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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.04.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-04-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110429029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911042902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911042902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-04
- Tag 1911-04-29
-
Monat
1911-04
-
Jahr
1911
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Ämtsbkatt des Rates und des Nokiieiamles der Stadt Leipzig. sür Inserat« au» Leipzig und Umgebung di« lspaltig« Petttjell« 25 Ps, dl« Netlame- t«il« I Mk.. von auowärt, Ztl Ps.. Neklamen T2U Mk.. Inserate von Behörden tm amt lichen Teil dt» Petttjeil« SO Ps. ch«schäst,anjelgen mit Plauo.rschristrn n. rn der Avendausgad» »m Preis« erhöht Nadatt nach Taris. Beilagegebühr Gesamt, auslag« 5 Mk. p Tausend ritt. Postgebühr. Telldeilage hoher. Festerrerli« Nuttraae können nicht zurück- gezogen werden Für da» Erscheinen an bestrmmrrn Tagen und Plagen wird k««n« Garantie übernommen. ' Anzeigen - Annahme Johanni»,ass, ch bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen. Etpeditionen des In. und Auslandes Druck und Verl«, de, t-'«l,ji,«» r«Dd» blatte» v. Volz. Inhaber Paul Nürste». Nedaktton und Geschtst.stelle: Johanni,gass« lt. Frrnlvrccher ltiE. ltkN. «694 S«u»z.Filiale Leeiden: Eeeftrast« 4. l lTelephon 4821». Nr. 118. Sonnabenü, üen LS. April lSll. 105. ZstslgSNg. Die vorliegende Angabe umlaßt 6 Seiten. Natlonsle Arbeiter über üie rate Msikeler. Die Sozialdemokratie hält mit aller Zähigkeit an der Idee des „Weltfeiertags" vom 1. Mai fest, obwohl sie doch wahrlich klüger täte, das Mißlingen dieser völlig zum Rummel gewordenen Veranstaltung einzuräumen, um sich nicht zu Beginn eines jeden neuen Wonnemonds auch eine neue Blamage zu holen; ganz zu schweigen von der Rücksicht auf die Folgen, die die vertragswidrige Arbeitseinstellung für Hun derte und Tausende von Arbeiterfamilien regelmäßig mit sich bringt. Aber, wie ja so ziemlich dle ganze Sozialdemokratie auf Trug und Täuschung der Ar beiterschaft aufgebaut ist, so wird man auch die Fiktion der „Maifeier" aufrecht zu halten suchen, sc lange bis eben die Arbeiterschaft selbst denen, welche sie am Narrenseil herumsühren wollen, ein energisches Halt! zuruft. Es fehlt nicht an Anzeichen dafür. Laß die verständigen, die wirklichen Ar beiter mehr und mehr anfangen, das Spiel zu durchschauen, das man mit ihnen treibt. So richtet jetzt das „Südwestd. Arbeiterblatt", Organ der vater ländischen Arbeitervereine Badens, Hessens und der Pfalz, an die Arbeiter, die zur Teilnahme an dem Maifeierunfug ausgefordert werden, folgende Mah nung: „Wenn die Herren von der sozialdemokratischen Agitation tatsächlich ein Herz für den Arbeiter hätten, so würden sie aushören, ihn zu solchen hirn- uno zwecklosen Demonstrationen zu verleiten. Unzählig sind die Unannehmlichkeiten, die Tausenden und aber Tausenden von Arbeitern erwuchsen, un ermeßlich ist der Ausfall an Arbeitsverdienst, der durch die Feier des Tages sowohl, wie auch durch Maßregelungen seitens der Arbeitgeber entstanden. Wir haben genug Feiertage und brauchen den 1. Mai absolut nicht. Was geschieht an diesem Tage? Es wird gesungen, getarnt und dergleichen, was man an einem andern Tage gerade io gut tun könnte. Es werden Reden gehalten, die, ganz abgesehen davon, daß sic durch ihren Schwulst und Bombast nur zu deutlich die innere Verlogen heit auf der Stirn tragen, bei einer anderen Ge legenheit gehalten werden könnten. Durch diese .Komödienspielereien wird der Staat nicht aus den Angeln