Volltext Seite (XML)
WMtt für Mckuss Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Diens-' tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis Viertels, s Blk. 30 Pf., durch die Post bezogen s Nck. 53 Pf. Einzelne Nummern s0 Pf. Thamdt, Wen, Menlehä nnd die Umyegenden. Inserate werden Montags, Mittwochs und freitags bis spätestens Mittags j2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. SS. Donnerstag, de« 22. Angnst 18SS. (Nachdruck verboten) 13. Aus Deutschlands großer Zeit. Erinnerungen zum 25jährigen Jubiläum des Krieges 1870/71 Von Eugen Rahden. indeß alle Unterlagen erwähnen zu können, weil deren beständig neue hinzukommen. Vor Allem sind es die Berichte der Presse vom Kriegsschauplätze aus dem Jahre 1870/71, die vollste Be achtung verdienen; in ihnen sind auch die offiziellen Depeschen enthalten. Dann darf als sicherste Quelle das Generalstabs- wsrk gelten, eines der imposantesten Denkmäler deutscher Kriegs geschichtsschreibung; ferner aus Schlosser's Weltgeschichte die an klassische Muster erinnernde Darstellung der Geschichte neuester Zeit von Dr. O. Jäger, in welcher einzelne Theile, besonders Entstehung und Folgen des Krieges, sowie die nicht rein mili tärischen Dinge mit einer Klarheit hervortreten, wie sie ein echtes Volksbuch stets aufweisen sollte: da die Darstellung auch stilistisch eine so vorzügliche und unnachahmliche ist, daß sie den Leser unfehlbar gefangen nimmt, haben wir diesem Werke einzelne Absätze wörtlich entnommen. Sodann sei genannt das eben falls rühmlich sich auszeichnende Werk „Der deutsch-französische Krieg" von Dr. Hermann Fechner, auch ein Volksbuch im besten Sinne des Wortes, das voll Begeisterung die Thaten unserer Vorfahren schildert und die Schlachten ausführlich und doch übersichtlich behandelt. Endlich gedenken wir der ebenfalls benutzten Weber'schen Weltgeschichte, die in engerem Rahmen den Krieg behandelt und des alten, aber guten Buches von Karl Winterfeld, das allen Zeitgenossen und Mitkämpfern ein Gedenk- und Erinnerungsbuch sein wird. Unter den zahl reichen kleineren Werken und Broschüren, welche entweder den ganzen Krieg oder Theile behandeln, haben sich als gute Ouellen- werke besonders erwiesen die Fröschweiler Chronik des Pfarrers Klein und die Jubiläumsschrift „Deutschlands Siege" von Major H. v d. Lochau; letzteres kleine Werk bringt insbesondere Die letzte der drei Metzer Schlachten hatte den Deutschen die furchtbare Zahl von 899 Offizieren und 19,231 Mann gekostet, auch war General von Kraushaar gefallen; die Fran zosen verloren 11,678 Mann, darunter 2500 Gefangene. König Wilhelm hatte gegen Ende der Schlacht unweit Gravelotte auf einer Bauernwagenleiter gesessen, die mit dem einen Ende auf einer Dezimalwaage, mit dem anderen au einem tobten Schimmel lag. Bei ihm befanden sich Prin Karl, der Großherzog von Weimar, der Erbgroßherzog von Mecklenburg, Graf Bismarck und von Roon. Man war sehr schweigsam und grüblerisch, als um V28 Uhr Moltke erhch! und außer Athem ankam und den Sieg meldete, d. h. das Zurückweichen der Franzosen. Jetzt dachte man an Erquickung. Ein in der Näh- haltender Marketender brachte einen geringen Rothwein, den man in die Feldflaschen füllte. Der König trank aus einem abgebrochenen Kelchglase, Bismarck kaute ver gnügt an einem Stück Kommißbrod. Die Nacht brachte der König in Rezonville in einer Bauernstube zu, an gekleidet auf einem Feldbette ruhend, nur mit einem Mantel bedeckt. Die Schlacht bei Gravelotte-St. Privat machte erst die Schlachten von Colombey und Vionville zu Siegen. Der Er folg war beispiellos. Fünf französische Armee-Korps, über 180,000 Mann, waren in