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Nummer 224 — 28. Jahrgang ikrichelnl Uma^ wSck>»»II. mit den tllustr. GraNtbrNagen »Di« kel!'und derKinderdetlage „Frohmut', mwte den rertbettagen .St, venno-BlaU' .Uiiterhaltung und Wissen'. .Die Well der Frau' »lerzllicher Ratgeber' Da» gute Buck»' .Filmrund« schau'. Monatlicher vezugSpret- s Ml. elnschl. Bestellgeld, tinjelnummer lv s Sonnabend- «. Sonntagnummer »tv Halwtlchrsstletter- De. w. L««e,«,k. Dresden. SüchMe Frettag. den 27. September 192- OerlagSortr Dresden Anzetgenprets«, Die Igeivaitene Pelttzetle »» ^.Familien» anzeigen u.Stellengesuche SO s- Die Petttrellamezeiie. Mmna breit. I ^ Ftir Anzeigen auderkialb des RerbreitungSgebicieck ckO« dieVetttreNainezeile l.FO^r. Brleigrb. :r<> ^ Zu, Fall« hbherer Aewalt erliicht >ede Vervllichiung aut i'ieienuig lowi« ikrsiillung v. Anzeigen-AilitrLgen ». Leistung b. Schadenersatz« »eschSNIicher reib Slrtu» Lenz. Dresden. tS«Ichäf»«ftelle, Druck».iverlag! «ermania. liir Berlag undDrockereLFUtale Dresden, Dre-den-A.!. Polterltratze 17. FernriitLIVIL Posllchecktonto Dresden »703. Banttonto Ltadtbant Dresden Nr «171» Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen VolkSzettuug DreSden-ttllstadi 1. Polterstraste 17. Trenirn' U „nd?Mt2. Nil Die Krise in Oesterreich Schober folgt Slreeruwitz Regierungswechsel in Wien Wien, 26. September. Die amtlicl>e Nachrichtenstelle teilt »nit: Das Kabinett Ttrecrnmitz hat demissioniert. Der Rücktritt des Kabinetts erfolgte »ach einer Be sprechung des Ntinisterpräsidenten mit den Führern der Mehr heilsparteien. Bundeskanzler Slreeruwitz gab die Erklärung ab, das; er in Anbetracht der politischen Situation zu dem Ent schlaf; gekommen sei, die Reform der Verfassung einer anderen Neuerung zu überlassen. Er schlug als Nachfolger den ehe- mgligcn Bundeskanzler. Polizeipräsident Schober, vor. Die Vertreter der Mchrheitsparteicn, Dr. S e i p e l, Dr. W o I a wa und Dr. Schön Lauer, gaben unter Worten der wärmsten Anerkennung und des basten Dankes für den Bundeskanzler und sein Kabinett die Erklärung ab, das; sie in Anbetracht der politischen Lage die Erklärung des Bundeskanzlers zur Kennt nis nehmen müssen und seinem Vorschlag hinsichtlich der Nach- folgefrage zustimmen. Daraufhin trat der Minist er rat zusammen und stimmte den: Vorschläge des Bundeskanzlers auf Demission der Gesamtregierung zu. Die Mitglieder des Kabinetts dankten dem Bundeskanzler für sein jederzeit bewiesenes freundschaft liches und loyales Entgegenkommen. Bundeskanzler Streern- witz begab sich sodann zum Bundespräsidenten Mik - las und machte ihm von der erfolgten Demission der Rcgie- rcmg Mitteilung. Der Bundesprästoent betraute die Regie rung mit der Fortführung der Geschäfte bis zur Neuwahl der Negierung. Die Führer der Mehrheitsparteien haben noch im Laufe des Abends den Polizeipräsidenten Schober ausgesucht und ihn gebeten, nunmehr die Regierungsbildung zu übernehmen. Schober hat sich grundsätzlich dazu bereit erklärt. Wie die „Neue Freie Presse" aus guter Quelle erfahren haben will, beabsichtigt Schober, ein Beamtenkabinett zu bilden, in welches jedoch je ein Vertreter der drei Koali- lionsparteien als parlamentarische Vertrauensmänner eintreten soll. Es gilt als sicher, daß Heeresminister Vangoin sein Portefeuille beibehalten wird. Schober selbst beabsichtigt ausser dem Portefeuille des Bundeskanzlers das Finanzportefeuille zu übernehmen. Vertrauen zu Schober Die Wiener Presse zum Kabinettsivechsel. Wien, 26. September. Zum Rücktritt des Kabinetts Slreeruwitz und zur Beru fung des Polizeipräsidenten Schober, der