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z sh im b MM Tagthlaii Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den ^Ltadtrath zu Waldenburg. Sonnabend, den 5. Augnst ^180. 1882. "Waldenburg, 4. August 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Anwesenheit des Kaisers Wilhelm in Gastein veranlaßt in dem berühmten Kurort wie stets so auch in diesem Jahr erhöhtes Leben und vermehrte Bewegung in allen Kreisen. Der deutsche Kaiser bewohnt auch diesmal den ersten Stock des Badeschlosses, wo ihm neun Gemächer zur Ver- fügung stehen. Was die Lebensweise des Kaisers anlangt, so hält er sich strenge an die Vorschriften der Kurordnung. Morgens vegiebt er sich nach Gebrauch des Bades auf eine Stunde zur Ruhe. Um 9 Uhr nimmt der Kaiser das Frühstück, worauf er sich den Geschäften widmet. Nach Erledigung derselben unternimmt der Monarch einen Spazier gang. Das Ziel dieser Morgen-Promenade ist in der Regel der sogenannte Kaiserweg. Diesen Spaziergang machte der Kaiser gewöhnlich zu Fuß, nur bei beschwerlicheren Stellen läßt er sich in einem Rollstuhl fahren. Nach der Morgen-Promenade wird das Gabelfrühstück, das an allen Tagen aus Hummer oder Krebsen und einer Fleischspeise besteht, eingenommen. Die Zeil von 1 bis 4 Uhr verbringt der Kaiser zum großen Theil in seiner Wohnung, Nachmittags um die vierte Stunde findet das Diner statt. Die zweite Excursion unternimmt der Kaiser zumeist um halb 6 Uhr, und zwar benützt er hier bei die Equipage, da er größere Ausflüge zu machen pflegt. Die fast ständigen Begleiter des Kaisers sind Graf Lehndorff und Leibarzt vr. v. Lauer. Im Gefolge des Kaisers sind außerdem 19 Personen. Die Dienerschaft des Kaisers besteht aus 26 Per nen. Zweimal des Tages verkehren für den Kaiser Couriere zwischen Gastein und Berlin. Wie die „National-Ztg." meldet, würde die re- vidirte Subhastationsordnung bereits in der nächsten Landtags-Session zur Vorlage gelangen. Die Subhastationsordnung wurde bekanntlich im Jahre 1869 erlassen und gleich Anfangs mannigfach angegriffen, man hat jedoch einen längeren Zeitraum vergehen taffen, ehe man, gestützt auf die gesam- gen^ist an eine Neugestaltung gegan- Die „Prov.-Corr." kommt in einem Artikel über „Die Vertretung der wirthschaftlichen In teressen" zu folgendem Schluffe: „In hohem Grade beachtenswerth erscheint in dieser Rücksicht der von einer Handelskammer gemachte Vorschlag, aus Vertretern der Landwirthschaft, des Gewerbes und des Handels zusammengesetzte Körperschaften für die einzelnen Regierungsbezirke zu bilden, welche den Bezirksregierungen in allen wirthschaftlichen Fragen berathend zur Seite zu stehen hätten. Es würden auf solche Weise Organe für die Förderung gemeinsamer und für die Ausgleichung differirender Interessen der einzelnen Bezirke geschaffen und gleich zeitig feste Grundlagen für größere und umfassen- dere Organisationen gewonnen werden können. Die sem Vorschläge, der die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich gezogen hat, eine unbefangene Prüfung zu zuwenden, wird zunächst Pflicht der Presse oder doch desjenigen Theils der Presse sein, der für die Be- urtheilung sachlicher Vorschläge einen anderen Maß stab, als denjenigen ihrer Ausgiebigkeit für Fractions- und Parteizwecke besitzt. In einem weiteren Artikel: „Die Presse der Centrumspartei" wird die gegen- , wärtige schroffe Haltung der ultramontanen Blätter besprochen und ihr — wenn auch nicht direct — ein „entweder—oder!" zugerufen. Entweder treu zu Kaiser und Reich — oder die Möglichkeit einer Ver ständigung hat aufgehört. Die „Badische Landeszeitung" schreibt: „Der neueste Triumph, den die vom Fürsten Bismarck angestrebte sociale Wirthschaftspolitik in Würt temberg errungen, ist interessant genug, um so mehr, da Diejenigen, welche jetzt das Princip der „Staatshilfe" zu vertheidigen ansangen, Niemand anders sind, als unsere Demokraten, die geschworenen Verfechter der „freien Selbsthilfe" und „freien Selbstbestimmung." Die Sache verhält sich folgen dermaßen: Württemberg ist bekanntlich in den letzten Wochen von furchtbaren Hagelwettern heimgesucht wor den und unter den Stimmen, welche angesichts der um fassenden Hagelbeschädigungen nach einer allgemeinen staatlichen Zwangshagelversicherungsanstalt rufen, befinden sich auch verschiedene aus dem demokratischen Lager. Wo bleibt denn da die von jener Seite für alle wirthschaftlichen und socialen Schäden als Heil mittel stets so warm angepriesene „wirthschaftliche Freiheit" und „wirthschaftliche Selbsthilfe," wenn hier plötzlich der vielgeschmähte Staat mit seinem Zwange als Retter in der Noth angerufen wird? Obwohl nun gegen eine staatliche Zwangs-Hagelversicherungs anstalt vom Standpunkte der demokratischen Partei- principien aus, im Grunde genommen, ganz die selben Bedenken geltend zu machen wären, wie gegen die projectirte staatliche Zwangs-Unfallver sicherung, so müssen wir doch jetzt das merkwürdige Schauspiel erleben, daß dieselben Leute, welche da mals ihr Princip der freien Selbsthilfe und freien Selbstbestimmung als heiliges und untastbares Volks recht verkündeten, nun auf einmal die Staatshilfe und den staatlichen Zwang als einzigen Rettungs anker preisen. Freilich hat auch dieses an und für sich überraschende Verhalten seine sehr guten und leicht durchschauenden Gründe. Unsere Bauern, welche in vom Hagel öfter heimgesuchten Gegenden wohnen, sind vernünftig genug, um zu erkennen, daß ihnen gegen die Verluste durch Hagelschlag nur mittels Gründung einer allgemeinen Zwangs-Hagel versicherungsanstalt, welche die Festsetzung verhält- nißmäßig billiger Prämien ermöglicht, geholfen wer den kann. Da man nun aber diese in ihrer Eigen schaft als Wähler sich nicht vor den Kopf stoßen will, so nimmt man keinen Anstand, das demo kratische Princip der wirthschaftlichen Freiheit hier kurzweg über Bord zu werfen und aus voller Kehle in den Ruf nach Staatshilfe und Staatszwang mit einzustimmen. Auf alle Fälle hat diese Presse durch ihr neuestes Auftreten in dieser Sache an Ver trauenswürdigkeit nicht gewonnen." Zur Beiwohnung der großen französischen Herbstmanöver, die zwischen Marseille und Lyon stattfinden, sind folgende deutsche Offiziere com- mandirt worden: Generalmajor Bronsart von Schellendorf, Chef des Generalstabs des X. Armee corps, Oberst Graf Schlieffen, Commandeur des ersten Garde-Ulanen-Regiments, Major Frhr. v. d. Horst vom Kaiser-Franz-Negiment, der erste Mili tärattache bei der hiesigen Botschaft, Major von Villaume vom großen Generalstabe, der zweite Militärattache Major von Gentzkow vom Garde- Fuß-Artillerie-Regiment und der Botschaftsattache Lieutenant Graf Czapski vom zweiten Garde-Drago- ner-Negiment. Oesterreich. Die Irredentisten haben ihr Möglichstes gethan, um die projectirten Ausstellungsfeste in Triest zu stören uno gänzlich unmöglich zu machen. Um das Fahnenweihfest des patriotischen Arbeitervereins, welches am 30. Juli in den