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Nummer 23. Kernsprecher: Amt DeuH-n 2120 Dienstag, den 22 Februar 1910. s-rnsprech-r: «mt Deuben 2120 2Z. Jahrgang. bei Riesa aufgestiege», haben um 8 Uhr Des Bußtags wegen erscheint die nächste Nummer am Donnerstag Kirchennachrichten von Somsdorf. Am Bußtag früh halb 9 Uhr Beichte und Lommunion. 9 Uhr Gottesd. m. Predigt über Joh. 18, 36—37. Kollekte für innere Mission. Herzleiden verstorben ist, nachdem er bis in die jüngste Zeit unstet von Ort zu Ort bis zur völligen Aufzehrung des mitgenommenen Geldes herumgezogen ist. Seine Begleiterin hat inzwischen Aufenthalt in München genom men. Die Flucht Gerbers beruhte offenbar auf nervöser Störung seiner Geistestäligkeit und nicht im entferntesten auf irgendwelchen amtlichen oder außeromtlichen Vorkommnissen. — In der Pleiße bet Leipzig wurde in der Nähe der Brücke ein Liebespaar, dessen Hände zusammengebunden waren, tot aufge funden. Es liegt Selbstmord vor, der in beiderseitigem Einverständnis verübt worden ist. Die Toten sind ein 27jähriger Barbier und seine neunzehnjährige Braut. — In der Person eines 27 Jahre alten Chemikers Gustav Heinrich Einil H. aus Frank furt a. M. wurde in Leipzig wieder ein internationaler Eisenbahndieb und Erpresser festgenommen, als er an einer bestimmten Stelle die unter Deckadresse an ihn eingegan genen Sendungen abholen wollte. Seine ver brecherische Tätigkeit bestand darin, weile Fahrten in Luxuszügen im In- und Ausland zu unternehmen und dabei den Reisenden das Handgepäck zu stehlen. Die in dem Gepäck gefundenen Briefschaften benutzte er dazu, um Erpressungen an gutsituierten Personen zu ver üben. Außerdem wird er auch von Halle wegen gleicher Straftaten verfolgt. Bei seiner Festnahme trug der elegant gekleidete Verbrecher einen geladenen Revolver und einen Dolch bei sich, was darauf schließen läßt, daß er auf alles gefaßt war. Ec war außerdem noch im Besitze einer größeren Summe Geldes. — Aus Kochel wird gemeldet: 6 junge Leute, welche auf dem Nothelstcin mit Holzar beiten beschäftigt waren, wurden von einer niedergehenden Lawine fortgerissen und in eine Mulde geworfen. Drei Arbeiter konnten sich aus den Schneemassen herauSar- beiten and machten sich sofort an die Rettung der anderen, die aber nur als Leichen geborgen werden konnten. — Aus Berlin wird von bestunterrichteter Seite mitgeleilt: In allen parlamentarisch. Kreis, ist man der festen Überzeugung, daß der jetzige Reichstag im Frühjahr 1911 aufgelöst wird. Die Neuwahlen werden im Juni 1911 stattfinden. — Kein „Hoch selig" mehr. Zu der letzten Rede des Kaisers bei den Garde-Pio nieren bemerkt das „Christlich-soziale Reich": „Unser Kaiser hat mit der Wendung: „Mein seliger Vater" einem häßlichen Sprachgebrauch wirksam ein stilles Ende bereitet. Die Hof- etikelte hatte das unsinnige Wort „hochselig" geprägt. Dem christlichen Empfinden schlug dieses Wort ins Gesicht. Dec Christ kennt uur eine Seligkeit, bei Christo zu sein; er kennt keinen Unterschied irdischer Würden in der Ewigkeit. Wir danken dem Kaiser, daß er dem falschen Brauch ein Ende gemacht hat. — Die Türkei sucht die Mächte für die Errichtung eines Fürsteutumes Kreta zu ge winnen. — Frankreich hat an Muleh Hafid ein Ultimatum gesandt. Der^Sultan wird in dem selben aufgefordert, die in Paris geschlossenen Abmachungen binnen 48 Stunden zu ratifizieren. Kirchennachrichten von Rabenau. Mittwoch, den 23. Februar Bußtag. Vorm, halb 9 Uhr Beichte und Feier des heiligen Abendmahls: Pastor Herfurth. Vormittags 9 Uhr Gottesdienst: Derselbe. Pcedigttext: Joh. 8, 46—47. Nachm. 5 Uhr Beichte und Feier des heiligen Abendmahls: Pastor Her furth. Text: Matth. 9. 