gehoben. Das Geld aber, das den Arbeitern bei dieser Gelegenheit abgelnöpft wird, könnten diese besser für sich und ihre Fami lien gebrauchen. Die roten Herrschaften mißachten übrigens alles, wofür sie demonstrieren. Sie sind für den Achtstundentag: aber in mehr als einem sozialdemokratisch geleiteten Betriebe müßen Arbeiter streiken, um den Zehnstundentag zu kriegen. Sie sind gegen Militarismus: aber ihre Organisationen sind straffer und hartherziger ver waltet als irgendeine militärische Organisation. Sic sind für Bölkersrieden: jahraus, jahrein aber kämpfen sie mit Gift und Galle, mit Lüge und Brutalität gegen ihre eigenen Volks genossen. Mancher deutsche Arbeiter hat durch fanatisierte Genossen bluten müssen. Nein, ein ver ständiger Arbeiter arbeitet am 1. Mai und läßt Das Grüne Auto. Roman von August Weißt. Nj (Nachdruck Verboien.) Von der Genfer Seepromenade kommend, bemerkte Graf Heinen an der Ecke der Place du Pont einen fremden Herrn, der ihn höflich grüßte und Miene machte, auf ihn zuzukommen. Heinen erwiderte den Gruß äußerst kühl, tat, als erkenne er die Absicht des Fremden nicht, und wich ihm in einem großen Bogen um das Nationaldenkmal aus. „Zudringlicher Mensch", murmelte er vor sich hin. „Seit zwei Tagen folgt er mir wie ein Schatten. Heinen ging ins Hotel zurück. Im Frühstiickssalon waren nur noch an einem der Tische zwei Plätze frei. Kaum hatte Heinen Platz genommen, als der „zu dringliche Mensch" im Salon erschien und sich auf den zweiten leeren Sessel niederließ. Der Fremde grüßte den Grafen mit ausgesuchter Höflichkeit, richtete einige gleichgültige Wort an ihn, schwieg aber, da er sah, daß Heinen nicht daraus 'inging. Als die Tafel ausgehoben wurde und Graf Heinen dem Rauchsalon zuschritt, trat ihm der Fremde aber mals in den Weg. „Pardon, Graf Heinen, ich bitte um eine kleine Unterredung." „Entschuldigen Sie", antwortete Heinen nervös, iber ich bin sehr pressiert. Vielleicht ein andermal." „Sie vergeben, es handelt sich um eine für Sie wichtige Angelegenheit." Heinen sah ärgerlich zu Boden. „Womit kann ich Ihnen dienen?" „Unsere Unterredung verträgt keine Zeugen." Der Graf schwankte einen Augenblick, dann sagte r ungeduldig: „Bitte, kommen Sie in mein Zimmer hinauf." Damit ging er voran. Im ersten Stock riß der Zimmerkellner dienstbeflissen die Tür auf, um den Grafen und seinen Gast in einen Salon eintreten zu affen. Graf Heinen forderte seinen Begleiter mit einer Tandbewegung auf, Platz zu nehmen und sagt«: „Meine Zeit ist gemessen, Herr Doktor, Ihr Nams st mir leider entfallen." „Doktor Martens", stellte sich der Fremd« noch ihn Leute feiern, die naiv genug sind, und die glauben, zu viel Geld in der Tasche zu haben." Natürlich wird diese eine Stimme nicht viel ver mögen, zumal sie den sozialdemokratischen, zum Bezug der Parteiblätter gezwungenen Arbeitern schwerlich zu Gesicht kommt. Trotzdem denken auch viele von diesen so, und wer Gelegenheit hat, die „Mai feiernden" einmal aus der Nähe zu beobachten, der weiß, daß sie sich heute fast nur noch aus Arbeits losen und großstädtischem Janhagel rekrutieren. Und das nennt man dann — „Weltfeiertag"! Die krantrenksllensngeltellten unü üie Reichsverlicherungsorünuny. Am 21. d. M. hatte, wie bereits berichtet wurde, der sozialdemokratische „Verband. der Bureau- ange sie Ilten usw." (Ortsgruppe Leipzig) die Krankenkaffenangestellten des Leipziger Bezirks zu einer öffentlichen Versammlung einge laden zwecks Stellungnahme zu den Bestimmungen des Angestelltcnrechtes in der Reichsversicherungsordnmig und deren Einsührungsgesetz. Anwesend waren au^er den Reichstagsabgeordneten Dr. Iunck und Geyer der Vorsitzende, sowie