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Aachener W Nach richten. Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Bautzen als Konfiftorialbehörde der Oberlaufitz. Amlsötatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Hermhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der StadtzUr zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- «nd Gewerbekammer zu Zittau. Erscheinungsweise» Täglich abend- mit Ausnahme der Sonu- uud Feiertage. Gchriftleitung und GLichäftSsteller Bautzeu, Junrre Lauenstrab« 4. Ferusprecher: Nr. St. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis pro Monat t Bei Abholung in der Geschäftsstelle —.80 bei freier Zustellung InS HauS l.— Anzeigenpreis: Die kgespaltene Petitzeile oder deren Raum 15 Pfennige, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die Zgespaltene Petitzcile 50 Pfennige. Nr. 27L. Mittwoch, deu 83. November 1S1V, abends. 129. Jahrgang. Politische Nachrichten. den Nati- wegung ausgebrochen. Man verlangt Absetzung aller vom Fürsten angestellten französischen Beamten. Die Gegenwart ist in der Erzeugung neuer Gebilde für den Kampf ums Dasein äußerst erfinderisch. Nur die Masse vermag sich zu behaupten, nicht mehr der einzelne. Ein Rufer im politischen Streit bedeutet nichts: nur die Einflüsse werden gewogen, nur die Mengen werden ge zählt, die hinter dem Führer stehen. Auf der ganzen Linie herrscht der Großbetrieb. Die Kleinkrämer und Hand werker werden durch die eisernen Krallen der Warenhäuser zu Tode gedrückt. Orchester von tausend Köpfen schlagen die Kammermusik tot. Ehemals lud man sich drei, vier Freunde ein, jetzt verbringt man den Abend in einem Bier palast, wo Tausende lärmender Unterhaltung huldigen. Was ist in unseren Tagen ein Philosoph? Ein Rohr im Winde. Was noch Beachtung findet, sind die Volksver sammlungen. Wer nicht mitmacht, ist out ok tfte ran. Wer im Völkerleben keine Kraft besitzt, der kleinere Staat, wird im Wettbewerb an die Wand gedrückt. Das ist die Tra gödie der Schwachen — mit dem stolzen, sieghaften Namen: „Imperialismus!" Beim Trust ists nicht anders! Auch dort wird der Kleinbetrieb getötet. Wer vermag sich gegen Rockefeller nud Carnegie, wer gegen den Zuckertrust, den Stahlwerk verband und das Kohlensyndikat zu behaupten? Die Hapag und der Norddeutsche Lloyd mit Woermann zu sammen schlucken alle Nebenbuhler auf, der Ozeantrust Pierpont Morgans beherrscht den Atlantischen Ozean. Ists in der Wissenschaft nicht ähnlich? Ein Kartell der Aka demien ist entstanden, umfassende Aufgaben gemeinsam zu lösen: Weltgeschichten, Handbücher der Technik, der Me dizin, der Chemie werden von Syndikaten verfaßt. Nie mand darf hoffen, gegen den Trust der wissenschaftlichen Arbeitseinteilung aufzukommen. Dieselbe Erscheinung im Bankwesen. Neue Großbanken mit zusammen 2 Milliarden Mark beherrschen Deutschland und diektieren anleihe- bedürftigen Staaten, wie Peru, Siam und selbst dem Reiche die Bedingungen. Sie sind ein imperium in imperio — ein Staat im Staate. Das ist überhaupt das merkwürdige Phänomen der ganzen jüngsten Entwickelungszeit: Der Gegensatz zwischen dem allumfassenden, nie gesättigten, expansionsdurstigen Staate und den gleichfalls nach Allgewalt hungernden Trusts. Eine durch Kampf erzeugte Parallelbildung. Starker Stoß ruft starken Gegenstoß hervor. Gegen Friedrich den Großen, gegen Napoleon ballte sich ein ganzer Kontinent zusammen, gegen Bismarck machte der Papst mit dem Zent'um Front. Der Staat befördert Industrie und Handel, erzwingt Handesverträge mit dem Ausland. Wer aber heimst den Gewinn davon ein? Die Handels herren und die Vankmagnaten. Und sie, die der Staat großgezogen und mit seiner eigenen Kraft