10 -13. Vor- und Nachm. Kollekte für den Landesverein für in nere Mission. lebenslänglichem Zuchthaus be- gnabigt. Vetter wurde zur Verbüßung der Strafe in das Zuchthaus nach Waldheim geb cacht. — NeichstagSpräsident Graf Stollberg- We rnigerode ist Sonnabend, 7 Uhr abends, an Lungenschlag gestorben. — Kleine Notizen. In das Stations gebäude der Haltestelle Nickritz wurde ein Ein bruch verübt. Während das Stationspersonal Mittag machte, zertrümmerten die Einbrecher das Schalterfenster und stiegen in den Dienst raum ein. Dort öffneten sie das Kassenpult und entwendeten 6 Mark. — In Leipzig- Eutritzsch stürzte das dreijährige Söhnchen des Oberpostschaffners Graunitz aus der im drillen Stock gelegenen Wohnung auf die Straße herrch und war sofort tot. — Ein Reisender aus Schirgiswalde verunglückte in Niedcrsteina schnier durch Herausstürzen aus einem ins Schwanken geratenen und an eine Steinsäule ans chlagenden Lohnfuhrwerk. — Durch die Erben des verstorbenen Fabrikbesitzers Alfons Porak winden den Arbeitern der Flachsspinnerei in Hwinitz 11 000 Mark ausgezahlt. Die Be amten und Aufseher der Fabrik wurden außer- de,n entsprechend bedacht. — Im Braunkohlen werk in Kleinsaubernitz löste sich in ungefähr 1 Meter Höhe ein Tonstück von etwa Kubikmeter Größe und traf den vorbei- fah,reuden Fördermann Bruno Martin aus Gr oßsaubernitz, der hierdurch sofort getötet wurde. — Im Abort einer Strumpffabrik in T h al- h -rim i. Ei wurde von Arbeitern ein neuge borenes Kind gefunden. Es gelang, das Kind noch lebend zu retten. Als Mutter wurde eilte ledige Strumpfnäherin ermittelt. — Nachts wmde im Gasthof „Zur grünen Linde" in Schedewitz ein Einbruchsdiebstahl verübt. Die Diebe, die anscheinend gut Bescheid wußten, drangen auch in ein Fremdenzimmer ein und stahlen den dort schlafenden Fremden die Taschenuhren und Geldbörsen. Außerdem er beuteten sie Kleidungsstücke, Stiefel und andere Gegenstände. — In der Schlußverhandlung über die Straße ukrawalle in Hettstedt während des Aufstandes im Mannsfelder Bergbaurevier wurden die Angeklagten zu Gefängnisstrafen von 6 Monaten bis zu 1 Jahr velucteilt, und zwar sämtlich wegen qualifizierten Land friedensbruches, einer außerdem wegen Beamten beleidigung und ein anderer wegen versuchter Notzucht. — Das Schwurgericht Bautzen ver urteilte den Fleischergesellen Philipp aus Zittau, der dort am 7- Januar eine Kauf mannsehefrau überfallen hatte, wegen versuch ter Notzucht und Diebstahls im Rückfälle zu > 4 Jahren Zuchthaus und 8 Jahren Ehren- 1 rechtsverlust. i Dresden. Jtt der Nacht zum Sonnabend begoß sich die 23 Jahre alte Ehefrau eines < Sleingutdrehers in ihrer in der Döbelner Straße befindlichen Wohnung mit Petroleum und zündete dann ihre Kleider an. Sie stand so gleich vom Kopf bis zu den Füßen in Flammen und erlitt so schwere Brandwunden, daß ihr Tod sehr bald eintrat. — Der 57 Jahre alte Privatmann F., der bis vor einigen Monaten in der Wettiner Straße in Dresden eine Restauration inne hatte, machte seinem Leben durch Erhängen ein Ende. Der verheiratete Mann beging die Tat in einem Zustande von Schwermut. — Die Schokoladenfabrik Hartwig u. Vogel in Dresden soll in eine Aktiengesellschaft um gewandelt werden. Das Aktienkapital soll 6 Millionen Mark betragen. — Ueber die Fahrt eines sächsischen BallonS nach Norwegen liegt eine ausführ lichere Depesche vor. Nach gefahrreicher Fahrt über die See sind hier im Walde zwei Luft- vorm. Berlin, um halb 6 Uhr nachm. Rügen passiert und waren gegen 10 Uhr abends nach Kopenhagen gekommen. Von einem Schnee sturme wurden sie dann über das Skagerak und das Katlegatt getrieben. Um 4 Uhr morgens befanden sie sich wieder über dem Festlande von Norwegen. Sie brachten den Ballon sofort zum Sinken. Die Landung erfolgte mit großer Heftigkeit. Der Ballonführer Berliner soll einen Rippenbruch davongetragen haben. Ec reist nach Deutschland ab. Sein Begleiter - soll am