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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.06.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189106063
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910606
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910606
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-06
- Tag 1891-06-06
-
Monat
1891-06
-
Jahr
1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.06.1891
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Rrdariiou und -kprdition JvhanncSgasse 8. Sprechstunden der Redartion Vormittag« 10—18 Uhr. Nachmittag« 5— 6 Uhr. HIN dl« Rlick-ade ei»,,I>>ilkl«r vlanuicr,»!« macht sich dt» Nedacrio« nicht »«rdlndtich. Annahme der für die nüchstsolarnde Nummer destimmtr» Inserate an Wochentagen bi» 8 Uh» Nachmittag», au Dann» und Festtagen früh bi»' ,v Uhr. In den /ilialru für I»s.-^nnal>nir: Otto klcniin'S Tortti». (Alfred Hatz»), Umversitälssirahe I, Laut» Lasche. Katharinenstr. 14, pari, und Königsplatz 7, nur bi« ' ,S Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. AbonnemeritspreiS vierteljährlich 4'/, Mk, in Alt-Leipzig, i»cl. Bringerlohn 5) Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Einzelne Nrn. 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage« (in Tageblatt-Format gefalzt) ohne Poslbesörderung 60 Mt., mit Postbesörderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. Prelsverzeichniß. Tabellarischer u.Ziffernsatz nach höhenn Tarif. Reklamen unter dem Nedaction-strich dl«4gespalt. Zeile SOPs., vor den Famili«nnachrlcht»a die Ogespallen« Zeile 40 Pf. Inserate sind net« an die Crpeditian za sende». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenumoraiui» oder durch Post nachnahme. 157. Sonnabend den 6. Juni 1891. 85. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 7. Juni, Vormittags nur bis Uhr Lcvssuet. kxpe«1ltloi, «log I.elp/lxser Amtlicher Thctl. Bekanntmachung. Die am 1. Lctober 1891 zu tilgenden Priorilätsobligationcn I Tit. L der Oberjchlesischcn Eisenbahn-Gesellschaft und die am 1. Januar 1892 zu tilgenden Niederschlesischen Zweigbahn-Priori- tätsodligationen der Lberichlesischen Eisenbahn-Gesellichasl werde» am Lannabend, den 4. Jntt 1881, Vormittag« ll Uhr in unserem Sitzungszimmer, Lranienstraße 92 94, 1 Treppe, in ^ Gegenwart zweier Notare, dezw. eines Notar« öffentlich verloost. Berlin, den 8. Juni 1891. Königlich Preußische HanPtuerwaltung der LtaatSschnldcn. Sydow. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Zur Erleichterung de« Verkehr« in der Markthalle wollen wir! den Standinhabern bi« aus Weitere« gestatten, in den Abendstunden von Z—10 Uhr in die Markthalle durch den Hanpteingang Nr. S an der vrüdrrstratze einznfahren und ihre Waaren nach den VerkausSplätzen oder Kellerräumen zu bringen. Die Fuhr werke sind nach ihrer Entladung fofort zu entferne»; um 10 Uhr muh dir Halle von allem Fuhrwerke geräumt sein. Handel darf während dieser Zeiten nicht stattfinden. Leipzig, den 4. Juni 1691. Der Math der Ltadt Leipzig. vr. Georgi. Lindner. Wegen Reinigung der Räume bleiben die Geschäfte de« Leih haus«« und der Svarcasse am Freitag, den 18. Juni 1881, ausgefetzt. Leipzig, den 5. Juni 1891. De» Raths