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DK „WrlVeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 28 Pfg-, zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmh -Mmg. Amtsblatt Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Eilige« iandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Nr. 34. Donnerstag, den 25. März 1886. 52. Jahrgang. I > s ,-n»SS^-SS^ " ! — Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 24. März. Der Tag, an wel chem Se. Majestät Kaiser Wilhelm in sein 90. Lebens jahr eingetreten ist, wurde auch bei uns durch eine vom Militärvereine begleitete Reveille, sowie durch ein in Stadt Dresden veranstaltetes Abendessen fest lich ausgezeichnet. Den einzigen Trinkspruch auf Se. Majestät hatte Herr Stadtrath Postmeister Franke übernommen, und feierte derselbe würdig und herzlich die Verdienste, die Se. Majestät sich um die Einigung, die Erweiterung und den inneren Ausbau des Reiches erworben, unter dessen Schutz und Schirm wir leben, und dem anzugehören, uns mit freudigem Stolze erfüllt. Leider fehlte das diesmal sprichwörtlich ge wordene Kaiserwetter; ein grauer Märznebel verhüllte des Himmels Blau und kein Flaggenschmuck ver kündete, welch festlichen Tag man beging. — Unter den Herolden, mit denen der Frühling seine Ankunft verkündet, spielen nicht nur Veilchen, Primeln, Lerchen und Staare ihre Rolle, sondern es werden bald auch andere Lenzesboten dem Bürger in Haus flattern, auf welche der Jubelruf: „Die Fenster auf, die Herzen auf!" eine Anwendung nicht finden dürfte. Es sind die weißen oder grünen Zettel, die dem Steuerzahler die liebliche Kunde bringen, daß das Frühjahrsquartal vor seiner Thüre steht. And wer noch so hermetisch Thüre und Fenster vor den milden Lenzeslüften schließen wollte; der Steuerbote weiß schon eine Spalte zu finden, durch welche er seine inhaltsschwere Visitenkarte einzuschmuggeln ver steht. Durch diese wird jedem Empfänger klar,, ob er im neuen Jahre in der allgemeinen Werthschätzung gestiegen oder — gefallen ist. Natürlich ist nur Wenigen der Schmerz aufbehalten, letztere Wahr nehmung zu machen; die meisten haben sich auf ihrer Höhe gehalten, ja, nicht Wenige bemerken mit ge rechter Verwunderung, daß sie im vergangenen Jahre an innerem Werthe einen so bedeutenden Fortschritt gemacht haben, daß sie durch das Vertrauen der Ein schätzungskommission auf eine wesentlich höhere Stufe emporgehoben worden sind. Was sie selbst nicht ge ahnt, ist über Nacht geschehen: ihr Wohlstand ist zu so erfreulicher Entwickelung gelangt, daß sie ganz zu frieden sein könnten, wenn ihnen nicht zugleich auf gegeben würde, von demselben ein Erkleckliches zum Besten zu geben. Wie aber ist nur das, was sich im Hauptbuchs oder im — Portemonaie in aller Stille vollzogen, oder auch nicht vollzogen hat, zur Kenntniß der Abschätzenden gekommen, und ist allemal das Nich tige zu ihrer Kenntniß gekommen? Darauf müssen wir freilich die Antwort schuldig bleiben und es dem Einzelnen überlassen, sein Geschick entweder zu be neiden oder zu beklagen, jedenfalls aber sich mit ihm nach Kräften auseinander zu setzen und schließlich zu — zahlen. Wir wollen nur Jedem wünschen, daß er das ohne allzugroße Schmerzen thun könne. Dippoldiswalde. Aus dem uns vorliegenden Jahresbericht der hiesigen Kinderbewahr-Anstalt entnehmen wir, daß dieselbe in dem verflossenen Jahre an 288 Tagen von Summa 14 565 Kindern, das ist durchschnittlich täglich 50 Kindern besucht worden ist — gegen 13 574 Kindern im vorhergehenden Jahre, so daß sich also die Frequenz in dem letzten Jahre um ca. 1000 Kinder gehoben hat. Der zahlreichste Besuch fällt in dem Monat Oktober, der schwächste in den Monat Februar. Aus dieser Frequenz erwuchs 1>er Kasse eine Einnahme von 1456 M. 50 Pf. (näm lich pro Kind 10 Pf. pro Tag), außerdem 