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c ' x - Nummer 1S7 — 2«. Jahrgang krichetnt Smai wüchtl. mit Mustr.GraN»vetIaern »Heimat und Seit" und der Kinderbetiage .Frohmut", «owie den Tertbettagen ,^dt. Benno-Blatt". »Unterhaltung und Wissen", »Die Welt der au", Aerjtltcher Ratgeber", Da» gute Bukh". ,fll>mrund- an". Monatlicher BezogSveetS 8 MI. elnschi. Bestellgeld, nzelnummer 10 4 Sonnabend- u. Sonntagmimmer SO 4» Hauvtlchrtstletter! D». iS. L«»e»i>I. Dresden. Sächsisch e Mittwochs den 27. August 1830 Äeetagdorti Dresden rinzeigeuvretsei Die tgelvaltene Petit,eile 00 4. NamNien- an,eigen u.Stcllenaetuche SO 4- Die Pettttellamezeil«. stll mm breit, I >1 Für Anzeigen ausierhalb de» Berbre,tung?gebicte» 404 die Petilrellame,«ile 1.00 Brieigeb. 00 4. Im Falle HSHerer Aewali eritichi lebe Bervllichttlng aus Lieferung iowtr Trsllllnng d, Anzeigen-Auttrligen u. Leistung d. Schadeneriatz. «elchiiNlicher rell Feg» BuNgart,. Dresden. H Esse iSeschäftSftell«, Lrnttn.Berlagi «ermanta. A^G. lar vertag und DruckerehFiltal« Dresden, DreSden-A.i, Polierstratzell. Fernruf21012. Bostlcherkloiuo Drekden I70Z, Baulkonto Stadtbank Dresden Rr. SI1IL Für chriskliche Politik und Kultur lltevattion der >Laa,uta,en VolkSzeitiing DreSdon-AUItadi l. Poilerstragc t?. Ferurin LMV und? IVI2. „Alrlive Revisionspvlililr" Neukrale Stimmen gegen die Ungerechkigkeik des Versailler Verlrages Gens. 26. August. Unter der Überschrift „Aktive Revislonspolitik" beschäftigt sich die Neue Züricher Zeitung mit dem Artikel 19 des Völkcr- bundspokies über die Revision internationaler Verträge. Das Blatt weist auf die Mantelnote der alliierten Regierungen an die deutsche Regierung vom 16. Juni 1919 hin, in der ausdrück lich sestgelegt wird, daß die im Jahre 1919 geschaffene Regelung von Zeit zu Zeit abgeändert und neuen Ereignissen und neu entstehenden Verhältnissen angcpaßt iverüen kann. Wenn jeder Revisionsruf von vornherein als Kriegsruf hingestellt werde, wie Paincarö es tue, so sei cs besser, den Artikel 19 aus dem Völkerbundsgakt zu streichen, Statt dessen aber sollte es gerade Ausgabe des Völkerbundes sein, nicht einseitig der Aufrecht erhaltung der 1919 geschaffenen Weltordnung zu dienen, son dern die Elemente der friedlichen Evolution, die im Völker bundspakt enthalten seien, auszubilden und so drohenden Kon flikten vorzubeugen. Erstarrung der Zustände bringe die Ge fahr gewaltsamer Explosion mit sich. Bis jetzt habe man in Genf den Artikel 19 im Dornröschenschlaf liegen lassen. Nie mand wage es, an ihm zu rühren, so daß sich eine Praxis seiner Anwendung bisher noch nicht herausgebiüet habe. Frankfurt a. M., 26. August. Der bekannte amerikanische Zeitungsverleger William Nandolph Hearst, der augenblicklich in Bad Nauheim zur Kur weilt, veröffentlicht einen Artikel, in dem er seine An sichten über die politischen Verhältnisse in Europa darlegt. Er erklärt darin, u. a. folgendes: Um es Amerika begreiflich zu machen, ivas es heiße, das, Deutschland im Westen eine» Teil seines (Gebietes an Bel gien und einen anderen an Frankreich und im Osten einen Teil an Litauen abgetreten habe, sowie daß ein Stück Land aus Deutschland herausgeschnitten und an Polen gegeben worden sei. müsse man dem amerikanischen Volk erklären, daß dieser Zustand ungefähr dasselbe wäre, als ab Amerika Arizona'lind Kalifornien an Mexiko, den Staat Washington an Britisch- Columbien und Florida an Spanien zurückgegeben hätte und ein Stück Land von den großen Seen durch den Staat Nenyork nach dem Meer herausgeschnitten und dieser Ausschnitt, der Kaas sprich! in Paderborn Paderborn, 21. August. Auf einem Parteitag der Zentr u'm spartei für das ö st l i ch e W e st f a l e n hielt der Vorsitzende der Deutschen Zentrumspartei, Prälat