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Weißeritz-Ieitmg. Anzeiger für Dippoldiswalde «nd Umgegend. Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmaimschast, das Königliche Amtsgericht und den Sladtrat zu Dippoldiswalde Veranlworllicher Redakteur: Paul Irlrne< - Druck und Verlag von Carl Jehnr in Dippoldiswalde Mit achtsettigs« „Jll«ftri«rtn: AnlerhaltimgMM". Mit land- und ha«,wirtschaftlich« «0U^,.«oilag». Nr. 87 — Dienstag, den 1. August 1905. 71. Jahrgang. - M Interate, welche bei da bedeutenden Auflage da Blattes 'ine sehr wirk same Verbreitung finde«, werden mit 12 Ph., solch« aus unserer Amtshaupt- Mannschaft mit 10 Pfg. die Spaltzelle oder deren Raum berechnet. — Te« bellarische und kompli« Alerte Inserate mit ent sprechendem Aufschlag. — Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die SpalteW- zeile 20 Pfg. Die Meiheritz-ZeitungE .»scheint wöchentlich drei« nal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und mird an den vorhergehen- renAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1 M. W Pfg-, zweimonatlich ,z>4 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg- — Alle Postan italten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Bestellungen an. Herr Rittergutsinspektor Alfred Jauch in Theisewitz ist als Gutsvorsteher für den selbständigen Gutsbezirk Theisewitz bestätigt und in Pslicht genommen worden. Dippoldiswalde, am 22. Juli 1905. SOZA. Königliche Amtshauptmannschaft. — Nach einer neuerlich ergangenen Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern, ist darauf hinzuwirken, daß LLvKtrüzv, die mit Allk »U88a8vKlL8»v sind, außer Gebrauch kommen. Soweit aber solche Backtröge noch benutzt werden, ist wenigstens eine genügend dicke Schicht Mehl zwischen Zinkblech und Sauerteig zu bringen, um die Aufnahme von Zink in den Sauerteig möglichst zu vermeiden. Dippoldiswalde, am 21. Juli 1905. 1012 o. Königliche Amtshauptmannschaft. M liklik m Stil zmMstN nsmilm BWt LWBE. Die ganz unerwartete und offenbar von dem Zaren Nikolaus gewünschte Zusammenkunft zwischen diesem und dem deutschen Kaiser liegt den Franzosen gewaltig im Magen, sie sehen dadurch ihre schönsten politischen Hoff nungen durchkreuzt, nämlich die Isolierung Deutschlands, auf die sie trotz der Verständigung über Marokko immer wieder mit ganz neuen, kühnen Plänen hinarbeiten. Und der neueste Plan ist in dieser Hinsicht der Wunsch, daß die Friedensverhandlungen zwischen Rußland und Japan unter dem Einflüsse Frankreichs und Englands zu dem Abschlusse eines Bündnisses zwischen Rußland, Japan, England und Frankreich, zu einem großen Vierbunde führen möchten, der Deutschland in Europa, Asien und Afrika auf den Sand setzen kann. Dieser von Frankreichs Rachelust gegen Deutschland erzeugte Plan wäre ver wünscht gescheidt, wenn er nicht herzlich dumm zu nennen wäre. Todfeinde, unversöhnliche Gegner in Asien, wie Rußland und Japan auf der einen und England und Rußland auf der anderen Seite sollen sich künftig als liebe Freunde in die Arme fallen, und Frankreich, das von England niemals etwas anderes als Jnteressenpolitik zu kosten bekommen hat, und in Afrika und auf dem Mittelländischen Meere gegenüber Englands Interessen stets die französischen zurückstehen mußten, erblickt Auf einmal sein neues politisches Heil in einem Bündnisse mit England. Man sieht daraus, daß es Frankreich an auf richtiger