Rücken und an den Hüften schwer verletzt und nicht reisefähig sein. Es steht fest, - daß es sich um den Ballon „Heyden 1" der l chemischen Fabrik Heyden handelt. > — Das große Los, wie auch die Prämie der Landeslolterie und auch die Prämie der Völkerschlachllotterie sind bereits nach Rossau l gekommen. Jetzt hat wieder ein Einwohner ! ein Zehntel des 50000 Mark-Gewinnes der 3. Klasse der Landeslolterie gewonnen. — In Radeberg wurde der Kranken pfleger Schmidt im Krankenhaus wegen Ver dachts sittlicher Verfehlungen an männlichen Personen verhaftet. — Einen niederträchtigen Streich hat ein junges Dienstmädchen ihrer Herrschaft, einer Kausmannsfamilie in Löbtau gespielt. Mit einer ätzenden Flüssigkeit hat das Mädchen die gepolsterten Möbel begossen, so daß nach einiger Zeit die Stoffe des Sofas, der Stühle, Tep piche auch zweier Matratzen Löcher bekamen. Anfangs kam die Herrschaft nicht hinter diesen Streich, dann aber fanden sie in dem Bett des Mädchens versteckt die Flasche mit der Sub stanz. Im Hinblick auf die in Dresden woh nenden achtbaren Eltern des Mädchens sahen die Geschädigten von einer Anzeige ab, das Mädchen mußte aber binnen einer Stunde die Wohnung verlassen und der von der Dienst herrschaft für dasselbe gesparte und in einem Buch angelegte Betrag wurde mit Beschlag belegt. — Am Sonnabend abend kurz vor 7 Uhr ist mit donnerähnlichcm Krachen, das auch in Dresden deutlich wahrnehmbar war, das Appa ratehaus der Gasanstalt inKötzschenbroda in die Luft geflogen. Die Explosion war so stark, daß der südliche Giebel des Gebäudes, in dem sich die Stationszähler und Gasdruck regler befinden, vollkommen herausgedrückt und das Dach abgedeckt wurde. Selbst in dem ziemlich entfernten Verwaltungsgebäude wurden die Fensterscheiben demoliert, während in dem Apparatehaus alle Verglasung nebst dem Rah menwerk dem ungeheuren Luftdruck zum Opfer fiel. Die haushoch auflodernde Feuersäule und die gefährliche Nachbarschaft des nur 3 Meter entfernten Gasometers legten die Möglichkeit einer Katastrophe nahe, doch konnte der Haupt hahn zu dem Gasometer abgestellt werden, so daß die Gefahr bald beseitigt war. — Am 8. März 1908 verschwand der Schuldirektor Gerber von der 16. Bezirksschule in Vo lk m ar s d orf bei Leipzig. Gleichzeitig mit ihm verschwand eine Leipziger Lehrerswitwe, die zu Gerbers Familie in freundschaftlichen Beziehungen gestanden hatte. Es wurde wohl ermittelt, daß Gerber eine Summe von 4000 Mark bei sich führte, irgend eine Spur der beiden Flüchtigen war indessen nicht aufzu- finden. Nach einiger Zeit verbreitete sich nament lich in Lehrerkreisen mit großer Bestimmtheit das Gerücht, Gerber sei Direktor einer Privat schule in der Vorstadt Belgrano von Buenos Aires in Argentinien. Die daraufhin durch die deutsche Gesandtschaft in Buenos Aires ange stellten Erörterungen ergaben jedoch die Grund losigkeit des Gerüchtes. Seitdem wurde über Gerber und seine Begleiterin nichts wieder in Erfahrung gebracht. Jetzt nun nach Verlaus von zwei Jahren seit Gerbers Verschwinden, trifft laut L. T. die Nachricht ein, daß er vor einigen Tagen in Görz in Istrien an einem Hus Nab una fern. Rabenau, den 21. Februar 1910. — Die Zentrale des Giroverbandes sächsischer Gemeinden hat in dem zu Ende gegangenen 1. Geschäftsjahre einen Umsatz von reichlich 48^/, Millionen Mark zu verzeichnen. Mit Rücksicht auf die schnelle Entwickelung und die dadurch bewiesene Lebens- sähigkcit des Verbandes, welcher sich jetzt nur auf das Königreich Sachsen erstreckt, dürste über kurz oder lang dessen Ausdehnung über das Deutsche Reich angestrebt werden. — Wegen Diebstahls und Anstiftung dazu haben sich vor dem Landgericht Dresden zu ver antworten: der 1872 in Rippien geborene Händler und Arbeiter Bruno Max Gobsch und dessen Bruder, der 1876 geborene