Deputation für Leihhaus und Lparrasfe. Bekanntmachung. Da« für Vertha Bönickc aus Halle a. S. am 12. Oktober 1888 von der Unterzeichneten Behörde ausgcsiellle Dienstbuch isr abhanden gekommen und wird hiermit dehus« Verhütung von Mißbrauch sür ungillig erkart. Leipzig, am 2. Juni 1891 Das Polizriamt der Ltadt Leipzig. In Stellvertretung: IXa. 825. vr. Schund. Faldix. Tie aus das Winterhalbjahr 1891 92 sür das Königl. Amtsgericht hier zu liefernden ca. 4500 Ctr. gute schlarkensreie Pechstückkohle, ca. 1000 Ctr. böhmische Braunkohle, beste Qualität, ca. 200 Eir. Anthracilkohie und ca. 3000 vx Petroleum > sind unter den bei der Unterzeichneten Cassenstelle einzusehenden Be dingungen zu vergeben. Angebote sind bis zum 20. dss. Mts. schriftlich anher eiuzureichcn. ^ Auswahl unter den Lfierten bleibt Vorbehalten. Leipzig, 4. Juni 189l. Ha»vtsp«ntelrasskliper>va>t»»g des königl. -lmiügerichlü daselbst. Ziuimcr 100. Bekanntmachung. Behuf« Bornahme der Wahl eine« Jagdvorstande« und eines Stellvertreters desselben werden fämmtliche Mitglieder der Aagdgenofsenschost Leipzig-Connewitz-Thonberg hiermit vor- geladen, Freitag, den 26. dss. Mtü., Nachmittag« 5 Uhr im Laale des Restaurant zum Eiskeller in Leipzig-Connewitz sich einzusindea. Vertreter von Mitgliedern haben schriftliche Vollmacht beizubringen. Leipzig, am ö. Jnni 1891. Id 2599. Ter Rath der Ltadt Leipzig. vr. Georgi. Ass. Lampe Die Köchin Constanze Olga Wehe von hier hat angezeigt, daß sie ihr am 16. Mat 1878 hier ausgestellte« Dienstbuch am 25. April d. I. in der Stadt verloren habe. Ta« Buch ist im Ausfindungsfall« an uns abzuliesern. Leipzig, den 2. Juni 1891. La» Polizriamt der Stadt Leipzig. IV. 8184. vr. SckmId. M. Gefunden oder als herrenlos angemeldet resp. abgegeben wurden in der Zeit vom )6. bi« 8(. Mai 1891 folgende, zum Theil vcrmuthlich auch von Diebstählen herrührende Gegenstände: eine goldene Brille. et» Opernglas, 8 goldene Broschen, rin goldener Trauring» 2 andere Ringe, div. Armbänder, darunter ein Granat-Armreif, 2 Klemmer, ein goldenes Medaillon mit Haareinlage, eine silberne Münze, 3 Uhrketten, eine davon mit Glas-Berloque und einem Medaillon, ein Portemonnaie mit einem Lotterie-Loc«, Geldbeträge von 20 X und 5 Portemonnaies mit 8 X 46 und 6 20 sowie mit geringeren Beträgen, ein Geschäfts- buch mit der Nummer 218, mrhrcrc Schirmt, ein Spazier- stock, rin Degen, ei» Handtäschchen von Plüsch und »in solche« von Leder, 2 seid. Halstücher, ein seid. Shäwlchcn, Spitzenshawl, eine schwarze Kleidiaille, 2 Paar neue Tarnen, strümpfe, ein Filzhut, ein Zacket, ein größerer .Handkoffer rnit einem Paar Stiefeletten, ein Gartenstuhl, ein Spate», eine Radschraube. 2 Peitschen, ein Schraubenschlüssel, ein« Anzahl gewöhnliche Schlüssel, darunter verschiedene Schlüssel Kunde, 4 Stück eisern« Verzierungen mit Holzschrauben, grwinden, endlich «in 2rädriger Handwagen. Die unbekannten Eigenthümcr dieser Gegenstände werden hier, durch aufgesordert, sich zur Empfangnahme derselben in unserem Eommissarrat rechtzeitig zu melden, andernfalls darüber nach 8 239 de« B. G.-B. anderweit verfügt werden wird. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welche vom Januar bis mit Mai 1890 Fundgegenstände bei uns abgegeben haben, aus, dies» Gegenstände -urückzufordern. andernfalls auch hierüber den Rechten gemäß verfügt werden wird. Leipzig, den 1. Juni 1891. Das Polizri-Amk der Ltadt Leipzig. In Stellvertretung: vr. Schmid. Ml. Lekliiiillmlichililg. L. -/. H Ä. F. J.K.-/.O.M. G. N. /. I. G. Im Monat Mai d. I. vereinnahmte der Unterzeichnete Verein 10.— Sühne in Sachen H. H. '/. M. . 20.— . . . L. D. '/- » 30.— » » . 10.— - » b — » - » S I. F. /.I. O. . 20.- . . . A.S./.J.A.W. . 10.- . . . F. L. /. «. M. - I.— Geschenk von N. R. ^tll06 — worüber hierdurch dankend quittirt wird. Leipzig. 4. Juni 1891 Der Vorstand de« Samariter-Verein«. Schn vor, Schatzmeister. durch Herrn Friedensrichter Freyer, durch Herrn Friedensrichter Siebert, Die Bede des Herrn v. Bollmar. Ein Vertreter der socialdemokratischen Partei, der aber stets die Neigung gezeigt hat, feinen eigenen Weg zu gehen, der ReichStagsadgeordncte v. Volimar, hat vor einigen Tagen in München in einer Partciversammlung Aussprüche gcthan, welche berechtigtes Aussehen erregen, weil sie mit kc» land läufigen socialistischen Anschauungen in Widerspruch stehen. Zu den Emblemen, welche das Local des Socialistcn-CoiigrcsseS in Halle zierten, gehörte das Motto: „Proletarier aller Lander, vereinigt euch", und die Telegirlen kcr sranzösischen Socialisteii begrüßten die Tlieilnekmer des Hallenser Con- gresscs als Bundesgenossen im Kampfe gegen die Bonrgcosie. Der französische Socialist Gueöve sagte unter Anverm: „Die französischen Arbeiter haben es nicht vergesse», daß, als die Pariser Eommune nicdcrgewcrfen war, die deutsche» Social demokralen sich mit der Eommune solidarisch erklärt hätten. Er sei der Meinung, daß der einzige Feind LeS Proletariats die Uneinigkeit sei, sei das Proletariat einig, dann gebe eS keine Macht der Erde, die ibm widerstehen könne. Auch bei dem diesjährigen Pariser Eongrcß ist die Solidarität der Socialisten aller Länder im Kampse gegen daS Eapilal aus gesprochen »nd von de» deutschen Socialdemokraten anerkannt worden, man war deshalb berechtigt, aus diesen wiederholten gleichartigen Kundgebungen den Schluß zu rieben, daß die Socialisten aller Länder sich als Freunde unk Bundesgenossen betrachten, welche den Krieg unter allen Umständen verwerfen. Herr v. Bollmar sagt dagegen, daß man sich in Frank reich über die deutsche socialistische Partei täusche. Sobald daS Vaterland angegriffen werte, gebe cs nur noch eine Partei, nnd die Soclaltcmokratcn würben nicht die Letzten sein, namentlich wenn cS einem Feinde gelte, der gegen alle Eultur sei, nämlich Rußland. Diese Worte bedeuten einen Bruch mit der Lehre von der Jnlkriiatio»a>ität der socia- lislischen Partei, nnd Derjenige, welcher sie sprach, trennt sich dadurch von seinen Parteigenossen. Bisher galt als feststehend, daß die Socialdemokraten nur gezwungen "in daS Heer ciii- trclen, weil sie den Krieg grundsätzlich verwerfen, um so mehr, alö fick im Kriege die Gegner nicht classificiren, also etwa die Socialisten von den Bourgeois nicht absondern lassen. Das ist eine Frage, die bisher im Parlament sorgsam todlgeschwicae» worden ist, weil den Socialisten die Gefahr einer Erörterung dieser Frage einleuchtelc, und sie nicht sicher waren, ob