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2«. September L8S7 Nr 22s DmW Mgcimim Zkitiliig Wahrheit inid Recht, Freiheit o«d Gesetz! Zu beziehen dil'.ch all: Voltämt^r drs In- und Ausland», sawit durch dir Expedition in Leipzig (Ouerstrape Nr, 8) JasertionSgebühr für den Raum einer Zeile L Ngr, Sonnabend. Heipzifl Die Wellung erscheint mit All-nahme des GSNntaa« täglich Nachmit tags für den folgenden Tag, Prei- für das Vierteljahr 1'/, Thlr.; jede einzelne , Nummer 2 Ngr, Der Kaiserbefuch in Stuttgart. XXAvS Mitteldeutschland, 24^ Sept. Nicht ohne Grund sehen wir Deutsche die nahe k«v»vst«htnve Zusammenkunft vir beiden Kaiser aus dem Norde« und Westen in Stuttgart'al» «tu Eretgttiß an, an das sich die bedenk- lichsten und wichtigsten Folgen für Deutschland knüpfen können. Welche Ansichten und Sehamken namentlich Rußland möglicherweise zu dieser Zu- sammenkunfc mitbring«« dürste, haben Sir erst in Nr. 22V Ihre- Blatt» au-rführt. Mas aber H834 Rußlands Staatsmänner zu solchen Gefinnun- gen etwuthigen könnt«, das ist auch jetzt unsern deutschen Zustanden nicht fremd. Rach jetzt sind unsere deutschen Verhältnisse keineswegs so dauernd ftsttzesteGt, daß wir nicht den Einfluß des Auslände» zu fürchten hätten. Schon seit geraumer Zeit bemerkt der aufmerksame Beobachter der heimi- schon Zustände ein« Neigung zu einer Svndtrptlitik, welche nicht allein da» gedeihliche Wachsthum gemeinsamer Einrichtungen erschwert und fast ganz unmöglich macht, sondern sich geradezu mit Verkennung deutschen Wesens und deutscher Sitte an das Ausland wendet, um bei ihm Schutz für ein Gebahren zu finden, daS Alle», nur nicht deutsch genannt zu werden ver dient. Die neueste Zeitgeschichte liefert Belege genug zu dieser traurigen Bemerkung. Preußen sieht mit eifersüchtigem Auge auf Oesterreich und findet in jedem Vorgehen der österreichischen Regierung einen Anlaß zum MiStrauen, und die Mittlern und kleinern deutschen Staaten verfolgen wieder Preußen mit ähnlichen argwöhnischen Blicken. In diesen sich widerstreitenden Ansichten, Wünschen und Planen er scheint Oesterreich allein al» der Staat, der sein Ziel mit festem Sinne ins Auge gefaßt hat und ihm mit Ruhe und Stetigkeit entgegengeht. Bon der Zeit an, wo es den Gedanken erfaßte, seine frühere vielfach mangel hafte Politik zu »erlassen und das deutsche Element in seinem ausgedehn ten Staatskörper zur Geltung zu bringen, ist eS, unbeirrt von so manchen störenden und sein Streben erschwerenden Einflüssen, auf der einmal betre tenen Bahn fortgeschritten und hat durch die Consequenz seiner Politik und die Milde und Klugheit seiner Maßnahmen selbst seinen erbittertsten Fein den Bewunderung abgenöthigt. Es will ein deutscher Staat sein, und ein deutscher Staat ist es geworden. Eine solche Politik, die ihr Ziel fest ins Auge gefaßt und mit Weisheit die dazu führenden Mittel erwogen hat und mit Festigkeit verfolgt, würde auch uns in Deutschland von großem Nutzen sein; denn sie würde uns vor so manchen Irrwegen behüt« haben, auf die wir, vielleicht mit dem besten Willen von der Welt, das Gute zu fordern, goraihen find. Doch nicht Allen ist es gestattet, Alles gut hindurchzuführen, und wenn in Deutschland die verschiedensten Ansichten sich Geltung errungen haben, so sollte man büch das Einzige, dessen wohlthätigen Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten man noch lange nicht genugsam erkannt zu haben scheint, nicht außer Acht lassen. Gegen Oesterreichs überwiegenden Einfluß in Deutschland würde man sich von