von der bürgerliche» Presse einmütig begrüßt wird, schreibt die christlich-soziale „R eichspo st": Wenn heute Polizeipräsident Schober Bundes- kar zler wird, so spricht sich darin mit überwältigender Deut lichkeit der Volks-Wille aus, für das schwierig Werk der inneren Reform einen Mann an der Spitze des Staates zu sehen, der für jeden eine Verkörperung der Staalsautociiät, der Gesetzmäßigkeit und Ordnung ist und zugleich die Verkör perung zielbewusster Energie mit legalen Mittel» de» inner staatlichen Aufgaben zu dienen. Der Name Schober ist die Widerlegung aller Putschmärchcn. In den großdeutschen „Wiener Neuesten Nach richten" heißt es: Es unterliegt keinem Zweifel, daß die weitesten Schichten unserer Bevölkerung die Uebernahme der Rcgierungsgeschöste durch Schober freudig begrüßen werden, e'ngedenk ocr zahlreichen Verdienste, die er sich in politisch- nnd geschichtlich bedeutsamen Augenblicken um Volk und Vaier- lan>? erworben hat. — Das Organ des Londbunües, das „NeueWiener Extrablai t". das schon tauge eine neue starke Negierung gefordert hatte, schreibt: Der Name Schober ist wohl an sich der stärkste Beweis der inneren Befriedigung Oesterreichs und der absoluten Sicherheit, welche dieses Staats wesen nunmehr verbürgt. Die Zeit des Bürgerkriegs »nd der inneren Erschütterung ist damit vorüber. Tie sozialdcmobraiische „A rb e i t e r z e i t u n g" erklärt: Der Sturz der Regierung ist nur o»»"' »ine Folge der Zer klüftung und Zersetzung der bürgerlichen Parteien. Wae- Schober für eine Regierung bilden »nd nws für eine Politik er betreibe» will, ist zur Stunde noch unbekannt. Die Arbeiter klasse kann es kaltblütig abwarten. Ohne und gegen die 71 sozialdemokratischen AMzeordneten wird keine Negierung eine Verfassungsreform zustande bringen. Die „Neue Freie Presse" begrüßt Schober mit den Worten: In deinem Lager ist Oesterreich. Wir sagen es, schreibt das Blatt, mit der Empsindung, daß niemand stärkere Bürg schaft ge>be für ein Regime der Pflichttreue und der kraftvollen Handhabung der Gesetze als Johannes Schober. Mögen die Parteien, mögen sämtliche Gruppen lredenke». welches Kapital diese Persönlichkeit bedeutet, und daß sie durch Hetzereien, durch unnützen Widerstand dieses Kapital mit verwirtschaften und damit ein großes Gut für Oesterreich zerstören. In den letzten Wochen, die arm waren an größeren politischen Ereignissen, haben die Vorgänge in Oesterreich der Sensationspresse erwünschte Gelegenheit zu aussehen, erregenden Meldungen gegeben. Wieder einmal wurde davon geschrieben und gesprochen, daß Oesterreich am Vor abend einer Revolution stehe. Man erinnert sich, daß ge nau vor Jahresfrist, vor dem Aufmarsch der Heimwehren in Wiener Reustadt am 7. Oktober 1!>M, die reichsdeutsche Linkspresse in gleicher Weise sich in düsteren Prophezei ungen über das Schicksal des demscheu Donaulandes er gangen hat. Keine dieser Prophezeiungen ist in Erfüllung gegangen. So wird es wohl auch besser sein, die jetzige Krise, die soeben im Rücktritt des Kabinetts Slreeruwitz ihren Ausdruck gefunden hat, ruhig zu beurteilen. R i ch t um eine Revolution handelt es sich, sondern um eine Reform — eine Reform der Verfassung, die vo» zwei Gegnern mit annähernd gleichen Kräften umkämpst wird. Wir in Sachsen können eigentlich die besondere poli tische Lage in Oesterreich am Kesten verstehen, ist doch das Gegeneinander und Gleichgewicht der politischen Kräfte in unserem Lande ganz ähnlich wie in Oesterreich Hier wie dort stehen auf der einen Seite Sozialisten unter Führung extremer Köpfe, denen die heutige Form der demohralischeu Republik