sie den Folgen einer solchen Erörterung auch gewachsen wären. Das Heer ist eine Macht, mit welcher die Socialisten rechnen müssen, die eiserne Tisciplin fragt nicht nach den persönlichen Meinungen, Grundsätze» »nd Anschauungen der Soldaten, sonder» sic verlangt unbedingten Gehorsam. DaS ist eine Macht, vor der auch die Socialtcmokratie sich beugt, wenn auch still schweigend und zähneknirschend, nicht willig nnd mit dem Bewußtsein der unvermeidlichen Nvlhwcndigkcit. Auch im socialistischen Staate ist freilich eine Volksmehr vorgesehen gegen äußere Feinde, vielleicht auch gegen innere — über diesen Punct schweigt daS Programm —, aber diese Feinte können nach Lage der Sache nur Feinde teö SocialiSmuö sein, denn die Socialisten der ganzen Welt sind ja geborene Freunde und Bundesgenossen, welche den Krieg im üblichen Sinne als etwas Unmögliches ansehen und weil von sich weisen. Herr v. Bollmar nennt die Bereinigten Staate» vo» Europa zwar ein nettes Zukunftsbild, ist aber überzeugt, daß keiner der beute vorhandenen Socialisten die Ausführung er leben werde, mit anderen Worten: diese Bereinigung ist ein Pkantasieaebilde, was nie Gestalt annebmcn wird. DaS ist sehr vernünftig geurtheilt, aber nicht socialistisch, und deshalb nehmen wir wohl mit Recht an, daß die Parteigenossen des Herrn v. Bollmar diese Ansicht nicht bestätigen, sondern, als dem Programm der Partei zuwiderlauscnv, ablebnen werden DaS Programm ist überhaupt der Kern der socialen Frage an ihm find die Bemühungen des Hallenser EonaresseS >;>i Schanden geworden, und daS ist auch der wunde Punct des ZukunststaateS. Wenn wir unS der lahmen und gänzlich unzureichenden Erklärungen erinnern, welche Liebknecht und Bebel darüber, tbeilS in Partei-Versammlungen. thrilS im Reichstage abgegeben haben, dann kann man kein Vertrauen zu der Durchführbarkeit der socialistischen Lehren fassen, sie erscheine» lediglich als Mittel der Einschüchterung der bc sitzenden Classe» Bekanntlich ist die Gewinnung der ländlichen Arbeiter für die socialistische Lekre da« Hauptstrebcn der Führer sür die nächste Zukunft. Damit soll eine Hauptfcstung der bestehenden Staats- und GescllschaslSorchtiung fallen. Wenn die Socialisten erst auf dem Lande Fuß gefilzt haben, dann effackten sie das Spiel sür gewonnen, dann werde» sie die Herren der Zukunft sein, und diese wird in erster Linie die Niederwerfung der bestehenden internationalen Schranken bezwecken. Man erkennt aus diesen Umrissen, welche Ausgaben sich die socialistische Partei gestellt hat, zugleich aber, daß sie sich der Tragweite des socialistischen Gedankens nicht bewußt ist Die Partei ist nicht einmal im Stande gewesen, ein Pro gramin aufznstellen, trotzdem will sie mit ihren Himmel stürmenden Plänen alle« Bestehende auf den Kopf stellen zuerst die großen Städte, dann da« platte Land, dann das Heer für sich gewinnen nnd ihrer Herrschaft linlerordiie», und darüber vergißt sie vollständig, die bestehenden Verhältnisse in Bel» acht zu ziehen. Solch tbörichtem Beginnen gegenüber zeigt einer der Führer, wenn auch kein allgemein als solcher anerkannter, Herr v. Bollmar, den Muth, seine Parteigenossen aus den Boten der Thatsachen znrückzusübrcn, sie daran zu erinnern, daß man