einige Vorstandsmiitglieder und Generalversammlunasvertreter der Leipziger Orts krankenkasse. etwa :itt im genannten Verbände sreige- werkschaftlich organisierte Kassen- und Anwaltsangx- stellte und etwa 220 dem auf nationaler Grundlage er richteten Landesverein sächsischer Ortskrankenkaffen beamten angehörende Kaffenangestellte. Der Verbandsvorsitzende Giebel-Berlin refe rierte im Sinne der jetzt allerorts von der sozialdemo- iratischen Partei und den freien Gewerkschaften ab- gehaitenen Volks-Protest-Dersammlungen über das Angestelltenrecht und betonte, daß die Bestimmungen der Reichsversicherungsordnunq und speziell des Ein führungsgesetzes nur Verschlechterung der jetzi gen Verhältnisse brächten und schwere Eingriffe in wohlerworbene Rechte der Angestellten befürchten ließen. Von feiten der nationalen Angestellten, die sich durch die in den schwärzesten Farben gehaltenen scharfmacherischen Ausführungen nicht beirren ließen, wurde ihm widersprochen und hervorgehoben, daß die Bestimmungen ganz wesentliche Verbesserungen gegenüber den jetzigen Zuständen brächten und §in« geeignete Grundlage zur Herbeiführung der von der großen Mehrzahl der Kassenanciestellten seit Iahr- zchnteu angestrebten gesetzlichen 'Regelung ihrer An- stellungsverhältnisse bildeten. Gine in diesem Sinne eingebrachteR esolution wurde trotz der erdrücken den Majorität der 90 Proz. anwesenden nationalen Angestellten und der sonstigen Gepflogenheit zuwider „begreiflicherweise" von der Dersammlungsleitung nicht zugelassen, weshalb letztere den Saal ver ließen. In einer daraufhin am 28. d. M. abgehaltenen überaus starkbesuchten Versammlung der na tionalen Angestellten der Leipziger Ortskrankenkasse beschäftigten sich diese noch mals eingehend mit den Bestimmungen des Angestell, tenrechtes und nahmen folgende Resulotion an: „Die heut« im Saale des „Schloß Ritterstein" versammelten Krankenkassenanacstellten erklären sich mit den Ausführungen ihres Referenten über das Angestelltenrecht einverstanden. Sie erachten die Bestimmungen im Entwürfe der Reichsversiche rungsordnung nach den Beschlüssen der Kommission als geeignete Grund lage für die gesetzliche Regelung ihrer Anstel- lungs- und Rechtsverhältnisse und setzen das vollste Vertrauen in die Regierung und die gesetzgebenden Körperschaften, daß durch die Bestimmungen des Einsührungsgesetzes eine Aufhebung oder Beschränkung wohlerworbener Rechte und gerechtfertigter Bezüge nicht zu erwarten steht; sie sind auch der lleberzeugung, daß die ge troffenen Bestimmungen lediglich eine Folge der vielfach mißbräuchlichen Ausübung des Selbstver- waltungsrechtes sind. , . . Die Versammelten befinden sich hierbei rn Ueber- einstimmung mit den Grundsätzen Les „Landesver- eins der Ortskrankenkassenbeamtcn im Königreich Sachsen" und des „Bundes deutscher Krankenkaffen beamten" und vermögen sich mit den Tendenzen des gegnerischen Verbandes nicht einverstanden zu erklären, zumal die in den letzten Jahren ein geschlagene Taktik immer deutlicher erkennen läßt, daß es dem Verbände mehr um die Agita tion für die sozialdemokratische Par tei, als um Wahrung der wirtschaftlichen Inter essen der Kaffenangestellten zu tun ist." Von Beschickung des von dem gegnerischen Ver band« für den 90. d. M. nach Berlin einberufenen „Deutschen Krankenkassenbeamtentages" wurde Ab stand genommen, weil es sich hierbei mehr um eine Veranstaltung demonstrativen Charakters gegen die Reichsoersicherungsordnung handelt, die nationale Kollegenschaft aber nicht gewillt ist, durch ihre Betei ligung der Sozialdemokratie Vorspanndienstc zu leisten. Der Zentrsloerbanü üemlcher InüultrieUer hat, wie wir schon kurz