den verschiedensten Seiten ent schieden erklären, wie man schon jetzt ihm die Erfüllung von Wünschen streitig macht, welche für Deutschland im Großen und Ganzen wie im Ein zelnen von den wohlthätigsten Folgen sein würden; aber seiner in den letz ten Jahren mit so großen Erfolge« entfalteten Politik das auch für unsere deutschen Zustande Zweckmäßige zu entlehnen, seiner wahrhaft deutschen Ge sinnung zu folgen, da» würbe gewiß auch für ans den entschiedensten Vor theil bringen und Nach und nach zu einet Einheit der Gesinnung und Hand lung führen, welche nur ersprießlich in den jetzigen drohenden Zeitverhaltnis- sen wirken müßte. Einigkeit ist uns vor allen Dingen nöthig, wenn wir eine dem Aus land« gegenüber würdige und feste Stellung einueymen wollen. Das Mis- trauen zwischen Oesterreich und Preußen, da- selbständige Gebahren der kleinern deutschen Fürsten, das dem Auslande stets den Gedanken und vielfach die Gelegenheit gibt, Deutschland als «inen Komplex unmündiger SkäUttN zü betwchten, sollte schwinden, und e» wirb schwinden, wenn wir un» gewöhnen , uns Alle als Theile eines untrennbaren Ganzen anzusehrn. Oesterreich zumal ist für Deutschland« Größe und inne« Wohlfahrt so nothwendig wie nur irgendein andere» deutsche« Ttaatengtbiet; seine völlige Trennung von dem deutschen Etaattnbunde müßte als ein» der größten Uebel angesehen werde«; denn e» würde di« übrig«« deutschen Gebiet« schutz los und als leichte Beute den Angriffen de« Auslände« p«i-g«ben, dessen Politik ja, wie die Geschichte lehrt, seit Jahrhunderten bemüht ist, Deutsch land in ohnmächtiger Schwäche zu erhalten. Die Veranlassung zu einer so wünschenSwerthen Vereinigung der ge- sammten deutschen Interessen ist aber in zwiefacher Weise gegeben. EineS- theits zeigt unS der bevorstehende Kaiserbesuch in Stuttgart, daß selbst der jetzt mächtigst« und einflußreichste Staat Europa» eS nicht verschmäht, seine freundschaftlichen Beziehungen mit andern Staaten zu erweitern und zu befestigen, anderntheil» ist Oesterreich schon seit Jahren bemüht, seine deut schen Staaten von seiner aufrichtigen deutschen Gesinnung zu überzeugen. Jede Annäherung von Staaten muß mit einer Ausgleichung der materiellen Interessen beginnen. Sie geben die erst« und dauerndste Grundlage einer Freundschaft und Gemeinschaft der Ansichten und Gesinnungen, welchen die Au-gleichung und Verschmelzung höherer politischer Interessen bald folgt. Auch die Annäherung Deutschlands zu Oesterreich muß diesen Weg gehen und hat ihn schon betreten. Der Zoll- und Handelsvertrag zwischen Oester reich und den Zollverein-staaten am kd. Febr. 1853 wurde schon damals als der Anfang einer neuen Aera im deutschen Staaten- und Berkehrs leben begrüßt. Oesterreich hat damals wie in den darauf folgenden Jahren auf unverkennbare Weise gezeigt, wie hoch eS die engere Bereinigung mit den übrigen deutschen Staaten schätze. ES scheute kein Opfer, um dieselbe zustande zu bringen, und in der deutschen Handelswelt vereinigen sich alle coMpetenten Stimmen in dem Ausspruch, daß die Eröffnung der österreichi schen Grenzen Deutschland die bedeutendsten Vortheil« gewähre. Auf die s«m Wege sollten die deutschen Staaten weiterschreiten und daS Band im- mer enger schlingen, das sie niit dem deutsch«« Kaiserstaate verbindet. Diese Foderung ist übrigen» ein« so natürliche, daß man nicht zu befürchten braucht, einen übereilten Schritt zu thcm. J«de Erweiterung der Handels- und Verkehrsmittel, sobald sie wie hier dem naturgemäßen Entwickelungsgange folgt, zieht