Metz eingeschlossen und für den großen Krieg zur Unthätigkeit verdammt; den Franzosen hatten ihre vortrefflichen Stellungen, ihre Feldverschanzungen, die Ueberlegenheit ihrer Chassepots und ihre Mitrailleusen nicht den Sieg zu verschaffen vermocht; ihre unleugbare Tapferkeit, ihre Ausdauer, die jedoch der großen strategischen Führung entbehrte, war von deutscher Zähigkeit und Energie niedergeworfen worden. Aber der Kampf war so schrecklich gewesen, der Eindruck auf die Ueberlebenden so furchtbar, die Verluste so niederschmetternd schmerzlich, daß eine Helle Siegesfreude, wie bei Weißenburg und Wörth, nicht aufkommen konnte. Vom Oberkommando wurde das ausschlaggebende Ein greifen der Sachsen bei St. Privat mit Freuden anerkannt. König Wilhelm gratulirte dem König Johann von Sachsen und ehrte den Kronprinzen Albert dadurch, daß er ihn an die Spitze einer neu zu bildenden Armee (Maas-Armee) stellte und seinem Befehl sogar die preußische Garde unterstellte. 14. Vom 19. bis 30. August. 1. Wie bekannt, bildet der erste Theil des großen Krieges, der gegen das Kaiserreich, in Folge seiner großen, sich auf einen verhältnißmäßig kleinen Raum vertheilenden Schlachten, mili tärisch die Hauptsache des ganzen Krieges. Wir haben in unserer Schilderung deshalb diesen Schlachten einen großen Raum gegeben und dürften neben Sedan noch Beaumont und Noisseville etwas eingehender zu behandeln sein. Für den zweiten Theil des Krieges werden wir die Schlachten selbst nur in ihren Hauptzügen wiedergeben und besondere Aufmerksamkeit der Entwickelung der polnischen Verhältnisse in Deutschland und Frankreich zuzuwenden haben, immer dessen eingedenk daß die Schlachten und Belagerungen nur Mittel zum Zweck waren und wir zu zeigen haben, wie das hohe Ziel der Einigung Deutschlands erreicht wurde. Daneben gedenken wir Land und Leute in Frankreich während des Krieges, das deutsche Lager leben, Einzelheiten und Kriegsepisoden in engem Rahmen mit- zutheilen. An dieser Stelle wollen wir der Werk-Erwähnung thun welche uns bei unserer Schilderung als Quelle dienen, ohne genaue Zahlen. Sehen wir zunächst, wie es in Paris herging. Man fand dort, da wahre Nachrichten nicht eingingen oder unterdrückt wurden, später aber, als die Spatzen die Geschehnisse von Metz von den Dächern pfiffen, man Augen und Ohren hartnäckig vor dn Thatsachen verschloß, „daß sich die Lage wesentlich ge bessert habe". Zwar wartete man immer noch vergeblich auf die Nachricht von der Ankunft Bazaine's in Verdun, aber daß dieser wirklich von dem Rückzüge nach Paris abgcschnitten sei, wollte man sich nicht gestehen. Inzwischen kühlte der Pöbel sein Müthchen an den wehrlosen Gefangenen und thar sich güt lich an der Austreibung der Deutschen, unter denen man mit Gewalt etliche zu Spionen stempelte. Daß übrigens der Pöbel bereits auf der Lauer war, die Macht an sich zu reißen, beweist ein Vorgang am 14. August, da eine mit Dolchen und Revolvern bewaffnete Pöbelrotte die Wache einer Kaserne überfiel, einige Mann tödtete und dann unbehelligt entkam. Am 11 August war im gesetzgebenden Körper der Kaiser bereits heftig angegriffen worden; Thiers hatte dabei gesagt, daß die Unfälle der Armee den Führern, „deren Unfähigkeit ohne Gleichen sei", zuzuschreiben wären. Am 13. August, als der Kriegsminister Graf Palikao die Entsetzung des Marschalls Leboeuf und die Ernennung Bazaines zum Oberbefehlshaber kundgegeben, hatte Gambetta die Kammer aufgefordert, ihre Wahl zu treffen zwischen dem Heile des Landes und dem der Dynastie und in der folgenden geheimen Sitzung hatte er sogar as Wort „Absetzung" ausgesprochen. Daß die Regierung selbst wenn sie die