Dr. Kons, eine Rede, mit der er den Wahlkampf für das Zentrum in Westdeutschland eröffnet». Dr. Koos führte u. a. folgendes aus: Es ist wirklich tragisch, wenn man sich überlegt, daß der Wahlkampf uns gerade in einem Augenblick überrascht hat, wo die Fortsetzung der sachlichen, besonnenen Aufbau- und Sanierungspolitik des Kabinetts daran war, die ersten Erfolge zu erzielen. Es ist ein beschämender Beweis sür die politische Urteilskraft hes deutschen Volkes bis weit hinein in das Parlament selbst, daß die Volksvertretung gerade in dem Nugenblick der staatsmännischen Führung des Kanzlers Dr. Brüning versagt hat. als die Energie dieser Führung ent schiedener war das in irgendeinem anderen Augenblick der letzten zwölf Jahre. Man közmte fast daran zweifeln, ob es überhaupt möglich sein wird, aus diesem Wahlkampf eine Volksvertretung sicher- gestellt zu sehen, die ein Mehr an politischer Reife aufwcist. Entweder werden uns die Wahlen einen arbeits freudigen, verantwortungsbewußten Reichstag bringen, oder die Linie der deutschen Innen- und Außenpolitik wird sich in einer Richtung entwickeln, die zu äußerster Sorge Anlaß geben muß. Es geht um nichts Geringeres als darum, ob die Arbeit der letzten zwölf Jahre umsonst getan sein soll. Nur berufen m>d innerlich bewogen durch sein Pflichtgefühl ist Dr. Brüning damals den schweren Weg gegangen, als er die Ne gierung übernahm. Jede Verschiebung der Finanzierung wird zugleich auch eine Erschwerung bedeuten. Wenn schließlich zum Artikel 48 gegriffen wurde, wenn die Regierung Brüning von Maßnahmen Gebrauch machte, die für solche außerordentlichen Notzeiten in der Weimarer Verfassung vorgesehen sind, dann hat es die Negierung Brüning nur getan, weil sie innerlich überzeugt war, nicht länger warten zu können. Diejenigen, die soviel von Demokratie und Parlamentarismus reden, sollten sich einmal überlegen, worin denn ein starkes Attentat gegen den wahren demokratischen Geist und gegen den wahren Sinn des Parlamentarismus liegt. In der Berant- wortungsscheu der deutschen Volksvertretung oder in dem Mut des Kanzlers, der durch das Versagen der deutschen Volks vertretung zu den verfassungsmäßigen Notmaßnahmen griff? Ob mit Artikel 48 oder ohne, ich glaube, daß das den großen Massen de« arbeitenden und notleidenden Volkes in der Arbeiterschaft, dem Mittelstand, der Landwirtschaft und in allen anderen Be rufen außerordentlich gleichgültig ist, wenn es nur das Emp finden haben könnte, daß da» Rertungswerk selbst Neu-Englanü von den übrigen Vereinigten Staaten trennen würde, an Kanada gegeben worden sei. Wenn der Krieg anders ausgegangen wäre und eine solche Aufteilung Amerikas dem Krieg gefolgt wäre, könne das amerikanische Volk älar verstehen, daß man nicht sehr glücklich darüber gewesen wäre. Amerika würde nicht gewillt sein, eine solche Ungerechtigkeit bestehe,, zu lassen und es würde durch diplomatische Mittel oder durch Krieg ihre Beseitigung herbei zuführen suchen. So könnte das amerikanische Volk es ver stehen. wie ungesund, wie ungerecht und wie unsriedlich die augenblickliche Einrichtung Europas sei. Es würde verstehen, was es sür eine aussichtslose Sacl;e sei, was die siegreichen Nationen in Versailles vollbracht hätten und welcher Verrat cs an seiner eigene» Politik gewesen sei, dem Präsident Wilson zugrstimmt habe. Derartige Stimmen der Vernunft haben wir in den Jahren seit Kriegsende aus de» neutralen Ländern schon oft gehört. Nur könne» wir kaum annehmen, daß diese Stimmen die Meinung einer Mehrheit in diesen neutrale» Staaten wie dergeben. Sonst hätte das Ringen der deutschen Negierung »in eine gerechte Revision der ungerechten Verträge längst kräf tigere Unterstützung finden müssen. Eine Lösung der euro päischen Frage ist nicht möglich, solange die Zwangsmaßnah men von Versailles und damit die Gefahr immer neuer inter nationaler Krisen bestehen bleiben. Die Europa-Konferenz in Paris, 26. August. Bisher haben 1!