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Dirse» Blatt erscheint täglich Ndend« und ist durch alle Post«' «nstalten dr« 3n- «ns Au-landc« zu beziehen. Drei« ftr v* «itrtrl1«h» Dresdner Journal, M Zeile N Vf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redlgirt von Karl Biedermann. Inhalt. Die deutschen Universitäten. H. Artikel. — Deutsche Gründlichkeit und die Radikalreform. — TagrSgeschichte: Dresden: Ordensverleihung; Dienstentlassung; Versammlung des deutschen Vaterlandsverrins; Lurngang nach Roßwein. Leipzig: Wachtdirnst der Bür- gerwrhr; die deutsche Kokarde bei dem Militär. Berlin. Hannover. Stuttgart. München. Wien. Prag. Mailand. Verona. — Statistik. — Feuilleton. — Eingrsendeteö. — OrtSkalen der. — Angekommene Reisende. Die deutschen Universitäten. Zweiter Artikel. Unsere Wissenschaft ist deutsch, Gott sei Dank, aber unsere Uni versitäten sind alle mehr oder weniger preußisch, bairisch, sächsisch, leider auch österreichisch. Das bat denselben Grund, den es hat, daß die Deutschen überhaupt mehr Preußen, Baiern, Sachsen, Oester reicher sind, als Deutsche: die große Zersplitterung und unange messene Gestaltung unserer Territorien. Auch die Gebiete unserer Universitäten sind zu sehr zersplittert. Mit andern Worten: wir Ha den zu viel Universitäten, ihre Anzahl muß vermindert werden. Die große Anzahl unserer Hochschulen hat zur Folge, daß eS Mit der Allseitigkeit der Wissenschaft dort meisten- sehr schlecht bestellt ist. Manche Fächer sind vorübergehend oder dauernd gar nicht, andere nur sehr ungenügend vertreten. Eine wirkliche Konkurrenz unter den Lehrern besteht in der Regel nicht. Lesen auch Manche über densel ben Gegenstand, so wissen sie eS doch so einzurichten, daß sie möglichst wenig mit einander in Kollision kommen. Wie ander- müßte Da werden, wenn die Zahl der Universitäten gehörig beschränkt würde. Al-dann könnte jede- Fach mit tüchtigen Männern besetzt, al-dann jede Richtung der Wissenschaft gebührend vertreten werden. Der lite rarische Kampf, der jetzt in der Regel nur von einer Universität zur andern geführt wird und sich deshalb in die löschpapiernen Burgen der Literaturzeitungen zurückzieht, würde unter den verschiedenen Parteien einer und derselben Hochschule entbrennen und im unmittelbaren Ver kehr sein Terrain suchen. Nicht bloS die Meister, sondern auch die Schüler würden mit einander kämpfen und dadurch unter diesen jene selbsttätige Betheiligung an der Wissenschaft entstehen, deren Mangel jetzt ein Krebsschaden unserer akademischen Zustände ist. Vielleicht wendet man ein, solche literarische Befehdung unter Lehrern derselben Hochschule sehe man auch jetzt schon nicht selten, ohne daß man von deren Charakter und Erfolg eben Rühmliche- sagen könne. Der Brotneid sehe überall hervor und mit Verdächtigung, Verleumdung, Klatscherei werde der Kampf geführt. Wir behaupten darauf, daß gerade die Kleinheit der Universität e- ist, welche die Schuld an diesen Uebelständen trägt. Wo blo- für Einen Platz ist, da wird, wenn Zweie sich bekämpfen, Neid und Habsucht immer ihre Leuchte dazu halten, und in der That sind e- gerade di, kleinsten Universitäten, wo man solche Mißverhältnisse unter den Lehrern am häufigsten und am widerwärtigsten au-gebildet findet. In großartigem Verhält nissen dagegen, wo die Persönlichkeiten mehr zurücktreten, wird sich jeder Lehrer als den Vertreter einer wissenschaftlichen Richtung fühlen und im Bewußtsein dieser sichern Basis den Kampf mit wür digen Waffen führen, ja er wird dazu gezwungen sein, wenn er sich