Friedensliebe gegenüber Deutschland vollständig fehlt, und daß Frankreich, da es allein sich nicht stark genug fühlt, um Deutschland nieder zu werfen, vor keiner politischen Kombination zurückschreckt, um Deutschland in Verlegenheit zu setzen. Es ist nur schade, daß das neue Projekt der Franzosen erstens schon an der Macht der Interessengegensätze in Asien und Europa scheitern dürfte, und außerdem ein solches Projekt auch Deutschland und seine Bundesgenossen Oesterreich und Italien auf dem Plane finden würde. Rußlands militärische Kraft nach außen ist für Jahre hinaus erschöpft und Japan dürfte bei aller Aufopferungsfähigkeit seiner Bevölkerung wohl auch bald am Ende seiner Kräfte angekommen sein, denn Japan hat in dem Kriege gegen Rußland etwa 300000 Mann Soldaten verloren und etwa 2 Milliarden Mark Kriegskosten gehabt, resp. Schulden gemacht. Solche Opfer erträgt kein Land ohne schwere Folgen für seine innere Entwickelung. Ferner sind auch in Frankreich und man kann auch sagen in England, Rachelust und Neid und Kriegslust und ernste Kriegsbereitschaft doch noch recht verschiedene Dinge und vor Deutschlands ehrlicher fester Friedenspolitik dürfte auch das neueste Projekt der guten Freunde in Paris zu Wasser werden. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Vom Königlichen Ministerium des Innern ist der hiesigen Handelsschule auch für das laufende Jahr wieder eine Beihilfe von 350 M. gewährt worden. Dippoldiswalde, 30. Juli. Gestern Nachmittag wurde nach vielem erfolglosem Suchen endlich zufällig der bereits feit April 1904 verschollene alte Fischereipächter Moritz Rupprecht von hier auf Oberfrauendorfer Staatsforstrevier tot aufgefunden. Die Vermutung, daß R. infolge Schwer mutes Selbstmord durch Erschießen verübt, bestätigt sich, denn der benutzte Revolver fand sich noch bei der Leiche vor, die unweit Oberfrauendorf in einem Dickicht, aber höchstens 15 Meter von der Straße entfernt, lag. Dieselbe war natürlich schon vollständig verwest und mußte an Ort und Stelle begraben werden, dennoch konnte aber die Identität des Toten an der noch ziemlich gut erhaltenen Kleidung durch die herzugerufene Wittwe Rupprechts zweifellos festgestellt werden. Die Auffindung erfolgte durch Oberfrauendorfer Einwohner, die von pilzesnchenden Kindern aufmerksam gemacht worden waren. — Das Fehlen der Schmetterlinge ist in diesem Jahre eine ausfallende Erscheinung. Bei den Landwirten und Gärtnern wird diese Tatsache nicht unangenehm em pfunden, da mit dem Fehlen der Schmetterlinge die Raupenplage nicht zu groß ist. Die Ursache dieser un gewöhnlichen Erscheinung dürste in der vorzeitigen milden Märzwitterung zu suchen sein, die eine frühzeitige Ent wickelung der Insekten herbeiführte, die dann bei den Kälteperioden im April und Mai eingingen. — Unter den deutschen Ländern ist Sachsen das erste gewesen, das den Kartoffelbau im Großen betrieb. Das Jahr 1705 darf als dasjenige gelten, in dem durch den Pfarrer Jahn in Würschnitz im Vogtland die Kar toffel als Feldfrucht eingebürgert wurde. Bekanntlich soll Franz Drake die Kartoffel nach Europa gebracht haben. Sie war aber schon vorher in Irland bekannt. Von Würschnitz im Vogtlande aus verbreitete sich nach 1705 die Kartoffel als Feldfrucht, während sie bis dahin hier und da in Deutschland als Gartenfrucht gezogen worden war, in ganz Deutschland und somit feiert sie Heuer