> Staate,, auf Vriands Vorschlag, die Europa-Konferenz am 8. und 9. September in Gens abzuhnUcn, zustimmcnd geantwortet und mitgeleilt, daß sic durch ihre Außenminister stark vertreten sei,, würden. Die Beratungen der Europa-Konferenz werden an den 'Nachmittagen des 8. und 9. September stnttsinden, während die Vormittage den Sitzun gen des Völkerbundrates Vorbehalte» bleiben. konsequent und mutig in Angriff genommen wurde. Eine oppositionelle Mehrheit, die nur i» der Ziger eine Mehrheit darstcllt, ohne ober in der Loge zu sein, beim Scheitern der Regicrungskoalition selbst eine Mehrheit zu bil den, eine solche ziffernmäßige, ober nicht sachlich fundierte Mehrheit ist eine parlamentarische Farce, aber kein Parla mentarismus! Wir werden uns aus unserer katastrophalen wirtschaft lichen Lage nur daun hcrausarbeiten können, wenn es „ns ge lingt, zu einem von gegenseitigem Vertrauen getragenen Wirt schaftsaustausch mit dem Auslande zu komme,,, der uns Arbeit und Brot sichert, der den anderen aber auch das Gefühl gibt, daß wir nicht aggressiv gegen sie. sonc»-»., ksrvcratio mit ihnen arbeiten wollen. Skegerwaid sprich! in Ksr'sri-He Karlsruhe, 26. August. In einer stark besuchten Zcntrumsversammlung sprach hier heute abend Reichsmini jt ec Dr. Stegerwald über Wirtschafte- und Sozialpolitik. Er betonte, daß die Stunde gekommen sei, wo wir unser Haus im Innern in Ordnung bringen müssen. Dabei werde es nicht ohne heftigste Kämpfe abgehen. Der deutsche Reichstaqswähler müsse lernen, daß nicht die Interessengruppen und politischen Parteien, sondern die Bolksgeme>nschast Aus gangs» und Mittelpunkt auch sür das Wohlergehen des Ein zelnen ist. In der Arbeitslosenfroqe. so fuhr der Minister fort, sei die Wiederherstellung des Vertrauens zu Staat und Wirtschaft das Entscheidende. Für die nächste Zeit sei ein Doppeltes notwendig: 1. die deutsche Landwirtschaft muß zur dauernden N e n t a b i l i t ö t gebracht werden, damit sie einmal mekr Menschen auf dem Lande festhaltcn kann und weiierhin kauf kräftig wird, so daß sie in der Lage ist. die einheimischen industriellen Erzeugnisse zu kaufen. 2. Unsere gesamte Wirtschaftspolitik muß so gestaltet werden, daß in absehbarer Zeit lö—18 Millionen Menschen vom deut schen Außenhandel leben können. Der Minister führte dann aus. der Wablkampf gehe darum, ob wir den Willen, den Mut und die Entschlossenheit ausbrin- gen, Staat und Wirtschaft unter allen Umständen in Ordnung zu bringen. Beide müßten als Einheit angesehen werden. Da es unmöglich sei, neue Steuern auszuschreiben und die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung beliebig zu erhöhen, blieben nur Einsparungen aus der. ganzen Linie und Drosse lung der Ausgaben übrig. Die Lage sei sehr ernst, trotzdem könnte sie gemeistert werden, wenn wir wollten. Das dentsch« vstt miiss« sich nur solidarisch al» eine Einheit fühlen lerne«. Die SPD auf Stimmenfang Wohl kaum ist eine Regierung von der Linkspresse so angegriffen und geschmäht worden, als die Negierung Brüning. Geradezu unglaublich gebärdet sich die sozia listische und mit ihr die freigewerkschastliche Presse in diesem Wahlkampf. Soviel Worte, soviel bemühte Un wahrheiten. Jedes politische Kind weis;, das; die sozial demokratische Negierung Müller v on si ch aus zurück getreten ist. Sie brachte nicht einmal den Mut auf in Schönheit zu sterben, und in ofsener Feldschlacht sich dem Reichstagsplenum zu stellen. Trotzdem kehrt immer die Behauptung wieder, die „einzige Arbeiterpartei" sei aus der Regierung h e r a u s g e d r ü