nicht von seinen Zuhörern verlassen sehen will. Besonder- die Universitäten der kleinen Städte erhalten erst wie der Sinn und Bedeutung, wenn durch zahlreicher» Besuch und allsei tigere Ausstattung da- wissenschaftliche Leben zu der Höhe gebracht wird, wo eS den Druck der umgebenden Verhältnisse von dm Einzel nen hinweghebt. In großen Städten, wo der Wellenschlag de- öffent lichen Leben- Alle- kräftigend durchdringt, ist da- Verkommen einer Hochschule weniger zu fürchten. Aber in den kleinlichen Verhältnissen der Landstädte, wo sich da- ganze Leben um den einen nährenden Mit telpunkt dreht, da bildet sich, wenn dieser Mittelpunkt nicht in eigner Kraftfülle die Rettung findet, jener Kastengeist, jener zopfige Gelehr tendünkel aus, welcher die geistige Armuth, die Magerkeit de- Inhalt verdecken soll. Für die Studenten ist die Gefahr weniger groß; sie ziehen nach ein paar Jahren ihre- Wege- weiter. Aber die Lehrer müssen bleiben, und wie viel mächtige Talente sind nicht schon wie ein Strom in diesem Sande versickert. Die Verminderung der Universitäten wird ihre Gegner finden. Ein jede- Ländchen will seinen wissenschaftlichen Brennpunkt haben. Und eS müssen doch auch Anstalten da sein, wo der künftige Beamte die Partikularrechte seiner kleinen Heimath gelehrt erhält! Hoffen wir, daß dieser Provinzialpatrioti-mu- bald verschwinde und mit ihm jener Partikularitätenkram. Herrschen einmal durch da- ganze große Vaterland die gleichen Grundsätze von Recht und Verwaltung, dann wird Da-, was den einzelnen Ländern eigenthümlich ist, nicht beson der- auf Universitäten gelehrt zu werden brauchen, sondern die Beam ten werden au- dem Leben lernen müssen. Daß Da- recht wohl geht, sieht man schon jetzt an den kleinem Staaten, welche keine beson dere Universität haben. Eine andere Klasse von Gegnem unser- Pla ne- sind die sogenannten sparsamen Eltern und Vormünder. Wa ssil daraus werden, wenn die lieben Söhne nicht mehr jeden Festtag nach Hause kommen können? Wie wird die weite Reise zu bestrei ten sein? Wie da- theuere Leben, da- durch den großen Zusammen fluß von jungen Leuten entstehen muß, vorzüglich da e- nun auch mit der Wäschkiste und den Schinken und Würsten auf deren Grunde au- ist? Beruhigt Euch, Ihr Sorglichen. Daß die jungen Leute einmal au- den altgewohnten Verhältnissen herau-kommen, kann nur zu ih rem Besten sein. Eurer Aussicht haben sie sich auch jetzt entzogen, um Eure Rathschläge auch jetzt nicht gekümmert, wenn Ihr e- gleich nicht gemerkt habt. Der deutsche Student reift billig, beinahe umsonst, Dank sei e- den gastfreien Häusem, die er überall zu finden weiß. UeberdieS wollen die Reisekosten bei den jetzigen Verkehr-erleichterun gen nicht mehr viel sagen. Da- Leben auf den Universitäten selbst wird durch einen großartigem Charakter derselben allerdings in man chen Beziehungen theurer, aber dafür auch in andern und wohl noch in größerer Maße wohlfeiler. So geht namentlich der Preis für alle Gegenstände herunter, deren Produkzion-kosten durch schwung haftem Gewerbebetrieb sich verringern. Nur ein Punkt sei noch be sonder- erwähnt. Die Gastfreundschaft, die zwischen den Studenten der verschiedenen Hochschulen herrscht, ist bekannt. Je näher sich die Universitäten sind, desto mehr werden sie ge- und mißbraucht. In Jena, Halle, Leipzig vergeht da- ganze Jahr kaum ein Tag, wo nicht fremde Studenten zu Besuch da sind. Man frage einmal, wa- Da kostet und wie viel Theil diese Gastfreundschaft an den Schulden registern hat, welche den Herren Papa- zu freundlicher Berücksichti-