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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.05.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191105217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110521
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110521
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-05
- Tag 1911-05-21
-
Monat
1911-05
-
Jahr
1911
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Bezug-.Prei- »- De», »<m««dalL Doutchland» u<U> b«r deitichrn Nsl»ni«n o*«rt«lia!nt »M Mt.. «onatl. a»»Icht V»std«k«llo«l» Kern« ui Bklgte», Dank mark, d«» Donau kiaat«», Itolton. ^uiemdora Ntodorlaud«, -kor- weaen v«ft«n«ttt»Ungar». Xutzland. Lchwedon, Schwer» u. S»a»t«» In alle» Ldnoen Staat«» nur dtrav durch dt« G»l<dLtt»it«L« da» Blatt«» «rtzLMtch. Da, L«v«t,«r In» «d tau «lch«t« >«at ILgltch. Sin»» a 6»»etta»» nur «orarn», V»on»«»«»r».»nnadm« 2»d»»«»a«N»», d«t un>«r«, Trdair». KUtal«». Sp»dtt»»i«« «L Lanatz ar» It«ll«n, Ioan« Bostämrera und vrtefträa«ra. Gt»,»r»»»ta»1»»r«»» »VU KiMgerTaMM Handeldzeitttng. ^i.-A»M.^!^ Amtsblatt des Rates »nd des Nolizeiamtcs der Ltadt Leipzig. Lnzeignr.Prri« Ält!Ä8Ä^dt«R?Na^ »»Ue! Ml.. »a» «»»»Ltl» «) Pf. Sleklome,, «L!»»i«t»r, »«> ««tzStde» tm amt. llch^r I«U »t« v«tt««tl« «Pl Rabatt»achlartt. Bella,«aebadrS-I-ml. S,tkrt«Ut« Luslräge können ntL« »»rück. »«,»,«» «erd«». 8llr da» Erscheinen an »«htnnnten Ta,«» »nd Plä,en wird kein« Garantt« üdernommrn. B«t«t««a. Annahme: Iatza,»1»,,Is» », bei sämtlich«» Silialen ». allen «nnoncrn» Lldedtttonea de» In» und Lu» laude». »rmt «» »«»<», S«t»it«« La«» blatt«, E- Val» Sntzad«: Paul «rste». «edaktl», »nd ».schbft»»«!«: Iodanntssasse 8. Ha»ot. Atttal« Dreede,-. «««Krad« < L lT«l«»ho» «62Ul «r. 140. Sannw,, üen 21. Msi lSll. 105. Jahrgang. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 38 Leiten. Vie expMmkii ckes Leipriger IsgedlslieZ unck cker Leipriger Attgemeinen Rettung befinden sicsi nur noch I.elprig, 1okann'i8ga88e 8, VoräsrZebLuäs parterre IwlL8 iw Lsbäuäs ctes iLAvblattes. Das Diihtiglte. " Der Kaiser empfing inLondon Sonnabend vormittag Sir Ernest Tasse l. * Der Reichstag erledigte am Sonnabend von der Reichsversicherungsordnung das fünfte Buch, das die Beziehungen der Darsiche rungeträger zueinander und zu anderen Verpflichteten regelt. Die Beratung wurde bis tz 1527 fortgeführt. (S. Reichstogsber.) * Das preußische Abgeordnetenhaus setzt» am Sonnabend nach der Annahme des Feuer bestattungsgesetzes die Beratung über die An- siedlungsdenkschrift fort. fS. Parlaments bericht.) * Aus Mähren wird Hochwassergefahr gemeldet. (S. Tageschronik.) * Dem mexikanischen Parlament ist ein Amnestiegesetz für politische Gefangene zugc- gangen. (S. Ausl.) Revanche >. Lor zwei Jahren erklangen bei einer fest lichen Veranstaltung in Berlin nacheinander die deutsche Nationalhymne und die Marseillaise; und wie die beiden Nachbarländer Deutschland und Frankreich, gleichsam symbolisch durch die Melodie verbunden wurden, so vereinigte der Präsident des preußischen Herrenhauses, Frei herr o. Manteuffel, auch die Wünsche für das Wohl des Deutschen Kaisers und der Prä sidenten der französischen Republik in einem Hoch. Das „Zentralkomitee für eine Annähe rung zwischen Deutschland und Frankreich" hatte sich den als Friedensfreund bekannten Senator Baron d'Estournelles de Constant von Paris nach Berlin