Stcohhut- peher Max Friedrich Gobsch. Der ältere Bru der ist mit 18 Monate Zuchthaus und 4 Jahre Gefängnis vorbestraft. Friedrich Gobsch arbei tete von 1906 an beim Gutsbesitzer K. in Pos- sendorf, dem er im Jahre 1906 einen Sack Futtermehl stahl, ohne die Beute verwerten zu können. Wiederholt hatte er die Beobachtung gemacht, daß K. Geld und Bankbücher im St roh sack seines Bettes verwahrt hatte. Im Frühjahr 1907 schlich sich Friedrich Gobsch in diebischer Absicht in die Schlafkammer sei- üks Herrn ein, wurde jedoch in der Ausführung seines Vorhabens durch das Dazukommen der Frau K. verhindert. Bald darauf verzog der Gulsbesitzer nach Kreischa, Friedrich Gobsch vül ihm. Bruno G. hatte in der Zwischenzeit die Gegend als fliegender Fischhändler durch- streist und auch den Bruder öfters besucht. Fr. «zählte von dem enormen Reichtum des Guts besitzers K. und deutete an, daß „bei dein ein Ding zu drehen sei". Diese Anregung fiel bei Bruno auf fruchtbaren Boden, lange fand sich jedoch keine paffende Gelegenheit zum Dieb stahl- Am 24. August v. Js. erfuhr der ältere G>, daß K. mit Familie und Gesinde auf dem Felde mit Erntearbeiten beschäftigt und das HauS ohne Aussicht sei. Unbehelligt begab er sich in die Schlafstube des Gutsbesitzers K., durchsuchte dessen Bett und fand zwei Bank bücher über 5688 und 3700 Mark. Sofort fuhr der Dieb nach Dresden, gab sich bei der Bank als Knecht und Bote des K. aus und hob von dem einen Buche die Einlage von 5688 Rark ab. Das andere Buch will G, wegge- worfen haben, da es gesperrt und deshalb für >hn nicht verwertbar war. Von der erlangten Summe gab Bruno G. seinem Bruder 2300 Mark zum Aufheben, trat dann eine Vergnü gungsreise nach Berlin an und wurde dort am 2. November verhaftet. In seinem Besitze ivaren noch 1300 Mark, die der Bestohlene üüedererhalteu hat. Von dem ihm anvertrauteu 2300 Mark verbrauchte Friedrich G. für sich 700 Mark, den Nest will er bei der Nachricht von der Verhaftung seines Bruders verbrannt haben. Das Gericht erkennt gegen Bruno gobsch auf g Jah^ Zuchthaus, 10 Jahre Ehrverlust und Zulässigkeit der Polizeiaufsicht, Wen Friedrich Gobsch auf 1 Jahr 4 Mon. Gefängnis und 5 Jahre Ehrverlust. Letzterem Ard die Untersuchungshaft mit 2 Monate» Gefängnis angerechnet. Der bei Herrn Bezirksschorusteinfeger- AMer Naumann in Tharandt in der Lehre befindliche 15jähr. Baumgärtel wurde früh in «nein Hofe halb erstarrt aufgefunden. Man land den duftig bekleideten Lehrling in Pack- wrben kauernd vor. Der Junge hat am Mitt- woch abend Rabenau verlassen und sich dem- längere Zeit ohne Speise und Trank dort berfieckt gehalten. Der Junge ist ein Simulant und soll wieder in die Erziehungsanstalt Bcäuns- borf zurückgebracht werden. — Infolge Nervenleidens hat sich ein Einwohner in Tharandt durch Schnitte die Handgelenke verletzt. Ec wurde durch den Unfallwagen in das Stadtkrankenhaus nach Dresden gebracht. Eine Lebensgefahr scheint üicht zu bestehen. — Der König hat den am 12. Dezember schiffer, Rudolph Berliner und M. Donath, v. Js. wegen Ermordung seines unehelichen unter großen Schwierigkeiten gelandet. Sie Kim-es vom Schwurgericht Bautzen zum Tode waren Dienstag morgen gegen 7 Uhr in Weißig verurteilten Kutscher Vetter aus Birschheim zu bei Riesa aufgestiegen, haben um 8 Uhr abemuer Anzeiger Zeitung sm UmM, Seifers^ Inserate tosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Ps. Reklamen 20 Ps. Annahme von Anzei g rn für alle Zeitungen. Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementsprets einschließlich zwei illustriener achtseitigen Beilagen sowie eines illustrierten Witzblattes 1,50 Mk. Klein- und Grotzölsa, Obernnundorf, Hainsberg, Somsdorf, Eotzmannsdorf, Lüban, Borlas, Spechtritz re. Mit nerbindlicher Publlkalionskraft für amtliche Bekanntmachungen.