seit Jahrtausenden bestehende Ein richtungen nicht so olme Weiteres beseitigen kann, daß 'ogar der Fall eintrcten könnte, daß Dculschland mit Frankreich und Rußland in Kamps gerietbe und daß dann doch die große Zahl der deutschen Socialdemokraten nicht gegen den Strom schwimmen könne, sondern am Kampse lbeilnehmen müsse. Ter Redner gebt noch einen Schrill weiter, er mahnt seine Partcigenoße» daran, daß 'ic »ach Aufhebung deS Socialistengesetzeö ihrem Versprechen gemäß ans Grundlage deS gemeinen Rechts i»il den Gegnern und der Negierung unterhandeln müssen. Freilich beucht dabei der Hintergedanke, daß die aus Grund der Verhand lungen gewonnene neue Unterlage nur eine Slufc bildet, »ach deren Besitznahme weiter gearbeitet werden müsse. Aber nach Forteiitwickelung strebt ja alles Lebende, daS kann also den Socialisten nicht zum Vorwurf gemacht werte». Herr v. Bollmar gehört unzweifelhaft zu den einsichts vollsten Mitgliedern der socialdcmokralischcn Partei, er ist als olchcr schon bei dem Eongrcß in Halle hcrvorgctrctcn und hat sich lediglich auf Anstrcbuiig praktischer Ziele beschränkt, wahrend sein Genosse Liebknecht seine geistige Unzulänglichkeit in der Programmfragc aus daS Klarste darthat. Herr v. Bollmar tritt auch jetzt wieder als Vertreter des StandpuiictcS auf, welcher an die bestehenden Verhältnisse anknüpsl nnd die Nebelbilder seiner Parteigenossen nnberücksichlial läßt. Wir können solche Kundgebungen nur als das Zeichen der mehr und mehr zur Erscheinung tretenden Tbalsachc ausfassen, daß 'ich innerhalb der socialistischen Partei eine Wandlung an bahnt, welche darauf hinauSkommt, daß Gebilde der Phantasie niemals auf Berwirklichung Anspruch erheben können. Der SocialiSmuS alö solcher bat seinen Höhcpunct überschritten, diese Thalsache wird täglich klarer. * Leipzig, 6. Juni. * Die Erklärungen des StaatSsecrctairS v. Boetticher über eine vielleicht möglich werdende Herabsetzung der Getreide zolle hatten die Russen hochmüthig gemacht, besonders auch gegenüber Verhandlungen bchusS eines etwaigen drusch-russischen Handelsvertrages. Die Erklärungen deS Reichskanzlers v. Capri vi bereiten ihnen deshalb jetzt furcht bare EiMäuschungcn. Tic russischen Händler hielten ihr Getreide zurück in der Hoffnung, die Preise steigern zu können, wbalv Deutschland seine GctrcitezLlle ermäßige. * In Sachen deS Rhein-Wcscr-ElbecanalS ist die Antwort deS preußischen ArbcitSministcrs an den Vor sitzende» dcö Ausschusses, LandcSdirector Frhrn. v. Hammer stein, ergangen, daß der gewünschte» Mittbeilung beziv. lieber« lassmig der Vorarbeiten zur Fortführung dcö Tortinuiid- Enishäfen-Eanals nach der Weser und Elbe a» den Ansschnß Bedenken nicht entgegcnslchen. ES sei richtig, daß der Kosten anschlag sür die Vorarbeiten (>35 000.<S) nur die Kosten der Vorarbeiten sür die Fortführung deS Dortiiiund-Emühäfcn' EanalS nach der Weser und Elbe darstellt. Wegen des Be ginneS der Vorarbeiten sei daS Nöthige bereits veranlaßt worden. * Wie der „A. N.