zu Gaste geladen und sich von ihm einen Vortrag halten lasten, dessen Höhepunkt die Meinungsäußerung bildete, daß eine deutsch-französische Annäherung unvermeidlich sei. Enthusiasten schwärmten damals von einer nahe bevorstehenden Ver wirklichung dieses Gedankens. Kühler denkende Naturen warnten vor Ueberschätzung der Wir kungen einer glänzend verlaufenen Feier und hatten die Beweiskraft der Geschichte für sich. Wohl mochten gewiss«, vielleicht einflußreiche Persönlichkeiten dem Annäherungs gedanken starke Sympathien entgegenbringen und seiner Verbreitung auch hier und da Freunde werben, andre nicht minder hervor tretende Geister verfochten mit Leidenschaftlich keit den entgegengesetzten Standpunkt: von einer allgemeinen Volks st römung zugunsten dieser an sich schönen Idee war diesseits und jenseits des Wasgenwaldes nichts zu spüren. Wie berechtigt aber die einst von den Beteiligten beinahe unangenehm empfundenen Warnungen vor Ueberschwenglichkeiten waren, daran hat die Gegenwart wiederum bitter erinnert. Beim Jahre,fest der französischen Mitkämpfer von 187071 hat der komman dierende General des 10. französischen Armee» orp», Lyautey, dar als revanchefreudiger Deutschenfeind schon einmal unliebsames Auf sehen erregt hatte, eine Ansprache gehalten, deren Wirkungen die knapp zwei Jahre alte Friedenskundgebung des Senators d'Estournelles de Constant zum mindesten ausgleichen werden. „Wir dachten nicht, daß jo viele Jahre ver gehen würden bis zur Revanche! Geben wir die Hoffnung nicht auf, sie kommen zu sehen. Genug von diesen Humanitären Phrasen über den Krieg. Er ist ein Gesetz und für die ge schlagenen Völker eine Pflicht." So haben Männer wie Boulanger und Dsroulöde auch gesprochen, solche Gedanken waren die Trieb feder aller Handlungen Delcasst-s, als dieser viel genannte Mann die Geschäfte des Auswärtigen Amtes in Paris leitete. Nie hat Frankreich den harten Schlag von 1870 vergessen, und wenn auch vorübergehend die Meinung einer freund licheren Gestaltung der nachbarlichen Be ziehungen sich bilden konnte, in tiefstem Grunde denken viele Franzosen auch heute noch so, wie es Lyautey in seiner Ansprache an die Kriegs veteranen wieder offenbart hat: „Eure Söhne wissen sich durchlöchern zu lasten, wie Sie es verstanden haben. Wie Sie werden auch diese Soldaten morgen wieder anfangen!" Mag man eine solche fanfarenartige An sprache als Entgleisung, verursacht durch das Milieu, wo sie gehalten, durch den Beruf dessen, der sie gehalten, vielleicht zu entwerten suchen, mag man der überschäumenden nationalistischen Leidenschaftlichkeit des Sprechers in Erinnerung an frühere Zeiten Milderungsgründe zuzubilligen geneigt sein: zweierlei darf dabei jedoch nicht übersehen werden, was erschwerend ins Gewicht fällt. Die Zuspitzung der Marokkofrage durch Frankreichs sehr willkürliche Auslegung der Algecirasakte hat zwischen Frankreich und Deutschland eine vorläufig noch leichte Span nung erzeugt, und Del rasse ist wieder die be wegende Kraft des französischen Ministeriums. Nimmt man diese beiden Tatsachen zusammen mit der Revanche-Rede Lyauteys, fo ge winnen die Worte des Generals fast sympto matische Bedeutung. An den aus Marokko herüberflackernden Flammen soll der Rache gedanke im französischen Volke entzündet werden. Delcassä wird zum zweiten Male dem Deutschen Reiche das Aeußerste zu bieten wagen, und Lyautey bereitet