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Zweites Blatt. «MM » MÄW Warandt, Uossen, Sieöenteßn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den ^tadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanueberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burk-ardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde uüt Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Keffelsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, RöhrSdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Keffelsdorf, Steinbach bei Mohorn Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, WeiStropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens mittags 12 Uhr angenommen. — JnsertionspreiS 15 Pfg. pro viergespaltene KorpuSzeile. Druck und Verlag von Marti» Berger in MSdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Marti» Berger daselbst. No. 12». Sonnabend, de« 31. Oktober IMS. s «2. Jahrg. Inin Refsrmatisnsfest. Off. Joh. 3, 11: Halte, was du hast, daß niemand deine Krone nehme. Der Erinnerung an die Reformation ist der heutige Festtag geweiht; den Zoll unserer Bewunderung und Dankbarkeit den Gottesmännern und Helden einer großen Vergangenheit bringend, versetzen wir uns zurück an jenen Abend, als Luther an die Pforte der Wittenberger Schloß kirche die 95 Streitsätze anschlug, die Stiftungsurkunde in dem Grundstein der Reformation, und so oft wir dieser mannhaften, weltgeschichtlichen Tat gedenken, so hören wir das Rauschen des Stromes jener Zeit, und vor unsere Seele treten die ehrwürdigen Gestalten der Reformation, eines Luther, Melanchthon, der edlen Fürsten auf dem Throne Kursachsens, sie alle Bauleute an dem Dome einer neuen Kirche voll Kraft und Leben, voll Geist und Wahrheit. Es war jene Zeit wie ein Frühlingsmorgen, der nach langer Nacht über der Welt aufging, an dem die Witten berger Nachtigall, wie Hans Sachs einen der größten Söhne unseres Volks genannt hat, mit Heller Stimme den Aufgang der Sonne, den Anbruch des ersehnten Tages evangelischer Freiheit verkündete. Wo ist sie hin diese Zeit mit dem PMchlag evangelischen Glaubens, wo ist sie hin die Begeisterung, die damals wie ein elektrischer Funke die Welt, insonderheit das deutsche Volk, vom Fürsten bis zum Bürger und Bauer durchzuckte? Ach, wie klein ist doch die Gegenwart gegen jene große Zeit, wie träge stießt der Strom evangelischen Lebens, wie gleichgiltig sind viele Protestanten gegen das geworden, was unsre Vorfahren Mit Opfern an Gut und Blut erstritten, wie gering achten sie die Kirche, welche der Siegespreis eines Jahrhunderte langen Kampfes, die Freistatt für bedrängte Gewissen, nach Frieden dürstender Seelen geworden ist! Das Geschlecht dieser Tage scheint vergessen zu haben, was es der Reformation, dieser Befreierin der Menschheit, ver dankt, darum tut an dem Gedenktag der Reformation die Mahnung not: Halte, was du hast! Was hast du, was verdankst du der Reformation? Zunächst deine evangelische Kirche. Ein Gottesmann hat einst den Wunsch geäußert: Ach, daß ich die Kirche meines Gottes schauen könnte, wie sie am Anfang war! Er meint die Kirche der apostolischen Zeit,deren Bild wir schauen in der ersten Christengemeinde, die Kirche im Morgentau ihrer Reinheit, jugendlichen Frische, im Morgenglanz der ersten Liebe zu ihrem Herrn, ihrem ewigen Haupt und Grund, im Sonnenschein der Gnade, die sie hatte vor Gott und allem Volk. Was war aber aus dieser Kirche im Laufe der Zeit geworden! Das Wort Gottes wurde verdrängt durch menschliche Satzungen, der einige Mittler durch menschliche Mittler und Menschenvergötterung, das Heil der Seele und die Gnadenschätze der Kirche waren zum Schacher ge worden, schwer lastete auf dem Gewissen das Joch Roms, das mit seinem Bannstrahl, Kerker und Scheiterhaufen jedes freie Wort, jeden Versuch, die Kirche zu erneuern, unterdrückte. Da trat Luther auf; den Bannfluch nicht achtend noch fürchtend, nahm