berichteten, am Freitag seine Delegiertenversammlung in Berlin abgehalten. Es wurden Satzungsänderungen vorgenommen und bei den Wahlen die Herren Geh. Finanzrat o. D. Hügenberg, Vorsitzender des Direktoriums der Firma Krupp, Geh. Regierungsrat Dr. W. von -Siemens und Geh. Baurat Schrey aus Danzig zu Mitgliedern des Direktoriums gewählt. Die Ver handlungen beschäftigten sich dann eingehend mir der Versicherungsgesetzgeoung. Hier wurde bezüglich der Reichsverficherungsordnung eine Reso lution angenommen, in d«r es heißt: „Der Zentralverband deutscher Industrieller faßt seine Stellungnahme zum Entwurf einer Reichsver- slcherungsordnung dahin zusammen, Laß er auch in der jetzigen Gestaltung der Vorlage «ine unan nehmbare Aenderung unserer Arbeiter« Versicherung erblickt. Unter Außerachtlassung der bisherigen Leistungen der Arbeitgeberschast und der segensreichen Wirksamkeit : nserer großen Fabrik- betrieoe in sozialpolitischer Beziehung sind durch die Kommissionsbeschlllsse den Arbeitgebern neue Leistun gen und Belästigungen auferlegt, welche schwere wirt schaftlich« Beeinträchtigungen nicht nur für die ge- werbllckktN Kreise seibst, sondern auch für die natio nal« W'.ischaft überhaupt und nicht zuletzt für die Arbeiterichast im Gefolge haben werden. Durch die immer fortschreitend« Vermehrung der La st en der Versicherung wird nicht nur die Aussuhr- möglichkeit, sondern schließlich auch der Bestand der deutschen Industrie überhaupt in Frage gestellt wer den. Der Zentraloerband deutscher Industrieller ist der Zuversicht, daß es möglich ist, noch in den Plenar beratungen des Reichstags den Gesetzentwurf erträg lich zu gestalten. Sollte dies nicht zu erreichen sein, so würde der Fortdauer des gegenwärtigen Zustandes der Vorzug zu geben sein." mals vor und fügte mit einem Lächeln hinzu: Polizei kommissar Les Wiener Sicherheitsbureaus." Der Graf warf einen raschen forschenden Blick auf den Kommissar und bemerkte: „Ah, Polizeikommissar sind Sie . . . das ändert die Sache. Also ist die Aufmerksamkeit, die Sie mir seit zwei Tagen schenken, Amtspflicht. Und diese Unterredung wird infolgedessen wohl mehr dienst lichen als privaten Charakter tragen. Darf ich fragen, warum mich das Wiener Sichcrheitsbureau mit seiner Aufmerksamkeit beehrt? Ode: sind Sie vielleicht bloß als Privatmann in Genf?" „Nein, Graf Leinen, dienstlich! Ich wurde hier hergeschickt, weil wir in Erfahrung gebracht haben, daß Sie sich noch hier befinden, und weil wir ein großes Interesse daran haben, einige Aufklärungen von Ihnen zu erhallen " „Wenn ich Ihnen nun die nicht gebe?" fragte Heinen lauernd. „Sie werden sie mir gewiß nicht verweigern. Ich schicke voraus, daß es sich nicht um Ihre Person handelt, sondern um die Aufklärung eines Ver brechens, das di« Oeffentlichkeit in Aufregung hält und gewissermaßen auch Ihre Familie betrifft." „Meine Familie? Da müssen Sie irren, Herr Doktor!" „Nicht doch! Der junge Castellmari, der in der Grillhoferstraße in Wien erschossen aufgefunden wurde, war ja Ihr Detter." Der Graf blickte erschreckt auf und strich sich nervös über di« Oberlippe. Nach einer Pause sagte er: „Soweit hält also schon di« Polizei. Sie weiß be reits, wer der Ermordete war?" „Ja, wir wissen aber auch, daß Sic Zeug« jener Tat gewesen sind." Da sprechen Sie wohl nur ein« Vermutung aus, für die Sie schwerlich Beweise erbringen können?" „Nein, Herr Graf, ich konstatiere eine Tatsache, di« ich auch beweisen kann. Sie wurden vom Wachtmann Stolzengruber am Tatorte in Gesellschaft des Castell mari gesehen. Sic haben Ihrer Cousine, Baronin Stcrnoerg, gegenüber selbst erklärt, daß Castellmari in Ihren Armen starb." Graf .Heinen