die Bürger der Re publik auf das Schlimmste, das ihnen aber das Willkommenste dünkt, in zielbewußter Weise vor. Das Deutsche Reich kann die Wirkungen dieser Aufreizung des kommandierenden Generals zum Rachekriege in Ruhe abwar ten. Das französische Heer hat in den letzten Jahren in mancher Bewährungsprobe durch aus nicht Stich gehalten; der Gegensatz zwischen royalistisch-nationalistischen und re publikanisch-demokratischen Offizieren ist tiefer, als man in Frankreich zugeben will, und um die Manneszucht der Soldaten ist's auch nicht zum besten bestellt. Wenn also wirklich Frank reich nach dem Rezept des Generals Lyautey einen Waffengang mit Deutschland wagen sollte, könnte es leicht die bittere Wahrheit des alten guten deutschen Sprichwortes zu spüren haben: „Die Rache ist süß, aber man verdirbt sich leicht den Magen daran." Trotzdem darf aber auch die Gefahr fortgesetzter Wühlereien dieser Art nicht unterschätzt werden; derartige Stimmungs explosionen fanatischer Franzosen bedürfen viel mehr ernster Beachtung, weil sie bei dem leicht entzündbaren Temperament der Nachkommen der alten Gallier von verheerenden Folgen be gleitet sein können. Die Sslleruwche in Landon. (Bon unserem Spezialkorrespondenten.j London, 18. Mai. Kein Mensch, der längere Zeit in London gelebt hat und die Stimmung im Lande kennt zweifelt daran, daß die Bevölkerung von London den Deutschen Kaiser wirklich gern hat. Nicht etwa, weil er der Enkel der Königin Viktoria ist, sondern weil er eben „William" — oder wie ich ihn oft habe nennen hören — „Billy" ist. Man durfte also auf «inen recht enthusiastischen Empfang durch die Bevölkerung gefaßt sein. Anders die englische Presse, die augenscheinlich im ersten Moment nicht recht wußte, wie sie sich zu verhalten habe. Noch am Sonntag — also dem Tage, an dem die „Hohenzcllern" in Port Bictoria einlief — ließ sie sich aus Berlin telegraphieren, daß der Kaiser vor seiner Abreise mit dem Admiral Tirpitz eine länger« Unterredung hatte und daß Herr v. Treutler „nun doch" mit noch London fahre , womit allerhand anaedeutet und nichts gesagt sein sollte. Und de- weiteren, daß „die deutschen Zeitungen eisiges, auffälliger Stillschweigen über di« Londoner Kaiser reise benahren; ja zum Teil ihre Leser sogar irre führten." So habe ein Berliner Blatt gemeldet, die Kaiserin und ihre Tochter seien nach Bad Kistingen abgereist, während ein anderes die Behauptung aus stellte, „Ihre Majestäten seien nach London zur Krönung gefahren". Dann, Montag, mit der Ankunft des Kaiser paares kam der Umschwung. Dem Laien mußte es scheinen, als ob der enthusiastische Empfang die englische Presse zu ihrer Stellungnahme förmlich ge zwungen hätte. Denn der Empfang war wirklich von einer Herzlichkeit, die keinen Zweifel aufkommen ließ. Tatsächlich aber lag der Grund des plötzlichen Umschwunges von wohlwollender Gleichgültigkeit zu begeistertem Enthusiasmus wohl tiefer. Wer. wie ich, die innere Organisation der englischen Presse kennt, der wird in ihr das bewundern, was wir Deutsche eigentlich immer für unser Monopol ge halten Haden, nämlich: Disziplin. In inner politischen Dingen bekämpfen sich die Blätter weit über das Maß hinaus, das man in Deutschland für erlaubt halten würde. Handelt es sich aber um einen Standpunkt nach außen hin, so verschwindet jedes persönliche oder Parteiinter esse, und Zeitungen aller Gattungen