er den Kampf wider den alten bösen Feind aus und sammelte die Gläubigen in einer neuen Kirche der Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrheit. Diese evangelische Kirche, die doch älter ist als Luther, deren Geburtstag das erste Pfingsten und deren Konfirmationstag der Tag von Wittenberg vor Aller Heiligen war, diese Kirche, die nicht herrschen will über die Seelen, sondern ihnen dienen mit dem Wort und den Sakramenten des Herrn, die gegenüber der Kirche Roms, welche wie eine Königin im seidnen Gewände einherrauscht und durch den Glanz ihrer Farben und hinfällige Pracht bestechend wirkt, so arm erscheint und doch so reich ist in ihrem Herrn und so herrlich in ihrer Einfachheit und Schlichtheit, diese Kirche, teuer erkauft mit dem Herzblut so vieler treuer Bekenner, heute noch gehaßt, geschmäht und bedroht, diese Kirche ist eine Krone: Halte, was du hast! Was verdankst du der Reformation? das lautre, reine Gotteswort. Alleinige Quelle der Wahrheit ist die heilige Schrift, das ist der Grundsatz der Reformation; ver graben im tiefen Schacht, unter dem Schutt menschlicher Lehre und Zutat hat sie der Bergmannssohn wieder her aufgeholt, das reine Gold, und sie der evangelischen Kirche zu treuer Hut und Pflege übergeben, — dies Wort ihr Reichtum und darin ihre Kraft und Sieg, denn es ist ja Gottes Wort, und wenn du eS hörst oder liest mit gläu bigem Herzen, aus ihm die erhabenen Gottesgedanken und die überwältigende Gottestat der Liebe in Christo Jesu vernimmst, da wirst du inne: das ist ein Klang aus dem Vaterhause, das ist Sprache aus der ewigen Heimat, das ist das Lied aus dem verlornen und nun wieder offenen Paradies des Vaterherzens. Dieses Wort, das nicht vergehen wird, das unsere einzige Waffe ist, das nie verrostende Geistes schwert in allem Kampf der Christen, mit welchem niemand zu Schanden wird, der darauf traut, dieses Wort, das überall, wohin es dringt, Sonnenschein mitbringt in die Herzen, Häuser, das reichlich wohnen soll aus Kanzel und Katheder, in Haus und Schule, dies Wort ist unsrer Kirche Krone: Halte, was du hast! Was verdankst du deiner ev. Kirche? Den einzigen Weg zur Seligkeit: Rechtfertigung allein aus dem Glauben; ein evangelischer Christ, der seine Seligkeit sucht, ist nicht auf die Fürbitte, den Beistand, den sündenvergebenden Ausspruch eines menschlichen Mittlers angewiesen, er trägt den Schlüssel, der ihm die Pforte des Himmelreiches auftut, in sich, d. i. sein Glaube; er weiß, daß er nicht anders selig werden kann als aus Gottes Gnade allein durch den Glauben: mit dieser auf die Schrift gegründeten Lehre hat Luther, dieser treue und größte Seelsorger unseres evang. Goldener Uodm. 4 Roman von M. Fri» brachst kkm „Richt hochmütig!" wiederholt, sie «nd fAktr sich vor dem Tisch in Positur, auf welchem sie ihre mageren Hände ausspreizte. „Ist es etwa nicht hochmütig, daß sw das junge Ding, die Hermme, ins Teat« lause« laßt, um fi«, mit bunten Lappen behängt, angaffen zu last«»!" das find« '4 auch nicht recht," stimmt« Poppel »u. Frau Schmitz neigte sich vor »nd rannte ihre« G^ewkber ^Off,n°gesta^ begreif« ich nicht, «K Klingers zu drr bildhübschen Tochter kommen! Vom guten Alien hat sie auch kein Aederchen, na, und von Ms Die Spötterin machte eine wegwerfende Handbewegung und fügte höhnisch lächelnd hinzu: . . „Man kann sich so darüber seine eWNtn Gedanken machen! - Was gehts mich an!" rief sie plötzlich und raffte die leer gewordenen Eßgerätschaften vom Tische, unterbrach aber dennoch ihre Tätigkeit, um noch bedeutungsvoll einzu- schalten: „Mich soll'r aber doch wundern, ob die Teatrrkluferei der Hermine ein gutes Ende nehmen wird! Mich soll'- wundern! — Gute Nacht, Poppel," rief sie hierauf ganz unvermittelt und das war für ihren Aftermieter stets das Zeichen, sich, zu entfernen. Er verließ auch sogleich den Raum, um seine eigene Klause aufzusuchen. Mohr streckte sich auf di» Strohmatte, !die