173 M. 30 Pf. Verpflegungsbeiträge für 3 von hiesiger Stadt übernommene Pflegekinder. Von den Mitgliedern — 81 an der Zahl — wurden 246 M. 30 Pf. bei gesteuert; 180 M. lieferte die Jäkel-Stiftung als Bei trag, desgleichen 75 M. hiesige Stadt, 50 M. I. M. die Königin und 60 M. zwei Privat-Stifrungen; — 73 M. 80 Pf. betrugen die Nutzungen des Anstalts grundstückes, 52 M. 91 Pf. diverse Einnahmen und an Zinsen und Legaten flössen der Kaffe 1301 M. 38 Pf. zu. In diesem Betrag ist das im Monat Oktober zur Auszahlung gelangte Legat von 1000 M. des in Dresden verstorbenen Herrn Kaufmann Cuno enthalten, dem für solch hochherzige Gesinnung und das freundliche Gedenken der armen Kinder unserer Stadt auch an dieser Stelle herzlichst gedankt sei, — Diesen Einnahmen stehen gegenüber als Ausgabe: 1090 M. 76 Pf. Wirthschaftsaufwand, einschließlich Naturalien zur Verpflegung von 14 565 Kindern während des Jahres 1885; 395 M. 90 Pf. für Ge halte und Löhne, 98 M. 4 Pf. für Zinsen und Ab gaben, 140 M. 15 Pf. waren nöthig für bauliche Zwecke, 84 M. 45 Pf. zur Beschaffung des Feuerungs materials, einschließlich Fuhr- und Holzmacher-Löhne und 218 M. 87 Pf. erforderte die Bestreitung sonstiger Bedürfnisse, als: Inventar, Wirthschaftssachen, Wäsche, Reparaturen, Insertionen u. s. w. — Die am Schluß des Jahres 1884 verbliebenen Schulden an 2400 M. sind im Jahr 1885 durch Abzahlung um 300 M. ver mindert worden, so daß dieselben am Schluß 1885 noch 2100 Ai. betrugen. Wie in früheren Jahren hat es auch in dem letztverflossenen an einzelnen Fest tagen in dem Anstaltsleben für die Kleinen nicht ge fehlt. Den Glanzpunkt davon bildete das liebe Weih nachtsfest, das am 3. Januar dieses Jahres in den Räumen des Anstaltsgebäudes 76 Kinder unter den strahlenden Weihnachtsbaum versammelte und (aus dem Ertrag einer zu diesem Zweck besonders veranstalteten Sammlung) einem Jeden etwas Nützliches, ein ihm nöthiges Kleidungsstück, aber auch sonst Mancherlei, was ein Kinderherz zu erfreuen vermag, als: Spiel sachen, Pfefferkuchen, Aepfel, Nüsse — die üblichen Stollen nicht zu vergessen — brachte. Außerdem gab es auch im Laufe des Sommers einen fröhlichen, fest lichen Tag für die Kinder, der denselben durch eine der oben erwähnten Privat-Stiftungen zum Gedächt- niß einer theueren Verstorbenen bereitet wurden. — Zum Schluß sei noch bemerkt, daß dem Frauenverein, der sich die Erhaltung und Pflege unserer Kinder- bewahr-Anstalt zur Aufgabe gemacht, ein empfind licher Verlust bevorsteht, indem er eins seiner ältesten Mitglieder, Frau Justizrath Canzler, welche dem Ver ein wenige Jahre nach seiner Gründung beitrat und seitdem ununterbrochen demselben nicht blos als Mit glied, sondern während dieser ganzen Zeit, also über 30 Jahre lang, auch dem Direktorium, und zwar als Kassirerin und später als schriftführende Vorsteherin angehörte, in Folge Wegzugs verliert. Selbige hat des ihr anvertrauten Amtes mit großer Treue, Eifer und Gewissenhaftigkeit gewartet und es gebührt ihr die Anerkennung, daß sie sich um die Existenz unserer Kinderbewahr-Anstalt große Verdienste erworben hat — ist sie doch nimmer müde geworden, dem Verein immer neue Mitglieder, Freunde und Gönner zu suchen und zuzuführen und in Zeiten der Noth, wo die Anstalt in Gefahr stand, seine Hilfs- und Ein nahmequelle verstechen zu sehen oder außergewöhnliche Anforderungen an die Kaffe herantraten, denen die selbe nicht gewachsen war, die treue, eifrige Kassirerin, weder Mühe, Wege, noch eine ablehnende oder un freundliche Antwort scheuend, immerdar bittend und werbend für die Interessen unserer Anstalt eingetreten. Solche Liebe und Treue, die Frau Justizrath Canzler allezeit genannter Anstalt bewiesen, wird ihr unver gessen bleiben und herzlicher Dank und aufrichtige Segenswünsche seitens des