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SchönbiiM TagMM Erscheint täglich rmt Ausnahme der Lagt «nd Waldenburger Anzeiger KÄMM für dm AMrsth M Maldeabsrg. Sonnabend, den 2. August -N177 18S» Filiale«: in Mstadiwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei HerrnKaufmann Rob. Härtig, Mandelgaffe; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Zugleich weit verbreitet in den Städten PesiA smnzeNsx, 8ichte»ftei«-C«ll»berß und in dm Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: MrßM-WeldeKöÄrg, BrämrZd^f, LaLenbtLg, St. Egidien, Ehrenhsin, Frohnsdorf, Falken, GruAbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen« ^Mch-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, ObergrSfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, SchLagwitz,' Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Witternugsbericht, ausgenommen am 1. August, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 762 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -s- 29° 0. (Morgens 8 Uhr M 24°) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polhmeter 36°/o. Thaupuukt -j- 15 Grad. Windrichtung: Südwest. Daher GitterUAgsansstchtm für den 2. August: Halbheiteres, etwas windiges Wetter bei wenig veränderter Temperatur. nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. - Abonusmentspreis beträgt vierteljähr- .n Mr. ss Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Ginges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergasse 2S1L. — — "Waldenburg, 1. August 1890. Bei der jetzigen politischen Stille im Innern des deutschen Reiches sorgen allein die Socialdemokraten für Unterhaltung. Die Herren sind untereinander in Streit gerathen, und mehrere socialdemokratische Zei tungen greifen den Abg. Bebel, den eigentlichen Partei leiter, mit einer Heftigkeit an, die nichts zu wünschen übrig läßt. Man wirft Herrn Bebel Dictaturgelüste vor, und was dergleichen Dinge mehr sind. Bebel bleibt natürlich die Antwort nicht schuldig. In dem der Fractionsleitung nahestehenden „Berl. Volksblatt" erläßt Bebel bereits einen recht charakteristischen Herzens erguß. Danach hat der socialdemokratische Abgeordnete an die Adresse der frondirenden „Sächs. Arbeiterzei tung" folgende keines Commentars bedürfende Epistel gerichtet: „Auf einer Reise begriffen, kommt mir nach träglich die Nr. 18 der „Sächs. Arbeiterztg." vom 23. Juli zur Hand, in welcher unter der Ueberschrift „Der 1. October" ein Herr W. einen Artikel ver öffentlichte, in dem in beleidigender Weise die Partei leitung angegriffen wird. Da ich als Mitglied der Letzteren mich persönlich durch denselben beleidigt fühle, werde ich dem Angreifer die passende Antwort zu Theil werden lassen, sobald ich nach Hause zurückgekehrt bin, was voraussichtlich Ende dieser Woche der Fall sein wird. Alsdann werde ich auch ein Wort mit der Redaction der „Sächs. Arbeiter-Ztg." sprechen, die es als ihre Hauptaufgabe zu betrachten scheint, durch fort gesetzte dunkle Anspielungen und Verdächtigungen Miß trauen und Zerwürfnisse in die Partei zu bringen, und es durch ihre ewigen Taktlosigkeiten glücklich da hin gebracht hat, selbst von der gegnerischen Presse als s kulant torriblo der Partei bezeichnet zu werden. Glaubt man Grund zu Anklagen zu haben, so soll § man die Personen und Thatsachen bezeichnen, gegen welche sie gerichtet sind, damit diejenigen, die es an geht, antworten können. Das ist die Kampfesweise ehrlicher Männer. Jede andere Kampfesweise ist buben haft. Eisenach, den 27. Juli 1890. A. Bebel." Man sieht hieraus, wie die socialistische Bewegung den Führern über den Kopf wächst, und wie sie, die pro- fessionsmäßig all und jede Autorität untergraben haben, jetzt an den dadurch gezeitigten Früchten selbst zu lei den haben. Das war vorauszusehen. Uebrigens