Räumen des Polyteama stattfinden sollte, zu vereiteln, hat man die Fahne gestohlen, das Aufbewuhrungslokal gewaltsam er brochen und auch die Lotteriegewinnste mit fortge nommen. Um 11 Uhr, zur Stunde, als das Fest hätte stattfinden sollen, wurde dem Präsidenten des Vereins die Asche der verbrannten Fahne über mittelt. Nach dem Ueberbringer des Packetes, sowie nach den Thätern des Diebstahles wird selbstver ständlich eifrig geforscht. Ferner wurde, als der Fackelzug des Veteranenvereins am 2. d. in Triest von einer großen Volksmenge begleitet, über den Corso zog, um Erzherzog Carl Ludwig eine Ovation darzubnngen, aus einem Hause am Corso eine Petarde geschleudert, welche an der Spitze des Zuges platzte und den Präsidenten leicht streifte. Mehrere andere Personen wurden schwer verwundet. Die erbitterte Volksmenge zertrümmerte das Redac tionsschild der „Jndepedente," die Fenster der Druckeiei und der Cafos, welche die Jtalianissimi besuchen. Frankreich. Die demissionirten Minister vereinigten sich bei Grevy. Derselbe lud jeden derselben ein, seine persönliche Meinung über die Situation abzugeben. Man glaubt, daß er in Folge dieser Besprechung auf die Hoffnung verzichtet habe, ein neues Ministe rium zu bilden; er ließ sofort Brisson rufen, welcher um 2 Uhr erschien. Es heißt, Grevy wolle eine Botschaft an die Kammer richten, worin er an ihren Patriotismus appellirt und sie bittet, die republika nischen Elemente sollen sich zu einer Regierungs- Majorität vereinigen. Ettgland. General Wolseley ist mit einer Abtheilung der Gardecavallerie auf dem Dampfer „Calabria" nach Egypten abgegangen. Die „Times" meinen, wenn der Sultan nicht die gewünschte Proclamation er lassen könne, thäte.er besser daran, die Truppen sendungen zu unterlassen. Sein Prestige würde dadurch weniger leiden, als wenn er sich in einen Conflict mit England einließe, welcher leicht ver hängnißvoll für seine Macht werden könnte. Die Londoner Abendblätter melden, Suez sei am 2. d. von den Engländern besetzt worden. Der Zulukönig Cetewayo ist am 3. d. früh in Plymouth gelandet. Bulgarien. In einigen Theilen Bulgariens treten in beun ruhigender Anzahl türkische Räuberbanden auf. Der Kriegsminister begab sich an Ort und Stelle, um den Zustand der Dinge aus eigenem Augen schein kennen zu lernen und die Bewegung in ihren Anfängen zu ersticken. Der Minister des Innern beabsichtigt, über gewisse Gemeinden der Bezirke Tirnowa, Eski, Dschumaja und Reffarevo den zeit weiligen Belagerungszustand zu verhängen. Türkei. Die Pforte hat auf das Anverlangen Englands, daß der Sultan in einer Proclamation Arabi Pascha zum Rebellen erklären möge, am 1. August geant wortet, eine derartige Proclamation werde nach dem Erheischen den Umstände erst nach der Ankunft der türkischen Truppen in Egypten erlassen werden können. Lord Dufferin hat der Pforte eine neue Note zugestellt, in welcher der Erlaß der Proclamation gegen Arabi dringend verlangt wird, da andernfalls eine Landung der Truppen nicht stattfinden könne. Dufferin gab der Hoffnung Ausdruck, daß diese Proclamation vor Ankunft oder wenigstens im Augenblicke der Ankunft der Truppen erlassen wer den würde. In der am 2. d. stattgefundenen Conserenzsitzung nahm Graf Corti, der Vertreter Italiens, den früheren Antrag Frankreichs, einen Cotlectivschutz des Suezkanals zu organisiren, wieder auf. Die Vertreter Rußlands, Oesterreichs, Deutschlands und der Türkei stimmten dem Antrag sofort zu, die Ver-