stehen ge schlossen da und hauen in dieselbe Kerbe. Fast scheint es, als ziehe dann ein geheimer Bote die Fleet-Street entlang, in die Tür eines jeden Zeitt.ngshauses hineinflüsternd, wie man sich zum Wohle Englands zu verhalten habe. Und nie gibt es eine Dissonanz. Die Feinde von gestern sind über Nicht plötzlich gute Freunde geworden. Etwas Aehnliches dürfte auch diesmal vor gegangen sein. Die Zeitungen überboten sich plötz lich in Liebenswürdigkeiten. Unter zehn Spalten über den Kaiserbesuch machte es schließlich kein ordentliches Blatt mehr. Das hatte ein gutes Resultat. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es bekanntlich heraus. Die deutsche Presse war natürlich angenehm berührt und sprach es auch aus. Sofort meldeten die englifchen Korrespondenten — zweifellos ihren Instruktionen gemäß — wortgetreu, was die deutschen Zeitungen zu sagen hatten. Was wiederum hier angenehm be rührte. Und so befindet sich London in dieser Woche in einer Berdrüderungsstimmung, die fast zu Pit und zu schön ist, um dauern zu können. In dieser Woche eben ist deutsch Trumpf. Es dürfte kaum einen gastfreundschastlicheren Menschen geb n als den Engländer in seiner Heimat. Und wänrend des Kaiserdesuches scheint er sich verpflichtet zu fühlen, alles, was deutsch heißt, als seinen Gast zu betrachten. Ich hübe hier bereits die merk würdigsten Szenen gesehen. Eine Anzahl von deutschen Matrosen, prächtige Kerls, gerreten, der Himmel weiß wie, in die Throgmorton-Street hinein. In deutschen Städten haben wir keine ähnlichen Straßen. So eng, daß die Sonne selten hinein scheint, mit hohen Häusern rechts und links, von denen jedes zweite Haus tatsächlich die Mündung einer schmalen Straße darstellt. (Man glaubt in die Tür eines Hauses zu treten, gelangt statt besten aber in eine Seitenstraße.) Mit der Dank von Eng land auf der einen Seite und der Börse auf der anderen und gefüllt zum Erdrücken mit Männern, von denen ein jeder einen Zylinderhut trägt. Throg morton-Street, der Mittelpunkt des Großbritannischen Reiches; die kurze, enge Straße, in der täglich Millionen gemacht und verloren werden — aus gerechnet in dieses Gewühl gerieten unsere schmucken, blitzblanken Seeleute. Im Moment waren sie um ringt. Es hagelte Fragen in deutscher und englischer Sprache. Die Geschäfte des Königreiches von Britannien und des Kaiserreiches von Indien stockten einen Moment. Von weitem hörte ich die lachende, protestierende, nicht zu verkennende Hamburger Stimme eines spitzbärtigen Seemannes: „Dieser Be trieb s—s—spottet ja jeder Beschreibung —" Dann waren sie alle verschwunden. Aber die nahen Börsen kneipen und Restaurants waren um so gefüllter. Hoffentlich landeten alle brav und pünktlich und es ging ohne Strafen ab. . Der Londoner hat überhaupt viel gelernt in dieser Woche. So spricht er bereits vom .Hohen- zollernwetter", d. h. der das aussprechen kann. Die anderen sagen „Kaiserwetter". Und was „Aegir" be deutet, weiß hier jetzt auch ein jeder. Jeder Eng länder, der ein Piano hat — und jeder Engländer hat ein Piano —, muß „Emperor Billys Song" haben. In der Vorstellung von „Monnaie" im Drury - Lane - Theater, bei der die königlichen Vettern zugegen waren, ist der „Song to Aegir" vollständig vom ganzen Orchester vorgetragen worden. Wenn wir die Kunst nach der Genugtuung beurteilen wollen, die ein Vortrag bei den Zuhörern hervor ruft, dann