streifte nachlässig di« Asch« seiner Zigarre ab, schlug die Beine übereinander und meint« gedebnt: „Das sind Behauptungen, die wahr sein können oder auch nicht. Ich wüßte nicht, wie Sie das be- weisen wollten." „Sehr einfach! Den Wachtmann Stolzengruber habe ich nach Genf mitgebracht, und er hat sie wieder erkannt." „Ich bitt' Sie' wiedererkennen. Nach Monaten! Aknn man jemand flüchtig eine Sekunde lang ge sehen haben will. Das ist doch kein Beweis? „Gewiß", erwiderte Doktor Martens, „aus diesem Grunde, und um ja sicher zu gehen, habe ich mir in der vorigen Nacht «inen Ihrer Lackschuhe auf einige Stunden ausgeliehen. Ihr Fußbild stimmt genau mit jenem überein, das die Spuren im Schnee auf dem Wege, den Sie in jener kritischen Nacht zurück gelegt haben, aufwiesen. Ja, ich kann sogar be haupten, daß Sie an jenem Abend dieselben Lack schuhe trugen, die Si« heut« anhabea. Also die Aus sage des Wachtmannes und der Vergleich der Fuß spuren sprechen gegen Sie." „Wieder schwieg der Gras einen Augenblick. Der Ernst der Situation trat ihm vor Augen. Er suchte nach einem Ausweg. Aber noch immer behielt er sein« Ruhe. Mit leiser Ironie antwortete er: „Ich kann Ihnen mein« Anerkennung über Ihre Gewissenhaftigkeit und Ihren Scharfsinn nicht ver sagen. Nun gut . . . nehmen wir an, die Sache ver hält sich wirklich so. Was wollen Sie nun von mir, nachdem Sie ohne dies so genau orientiert sind?" „Erlauben Sie, Herr Graf Bevor ich eine weitere Frage an Sie richt«, möchte ich die Situation zwischen uns vollständig klären. Für die plötzliche Abreise non Wien und Ihren Aufenthalt in der Schweiz wer den Sie zweifellos Gründe haben. Mich dafür zu interessieren, finde ich keine Veranlassung. Erstens ist mir dazu kein Auftrag erteilt worden, zweitens schließen die Gesetze des Landes, in dem wir uns be finden, eine Einmischung von meiner Seite aus." „Sehr richtig!" bemerkte der Graf gelassen. „Also -?" „Ich will daher auch von jenen Dingen gar nicht sprechen", fuhr der Kommissar fort. „Mir ist es ledig lich um die Aufklärung des Mordes in der Grill hoferstraße zu tun. Und da mache ich Sie in aller Höflichkeit darauf aufmerksam, daß di« Schweiz bei Sehr scharf ablehnend verhielt sich der Zentralver band gegenüber dem Vorentwurf zur Privat- beamtenversicherung. In den Schlußaus führungen zu diesem Thema heißt es: In Anbetracht der schwerwiegenden Einwürfe, welche gegen den vorliegenden Entwurf erhoben werden müssen, kann ihn der Zentralvcrband nicht für eine geeignete Grundlage einer Zwangsveiff'^e- rung der Angestellten ansehen. Der Zentralvcrband hält es vielmehr für notwendig, daß eingehende Untersuchungen darüber angcstellt werden, ob nicht die sachlich überaus wichtige Frage der Angestellten Versicherung auf einem anderen Wege, etwa auf dem Wege des Anschlusses an die Invaliden versicherung, einer befriedigenden Lösung ent- gegengeführt werden kann. Die gegen den Gedanken dieses Anschlusses von der Begründung zum Entwurf oorgebrachten Einwendungen können nicht als stich haltig erachtet werden. insbesondere lassen Schätzungen der Kosten dieses Ausbaus und Stich proben, die an den Löhnen und Gehältern einer Reih« von industriellen Werken vorgenommen sind, die von der Regierung vorgebrachten finanziellen Bedenken als nicht berechtigt erscheinen. Der Zentralvcrband wird seine Mitwirkung bei den zur völligen Klar stellung der einschlägigen Verhältnisse erforderlichen statistischen Erhebungen gern zur Verfügung stellen. Aus allen diesen Gründen muß der Zentralver band Deutscher Industrieller gegen die Annahme dieses Entwurfs auf das allerentschiedenste Stellung nehmen. Er muß erwarten, daß seinen Einwendungen