nicht genügt, auf der anderen Bürgertum und Bauernschaft in geschlossener Abwehr- front. Genug und übergenug haben wir es erfahren, wie furchtbar schwer es bei solcher Kräfteverteilung ist, ohne die guten Mittlerdieuste einer starken Mitte (wie sie im Reiche und in Preußen durch das Zentrum gegeben ist) ein Land zu regieren. Sachsen freilich ist nur ein Ltcutt im Staate, Glied eines größeren (stanzen, dessen politische Vertretung in fast allen wichtigen Fragen von den Ent scheidungen des Reiches abhängt. Oesterreich aber bildet einen selbständigen Staut, die gleichen Schwierigkeiten, die in Sachsen oft sogar die ordnungsgemäße Vermal« tungsarbeit erschweren, beeinflussen in Oesterreich störend die Staatspolitik. Bei dieser Lage ist es verständlich, daß die Förderung nach einer Reform der Verfassung erhoben wird, die eine größere Stabilität der Gesamlpolitik trotz des labilen Kräfteverhältnisses im Innern ermöglicht. Diese Forderung hat der Führer der österreichischen Heimivehren, Bundesrat Dr. Steidle. Kürzlich in einem Artikel in der „Schöneren Zukunft" folgender maßen formuliert: „Unser Stau! krankt an einen» ReaierungSshsleni, das unfähig ist. die mannigfachen Probleme der Nachkriegszeit zu meistern. Es fehlt in ihm eine mit einer gewissen Machtsnlle ausgcslatlcle oberste .Instanz, die der Allmacht des Parlamentes und dem bemmungs» losen Temagogcntnm Zügel anleg! »nd die die im Interesse der Volksgemeinschaft liegenden Maßnahmen polilischcr und Wirtschaft. licher Art trifst. Heute-ist der Marrismus in der Lage, unter Be rufung auf di« für jede Gesetzesäiidcrung erforderliche Zweidrittel mehrheit im Parlament, alle RcgierunqSmaßnahmen zu verhindern-, die nicht seiner Klassenkampstdeologic entsprechen. Erst wenn die Regierung, gestützt ans die Hennwekrcn, fick cnlsckticstt, hier mit starker Hand Wandel z„ schassen — denn freiwillig w-ird der Manis mus niemals seine alles beherrschende Machtstellung ausgcben — kann sie unabhängig von den Parteien wirklich zum Wohl« des ge samten Volkes regieren, während Keule fast überall Partei- und Einzclinteresscn den Ausschlag gebe». Das Wahlrecht bedarf einer Befreiung von der Partetbürokrali«, um jeden, SlaatSbürgcr wieder Gelegenlieit zu geben, wirkliche Persönlichkeiten und Männer seines Vertrauens zu wählen." Wer sind denn aber die Hei m wehren, die diese Forderung auf Verfassungsreform mit solchem Nachdruck vertreten? Mau hat sie mit den Wehrverbünden im Reich verglichen, aber dieser Vergleich trifft nicht zu. In Deutschland zerfallen die Wehrverbände in eine schier un übersehbare Vielzahl von Gruppen. Die österreichischen Heimwehren bilden eine einheitliche Abwehr bewegung. die alle Parteien des nichtsozialistischen Lagers in Oesterreich umfaßt, und sich bisher als durctp- aus überparteilich beivährt hat. Freilich kann es nicht als eine normale Erscheinung eines gesuudeu Staats lebens bezeichnet werden, wenn in einem Staate sich neben der ordentlichen Sichcr!>eitsmacht private Ver bünde halbmilitärischen Charakters bilden. Man darf aber nicht vergessen, daß die österreichischen Soziaidemo- kraten diese Bewegung mit der Bildung des „Republika- Nischen Schutzbundes" eingeleitet haben und daß sie über- dies durch ihre Beamtengewerkschaft lebenswichtige öffentliche Einrichtungen wie Eisenbahn und Post in ver hängnisvoller Weise beeinflussen können. Der berühmte 15. Juli 1927, an dem aufgehetzte Massen den Wiener Iustizpalast zerstörten und der sozialistische Machtspruch allen Berkehr in Oesterreich stillegte, hat mit ganzer Deutlichkeit gezeigt, welch furchtbaren Terror die