genährt, wenden sich gegen den „Erzeuger" und zwingen ihm ihren Willen auf. Die Kapitäne der Industrie werden zu Prätorianer präfekten und usurpieren die Gewalt. Woermann befiehlt in Südafrika, Krupp fordert einen Druck auf Serbien, die Deutsche Bank einen solchen auf die Türkei, Großindustrielle raten zur Nachgiebigkeit gegen Nordamerika und Rußland, Stinnes und Thyssen halten es für einen „guten Witz", warb. Englands ganze Weltstellung ist auf Indien auf gebaut. Deutschland gebietet über Afrikaner, Papuas und Chinesen, Frankreich über Araber, Berber, Anamiten und Madagassen, Rußland endlich über fünfzig verschiedene Rassen. Aber auch das Rassen- und Volksgefühl ist rege gewor den. Nationalistische Bewegungen haben sich bei Arabern und Persern, bei den Chinesen, ja sogar bei den Süd afrikanern gezeigt: die Farbigen wollen nicht mehr ge horchen, noch viel weniger die Weißen, daher der Kampf der Kleinrussen und Polen gegen die Großrussen, der Buren gegen die Engländer, selbst einstige Briten, die Ka nadier und Australier, fordern nachdrücklich ihre Selbst ständigkeit. lagen und war nur von kurzer Dauer. Die beiden liberalen Parteien Bayerns, die National- liberalen und die fortschrittliche Bolkspartei, haben sich Uber ein Wah 1 abkoinm e n für die Reichstagswahlen in ganz Bayern, einschließlich der Rheinpsalz, geeinigt. Als der englische Premierminister Asquith gestern das Parlament verlassen hatte, drängten sich Anhängerinnen des Frauenstimmrechts an seinen Wagen und zertrümmerten mit einem Stock eine Fensterscheibe des Gefährts. Etwa hundert Verhaftungen wurden vorgenommen. * Im Fürstentum Monaco ist eine sranzosenfeindliche Be onalliberalen und den Konservativen in Sachsen. In politischen Kreisen des Landes erregt eine Rede des natl- onalliberalen Dresdener Reichstagsabgeordneten vr. Heinze über die politische Lage insofern berechtigtes Auf sehen, als vr. Heinze einen bevorstehenden scharfen Kampf, ein „Ringen aus Leben und Tod" zwischen den National liberalen und Konservativen ankündet. Herr vr. Heinze beleuchtete u. a. die Stellung der Nationalliberalen zum Bund der Landwirte und zu den Konservativen. Der Bund der Landwirte habe sich in der Hochburg des Nationalliberalismus, der Provinz Hannover, mit den Erzfeinden der Nationalliberalen, den Welfen, verbündet und suche die Nationalliberalen dort zu verdrängen. Nun müsse man ja den hohen Wert der deutschen Landwirtschaft anerkennen, seine Partei wünsche auch nicht, daß sich ganz Deutschland industriealisiere, im Gegenteil, die Land wirtschaft solle blühen und gedeihen, beruhe doch auch unsere Heeresmacht nicht zum mindesten auf der Stärke der deutschen Landwirtschaft. Aus solchen Erwägungen heraus hätte die nationalliberale Partei ja auch im Jahre 1902 den Zolltarif mit beschlossen. Um so unberechtigter sei da her der Ansturm des Bundes der Landwirte gegen die Na tionalliberalen. — Mit erhobener Stimme kündigt der Abgeordnete, wenn sich die konservative Partei mit dem Bunde der Landwirte identifiziere, ein Ringen auf Leben und Tod an. Auf die Bündnisse des Bundes der Landwirte mit den reichsfeindlichen Welfen zum Zwecke der Verdrängung des Nationalliberalismus aus seinen alten Hochburgen in Hannover könne die Antwort nur der allerschärfste Kampf gegen die Konservativen sein, deren Verdrängung aus dem festen Besitzstand in Ostpreußen. Wenn der Kampf in Hannover gegen die nationalliberale Partei ausgeführt würde, so wären die Nationalliberalen Feiglinge, wenn sie die Konservativen nicht in ihrer Do mäne in Ostpreußen angreifen würden. In Lyck habe es sich gezeigt, daß das mit Erfolg möglich sei. Der sei ein Schwächling, der, wenn er geschlagen würde, nicht auf