gegenüber politische Beweg gründe von vorübergehender Bedeutung, insbe sondere Wahlrücksichten, vollkommen zurückqestellt werden, und daß darum ein« überstürzt« An nahme des Entwurfes unterbleibt. politische Aschrichten. Zur Besprechung der Eemeindesteuerreform ist am heutigen Vormittag in Dresden unter dem Vorsitze des Staatsministers Grafen Vitzthum o. Eckstädt eine Konferenz zusammengetreten, zu der außer den Vertretern der Regierung, und zwar von den Ministerien des Innern, der Finanzen, des Kultus und vom Landeskonsistorium, etwa 45 Personen Einladungen erhalten haben, so Parlamentarier aus beiden Kammern, Vertreter aller Arten von Gemein den und selbständigen Gutsbezirken, u. a. sämtliche Oberbürgermeister der Großstädte, Vertreter der Harürels- und Eewerbekammern, des Landeskultur rats, der Mittelstandsvereinigung, ferner Vertreter der Großindustrie und der Banken, der Hausbesitzer, Mieter-, Gastwirts- und Saalbesitzervereine, der Krankenkassen sowie der christlichen und sozialdemo kratischen Gewerkschaften. In dieser Konferenz wünscht die Regierung hauptsächlich die'Ansichten und Mei nungen der Geladenen über obigen Gegenstand zu hören. Deutsch-englische Frenndschaftswünsche. London. 29. April. (Tel.) Zn einer gut besuchten Versammlung des englisch-deutschen Freundscyaftskomitees und des inter nationalen S ch i e d s g e r i ch t s b u n d e s sprach Prof. Si e p e r - München über die Probleme der deutsch-englischen Verständigung. Balfour sandte ein Telegramm, in dem er der Versammlung allen Erfolg wünschte und seine Sympathie für die Bestrebungen der beiden Nationen, einander besser derartigen Verbrechen keinerlei Begünstigungen zu gesteht. Ich muß Sie daher vor die Alternative stellen: Entweder Sie stehen mir Rede und Antwort, oder aber Sie entschließen sich, in meiner Begleitung nach Wien zurückzukehren, um dort diese und andere Fragen zu beantworten." Der Graf lehnte sich in den Fauteuil zurück, sah nachdenklich zur Zimmerdecke empor und fragt« ruhig: „Wie können Sie mich zwingen, in Ihrer Gesell schaft nach Wien zu reisen?" „Indem ich die hiesigen Behörden um ihre Inter vention ersuche." „Welcher Tat können Sie mich denn beschuldigen, auf Laß dieser Schritt Aussicht auf Erfolg hätte?" . „Gar keiner. Ich rSürde bloß um Ihre Ver haftung anfuchen, da Sie unter dem Verdacht der Mitschuld am Morde stehen." „Das heißt mit andern Worten: Wenn ich Auf klärungen verweigere oder wenn es mir nicht gelingt, mich vor Ihnen reinzuwaschen, so werden Sic die Hilfs der hiesigen Polizei in Anspruch nehmen. Und was geschieht, wenn meine Antworten Sie voll ständig befriedigen?" „Dann reise ich noch heute abend ab. Und Sie können hievblerben und tun, was Ihnen beliebt." Graf Heinen trat zur Balkontür und blickte auf Len blauen Genfer See hinaus. Sollte es hier in der Stadt nicht zu einem Skandal kommen, mußte er jetzt Farbe bekennen. Die Auf merksamkeit der Behörden der gastfreundlichen Schweiz auf sich zu lenken, lag keineswegs in seiner Absicht. Entschlossen schritt er zu dem Fauteuil zurück und nahm wieder Doktor Marlens gegenüber Platz. Ohne daß seine Stimme die Aufregung verriet, die ihn er griffen hatte, sagte er: „Sprechen wir ganz offen. Ich sehe, ich bin in Ihrer Hand. Sie werden begreifen, daß mein Inter esse dahin geht, hier unbehelligt zu bleiben. Fragen Sie. ich werde alles sagen, was ich weiß — alles." „Ich wiederhole, daß mich nur der Mord inter essiert. Ich bitte also nur in diesem Punkte um volle Wahrheit." „Sie sollen sie hören, aber nun fragen Sie ein mal." (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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