ihr 200jähriges Jubiläum in Sachsen. Die Kartoffeln hießen denn auch anfangs in Deutschland „vogtländische Knollen". Dann nannte man sie Tartuffeln, weil die Italiener sie als den Trüfseln ähnlich mit Tartufoli be zeichneten. Später ward aus Tartuffel Kartoffel. Aller dings war auch schon vor 1705 die Kartossel im sächsi schen Vogtlande als Feldfrucht angebaut worden, obwohl Alexander v. Humbold 1717 als das Jahr des Anbaues in Sachsen bezeichnet. —- - — Die Monate Juli und August sind für den Lieb haber und Erforscher von Sternschnuppen die dank barste Zeit im ganzen Jahre. Eine ganze Reihe von Meteorschwärmen kommen in diesen Wochen in größte Erdnähe und liefern ihren Tribut an unsern Planeten ab. Auch der Himmel pflegt durch Klarheit der Beobachtung der Sternschnuppen günstig zu sein. Die eigentliche Jagd zeit für die Sternschnuppen beginnt mit der dritten Juli woche, wenn die Nächte dunkler werden. Dann zeigen sich die ersten Vorläufer der Perseiden, des berühmten Tränenstromes des heiligen Laurentius, der aber erst am 12. und 15. August seinen Höhepunkt erreicht. Dazu kommen wohl noch gelegentlich Meteore aus den Stern bildern des Wassermanns, Bogenschützen, Pegasus, Drachen, Schwans, Cepheus, Andromeda und Kassiopeia, ohne jedoch durch größere Fülle aus einer der genannten Himmelsgegenden auffällig zu werden. Die Perseiden setzen etwa mit dem 15. Juli ein und dauern bis zum 2 l. August. Der sogenannte Strahlungspunkt der Meteore, d. h. der Punkt am Himmel, von dem lie auszugehen scheinen, verschiebt sich dabei in nordöstlicher Richtung. Diesmal wird der Mond während der ganzen Zeit vom 25. Juli bis zum 9. August nicht im mindesten für die Beobachtung störend sein.jZ .^,7 — Frauenstein. Zur Errichtung eines Erholungsheims für Gemeindebeamte hat der Stadtgemeinderat hier dem Verein sächsischer Gemeindebeamten eines seiner Grundstücke unentgeltlich angeboten. Auch Eibenstock hat das gleiche Anerbieten gemacht. Kipsdorf. Die am 28. Juli erschienene Fremden- und Kurliste Nr. 6 weist für die Sommerfrischen und Luftkurorte Kipsdorf, Bärenfels und Värenburg auf die Zeit vom 20. Juli bis zum 26. Juli an angekommenen Sommergästen 145 Parteien mit 287 Personen, sowie 120 Passanten nach. Die Gesammtfrequenz bis mit 20. Juli beträgt an Sommergästen 1474 Parteien mit 27 l l Personen, sowie 1462 Passanten. Hennersdorf. Bei dem am Freitag Abend hier auf tretenden Gewitter wurde, als der Blitz in das Gebäude schlug, Herr Gutsbesitzer Reichelt inmitten seiner Familie von dem Blitze getötet. Edle Krone. Nachdem im Vorjahre die Verbreiterung der Talstraße und sämtlicher Vahndurchlässc unter großen Schwierigkeiten bis hierher vollendet worden ist, arbeitet man jetzt emsig daran, hinter „Unverhofft Glück" die Straßenunterführung zu erweitern und auch den entfernt liegenden Straßentrakt zu verbreitern. Sehr gefährlich sind die Arbeiten hier für den Bahnbetrieb, der mit einer Holzbrücke nur eingleisig aufrecht erhalten wird. Eine be- fondere Blockstation und Jnterims-Signaldienst hat an der Übergangsstelle eingeführt werden müssen, die nur in langsamem Tempo befahren werden kann. In der Be seitigung enormer Felsmassen zur Erweiterung des Durch lasses stellen sich den Arbeiten nicht unerhebliche Schwierig keiten in den Weg, ebenso in der Abfuhr des Bruch materials. Dresden. Zu der seitens des Königlich sächsischen