wer den auch hier wieder die Lehren der Geschichte bestätigt. Und wenn wir tausend und mehr Jahre in der Ge schichte zurückblättern, immer finden wir, daß bei extremen Parteien eine innere Einigkeit für die Dauer unmöglich ist. Und der deutschen Socialdemokratie wird durch sie selbst dasselbe Schicksal bereitet werden, welches alle revolutionären Parteien sich selbst bereiteten. Auf die deutschfeindlichen und kriegslustigen Kreise aller Länder hat der norwegische Besuch unseres Kaisers einen sehr unbehaglichen Eindruck gemacht. In einem Pariser Briefe an die Petersburger „Novosti" heißt es, daß man in Frankreichs Hauptstadt davon über zeugt ist, daß England und Schweden-Norwegen sich dem Bund der mitteleuropäischen Großmächte ange schloffen haben. Es könne nichts helfen, daß von amt licher oder halbamtlicher Sette Erklärungen kämen, die dies in Abrede stellten. In Paris versteht man sehr gut, daß es Frankreich ist, welches die Koste» des deutsch-englischen Uebereinkommens zu tragen hat, und was Norwegen und Schweden betrifft, so hebt man als eine Thatsache hervor, daß König Oskar stets ausgesprochene Sympathien für Deutschland gehegt hat. Man findet an der Seine, daß es ein eigentümliches Schicksal ist, daß König Oskar von Schweden, der ein directer Abkomme französischer Eltern und der ein zige Franzose ist, der auf einem europäischen Throne sitzt, in ein und Allem, im Großen und Kleinen sich als ein Vollblutdeutscher zeigt. Was während des deutschen Kaisers Besuch in Christiania vorgegangen ist, heißt es weiter in diesem Briefe, wirft ein eigen tümliches Licht auf die Empfindungen, welche den skandinavischen Volksschlag beseelen. Vor zwei Jahren empfing König Oskar seinen kaiserlichen Gast in Stockholm, in diesem Jahre wünschte er ihn in Christiania, in seiner Eigenschaft als norwegischer König, zu empfangen. Die Stockholmer gaben keine besondere Begeisterung über den Besuch des deutschen Kaisers zu erkennen, denn, so tröstet sich der Pariser Mitarbeiterder „Novosti", die Schweden nähren eigent lich im Grunde ihres Herzens Sympathieen für Frank reich. Das sei schon an und für sich für die Nor weger Grund genug, sich auf Seite Deutschlands zu stellen." Es ist das Unglück der russischen und fran zösischen Chauvinisten, daß sie nicht die Wahrheit ver tragen können. Welche Gegensätze und Eifersüchteleien auch sonst zwischen Schweden und Norwegern vorhan den sein mögen, darin sind Alle gleich einig, daß Skan dinavien keinen zuverlässigeren und uneigennützigeren Freund besitzt, als Deutschland. Die Wahrheit ist, daß sich ein Wechsel der Volksstimmung vollzieht, auch in Frankreich. Das Ende des Jahrhunderts drängt alle Völker zur vollen Entfaltung ihrer Kräfte für die Arbeiten der Cultur und menschlicher Wohlfahrt. PolittschHündschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm fuhr am Donnerstag in Wilhelms haven auf die dortige Rhede hinaus und besichtigte in Gegenwart der Admirale eine neue Schnellfeuerkanone auf dem „Mars". Heute Freitag Morgen erfolgt die Abreise nach Belgien. Der Herzog von Cambridge, Oberbefehlshaber der britischen Armee, wird heute in Koblenz eintresfen, um das Infanterie-Regiment von Göben, dessen Chef er ist, zu besichtigen. Oberpräsident von Bennigsen ist vom Kaiser nach Wilhelmshaven zur Tafel geladen worden. Fürst Bismarck hat auf der Reise von Friedrichs ruhe nach Schönhausen Berlin nicht berührt. Er hat den Weg über Wittenberge und Stendal eingeschlagen, der allerdings näher ist, bisher aber nicht benutzt wurde. Ueber die Ankunft des Fürsten in seinem Geburtsort berichtet das „Altmärkische Intelligenz- und Leseblatt": „Der Fürst und Graf Herbert Bismarck wurden von den Spitzen der Gemeinde, wie von den Bahnbeamlen empfangen. Herr Pastor Schrader begrüßte die An kommenden und brachte ein