einer anderen Seite wieder schlage. Nach alledem sei klar, daß der Schlüssel zur künftigen Situation zwischen den beiden sich befehdenden Parteien in Hannover liege. Reichstagskandidaten der Deutschen Reformpartei. Die Dresdner „Deutsche Reform" veröffentlicht nunmehr die Namen der vom Landesverein der Reformpartei im König reich Sachsen für die allgemeinen Wahlen aufgestellten Reichstagskandidaten. Für den Wahlkreis Bautzen- Kamenz ist bekanntlich unser bisheriger Abgeordneter Herr Stadtverordnetenvorsteher Gräfe- Bischofswerda wieder aufgestellt, für Dresden-Neustadt Herr Staatsbahn-Vorarbeiter, Schmied Richard Knorr in scheinlich in San Franzisko. * Nach chiffrierten Privatdepeschen ist die revolutio näre Bewegung in Mexiko noch keineswegs unterdrückt. Die Rebellen sollen vielmehr im Besitz der Städte San Antonio, Gomez Palacio, Torreon und von 5 weiteren Plätzen sein. Die Lage in vielen anderen Orten ist äußerst kritisch. * Der Barbiergehilfe Karl Gründig, der das Eastwirts- ehepaar Göller in Burkersdorf ermordet und beraubt hatte, wurde vom Chemnitzer Schwurgericht zweimal zum Tode verurteilt. * Wetteraussicht für Donnerstag: Ausheiternd, kälter, vorwiegend trocken. * Aus'üdrllchc-j siehe an anderer Sielle. Deutsches Reich. Ein „Ringen aus Leben und Tod" zwischen Das Wilktiakte vom Daae. >fiir eine Lächerlichkeit, ihnen ein preußisches Minister- , " ! Portefeuille anzubieten. Sie, die mächtiger als die meisten * Der deutsche Reichstag O:at gestern nach der Som- Minister sind, sollten gehorchen, wo sie befehlen können? merpause wieder zusammen. Die 1. «.tzung galt kleineren Vor-, ^as gefährlichste aber ist die Internationalisierung des Großkapitals. Die Deutsche Bank arbeitet zusammen mit französischem Kapital an der Bagdadbahn, mit eng lischem in Peru und Chile. Die Allgemeine Elektrizitäts- gesellschaft wirkt in Rußland, an den Viktoriafällen des Sambesi, in Valparaiso und kartelliert sich mit nordameri- kanischcn Betrieben. Deutsche Petroleumgesellschaften pak tieren mit Rockefeller. Diese Jnternationalität des Kapitals ist aber der di rekte Widerstreit des Imperialismus, der sich auf den Na tionalismus gründet. Und auch dieser entpuppt sich bei Fur>ten angestellten französischen Beamten. genauem Hinsehen als eine feindliche Macht. Der Welt- x» Edamerikanischen Union plant man 19l5 bei Er- will herrschen, auch über andere. Die Union wurde offnung des Panamakanals eme Weltausstellung, wahr-, ^urch imperialistisch, daß sie Raffenfreunde, Kubaner und > Tagalen unterjochte, Japan dadurch, daß es Korea er- Dresden-Neustadt, Vorstandsmitglied der evangelischen Ar beiterorganisation, und in Meißen-Großenhain Herr Redakteur Kurt Fritzsche- Oschatz, der kürzlich hier in Bautzen in der Gräfe-Versammlung einen Vortrag hielt. — Ueber die politische Lage in diesen Kreisen ist folgendes zu bemerken: In Dresden-Neustadt wurden 1907 an Stimmen abgegeben 26 458 für den Sozialdemokraten Zigarrenhündler Kaden, 12 868 für die Neformpartei, 6717 Konservative, 6533 Freisinnige Volkspartei, 400 Zentrum. Ganz eigenartig liegen die Verhältnisse in Meißen- Großenhain. Dort wurde 1907 der Reformparteiler Gutsbesitzer Gübel-Klassig gewählt; dieser trat jedoch im Laufe der Neichstagsperiode von der Neformpartei zur Wirtschaftlichen Vereinigung über. Infolgedessen will ihm nun die Neformpartei in der Person des Herrn Fritzsche einen Gegenkandidaten gegenüberstellen: und da Herr Fritzsche ein sehr gewandter Redner und beschlagener Volks- wirtschastler ist und die Reformpartei in den Städten, zu mal in Riesa und Meißen großen Anhang hat, dürfte die Kandidatur Fritzsche nicht zu unterschätzen sein. Herr Gäbel aber, der den Kreis auch schon 