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Sächsische Elbzeitung Ständige Wockenbeilsgen: und Wissen", Nichtcrscheiiic» cinzclncr Nummern infolge höherer Gcwolt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung usm. berechtigt nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung Nr. M Bsd Sckgnüau, Donnerstag, den 3. November 1927 71. ^akrgang Unterkllltungsbellage", Dg« Leben im Bild .Nus der Welt der 8rau", Illustrierte Sonntagsstellage tut Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemeinde» Altendorf, KlcingjeMjbcl, Kleinhenners dorf, Krippen, Lichtenhain, Mittclndorf, Ostrau, Porschdorf, Postclwih, Prossen, Rathmannsdorf, Reinhardlsdorf, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wcndischfähic, sowie für das Eesamtgcbiet der Sächsische» Schweiz Druck u»d Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Waller Hieke Verantwortlich: K, Nohrlappcr Anzeigenpreis (in NM.): Die 7gcspaltenc 35 »in, breite Petitzcile20T>fg, für aus wärtige Auftraggeber 25 Pfg„ 55 »ini breite Ncklamczcilc 50 Pfg. 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November 1018 und im Anschluß daran das Ende des Blutvergießens, den Waffenstillstand, gebracht haben, wurden durch ciuc Note vom 5. Oktober cingclcitct, in der Deutschland den Präsidenten Wilson ersuchte, Fricdcnüvcrhaudluugeu auf der Grundlage seiner 14 Punkte und späteren Ansprachen ciu- zuleiten. Der Präsident hat sofort geantwortet. In einem Notenwechsel vom 8., 12., 20. und 23. Oktober kam eü zum Einvcrstäuduis zwischen ihm und Deutschland. Am 23. Ok tober trat der Präsident an die bisher nur vertraulich ver ständigten Alliierten heran. Diese riefen ihre Außenminister zu Konferenzen zusammen und überreichten nach den ein gehendsten Beratungen dem Präsidenten ein Memorandum, unterschrieben „Clemenceau, Lloyd George, Orlando". Das Schriftstück besagte: Auch wir sind zu einem Fricdcnsschluß aus der Grundlage der Wilsonschcn Punkte und Ansprachen bereit, unter zwei Vorbehalten. Die Vorbehalte bezogen sich auf „die Freiheit der Meere" und auf „die von Deutschland zu leistenden Reparationen". Hinsichtlich der letzteren enthielten die Wilsonschcn Punkte und Ansprachen außer dem Satz „Kein Schadensersatz, der den Charakter der Strafe trägt" nur die eine Verpflichtung, daß Deutschland die Zivilbevölkerung in den von ihm besetzten Gebieten entschädigt. Diese Bestimmung genügte den Alli ierten nicht, weil sic die Schad-- 'berücksichtigt läßt, die der Zivilbevölkerung außerhalb d ieu Gebiete im See- und Luftkrieg zugefügt sind. Tes.-a.i ordert das Memorandum eine weitergehendc Bestimmung dahin: „Deutschland leistet Ersatz für allen Schaden, den es der Zivilbevölkerung und ihrem Eigentum durch seine Angriffe zu Laud, zu Wasser uud in der Luit zugefügt hat." Der Präsident hat dem Memorandum zugcstimmt und dieses am 5. November an Deutschland weitcrgcgcbcn mit der Aufforderung, auch dortscitig zuzustimmen und im Zustim- mungsfall Unterhändler zum Abschluß eines Waffenstillstands zu entsenden. Deutschland hat sofort seine Unterhändler ge schickt und damit einen Vorvertrag zum Abschluß gebracht, der aus den Wilsonschen Punkten uud Ansprachen, eingeschränkt durch das Memorandum, die Grundlageu des Friedens bildet. Im Vertrauen auf diese Festlegung hat Deutschland die Bedingungen des Waffenstillstandes angenommen, die Waffen gestreckt und die von ihm besetzt gehaltenen feindlichen Gebiete geräumt. Prof. John Maynard Keynes-Cambridge, der an der Pariser Konferenz „als Vertreter des englischen Schatzkanzlcrü beim Obersten Wirtschaftürat" bis zum 7. Juni UN!) teilge- uvmmeu hat, sagt iu seinem Werk: „Die wirtschaftlichen Fol gen des Friedenüvertrages", die