vor der Tür lag. Poppels Heim wurde fast ganz von seiner Bettstatt aus- gefüllt, die er auch zumeist als Sitzplatz benutzte. Eine kleine hölzerne Lade barg seine besonderen Schätze. Diese öffnete K und entnahm ihr die aus früherer Zeit stammende Photo- Mphie von Hemme Kling«. ., „ . . Er brachte das Bild in den Bereich der primitiven Lampe uM» versenkt» sich in den Anblick der geliebt«» Züge. Die Trägerin dies« kindlichen Züge ahnt« nicht, welches Unheil sie in dem Herzen de» schwarzen Poppel anrichtete; und wenn sie a erfuhr, würde fie «s unglaublich verrückt gefunden habe«. So mußte der arme Gehilfe, welcher Kohlen in geringe» Quantitäten an die Kundschaft beförderte, Holz zerkleinerte und sammt seinem Ziehhunde eine stadtbekannte Persönlichkeit war, hi« einsam mit der Macht seiner Liebe ringen; er mußte wortlos und aussichtslos sich täglich vergegenwärtigen, daß sein Herz anmaßend gewählt hab« und vor der Welt verbergen müsse, was es begehre. Aber daheim, daheim in seinen vier Wänden, da wollte « lieben bis zum Wahnsinn und mit seinen schwarzen Hände« das Bild umfasse« und unglücklich glücklich sei»! 2. Kapitel. Auf der wenig belebten Straße vor dem TeatergebSvdr von Dernbach ginge« am nächsten Abend zwei Herren Arm in Arm auf und nick«. Beide waren hoch gewachsen, schlank und kavaliermäßig in ihren Bewegungen, und selbst das un geübteste Auge konnte unschwer erkennen, daß sie Offiziere in Zivil waren. „GatterShckm," sagte d« älter Erscheinende zu seinem keck drrinschauent»«, bildhübschen Kameraden, „wollen Sie denn nicht endlich Ihre Schmetterlingsnatur Luder? Wie lang« wollen Die der kleinen Statistin nachlaufen? Es ist noch gar nicht so lang» her, daß Sie in die blonde Balleteuse bi- üb« die Ohren verliebt waren!" „Posewald, da» verstehen Sie nuneinmal nicht! Wäre langweiliges Dasein, ohne diese kleinen Hexen. Eine Herzens- köntgin muß man haben, welche man anschwärmen kann und an die man denken muß." Der ernste angelegte Freund erwiderte: „Wenn Ihnen diese kleinen Hexen nur nicht so verflucht viel Geld kosteten! Diese Blumen, die Bonbons und Hand schuh« regn«» doch ntcht vom Himmel!" „Posewald, «S ist lachhaft, Sie so reden zu hören, schier, al« ob diese Bagatellen des Nachdenken« wert wären. — Ah! — Jetzt ist die Vorstellung z« End«. Dann kommen auch di« kleinen Kouliffenfee» bald heraus. Sollt« mein Liebling wied« die blonde Freundin bei sich haben, so bitte ich Sie Kamerad, seien Die inständig, so gefällig, die Blonde zu unter halten, damit ich ungestört di« Gegenwart der hübsche« Kinde« genießen kann!" „Ich will es noch einmal tun, Gattersheim; ab« dann machen wir einen dicken Strich unter di« Bonbondkten. Ich wenigsten« will Ihne» nicht «och behilflich bet Ihren Torheiten Irin." „Da find Ml." ttch d« nur flüchtig Auhörend« und trat unter d«m Schutz« de» abendliche« Dunkel« zwei jung»» Mäd chen entgeg«».. „Guten Ab«ck, meine schöne» Damen!" redete er die verschüchtert Dreinschauenden «nd doch der Schmeichelei Zu gänglichen an. „Darf ich mir das Vergnügen machen, Sie zu begleiten, und Ihnen zugleich diese Veilchen anbieteu, Fräulein Kling«?" Mit diesen Worten enthüllte Freiherr von Gattersheim ein wunderschöne» Veilchenbouquett und überreichte es der er rötenden Hermine. „Vielen Dank!" sagte fie mit reizendem Lächeln und sog de« Duft der Blumen begierig ein. „Veilchen sind meine LieblingSblumen." „Ah, das freut mich! Das hat sich ja superb getroffen!" rief er und schritt mit Hermine voraus, so daß seinem Kame raden nichts anderes übrig blieb, als mit der Blonden zu folgen. Bald war der Freiherr von Gattersheim in seinem besten Fahrwasser; die Komplimente regneten nur so über seine Be- gleiterung, welche sie mit glücklichem Lächeln in Empfang nahm und ihm in lieblicher Verwirrung zur Seite schritt. Hermine bemerkte nicht, daß Christian Göpelmann au ihnen vorüberging und sie mit erstaunten Blicken musterte.