hat Kaiser Wilhelm zweifellos den Kunst rekord gebrochen; denn das ist selbst Caruso noch nicht passiert, daß die Menge, wie diesmal in Drury Lane, tatsächlich .16, sage 36 Stunden vor Anfang der Vor stellung bereits die Tür belagerte. Zwei Tage und eine Nacht, d. h. von Dienstag früh bis Mittwoch abe.td standen die Leute vor dem Theater, um nur den Vertrag von „Aegir" nicht M vermissen. Wie der deutsche Kronprinz in Indien, so hat Prinzessin Viktoria durch ihr bloßes Er scheinen die Herzen der Londoner im Sturme er obert. Sie zollen ihr das höchste Lob, was sie sich denken können; sic nennen sie „durchaus englisch". „8do is so mach protttsr tbew ftsr pieturv»; sbv i» so kmplisb" ist zu einer ständigen Phrase geworden. Und schon sind sich die guten Londoner einig über einen Punkt. „Der Prinz of Wales ist zwar etwas jung, aber —Und dabei ist der Wunsch der Vater des Gedankens. llrtchtulch? Man hätte erwarten dürfen, daß der peinliche Zwischenfall bei derLnthüllung des Kai ser - Wilhelm - Denkmals in Straßburg, der sich zwischen Len Straßburger Studenten und den Militärbehörden abspielte, durch den bekannten -ul- digungszug ter Studenten zum Kaiser und durch des sen Ansprache an die jungen Akademiker seine Er ledigung gefunden Imttc. Nachdem über die Ange legenheit beinahe schon Gras gewachsen war. hält man es aber an „zuständiger Stelle" plötzlich für an gebracht, den Streit von neuem auszurollsn und gibt damit ttnbegrciflicherweisc erneuten Anlaß zu Erörterungen dieses Themas, die zweifellos noch viel schärfer und für die Militärbehörden noch weniger angenehm ausfallen werden, als es die bisherigen ohnehin schon waren. Das offiziöse Wölfische Bureau verbreitet eine Darstellung des Sachverhalts, worin alle Schuld an den Vorkommnissen den Studenten beigemessen wird. Das aus Straßburg datierte Schriftstück hat folgenden Wortlaut: „Gegenüber den meist einseitigen Dar stellungen, die gewisse» Vorkommnissen gelegentlich der jüngsten Enthüllung des hiesigen Kaiier-Wil Helm Denkmals in der auswärtigen Presse gewidmet wurden, sind wir in der Lage, aufGrundvonIn- formationen durch die zuständige Stelle und im Einvernehmen mit dem Festkomitee folgendes festzustellen: Tatsache ist, daß der Ausschuß der Studentenschaft in keiner Weise von der Militärbehörde verhindert worden ist. an der Feier teilzunehmen. Tatsache ist ferner — was in weiten Kreisen des Publikums nicht bekannt zu sein scheint —, Laß die Studenten am Denkmal nicht den ihnen vom Festkomitee ange wiesenen Platz eingenommen haben, unter völ liger Ignorierung ihres vorher dem Komitee gc gebenen Einverständnisses und unter eigenmäch tiger Auswahl eines anderen Platzes direkt hin ter und zum Teil sogar innerhalb der militärischen Aufstellung, die durch Allerhöchsten Befehl angeordnet war. Da die Aufstellung unmöglich so bleiben konnte und die Studenten dem Ersuchen des Vorsitzenden Les Dentmalsausschusses, den ihnen zugewieseneuPlatz ein zunehmen, nicht Folge gaben, nachdem ferner auch der Vorsitzende des Denkmalsausschusses sich mit der Bitte umUnterstützungandenKommandanlen wandle, machte der kommandierende General und üemnächst der Kommandant die Studenten daraus aus merksam, daß sie den für die Truppen bestimmten Platz räumen müßten. Diese Aufforderung wurde nicht befolgt; die Studenten wichen erst, als ein A b s p e r r u n g s k o m m a n d o für Len