Deutschen hätten „den Fric- dcnsvertrag zu einem der denkbar heiligsten völkerrechtlichen Verträge gemacht". An der Heiligkeit dieses Fricdensvertrages haben die ame rikanischen Delegierten bis zum Schluß sestgehalteu. Anders die Alliierten. Sie haben nach Deutschlands Waffen- streckung und nach der Räumung des von ihm besetzt ge haltenen Gebietes erwogen, „ob von Deutschland nicht auch eine bedingungslose Ergebung zu erzwingen gewesen wäre" (Keynes). Und nun kam man iu Frankreich uud Italien zu „ciuer völlig phnutastischeu Einschätzung der Beträge, die man aus Deutschland heranspressen könne" (Keynes). In England suchte Lloyd George nach einem wirkungsvollen Werbemittel für den Wahlkampf vom Dezember 1918. Dies glaubte er in den Worten zu finden: „Wir werden Deutschland wegen sämtlicher Kriegslasten iu Anspruch uehmeu" oder, wie sich einer seiner Agenten Sir Eric Geddes (nach Keynes) ausge drückt hat: „Wir werden Deutschland auspressen wie eine Zitrone uud «och mehr. Wir werden es an die Wand drücken, bis cs quietscht." Das Vorgehen der Alliierten bezeichnet Professor Keynes als etwas, „au das Niemand, der an ihm einen größeren An teil genommen hat, ohne Schamgefühl zurückdenken kann". Sie haben die Existenz des Friedensvorvertrages bestritten, den sie nach den eingehendsten Beratungen abgeschlossen haben. Die amerikanischen Delegierten suchten demgegenüber bei der maßgebendsten Stelle Hilfe, uud sie fanden sie auch. Sic erstatteten ihrem damals auf dem Ozean schwimmenden Prä sidenten funkeutelegraphisch Bericht uud erhielten von ihm die Anweisung: „Abrücken, wenn nötiz) offiziell abrückeu von einem Vorgehen, das unvereinbar ist mit oem, was wir den Feind involler Ueberleguug erwarten ließen uud was wir ehrenhalber nicht abänderu können." Nunmehr haben die Alliierten ihr Bestreiten fallen lassen. Aber sie änderten nur ihre Taktik. Sie sagten jetzt: Hie Zivil bevölkerung muß auch die militärischen Ruhegehälter, über haupt alle KricgSschäden, auf dem Wege der Besteuerung tra ge». Deshalb gibt cs hier gar keine Teilung. Alle Kricgs- ichädcn sind Deutschland »ach dem Frirdcnsvcrtrag nuserlcgt. — Das Verfehlte dieser Schlüsse springt in die Augen. Die Wilsonschen Punkte wollen teilen, und zwar in Schäden, die der Zivilbevölkerung unmittelbar zugesügt sind, und in aue anderen Schäden. Das Memorandum hat an dieser Teilung fcstgchalten, um sic nur noch folgerichtiger durchzuführen. Ler Präsident war jedoch inzwischen auf Pariser Boden augclangt und hat sich hier, nach dem Urteil von Keynes, „als unfähig erwiesen, am Verhandlungstisch mit abgefeimt gcfähr- lichen Zauberern fertig zu werden". Professor Keynes bo richtet weiter: „Es war der entscheidendste Augenblick in der Zersetzung der sittlichen Stellung des Präsidenten und in der Verdunkelung seines Geistes, als er sich zum Entsetzen scinerBeratcr davon überzeugen ließ, daß die Ausgaben der Verbündeten für militärische Ruhegehälter uud Unterstützungen gcrcchterwcisc als Schäden inzuscheu seien, die Deutschland der Zivilbevölkerung zugesügt habe." So ist es zum Bruch des Friedcnsvorvcrtrages uud zu Art. 232 Anh. I Nr. ü des Diktats von Versailles gekommen, der besagt: „Von Deutschland kann Ersatz gefordert werden auch für alle Pcusivuen und Unterstützungen an militärische Opfer des Krieges (Heer, Flotte, Luftstrcitkräfte), die verstüm melt, verwundet, krank oder invalide geworben sind, und an Personen, denen diese Opfer Unterhalt gewährten." Nun aber die zahlenmäßige Höhe einmal derjenigen Kricgsschädcn, die der Zivilbevölkerung unmittelbar zugefügt sind, und dann aller anderen Kricasschäden! Professor Keynes schätzt die ersten auf „etwas über 40 Milliarden Mark", die