-E " auS Wilhelmshaven, 3. Juni mitgctheilt wird, ist mit der Leitung der Befestigungs arbeiten auf der Insel Helgoland der Jngenicur- hauptmann Felbaum zu Euxhaven beauftragt worden. * Tie Spcrrgeldervorlage ist am Donnerstag im preußischen Abgeordnetenhause in dritter Lesung an genommen worden. Da an der Zustimmung des Herren bauscS nicht zu zweifeln, ist das Zustandekommen teS Gesetzes »mimebr gesichert. Es verschwindet damit wieder ein Rück stand des kirchenpolitischcn Kampfes und wir wollen hoffen daß die versöhnende Wirkung, die man sich ans manche» Seiten verspricht, nicht auSbleibcn wird. Mil jedem neuen Zugeständnis; an die katholische Kirche aber erhebt sich im evangelischen Volke mit wachsender Schärfe die Forderung, jetzt endlich einzuhalten aus einer Bahn, die bereits bis an die äußerste Grenze dessen geführt bat. waö ei» Staat mit ganz überwiegend protestantischer Bevölkerung gcwäbre» kann. DaS Gesetz ist gegen die Stimmen der Nalionalliberalen und der Mehrheit der freiconservativen Fraction durch Een trum, Eonscrvalive »nd Dcutschfreisinnigc zu Stande ge kommen. Die Beweggründe, welche untere Parteigenoffci veranlaßt haben, gegen daö Gesetz zu stimmen, sind osl genug dargelegt worden. Ein rechtlicher Anspruch auf die Zurück- erstaltung dieser Gelder lag nicht vor und freiwillige Eon cessione» des Staates waren durch den Gang der ultramon tauen Bewegung in neuester Zeit auch nicht gerecht fertigt; unbestreitbar aber war durch diese Vorlage das protestantische Volk in den weitesten Kreisen verletzt; eö war daS Gefühl einer neuen Niederlage des Staates bervorgerusen worden, das Gefühl, daß der katholischen Kirche hinterher gewissermaßen eine Gutheißung deS Widerstandes gegen die Staatsgesetze ertbcilt und ihre Mittel für agitatorische und propagandistische Zwecke verstärkt wurden. Auch wurde mit guten Grünten die ver söhnende Wirkung bezweifelt, vielmehr eine weitere Steigerung der ultramontanen Ansprüche befürchtet. Ans diese Stimmung mußte Rücksicht genommen werten. ES lag auch in dem Widerspruch der Mitlelparteien ein starker Druck au das Erntrum, seinerseits dem Gesetz zuzustiminen. Wir sind der Ueberzeugung, daß da« Eentrum auch jetzt so gut wie im vorigen Jahr das Gesetz abgelelmt haben würde wenn es hätte voraussetzen dürfen, daß auch obne die ultra- montanen Stimmen eine Mehrheit dafür sich gesunden bälte In diesem Fall hätte die katbolischc Kirche nur die Wobl- tbalen diese» Gesetze« eingestrichen, die versöhnende Wirkung aber wäre noch zweifelbaster geworden. AuS allen diesen Erwägungen sahen sich die Nalionalliberalen nnd Freiconser- vativen nicht veranlaßt, an diesem Gesetz initzuwirken. * Tic „Hamburger Nachrichten" sprechen sich so energisch gegen die preußische Lanvgem eind eord nung aus, dag man aus diesen Worten eine andere Stimme als die des RedacteurS zu vernehmen glaubt. Sie sagen: „Die Thalsache, daß die Lonservativcn des preußischen Abgeord netenhauses durch Herrn von Rauchhaupt kurz vor der Gesammt» abstimmung über di« Landgemeindeordnung erklärt haben, sie würden gegen dieselbe stimmen, findet i» der gegnerischen Presse um so ab- lulligere Beurtheilung, je größer bei ihr das Bestreben ist, sich dem Minister des Inner» angenehm zu mache». Am weitesten geht die „Aatioiial.Zcililiig", welche Herrn Herrsurth sogar mit der Person des Monarchen z» decken sucht. Wir unsererseits verneinen nach ivie vor die Bediirfnißsrage in der Landgemeindeordnung