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Unttthaltiinss-KeilM I ^^ „Tächs. Volkszeitimg". ^2 6. Sonntag, den 8. November. IL>M. Per Wald im KerMsturrn. Es brauset der Sturm in den herbstlichen Bäumen. Doch leuchtet die Sonne so freundlich darein. Dürr flattert das Laub in des Waldes Räumen, Beleuchtet vom goldenen Sonnenschein. Des Schicksals Stürme durchtoben das Leben, Durchschütteln des Daseins innerstes Mark. Doch mag uns der Aufblick nach oben erheben: Die himmlische Hand führt so mild und so stark. Hn»S a. d. Mühl tat. Olgas Irrtum. Originalnovclle von Alca Ruth. (5. Fortsetzung.) — (Nachdruck verbalen.» „Nein, nein, so darf es nicht weitergehen" wehrte Eichbach ab, „meine Schuld Dir gegenüber schwillt an, und noch ist mir keine Aussicht geboten, jemals — „Sei kein Narr. Karl. Magst meinen Kindern später mal 'ne Weihnachtsfrende damit machen." „Schlechte Aussichten das! Willst ja wohl unbeweibt bleiben?" Seitenblick. „Habe mich anders besonnen." „Fritz, altes Hans, las; Dich umarmen", rief Eichbach enthusiastisch und breitete seine Arme ans, „mm laß uns auch umkehren, wir haben schon eine ansehnliche Strecke hinter uns." „Ich habe Dir ja schon erklärt, daß ich zu den Dünen will." „Mache ich nicht mit. ist mir, nebenbei gesagt, mise rabel zu Mute." „Adieu, Karl!" „Hm, was meinst Du dazu? Vielleicht könnte es meinem Kater nicht schaden, noch etwas spazieren geführt zu werden, also —" „Adieu, Karl!" Verdutzt schaute Eichbach dem Davon eilenden nach und gewahrte in der Ferne die Umrisse einer Frauengestalt, welche die Richtung nach den Dünen zu nahm. Er schlug sich vor die Stirne und trat kopfschüttelnd den Heimweg an. „Total unzurechnungsfähig geworden", sprach er vor sich hin, „mag sich gratulieren, die schöne Olga. Der liebe Fritz seine — Mucken." Inzwischen war der Gegenstand seines Selbstgespräches in dem Dünengarten angelangt. Schnell eilte er die ein samen Pfade dahin, riß eine Ranke von einem der Bnchs- bämne und Pfiff leise mit der tirilierenden Lerche um die Wette. An einein Blumenbeete machte sich der Tünen- wärter zu schaffen. Fritz grüßte zu ihm hinüber und folgte der Richtung seiner Hand. Er wies nach den Sandhügeln der unkulti vierten Dünen hinüber, dorthin nahm Teilen seinen Weg. Doch mochte es ihm Mühe kosten, in dem Wirrwarr von Hügeln und Tälern die zu finden, die er suchte. Ein seltsam beklemmendes Gefühl beschlich ihn beim Durchwandern der Sandregion. Ringsum die kahlen Rücken der Hügel und die öden sandigen Täler! Wie war die Blüten schlagende Poesie der Liebe mit dieser starren Sce nerie in Einklang zu bringen! Sein eilender Fuß zertrat das saftlose, üppig wuchernde Sandkrant, und seine Hand riß hie und da die blaugrünen Halme des Strandroggens ab. Ein Windstoß kam vom Meere her, brachte die Flut in Wallung, daß sie klatschend wider die Dünenwand schlug, und spielte mit dem lockeren Geriesel des Sandes. Mit Mühe erklomm Detten einen der Sandhügel und schaute über das dunkle Blau des Meeresspiegels dahin, über welchen die schäumenden Kämme der Wellen dahinglitten. In regelmäßigen Zwischenräumen klatschten die Wogen gegen die Wälle. Die brandende Flut schwoll an, sie kam daher gerauscht, langsam und majestätisch, als wolle sie die Düne unter sich begraben. Der Küste nahe, krümmte sie sich, wie eine Katze vor dem Sprunge, schlug krachend wider das Land an und füllte die Atmosphäre im weiten Umkreise mit einem durchsichtigen Nebel spritzender Tropfen ein. Detten fröstelte es, er stieg hinab, mit der eilenden Bewegung auch die nötige Körper- wärme erzielend. Der feine Sand knirschte unter seinen Füßen, und eine Strandmöve, die seitwärts auf einem Hügel saß. flog bei seinem Herannahen auf. Jetzt verengte sich das Tal zwischen den Wällen und schloß mit einein Sandhügel, der davorgelagert war. ab. Er erstieg denselben und schaute, oben angekommen, in das jenseits liegende, von allen Seiten von Sandhügeln um schlossene Tülchen hinab. Fast wäre er vor freudigem Schreck zurückgeprallt, als er diejenige am Fuße des Hügels sitzen sah, die er mit brennender Ungeduld gesucht. Ein malerisches Bild bot sie dar in ihrer stillen Beschaulichkeit und Versunkenheit. Sie hatte sich auf einen hervorstehenden Stein niedergelassen, den blonden Kopf in die Hand ge stützt und die schönen stolzen Angen in die Ferne gerichtet. Der Hut lag in ihrem Schooße, und die niedlichen Füße hatten sich in den weichen Sand gebohrt. Das rieselnde Geräusch abbröckelnden Sandes ließ sie emporschrecken, hinansschanend gewahrte sie die hohe Gestalt Dettcns. der langsam und bedächtig hinabznsteigen versuchte. Sein Fuß glitt indessen aus. der Sand wich unter ihm. und mit einer mächtigen Sandlage rutschte er hinab. Pfeilschnell war sie aufgesprungen und trat zurück, während Detten, in eine Sandwolke gehüllt, ihr lachend ein: „Guten Morgen!" zurief. Sie bewahrte indessen ihre ruhige Höflichkeit und bückte sich nach ihrem Hute. „Ich Unglücksmensch!" rief Detten bedauernd, „nun habe ich zu alledem mich noch au Ihrem schätzbarsten Toilettcnstücke versündigt!" „Der Schaden ist nur ein geringer im Vergleich zu der Romantik des Morgentramnes in den Dünen —" „Der durch mein Dazwischentreten so grausam zerstört wurde!" „Ja", sagte sie und reinigte ihren Hut vom Sande. Dies freimütige Zugesteheu ärgerte ihn. „Es tut mir leid", versetzte er sarkastisch, aber wenn der Herr Kommerzienrat die Dünen pachten wollte, stände Ihren: romantischen Morgentraume nichts mehr im Wege — wenigstens ich nicht." Sie wandte sich ab. um ihren Mund spielte ein ver haltenes Lächeln. Er wußte nicht recht, lachte sie über ihn oder über das drollige Gebahren eines im Sande umher- kollernden Strandläufers. Das ersterc schien annehmbarer.