Kriegsministeriums geplanten Errichtung eines sächsischen Militär-Automovilkorps erfährt man von wohl orientierter Seite, daß schon seinerzeit, als die ministerielle Automobilfahrt nach Bautzen stattfand, Erörterungen in dieser Frage zwischen dem sächsischen Kriegsministerium und einigen interessierten Herren geflogen worden sind und auch in den letzten Tagen haben wiederum solche Er örterungen stattgefunden. Das sächsische Kriegsministerium ist nach eingehenden Erwägungen der Frage jetzt zu dem Resultat gekommen, daß es vorläufig noch nicht nötig er scheint, die Angelegenheit der Schaffung eines sächsischen Militär-Automobilkorps näher zu treten. Die Nachricht einiger Sportzeitungen, daß im Anschluß an die Errichtung des preußischen freiwilligen Automobilkorps das sächsische Kriegsministeriums zur Schaffung eines solchen Korps in Sachsen aufgefordert worden sei, bestätigt sich nicht. Hier nach dürfte die ganze Angelegenheit nur aufgeschoben, aber nicht auf gegeben sein. — Eine Beleidigung ganz eigener Art, wobei es sich noch um Entscheidung der Frage: „Ist ein Eisenbahnwagen ein öffentlicher Ort?" handelt, beschäftigte den Ferienstraf senat des König!. Oberlandesgerichts zu Dresden. Der Reisende Friedrich Punkt gen. Müller aus Pirna bestieg am 3. Dezember v. I. in „Edle Krone" den von Frei berg nach Dresden fahrenden Personenzug. Er nahm in einem Wagen, dessen Abteile durch einen langen Gang verbunden waren, Platz. Kurz nach Abfahrt von Station „Edle Krone" zog er seine Tabaksdose aus der Tasche, die auf der Vorderseite eine nackte weibliche Person auf wies, und nachdem er selbst eine Prise genommen, bot er auch seinen Rachbarn zur Rechten und zur Linken eine solche an. Im Abteil befanden sich nun einige Damen aus Freiberg, welchen der Reisende ebenfalls die Tabaks dose reichte. Diese entsetzten sich aber über das die Dose schmückende Frauenportrait und beschwerten sich über den Fahrgast, dessen Personalien später auf dem Hauptbahn hof Dresden festgestellt wurden. Der Reisende wurde nun wegen „Sittlichkeitsvergehens" nach § l 83 Str.-G.-B. unter Anklage gestellt und sowohl vom Schöffengericht Pirna als auch vom Landgericht Dresden verurteilt und zwar wegen öffentlicher Beleidigung. In seiner beim Ober landesgericht anhängig gemachten Revision machte der An geklagte geltend, daß er gar nicht beabsichtigt habe, den mitfahrenden Damen das Bild seiner Tabaksdose zu zeigen, zudem sei ein Eisenbahnwagen kein öffentlicher Ort und die Beleidigung daher keine öffentliche. Das Oberlandes gericht Dresden verwarf aber die Revision und führte aus, daß das Bild der ominösen Dose unzüchtiger Natur sei. Der Eisenbahnwagen sei als öffentlicher Ort anzusehen, denn die einzelnen, durch niedrige Wände von einander getrennten Abteile seien durch einen langen Gang von ein ander getrennt, so daß die Fahrgäste von einem Abteil zum anderen gelangen könnten. — Für die Kreishauptmannschaft Dresden ist eine Schutzgemeinschaft für Baulieferanten begründet worden, um die Interessen der Handwerker, Lieferanten und Kleinkapitalisten gegenüber dem in Dresden besonders in die Erscheinung tretenden unlauteren Spckulationsbau- unwesen zu schützen. — In Nossen erkrankte nach dem Genüsse eines Pilzgerichtes die ganze Familie — die Ehefrau und fünf Kinder — des gegenwärtig auf Arbeit abwesenden Dach deckers Stölzel. Bald nach der Mahlzeit wurde die Ehe-