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Glbeblatl für Riesa, Strehla und deren Umgegend. 25. Dienstag, den 23. Jnni 1857 Ueber daS proiectirte Luther - Denkmal in Worms. Nachdem in jüngster Zeit das königl. sächs. hohe Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts durch Uebersendung von 200 Thlr. an den für obi gen Zweck zu Worms bestehenden Comite eingesen det und dadurch seine Sympathien für das schöne Unternehmen hinreichend bekundet hat, dürfte es an der Zeit sein, einige Worte über dasselbe auch in diesen Blättern nicberzulegen. Von WormS aus, wo der größte Mann, den Deutschland gebar, der heldenniüthige Luther, vor Kaiser und Reichstand, und ein so unumwundenes Glaubensbekenntniß abiegte, daß Freund und Feind darüber erstaunte, ist jüngst der Ausruf in alle pro testantischen Länder ergangen, dem kühnen Refor mator ein seiner würdiges Denkmal an eben der Stelle zu setzen, wo er, im Angesichte des Märty rertodes zum Widerrufe gedrängt, das begeisterte und begeisternde Wort sprach : „Hier stehe ich, ich kann nicht anders! Gott helfe mir! Amen. Es wird wohl nun viele geben, welche entweder der Errichtung von Denkmälern im Principe ab hold sind oder ein solches vorzugsweise für Lnthern unnöthig erachten könnten, da er sich in Millionen Herzen ein Denkmal gesetzt hat, das dauern wird, so lange noch Menschen menschlich fühlen und das Große und Erhabene die wohlverdiente Anerkennung findet. ES hat dies wohl viel Wahres an sich. Eben so wahr aber ist, daß wenn die Völker aller Lande und jeden Geschlechtes, Alters und Standes die äußere Anerkennung des' wahren Verdienstes als etwas Ersprießliches und Nothwendigcs halten, eine solche Anerkennung namentlich dem Manne gebührt, dem wir unser heiligstes Gut, Gewissens- und Glau bensfreiheit, verdanken, und dich namentlich an der Stelle, von wo aus sein Name und sein Werk sich zuerst über die ganze damalige civilisirte Welt mit reißender Schnelligkeit verbreitet hat. Denkmäler aller Art'sind den nach verschiedenen Richtungen hin ausgezeichnetsten Männern des Vaterlands be reits an vielen Orten errichtet worden, und wir wollten unsres Luther vergessen? Verdient er es weniger, als Schiller und Göthe, daß man seinem Namen ein Gedächtuiß stifte? Und wenn Luther weiter nichts gethan hätte, als daß er dem deut schen Volke daS Mlige Gotteswort, die Bibel, in jener kernigen, ffkgeisterungsvollen Ucbersetzung bot, die seitdem die Grundlage der hochdeutschen Sprach geworden ist, so würden seine Verdienste um die selbe die Verdienste Schillers und Göthe's immer noch weit überragen. Ist ja Luther dieser Bibel übersetzung wegen, aber auch nur wegen ihr allein, sogar in die Walhalla bei Regensburg gekommen! Er war aber der Erste, welcher es mit Erftsig wagte, einen fast tausendjährigen Wahn zu bekämpfen und gegen den geisttödtenden Aberglauben mnthvoll in die Schanze zu treten; er achtete keiner Gefahr,, um die Sclavenketten zu zerbrechen, welche eine unselige Geistestyrannci Jahrhunderte lang um die Christenheit geschlungen hatte, und führte das muth- voll begonnene Werk mit Selbstverleugnung und Todesverachtung zu glücklichem Ende. Wie herrlich leuchtet das Bild dieses Mannes bis binüber zu den fernsten Jahrhunderten! Wer sein Leben und sein Wirken nur einigermaßen kennt, muß es zugeben, daß Lnther der größte Wohlthä- 1er unsres Geschlechts, der größte Man» Deutsch lands ist! Und ein solcher Held verdiente eS nicht, daß man ihm in dankbarer Anerkennung seines unver gänglichen Wirkens und Schaffens ein Denkmal setze? Die Katholiken haben volle Hände, wenn sie zu Ehren eines vor Jahrhunderten verstorbenen Heiligen von nicht selten sehr zweifelhaften Verdiensten! eine Kirche bauen oder ein Denkmal stiften sollen, und wir Protestanten, wir Lutheraner, wie wir nach ihm uns nennen, wollten uns entbrechen den Ma nen unsres größten Glaubenshelden ein kleines Opfer darzubringen? Daß aber ein solches Denkmal gerade in Worms errichtet werde, rechtfertigt sich selbst durch die Ge schichte. Denn es ist wohl allen Lesern noch aus ihrem Jugendunterrichte und auch sonst bekannt, daß Luther am 16. April 1521 ein ungeheures Wagniß unternahm, als er auf dem glanzenden Schauplatze eintraf, an welchem der deutsche Kaiser Karl V., 7 Kurfürsten, 24 Herzöge, 8 Markgrafen, 30 Biscböfc, 1 päpstlicher Gesandter, 5 königliche Gesandte und noch außerdem 200 hohe StandeS- personen zu finden waren. Er war sich auch dieses Wagnisses vollständig bewußt. Denn von seiyem Freunde Melanchthon nabm er mit den Worten Ab, schied „Komme ich nicht wieder und morden mich meins Feinde, so beschwöre ich dich, lieber Bruder, last nicht ab zu lehren und bei der Wahrheit zu blei-, den. Du kauust cs noch besser machen als. ich; darum ist auch nicht Piel. Schad» um mich j" Deo