form zützvst Bedenken gehabt; die französische Ansicht (und nicht umgekehrt) sei jedoch durchgedrungen. Uebcr das Weitere war noch nicht die letzte Gewißheit zu erlangen. Nach der einen Erklärung sei die westliche Presse bei ihren An griffen nicht wohlunterrichtet gewesen und man habe Gründe gehabt, sie nicht von der Sachlage in Kenntniß zu sehen. Nach einer andern Erklä- rung sci einmal in Wien ein Schwanken cingetretcn und der letzte Ab schluß sei durch dringende Vorstellungen des Westens herbrigcführt worden. — Es war noch nicht zu erfahren, aus welchem Grunde heule früh die Natioual-Zeitung confiscirt worden und ob cs wahr sci, daß auch andere Morgcnblättcr zuerst mit Beschlag belegt, dann wieder freigegcbcn wurden. — Die «Zeit« gibt folgende Zusammenstellung der Sätze des Triple - vertrags: „Der Vertrag zerfällt in mehre einzelne Punkte und geht von