und Hallen die gegen die Cvnscrvativen gerichteten Beschul- diguiigcn materiell sür unbegründet. Es liegt sür die preußischen Coniervativen in keiner Weise die Pflicht vor. ihrerseits an der Beunruhigung der ländliche» kreise mitzuivirken, nur weil ein demo kratisch gefärbtes, stattstisch-bureaukratischeS Resormverlangen in Ver kennung der ländliche» Verhältnisse einen PopiilaritälScoup aus- sühreu zu können vermeinte. Wir müssen es sür ein Glück halten, wen» die Landgemeindeordnung scheitert, weil diese der Social- demokratie, welche zur Zeit die Dörfer umschleicht wie der Fuchs den Huhiiersiall und nach einem Loch zum Einbrecheu sucht, Thür und Thor offnen würde." * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" polemisirt gegen die „Hamburger Nachrichten" wie folgt: In einem längeren Leitartikel der gestrigen Abendausgabe der Hamburger Nachrichten", der sich mit der jetzigen auswärtigen Aolitik Deutschlands bescha'tigl, findet sich folgender Satz: „Sie — (die sranzosenircundlichen Kundgebungen der Czechcn in Prag und ähnliche Vorgänge in Oesterreich) — verstärken den Eindruck, daß eS unvorsichtig war, die beiden Stränge, die Deutschland früher auf seinem Bogen hatte, nicht zu behaitcn, sondern den russische» kurzweg zu durch- schneiden." Wen» dieser Satz überhaupt einen Sinn haben soll, so kann damit nur gemeint sein, daß durch die Schuld der gegenwärtigen Negierung in den früheren guten Beziehungen Deutschland- zu Rußland seit dem Abgang des Fürsten Bismarck «in« wesent liche Veränderung eingetrete» sei. So lange die „Hamburger Nachrichten" den Borwurs, welchen sie damit gegen die derzeitige Regierung erheben, nicht durch An- uhrung bestimmter Thatsachen des Näheren begründen, halten wir ene Behauptung sür eine willkürliche Erfindung, die lediglich len Zweck hat, die öffentliche Meinung zu beunruhigen. * Wie der „Staalöaiizci^cr sür Württemberg" meldet, empfing der König den -LanitätSrath Marc - Wildlingen, welcher constatirle, daß ein Grund zur Bcsorgniß nicht vor liege und binnen Kurzem die Beseitigung der jüngsten Störung zu erwarten sei. » « * * Der Kaiser von Oesterreich empfing eine Deputation mäbrischer Großgrundbesitzer und der czechischen Bürger meister de- Marchgebietes unter Führung de« Abgeordneten Proßkowetz und nadm eine Petition derselben, betreffend die Regulirung der March und den Ausbau deS Donau-Oder- canalS, entgegen. Die Deputation sprach sodann beim Ministerpräsidenten Grasen Taasfe und bei den Ministern Marquis Bacquehem nnd Prazak vor. * Im englischen Untcrbause erklärte der Untcrstaats- secretair des Auswärtigen Fcrzuffon auf eine Anfrage, er wiederhole, daß die Regierung keinerlei Engagements ein- gegangen sei, durch welche sic zur Verwendung der britischen Marine oder des britischen Heere« bei irgend einer Even tualität verpflichtet wäre. Die Regierung habe volle Handlungösreiheit unter allen denkbaren Verhältnissen. Die italienischen Staatsmänner wisse», daß die englische Negie rung mit ihnen in dem Wunsche ilbcreinstimme, daß keine Störung der jetzigen Lrdnnng im Mittelländischen Meere und den benachbarten Meeren erfolge. Die Smnpathicn Englands seien aus der Seite Derjenigen, die eine solche, sür die britischen