Direktoriums, sowie aller Derer, die ein warmes Interesse an unserer Kinder- bewahr-Anstalt nehmen, folgen der Scheidenden nach der neuen fernen Heimath. — Am vergangenen Sonnabend hielt die hiesige freiwillige Feuerwehr ihr 21. Stiftungsfest in Form eines Kommerses ab. Derselbe ward eröffnet durch ein vom Hauptmann des Korps, Fabrikant G. Reichel, ausgebrachtes Hoch auf König Albert, den Protektor der sächsischen Feuerwehren. Hierauf über reichte Herr Bürgermeister Vqigt unter herzlichen Worten den beiden Mitgliedern, die Heuer auf eine 20jährige Dienstzeit zurückblicken können, Schuhmacher meister Dörner und Klempnermeister Philipp, die vom Landesausschuffe ausgestellten Diplome. Der Kom mers, der noch durch die Uebergabe zweier Stamm gläser an verdiente Kameraden unterbrochen ward, und bei der manch gutes und kräftiges Wort ge sprochen wurde, verlief sodann zur allgemeinsten Zu friedenheit. — Das Thauwetter ist bei uns bis jetzt ganz normal verlaufen und der Wafferstand der Weißeritz seit Sonntag nicht höher geworden, obschon die Tages temperatur immer -j- 3—4° hoch gewesen ist. Frei lich lagern von Schmiedeberg an immerhin noch be deutende Schneemasien, die, wenn nochmals Regen wetter eintreten sollte, einen größeren Zufluß herbei führen würden. — Wir machen auf die wiederholte Bekannt machung, die Abendunterhalung für den deutschen Schulverein betreffend, in heutiger Nummer unseres Blattes aufmerksam. — Nächsten Freitag, dem ersten diesjährigen Buß tag, müssen alle Geschäfte den ganzen Tag über ge schlossen bleibkn. Glashütte. Zu Ehren des 89. Geburtstages Sr. Maj. des Kaisers Wilhelm hatte der Turnverein als Vorfeier am Sonnabend zu seiner „Turnerkneipe" ein kleines Abendbrot eingerichtet, während der Militär verein am Sonntag im Gasthof „zum golpnen Glas" einen Familienabend abhielt, der sehr zahlreich besucht war. Die vorgehenden Theatervorträge find durchweg als gelungen zu bezeichnen und wurde dei^ Vortragen den wiederholter Hervorruf zu Theil. Der Tanz füllte den übrigen Theil des Abends aus. — Die Tyrolergesellschaft Wellnöfer aus Inns bruck ließ am Sonntag im Hotel „Stadt Dresden" ihre heimathlichen Weisen vor zahlreich erschienenem Publikum ertönen. Die ziemlich guten Vorträge wurden lebhaft applaudirt. — Nachdem die Sonne den Anfang gemacht, hat der seit Sonnabend fallende warme Regen so gründlich mit den Schneemasien aufgeräumt, daß nur noch der an Rändern, überhaupt in Wehen liegende Schnee sichtbar ist. Der Schnee lag hier ca. 30 om hoch, mährend die zahlreichen Schneewehen eine Höhe von l/r bis 1 IN, ja bis 2 IN zeigten. Dresden. Die 1. Kammer überwies am 23. März die Petitionen um den Bau der Bahnen Bautzen- Kamenz und Wilthen-Löbau, sowie betreffs der An schließung von Bernstadt an das sächsische Eisenbahn netz der Regierung zur Erwägung. — Die 2. Kammer ertheilte der Regierung Ermächtigung zur Konzessions- Ertheilung der Privatbahnen Zittau-Oybin mit der Zweigbahn nach Johnsdorf, sowie der Chemnitzthal- Bahn und der Linie Adorf-Roßbach. Sodann ermäch tigte die Kammer die Negierung zum Bau und zur Vetriebsübernahme der Sekundärbahnen Göttengrün- Hirschberg und Göttengrün-Lobenstein im Reuß'schen Oberlande. Pirna. Infolge des von einer Reihe Militär vereine der Amtshauptmannschast Pirna beschlossenen und auch geschehenen Austrittes aus dem sächsischen Militärvereinsbund und der damit zusammenhängen den Eingabe an König Albert sind jetzt auf dessen Veranlassung Erörterungen im Gange. — In Weißig bei Pillnitz wurden jetzt zwei Ar beiter, Gebrüder Fasoldt, verhaftet, weil dieselben verdächtig sind, im Sommer 1883 an einem Sonn abend den Handarbeiter Schmidt aus Schrullwitz, der mit einer Summe von 600 Mark vom Ingenieur Gutmann in Dresden nach einem Fabrikbau gesendet worden war, ermordet und beraubt zu haben.