zweiten auf „weitere 100 Milliarden", und Professor Keynes ist als Herausgeber des „Ecouomic Journal", als Sekretär der „Royal Economic Society" und als Mitglied der „Royal Commission on Indian and Cur- rency" auch hier erste Autorität. Er knüpft an seine Schätzun gen noch folgende Betrachtung: Die Zahlung von 40 Milliar den wäre für Deutschland, das ebenfalls mit eigenen Kriegs- schädcn aufs schwerste belastet, außerdem geschlagen und ver armt ist, „nicht völlig unmöglich" gewesen. Die Belastung mit weiteren 100 Milliarden aber versklavt das deutsche Volk für immer uud verstößt somit auch „gegen die Grundbegriffe von Religion und Sittlichkeit". In der Tat, 40 Milliarden wird sich das deutsche Volk, wenn man die Schätzung des „Instituts os Ecouomie Wa shington" über das bereits Geleistete zngrnnoe legt, in abseh barer Zeit abgedarbt haben. Der Dawesplan liefert den Be weis dafür, daß die weitere Belastung mit 100 Milliarden Deutschland für immer versklavt. Ter Dawesplan entstand fünf Jahre nach Versailles und denkt trotzdem nicht daran, für seine bis zur höchste» Höhe getriebene» Jahreszahlungen irgend ein Ende festzusetzem — — Dem Präsidenten Wilson wurde die Meinung, die Aus gaben der Negierungen für militärische Ruhegehälter uud Unterstützungen gehörten zn den der Zivilbevölkerung zuge- fügtcu Schäden, in: Zustand der „Verdunkelung seines Geistes" und „zum Schrecken seiner Berater" beigebracht. Diesen Satz hat ein führender Engländer ausgestellt. Zu ihn: bekeuut sich aber auch das amerikanische Volk. Letzteres schränkt dementsprechend seine Neparationsansprüche eim Es macht von der mitgetcilten Bestimmung des Diktats für sich keinen Gebrauch. Es ist vou deu weitergeheudeu, Deutschland versklavenden Ansprüchen der Alliierten neuerdings, getreu der vom Präsidenten in gesunden Tagen gegebenen Anweisung, „auch offiziell abgerückt". Die englische Negierung hatte bei Gelegenheit des eng lisch-amerikanischen Schuldcnstreits betont, Amerika erhalte aus den Daweszahlnngen Beträge, die ihm wegen seiner An sprüche gegen Deutschland volle Befriedigung gewährten. Darauf an twortetcder Staatssekretär Mel lo n in einer Note vom 6. Mai 1927: „U nscrc R e P a r a t i o n s a n s p r ü ch e gegen Deutschland sind beschränkter als die un serer K r i c g s v c r b ü n d e t e ». Unsere Kriegs- Verbündeten erheben auch Ansprüche, oie sich ans Pensionen und K r i e g s n n t e r st ü tz u n - gen beziehen. Wir aber stellen solche An- fprüche wegen ihres Charakters nicht iu un sere Rechnungen ein." Amerika erklärt aber auch noch heute, es habe in das Ringen Europas eiugegriffeu zum Schutz der Heiligkeit der Berträge und zum Schutz der Freiheit der Völker, und Amerika hat beim Ringen mit seine» Kräfte» de» Ausschlag gegeben. Wird sich Amerika da nicht endlich „ehrenhalber" »och zu einem Weiteren verpflichtet fühlen? » MlWMW IM S. MlM IM M M «MM M »IS.« w c Von Scnatspräsident a. D. Robert S ch in öld er-Kassel Für eilige Leser. * Wie aus Belfast gemeldet wird, ist der Dampfer Craigavou seil mehreren Tagen überfällig. Ma» vermutet, daß auch er in dem Sturm vom vergangenen Freitag an der Westküste Irlands Schiffbruch erlitte» hat. Die Besitzerin des Schiffes, die Firma Hciigh Craig K Co. teilt mit, daß sic bisher »och keine Nachricht über de» Verbleib des Schiffes erhalte» habe. Die Besatzung beträgt 12 Mann. * In Detroit ereignete sich gestern morgen eine schwere Vom- bciicxplosion, durch die ci» Kino zerstört und mehrere umliegende Gebäude, darunter eine Kirche, sehr beschädigt wurden. Vier Personen wurden getötet. Man vermutet, daß eine italienische Vcrbrecherbandc als Täter in Frage kommt. * Am Montag wurden in Litauen Proklamationen