sozia- Iistisci)e Minderheit über die Mehrheit der Bevölkerung Srwrv-ens wachsender Einstich Stellvertreter Macdonalds London, 26- September. Der politisch« Korrespondent de« „Daily Mall" meldet; In drr gestrigen Kabinettsstbung. di« über vier Stunden dauerte, gab Macdonald bekannt, daß er für die Zeit seiner Abwesenheit den Schankanzler Snowdrn zum stellvertretenden Pre mierminister auserschkn habe. Der Korrespondent sogt: Snowden wird also den Vorsitz bei Ken künftigen Kabinettssitzungen führen. Währeich Macdonalds Ab- Wesenheit werben Entscheidungen über die Behandlung gesehgebe. rischer Maßnahmen und über Meinungsverschiedenheiten Mischen Ministern und Ministerien von dem Schatzkanzler gefällt werden. Ebenso wirb er bei Zusammentritt des Parlaments Führer der Sozialisten sein. ^ Der Sakry-Skan-at London, 25. September. Das Kabinett wird in seiner Sitzung am Mittwoch, der letz ten, an der der Premierminister vor seiner Amerikareis« teil- nimmt, sich unter anderem auch mit den Folgen des finanziellen Zusammenbruchs der Hatrygruppe beschäftigen. Wie verlautet, wird im Schatzamt ein Bericht über die Angelegenheit aus- gearbcitet, der dem Kabinett morgen zur Kenntnis unterbreitet wird. Vier englische Gemeindeverwaltungen, die durch Ver mittlung einer Gesellschaft der Hatry-Eruppe Stadtanleihen auf gelegt haben, schweben, wle es heißt, in Gefahr, durch den Zu- sammenbruch erhebliche Summen zu verlieren. Außerdem heißt es. daß große englische Banken, die Aktien oder Obligationen der Gesellschaften der Hatry-Eruppe in Händen haben, ebenfalls Verluste erleiden dürften, die st« aber »vahrlihelnliH lxiHt zu überwinden, imstande sind- Vor den tschechischen Neuwahlen Prag, 25. September. Die parlamentarischen Klubs der poliiisä)en Parteien haben heute eingehend über die politische Lage beraten. Wie di« Blät ter übereinstimmend feststellen, ist In der Frage der Neuwahlen die Entscheidung bereits gefallen. Nachdem nun auch die Tschechische Volkspartei für die Ausschreibung von Neuwahlen eintrltt und die größt« Koaltttonsparlei, die tschechischen Agrarier, in ihrer Beratung, an der außer dem Ministerpräsi denten Udrzal auch die drei übrigen der Agrarpartei angehören den Minister teilgenommen hatten, die Berichte ihrer Funktio näre über „die Frage der bevorstehenden Wahlen" genehmigt hatten, war di« Situation durchaus klar. Der politisch« Achter- Ausschuß, der in den Abendstunden zusammentrat, konnte dem nach lediglich feststellen, daß die innerpolitische Lag« die sofortige Ausschreibung von Neuwahlen erheische. Ein in den Abendstun den ausgegebenes Eommuniqus über die Sitzung des Parla mentsausschusses der koalierten Parteien besagt, daß bereits Dis positionen über die Tätigkeit des ständigen Ausschusses, der in der Zeit der Unterbrechung der parlamentarischen Tätigkeit tagt, getroffen wurden. Das Handschreiben des Präsidenten über dte Auflösung der beiden Kammern und dte Ausschreibung von Neuwahlen für Abgeordnetenhaus und Senat ist demnach morgen oder spätestens übermorgen zu erwarten. Als Wahltag wird der 27. Oktober genannt. Das Kabinett dürfte nicht demissio nieren oder im Fall, daß es doch zurücktritt, vom Präsidenten der Republik ersucht werden, tm Amt zu bleiben, ui» di« Neu wahlen durchzusühren. * Reichskanzler Hermann Müller verläßt am Donnerstag- nachmittag nach fünfwöchigem Aufenthalt Purhaus Bühler höhe. Er begbt sich unmittelbar nach Berlin zurück. * Wegen Bestechung ist der ehemalige jckxiniscip? Minister Ogo iva vor Gericht.gestellt worden. Man steht in der An klage ein Wahlmanöver, da Ogowa Führer der Opposition ist.