Hoch aus, in welches das Publikum kräftig einstimmte. Nunmehr begrüßte der Fürst die Herren ebenfalls und bemerkte dabei, daß er mit seinen Pferden und Hühnern, denn eine Kiste mit fasanartigen Italienern war wirklich mit im Extra zuge, angekommen sei. Beim Durchschreiten des Bahn hofsgebäudes wurde dem großen Sohne Schönhausens dann abermals ein Hoch gebracht. Dann stiegen die Herren in den herrschaftlichen Wagen, welchen Herr Inspektor Kunert selbst fuhr. Später, als der Fürst beim Jnspector zu Tische gehen wollte, trat er an die versammelten Zuschauer heran und fragte leutselig nach Diesem und Jenem, zahlreichen Anwesenden die Hände schüttelnd. Als ihm am Abend ein Fackelzug und ein Ständchen gebracht wurde, dankte der Fürst mit herz lichen Worten und schloß mit einem Hoch auf den Kaiser." Das Ermittelungsverfahren wegen Unredlichkeiten bei Militärlieferungen scheint noch immer nicht abgeschlossen zu sein, denn es sind in Kiel schon wie der zwei Angeschuldigte eingeliefert, welche in Kürze vor dem Strafrichter zu erscheinen haben werden. Es handelt sich um zwei jüdische Fabrikanten aus Euskir chen, die als bevorzugte Marinelieferanten einen ge wissen Ruf besaßen. Das deutsche Geschwader, das in Gegenwart des Kaisers, nicht unter seinem Oberbefehl, wie ver schiedentlich irrthümlich gemeldet wird, vom 8. bis 10. September große Manöver ausführen soll, wird dem Vernehmen nach aus acht Panzerschiffen, zwei Avisos, der Dacht „Hohenzollern" und der Corvette „Irene" bestehen. Diese Schiffe haben zusammen 97 Geschütze und 4640 Mann Besatzung. Die zu demselben Zwecke ; vereinigte Torpedoboot Flotille wird ein Aviso, zwei j Divisionsboote und 12 Torpedos mit 480 Mann um- ! fassen. - Die Forderung des Sultans von Zanzibar für die , Abtretung der Festlandsküste an Deutschland soll l sich auf 8 Millionen Rupien (11 Millionen Mark) i belaufen. Ein paar Millionen wird man wohl noch ablassen. Das „Berliner Volksblatt", das Organ des Herrn Bebel, schreibt: „Der Riß in der Fortschritts partei, welcher vor Kurzem erst nothdürftig zusam mengekleistert wurde, klafft von Neuem breiter als je. Der Parteipascha ist wüthend, daß Barth, Brömel und i Dohrn zum Friedenscongreß nach London gegangen ; sind und es ist zu so erregten Aussprachen gekommen, ! daß ein Bruch kaum vermeidilch erscheint. Natürlich wird die Sache von den fortschrittlichen Blättern ge leugnet, aber sie ist unzweifelhaft wahr." Die kürzlichen Mittheilungen der „Tgl. Rdsch." über die beabsichtigte Aufhebung desWelfenfonds haben auf einzelnen Seiten Zweifel Hervorberufen, denen das Blatt mit der nochmaligen Versicherung entgegentritt, daß das Beschlagnahme-Gesetz die längste Zeit in Wirk samkeit gewesen ist, daß es durch Gesetz aufgehoben wird und daß es seit Monaten überhaupt ruht, weil der Zinsverbrauch aufgehört hat. Auch über die Sperr gelderfrage soll jetzt ein Einvernehmen erzielt sein. Die preußischen Bischöfe erhalten darnach die Hälfte des Fonds baar, vom Rest die Zinsen. In rheinischen Zeitungen findet eine ziemlich leb hafte Auseinandersetzung zwischen einem dortigen In dustriellen und dem Geh. Rath Or. Hintzpeter in Bielefeld über die Behandlung der socialen Fra gen statt. Die rheinisch-westfälischen Herren scheinen ziemlich erregt zu sein, aber durch Publication solcher heftiger Auslassungen wird nichts genützt, sondern ge schadet; Ruhe und Besonnenheit führen allein zum Ziel. Auch im Saargebiet bestehen zwischen Unternehmern und Arbeitern Gegensätze, die sich immer mehr ver schärfen. Ein Werk hat den Arbeitern bereits mit dreimonatlicher Schließung des Betriebes gedroht. Der für October geplante Parteitag der deut schen Socialdemokraten wird sich, dem Vernehmen der „Köln. Ztg." nach, auch mit einigen Anträgen auf Abänderung des Parteiprogrammes beschäftigen,