mit dem Aufruf verbreitet, die litauische Regierung zu stürzen, weil diese angeblich einen Krieg gegen Polen vorbcreite. Die „Licluvis" ist der Ansicht, daß diese Proklamationen aus Polen stammen. Die Verbreiter der Proklamationen sind aber bisher nicht fest- gestellt worden. Der Strafrechtsausschuh des Reichstages fiir Beibehaltung der Todesstrafe. Berlin, 2. November. Im Verlauf der Aussprache in der heutigen Sitzung des Strasrcchtsausschusscs des Reichstages er klärte der Vorsitzende Dr. Kahl (DVp.), daß man den Verzicht auf die Todesstrafe nur in Erwägung ziehen könne, wenn ein völlig ausreichender Apparat von Sichcruiigsmaßrcgcln in das Gesetz eingebaut werde. Die Verhandlungen im Ausschuß hätten aber nicht die Gewißheit geboten, daß im künftigen Strafrecht eine solche Sicherung vorhanden sei. Dr. Kahl betonte, daß er seine letzte Erklärung zum Problem der Todesstrafe sich Vorbehalte, bis er sehe, wie der Slrafgcsetzcntwurf gestaltet werde. In der Abstimmung wurde zunächst der sozialdemokratische Antrag, vor der endgültigen Abstimmung über die Abschaffung der Todesstrafe noch Sachverständige zu hören, abgclchnt. Dann wurde der sozialdemokratische Antrag, die Todesstrafe zu streichen, mit 17 gegen 11 Stimmen abgclchnt. Für die Abschaffung der Todesstrafe stimmten die Sozialdemokraten, die Kommunisten und der demokratische Ncichvtagsabgcorndcte Dr. Hcusc, für die Beibehaltung der Todesstrafe die Regierungsparteien und der demokratische Abgeordnete Dr. Brodaus. Antiitalienische Demonstration in Tirana. Nach einer Belgrader Meldung der „Information" solle» am vergangene» Sonntag in Tirana italicnfeiudliche Kuudgcbungeii staUgcfuudeii habe». Der Zwisck-cnsall soll dadurch hcrvorgcruseii wordcii sein, daß der italienische Direktor der albanischen National- baiik eine Aeudcruug in der Beflaggung des Vaukgcbäudes an- geordnet hatte. Von einer großen Menschenmenge gefolgt, zog die vaterländische Jugend vor das Bankgebäude und verlangte, daß die albanische Flagge an ihrem alte» Platz angebracht werde! Als der Baiitdireklor sich weigerte, dieser Forderung »achzukom- mcn, versuchte» die Demonstranten, in das Bankgebäudc ein- zudringcm Daraufhin wies der Polzcichcf den Banldircktor an, dem Willen der Dcmonstranleii nachzulommen. Potitische Rundschau. Deutsches Reichs Deutsch-rumänische HandclsvcrtragSverhandlnngcn. Wie aus Bukarest gemeldet wird, ist der rnmänischo Außenminister Titulcscn amtlich benachrichtigt worden, daß die deutsche Negierung eine Sondcrdelegation er nannt hat, die in Bukarest mit der rumäuischcn Negierung über die baldige Herstellung normaler wirtschaftlicher Beziehungen zwischen beiden Staaten verhandeln soll. Hessen und das Neichöschulgcseü. Im Bildungsansschuß des Reichstages gab bei Be- ratnng des Schulgcsetzentwurses der Vertreter Hessens eine Erklärung ab, in der es heißt: „Hessen lehnt den Ent- wnrf ab, er ist verfassungswidrig. Die Gemein schaftsschule muß zur Ncgelschule gemacht werden. Dis Simnltanschulländer müssen dauernd besonders berücksich tigt werden in der Weise, wie es Hessen im Neichsrat be antragt hat. Die Abschaffung des geordneten Schul- betriebes muß den Ländern überlassen werden, desgleichen die Bestimmung über Schulaufsicht, Schulverwaltung und Religionsunterricht in den Volksschulen. Die jetzt gelten- den hessischen Bestimmungen gehen znm Teil im Ent- gcgenkommcn gegenüber den Kirche» weiter als der Ent wurf, sic lassen sich aber nur im Rahmen der Simultan- schule aufrcchtcrhalten. Württemberg verlangt Ncichsuuterstütinng. Bei der Hanshaltsberatung im Württcmbcrgischcm Landtag führte Fmanzmiuister Dr. Dehlinger ans, das, man für das Jahr 1928. weil eine Erhöhung der Landes-