der Truppe zugewiesenen Platz befohlen wurde. Auch jetzt stand es ihnen völlig frei, Len für sie bestimmten Platz^einzunehmen. Bei ruhiger Erwägung seitens der Studenten, die zum Verkästen des Festplatzes in keiner Weise veranlaßt waren, hätte der Zwischenfall wohl vermieden werden können. Waren doch z. B. die meisten Stabsoffiziere und viele Hauptleute, die noch unter Kaiser Wilhelm I. gedient, wegen Platz mangels von der Teilnahme an der Feier überhaupt ausgeschlossen. , Gegenüber der abfälligen, das ganze Heer und «eine Einrichtungen mehrfach verletzenden Kritik, die auf Grund unzutreffender Berichte in dieser Ange legenheit durch einen Teil der Presse geübt wurde, sollen obige Feststellungen die wirkliche Sach läge zur allgemeinen Kenntnis bringen." Ohne uns zunächst auf eine materielle Würdigung dieser die Studenten allerdings schwer belastenden Darstellung weiter einzulasten, wüsten wir doch vor läufig zwei Punkte als auffällig und kom mentarbedürftig hervorheben. Einmal fragen wir, weshalb diese Richtigstellung in so später Stunde erfolgt? Wären die Studenten wirklich soschuldigan dem Vorfall, wie es nach dieser Dar stellung den Anschein hat, dann ist der Empfang der Studenten durch den Kaiser, der Loch eine Art Entschuldigung für die erlittene Zurücksetzung sein sollte, nicht nur nicht verständlich, er hätte sogar unter allen Umständen verhindert werden müs sen. Nachdem nun aber einmal dieser Empfang in Gegenwart des kommandierenden Generals stattge fundcn hatte, mußte die Angelegenheit als beigelegt gelten. Wenn nachträglich aber doch ihre Wiederaus rollung erfolgt, dann ist di« zweite Frage zu stellen t?ui lx>no? Entweder hatten die Studenten wirklich das Recht, sich gekränkt und zurückgesetst zu fühlen, dann ist ihnen in ritterlicher Weise durch den Kaiser selbst sofort eine glänzende Genugtuung bereitet wor den. Oder die Studenten hatten bestimmte Vorschriften des Festausschusses verletzt; dann mußte darüber so fort Klarheit geschaffen werden, und dann hätten die Berater des Kaisers dafür Sorge tragen wüsten, daß der Empfang auf all« Fälle unterblieb. In den beteiligten Kreisen sollte man sich doch keinem Zweifel darüber hingeben, daß nunmehr erst recht das Verhalten der Militärbehörden und der Studenten von der breiten Öffentlichkeit einer Kritik unter zogen wird, und daß dadurch sehr leicht neue und tiefere Verstimmungen zutage gefördert werden. Daß in der ganzen Angelegenheit noch nicht allesstimmt. beweist auch die Straßburger Mel dung. wonach der Allgemeine Studentenausschuß sich dahin entschieden hat. die Angelegenheit noch nicht ruhen zu lasten. Die Studenten haben erklärt, daß es ihnen peinlich sein würde, wenn sie in Zukunft bei offiziellen Feiern der Universität mit dem kom mandierenden General und dem Straßburger Platz kommandanten Zusammentreffen würden. Das ist eine versteckte gesellschaftliche Boykottandrohung, die direkt als taktlos zu bezeichnen wäre, wenn di« Studenten wirklich so unrecht gehabt hätten, wie die Darstellung des Zwischenfalls „von zuständiger Stelle" glauben machen will. Daß auf die Straßburger Kaisertage noch nachträglich «in so trüber Schatten fällt, ist sehr zu beklagen, und wir können nur wünschen, daß die beteiligten Kreise sich ernstlich um eine rasche Beseiti gung der vorhandenen Mißhelligkeiten bemühen.
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