1898-^-1903 inne hatte (von 1903 bis 1906 war Meißen durch den sozialdemokrati schen Gastwirt Nitzschke-Großenhain vertreten) und seiner Anhang besonders auf dem Lande hat, wird das Mandat jedenfalls nicht aufgeben wollen. Ferner ist noch mit einer konservativen und einer freisinnigen Kandidatur zu rech nen; denn 1907 wurden in Meißen-Großenhain abge geben im ersten Wahlgange an Stimmen: 14174 sozial demokratische, 6976 für Herrn Gäbel, 6599 konservative, ,3427 freisinnige und 126 Zentrum; Herr Gäbel siegte in der Stichwahl mit 17 336 über 14 438 sozialdemokratische Stimmen. Nicht weniger als vier bürgerliche Kandidaten dürften sich also in Meißen diesmal gegenüberstehen; und es bleibt nur zu hoffen, daß der Wahlkampf von ihnen allen, auch von den Linksliberalen in Formen geführt wird, die ein Zusammengehen bei der Stichwahl nicht unmöglich machen, da andernfalls der Kreis in die Hände der Sozial demokratie fallen mutz. Das Stadtverordneteiiwahl-Ergebnis von Kamenz. Die am 21. in Kamenz stattgefuiideneii Stadtverordneteiiwahlen haben die Wiederwahl von 4 der ausscheidenden Stadtverordneten er geben, während weitere :i Herren in das Kollegium neu ein- treteu. Die Wahlbeteiligung gestaltete sich äußerst lebhaft. Ge wählt wurden die Herren Geometer Rentsch, Or. weck. Böhme. Kaufmann Otto Vogt, Ratsuhrmacher P. Reiß mann, Fleischermeister Alwin Wobser, Schneidermeister H. Müller und Privatus Arthur Hauschting. Herr Hausch- ting ist nur auf das Jahr 1911 gewählt. — Vom politischen Standpunkte aus betrachtet, können die ordnungsparteilichen Elemente mit dem Ausgange der Wahl sicher recht zufrieden sein. Ist es doch geglückt, den Ansturm der Sozialdemokratie, welche bereits ein 3. Mandat in der Tasche zu haben glaubte, abzu wehren, und dies trotz der beispiellosen Zersplitterung, mit der die bürgerlichen Kreise den Wahlkampf führten. Sieg der Ordnungsparteien in Großenhain. Bei den diesjährigen Stadtverordneten-Wahlen in Großenhain waren auf 7 Listen 40 Kandidaten in Vorschlag gebracht, während nur 11 zu wählen waren. Von 1163 wahlberechtigten Bürgern machten 991 von ihrem Stimm recht Gebrauch. Gewählt wurden sechs Ordnungsparteiler, während bei den Ersatzmännern zu zwei Ordnungspartei lern sich drei Sozialdemokraten gesellten. Niederlage der Sozialdemokratie in Mittweida. Die Ergänzungs - Wahlen zum Stadtverord netenkollegium in Mittweida brachten eine Ueber- raschung. Die Sozialdemokraten erhofften von vornherein einen Erfolg und machten wenig Anstrengungen. Von ihren Kandidaten wird aber nur einer wieder in den Stadthaussaal einziehen, während die bürgerlichen Par teien 9 Vertreter wählten. * » * Der Dreibund und die Valkanpolitik. Zu der Depesche des Berliner Berichterstatters des Pariser „Mat in", welche dem General Keim eine Erklärung in den Mund legt Uber einen angeblichen Vertrag, den die Dreibund mächte vor zwei Monaten in Turin unterzeichnet hätten und der ihre gegenseitigen Interessensphären auf der Balkanhalbinsel abgrenze, erklärt die römisch-offiziöse „Tribuna", sie wisse nicht, ob der General Keim diese Erklärung abgegeben habe, aber sie wisse auf jeden Fall, daß sie der Wahrheit direkt entgegengesetzt sei. Zunächst sei überhaupt keine Erneuerung des Dreibundvertrages unterzeichnet worden, da nichts eine vorzeitige Erneuerung nötig mache, weil nichts daran zweifeln lasse, daß der Drei bundvertrag bei seinem Ablaufen erneuert werde, ferner sei bei den Besprechungen des Marquis di San Giuliano mit dem Reichskanzler v. Bethmann Hollweg und dem Grafen Aehrenthal ein neues Balkanabkommen weder ge troffen, noch in Betracht gezogen worden. Eine Prüfung der Lage zeige, daß die drei Staatsmänner in der Ansicht