n g t worden tun eilte unsoziale Politik einleiten zu können. Es steht diesen Wortglaubern wirklich gut an, nach einer Negiernngs- periode des Herrn Wissell, die gekennzeichnet ist durch Untätigkeit und Unfähigkei t. von einer sozial- rückschrittlichen Politik zu reden. Dabei wissen die Herr, schäften ganz genau, das; die Grundlagen unserer Sozial politik durch die voll ihnen mitverschuldete Wirtschasts- und Finonzkrise stark gefährdet waren. Man versucht die Arbeiterschaft über die iv a b r e n Bvrgänge hinwegzn- täuschen. Der Umsang der großen Not und Arbeitslosig keit liegt in erster Linie mitbegründet in der verfehl ten Finanzpolitik, die die Sozialdemokratie jederzeit milgemacht hat. Wir tragen nach den Taten wirklicher Hiise sür die große Masse der Erwerbslosen. Wir können nur vom Gegenteil berichten. Einige Musterbeispiele so zial i st i s ch e r Finanzpolitik seien hier ange führt: Bei der Eingemeindung des Landkreises Hörde nach Dortmund, dcr eine sozialdemokratische Verwaltung hatte, mußte die Tladt Dortmund eine unangenehme Ueberraschung erleben. Sie stellte fest, daß man den ver hältnismäßig wenigen Beamten dieses Kreises 7ä 000 Ni. mehr zahlte, als ihnen nach der Neichsbesolduiigsordiiung zustanden. Bei der Besetzung der Stellen hatte der Fa milienklüngel eine große Nolle gespielt. Die Folgen einer solchen Finanzpolitik führen dazu, daß die notwendigen Mittel für den Wohnungs- und Straßenbau nicht mehr zur Beifügung stehen und deshalb Aufträge nicht rrer- geben werden können. Die weitere Folge muß sein, das; das Heer der Arbeitslosen dadurch anwächst. Fm Reichstag haben die Sozialdemokraten einen Antrag eingebracht, die über 12 00tt M. hinatlsgehenden Pensionen der Reichsbeamten ans diese Summe herab zusetzen. Als bei der Beratung dieses Antrages im Aus schuß des Reichstages ein christlicher Arbeiternertreter an die sozialdemokratisch geführte preußische Regierung die Frage richtete, ob sie nicht dem Reich folgend, die Mini- slerpensionen beseitige!! und ein entsprechendes llebcr- tlebergangsgelö zahlen wolle, wurde das seitens der preu ßischen Regierung abgelehnt. L>e begründete das mit dem immer gehörten Bedenken, es wurden die tüchtigsten Kräfte zur Privatinüusirie abwandern. Die gleichen Be denken äußerte inan gegenüber den wesentlich höheren Aufwandsentschädigungen der preußischen Minister in; Vergleich zu den Reichsministern. Auch die weienllich höheren Zulagen, die Preußen seinen Beamten zahlt, wurden so abgelehnt. So sind die Agitationsanträge der Eozialdemokrarie zu werten. Bei der Berliner Berkehrsgejellichast har man d:e Löhne Ser Beschäftigten dadurch gekürzt, daß man die Arbeitsrei: um eine halbe Stunde berabietzte. und zwar ohne Lohnausgleich. Der Generaldirektor dieser Betriebe, ein ehemaliger sozialdemokratischer GewerKscK Mlcr. hat sicb dafür mir aller Entschiedenheit eingesetzt. W:r haben nichts davon gehört, daß dieser „Arbeitervcrlrerer" eince Kürzung seines eigenen Einkommens, das 72 000 Nt. jährlich beträgt, das Wort geredet bat. Der „Vorwärts", das Zentralorgan der -ozialdemokranschen Partei, hat zugegeben, daß 80 000 sozialistische Parteifunktionäre be soldete öffentliche Aemter bekleiden. Die Fürsorge sur diese Mitglieder scheint der TozialSemokratie mehr am Herzen zu liegen, als das Wohl und Wehe der Arbeitslosen. Fetzt, nachdem die Sozialdemokratie wieder in Opposition steht, ist sie außerordentlich fruchtbar gewor den in der Stellung radikaler Anträge. Fetzt vor den R e i ch s t a g s w a h i e n erinnert sie sich wieder der Arbeiterschaft. Die großen Massen, die ihr als Stimmvieh gut genug sind, sollen nunmehr durch eine scizeinradikale Agitation eingesangen werden. Jetzt werden wieder große Versprechungen geinacht, wie