Kraft gehabt hätte, den Krieg besser zu organisiren, durch den gesetzgebenden Körper, dessen Mitglieder eden Tag zur Sitzung zusammentraten, beständig in allen Maßnahmen gehindert wurde, war vorauszusehen. Geradezu kostbar waren nun die Nachrichten welche der Volksvertretung und dem Volke über die Schlachten bei Metz gegeben wurden. Am 18. August sagte Graf Palikao: „Die Nachrichten vom Kriegsschauplätze lauten gut. Die Preußen ;aben einen Waffenstillstand nachgesucht, um ihre Todten zu beerdigen sie haben auch ihren Vormarsch eingestellt. Ein ;anzes Kürassierkorps, das des Grafen Bismarck, ist vernichtet was sich auf den Todesritt der Magdeburgischen Kürassiere 'zog)." Am 19. August erklärte Palikao, daß drei preußische rmeekorps am 18. August von Bazaine in die Steinbrüche wn Jaumont geworfen seien; welche Steinbrüche bei St. Privat egen und so gut wie nichts mit der Entscheidungsschlacht zu -un hatten. Am 22. August erfuhr Publikum und Kammer, daß die telegraphischen Linien nach der Rheinarmee Bazaine's unterbrochen seien und Bazaine anscheinend seinen Rückzugsplan ivch nicht zur Ausführung gebracht habe; indeß habe derMar- chall am 18. nach neunstündigem Kampfe seine Positionen be hauptet. Endlich ging der Opposition in der Kammer dieGe- >uld aus. „Ich bin überzeugt, daß das Land, ohne es zu ehen, dem Abgrund entgegenrollt," sagte Gambetta am 23. Aug. und als am 24. August der Minister interpellirt wurde, ob es ahr sei, daß die Preußen schon über Chalons hinaus wären, hüllte er sich in geheimnißvolles Stillschweigen, um keine ge- ährlichen Indiskretionen zu begehen. Immerhin hatte der Minister des Innern am 26. August zugestanden, daß der erhielt der frühere Reichskanzler von Caprivi aus Anlaß deS Gedenktages der Schlacht von Mars-la-Tour, die er als Chef des Generalstabs des 10. Armeekorps mitmachte, huldvolle Telegramme des Kaisers und des Großherzogs von Oldenbura- ferner erhielt der Führer des 3. Armeekorps in der Schlackt von Mars-la-Tour, General der Infanterie von Bülow den Dtel als General der Artillerie, Generallieutenant 7 D «2 ?--» --HM m A-Mmm. «Ich.« d- GemM der Infanterie von Strubberg akmff?/? kasserl^es Telegramm; ferner erhielt Kontre- swts Graf Waldersee aus Anlaß des Gedenk- Klasse Seegefechts von Hiddensee den Kronenorden zweiter Berlin, 19. August. Die Erinnerunzsfeier desKrieger- vereins-VerbandeS von Berlin und Umgegend auf dem Tempel hofer Felde nahm bei herrlichstem Wetter einen glänzenden Ver lauf. Etwa 15000 Veteranen mit 150 Fahnen nahmen den Festplatz in einem offenen Viereck ein; das Viereck schloß eine mit Fahnen dekorirte Sängertribüne, davor stand eine Kanzel und ein mit Lorbeer umgebener Altar. Der Kaiser traf um 10 Uhr auf dem Festplatze ein, gefolgt von einer glänzenden Suite und begrüßt von den Ausschußmitgliedern. Er ritt die Front ab, darunter befanden sich v'ele Generale und andere höhere Offiziere. Der Choral „Nun danket alle Gott" eröffnete die Feier. Ansprachen hielten der evangelische Militäroberpfarrer Wölfing und der katholische Militäroberpfarrer Vollmar. Nach abermaligem Gesangsvortrage fand die Besichtigung der Veteranen durch den Kaiser statt. Darauf ritt der Kaiser zurück. Am Altar hielt er eine Ansprache, die etwa lautete: „Kameraden, Ich freue Mich, die alten Kampfgenossen meines hochseligen Großvaters beisammen gesehen zu haben, die vor fünfundzwanzig Jahren unter Seiner ruhmvollen Führung glanzvolle Thaten vollbracht und großartige Erfolge erzielt haben. Möge der heutige Tag der Ausgangspunkt sein zum Respekt vor de« Gesetz, zur Pflege der Religion und der Köngstreue. Die Huldigung der Kameraden gilt nicht mir, sondern den Vater lande. Folgt den Ermahnungen, welche die Festprediger an Euch richteten, wirkt weiter in treuer Pflichterfüllung und Gottes furcht für die Größe des Vaterlandes. Tretet den Umsturz bestrebungen entgegen, welche unsere Arbeit erschweren." Ein dreimaliges Hurrah folgte der Ansprache. Mit den Worten: „Kameraden, lebt wohl" verabschiedete sich der Kaiser. Berlin, 19. August. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht einen kaiserlichen Erlaß, welcher anläßlich der 25. Wiederkehr der Siegestage den Besitzern des Eisernen Kreuzes die Be rechtigung ertheilt, auf dem Ordensbande drei Weißmetallen: Eichenblätter mit der Zahl 25 zu tragen. Berlin. Wegen „verschleierten Wuchers" ist gegen einen Der Krieg um Metz HI. (Gravelotte-St. Privat.) (Fortsetzung.) Weder der König von Preußen noch sein Stab wußten nach der Schlacht und in der Nacht, daß der Sieg erfochten sei. Erst am nächsten Tage stellte sich der Sieg als zweifellos heraus und die außerordentlich große Bedeutung desselben wurde erst nach mehreren Tagen klar. Am 19. August Mittags zeigte es sich, daß sich Bazaine mit seiner Armee nach Me zurückgezogen hatte, ohne den ihm immer noch offenstehendei nördlichsten Nückzugsweg zu benutzen. Sein Plan war wohl, in Metz neue Kräfte zu sammeln, um dann durchzubrechen und sich den Rückzug zu bahnen. Allein als man im Hauptquartier des Sieges sicher war und der Plan, die Bazaine'sche Armee nach Metz hineinzuwerfen, glänzend gelungen erschien, da zog sich auch sofort ein eiserner Gürtel um die eingeschlossene Veste, deren weitere Schicksale wir später noch kennen lernen werden. 1 Feind seinen Marsch gegen die Hauptstadt ausgenommen habe, daß diese sich auf eine Belagerung gefaßt machen müsse. Wie es scheint, hatte es die Opposition, der ja auch die Lage nicht > ganz unbekannt sein konnte, da ganz Europa sie kannte, darauf - abgesehen, die Regierung zu Eingeständnissen zu zwingen, um dann die Dynastie zu stürzen. Inzwischen hatte im Geheimen zwischen der Regierung, der Kaiserin, in St. Cloud und dem Hauptquartier Mac Mahons, in dem sich auch Napoleon befand, ein eifriger Depeschen wechsel stattgefunden. Der Kaiser hatte am 14. August Metz mit Hinterlassung einer nichtssagenden Proklamation verlassen, hatte die Nacht vom 15. zum 16. August in der Schenke von Gravelotte zugebracht und war mit seinem Sohne am 16. Abends in Chalons" eingetroffen. Hier hatte sich eine „Armee von Chalons zusammengefunden: die bei Weißenburg und Wörth geschlagenen Truppen unter den Generälen Ducrot und de Failly, ein neues Korps unter General Trochu, ferner 12,000 Mann frische Marinetruppen, andere Mannschaften aus Algier und Reserven, im Ganzen ca. 120,000 Mann. Die Disziplin in diesem Heere war bereits eme sehr gelockerte, der Kampfesmuth sehr gering. Napoleon selbst erschien im Lager durchaus über flüssig; seine Gegenwart wirkte hemmend auf die Operationen. Vierzehn Tage nachdem er sich ohne Sinn und Verstand in diesen furchtbar ernsten Krieg gestürzt hatte, war er in Frank reich die überflüssigste, ja lästigste Persönlichkeit geworden. (Fortsetzung folgt.) Tagesgeschichte. Berlin. Anläßlich der Schlachten-Gedenktage hat der Kaiser, wie der „Reichsanz." mittheilt, dem General-Feldmar- schall Grafen Blumenthal das Kreuz und den Stern der Groß- comthure des Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern am Ringe verliehen, ferner hat der Kaiser an eineAnzahl vonHeer« führern aus dem Kriege von 1870 Telegramme gerichtet, in welchen er ihnen theilsseine Glückwünsche und seinen Dankausspricht, theilS Orden verleiht und Beförderungen zu Theil werden läßt. So