Interessen so wichtige Politik aufrecht erhalten. Im weiteren Verlaufe der Sitzung erklärte Ferguffon, es sei unmöglich, die Bestimmungen des Vertrages mit Portugal bekannt zu geben, bevor derselbe unterzeichnet ist. DaS von der egyplischcn Regierung an die Unterzeichner der Convention von 1884 gesandte Rundschreiben suchte die Zustimmung derselben nach zur Verwendung der Hälfte deS AcciseerlragcS auf die Verbesserung der Saniiätszustände in Kairo. Weiter erklärte Fergusso», eö sei kein Grund anzunehmcn, daß die Türkei die Organisation der kurdischen Cavallerie ausgcgeben habe; der Zweck dieser Organisation sei die Errichtung eines EavallericcorpS »ach dem Muster der Kosaken zur Ver- Ibeidigung der Grenzprovinzen. — Nach Erledigung der Anfrage» brachte Jackson eine Bill behusS Abzablung deS englischen AnlbcilS an der russisch-holländischen Anleihe ein. Die Bill wurde in der ersten Lesung angenommen. — Unter- staatSsecrelair WormS gab die Erklärung ab, eS sei den neuesten Mittbeilungen zufolge zu erwarten, daß der Boeren- Trek i» ein Gebiet der Süd-Afrika-Gesellschast ausgcgeben sei. — Die Nobbenfang-Bill wurde in dritter Lesung angenommen. * Die Londoner Handelskammer hat hinsichtlich des neuen amerikanischen Urheberrechts-Gesetzes einen Bericht veröffentlicht und bemselben.nm gutachtliche Aeußerungen der bcihciliglen buchgcwerbliche» Kreise herbeizusübren, cine auSgcdebnte Verbreitung gegeben. Es werten darin die Vorlbcile und Nachrhcilc des Gesetzes festgestellt und eS wird besonders hcrvorgehoben, nach welcher Richtung hin eine schädliche Wirkung zu erwarten sei. Schließlich wird, wie da« „Export-Journal" meldet, die Einbringung eines Gesetz entwurf« vorgeschlagcn, nack welchem britisches Urheberrecht allen Werken verweigert werden soll, welche nicht zuerst innerhalb der britischen Besitzungen oder in einem der Berner Uebereinkunft angehörenden Lande gesetzt und gedruckt sind. * In der nach Paris übermittelten Nachricht, daß der engliside Admiral HoSkinS eine Besichtigung aller italienischen KricgSkäscn, Arsenale und Werste» vornehme, siebt man in Paris eine Bestätigung der Nachricht, daß England dem Dreibünde bcigctrcte» sei. * Die in Paris im Umlauf gewesenen Gerüchte, daß in der Melinit-Asfaire ein General und ein Oberst ver haftet worden seien, werden von »nterrichleter Seite als un begründet bezeichnet. Man glaubt, daß außer den bereits vorgeiioiiimenen Verhaftungen keine weiteren erfolgen werden. — In der Deputirlcnkammcr erschien vorgestern eine Abordnung des Syndikats der Eisenbahnarbeiter und unter hielt sich in den Wanbelgängen mit niedreren Pariser Abgeord neten über den angekündiaten AuSstand. Die Depulirtcn machten die Abordnung auf die Gefahren eines Streiks anf- mcrksam und empfablen derselben, eine Audienz bei dem ArbeitSminister nachzusuchcn. * Der „Polit. Eorresp." wird von St. Petersburg gemeldet, daß in Folge der jüngsten Maßregeln der russischen Negierung gegen die Juden m verschiedenen Städten deS Reiche», insbesondere in Moskau, viele Anhänger dieser Con fessio» bei den Behörden um die Zulassung ihre« Ucbcrtrittc» zum orthodoxen Glauben eingckommen sind, um sich dadurch
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