weitere Folgen nach sich, indem sie fast von selbst die entgegen stehenden Hindernisse beseitigt. Der freiwillige Ausbau begonnener Verbin dungen hat aber noch den Bortheil, daß er früher zum Ziele führt und sich schneller und vollständiger im Besitz aller der Bortheilt setzt, die daraus hervorgehen müssen. In diesem speciellen Falle würde aber ein naturgemäß fortschreitender Anschluß Deutschlands an Oesterreich das erfreuliche Zeug- niß geben, daß Preußen und die übrigen deutschen Staaten das Unbegrün dete eines MiStraucns gegen den Kaiserstaat eingesetzt» hätten, und dem Auslande gegenüber den Beweis lieftrn, sie seien ihrer welthistorischen Auf gabe vollkommen bewußt und bereit, sie nach Kräften zu lösen. Preußen und Deutschland ohne Oesterreich wird stets ein Spielball des Zufall» sein, mit Oesterreich vereint können si« aber ganz Europa di« Spitz« bieten. Wenn die Tage in Stuttgart nup dieses Resultat zur Folg« hätten, so könnten wir uns von Herzen Glück wünschen. An Oesterreichs Bereit willigkeit dazu können wir nicht zweifeln, ebenso wenig an seiner Loyalität, vöN dtr es schon so überzeugende Beweise gegeben hat. Der Anlaß dazu muß aber von PreUßcU kommen, und er wird kommen, wenn wir die preu- ßische Politik der letzten Jahre richtig verständen haben- Die Große Deutsch lands hät es auf seine Banner geschrieben; diese siegt aber nickt in der Zersplitterung unsers Vaterlandes, sondern in der innigen Verschmelzung aller Interessen des großen deutsche», Staatenbundes. Preußen, p Berlin, 24. Sep». E» ist in der europäischen Presse von verschiedenen Seiten behauptet worden, daß das russisch« Cabinet in der deutsch-dänische« Streitfrage sich etttfchievH der dänischen Auf fassung zuneig«. Diese Angabe kann als unbegründet dargestellt werden, da sie mit dem Ausspruch eines hochgestellte» russischen Staat-maNn», wel chem bei seiner Anwesenheit in Deutschland Gelegenheit wurde, sich über diese Angelegenheit zu äußern, nicht im Einklang« steht. Rußland dürfte dem etwaigen Borschreiten de» Deutschen Bunde», soweit die Bundesgesetze ihn dazu völlig berechtigen, keine Hindernisse in den W«g legen. Nur soll von russischer Seit« der Wunsch ausgesprochen worden sein, daß von Sei ten de» Bunde» Alle- vermieden werde, was möglicherweise einen ereropäi- sehen Krieg veranlassen könnte. Es würde dies jedoch rin Einschreiten des Bundes zur alleinigen Wahrung der durch ihn selbst gewährleisteten Rechte in Holstein nicht ausschließen, da der Bund zur Aufrechthaltung dieser Recht« «in« Verpflichtung hat. Die Sendung von BundestruppM lediglich zu dem angedeuteten Zweck nach dem Bundesgebiete Holstein steht in der Brfugniß des Deutschen Bundes und ist kein Angriff auf Dänemark. Es kann nicht im Interesse Rußlands liegen, daß das Ansehen und die Würde des Deutschen Bundes zur Erhöhung des europäischen Einflüsse» einer sich etwa in die Sache mischenden Wcstmacht geschwächt werde, da da» allgemeine Gleichgewicht und die Machtverhältnisse in Europa durch daS Vorwiegen einer Macht beeinträchtigt und umgestaltct werden wür den. Würde Dänemark der durch die Entwickelung der deutsch-däni schen Streitfrage sich vielleicht als unumgänglich und nolhwendig darstellenden Einschreitung deS Bundes in Holstein entgegentreten, so würde der Deut sche Bund durch die Thatsache, daß er auf seinem eigenen Gebiet ange griffen worden sei, in eine günstige Lage kommen, indem alle Verantwor tung auf den angreifcnden Theil fielt. Ueber den Gang, welchen die An gelegenheit vermuthlich nehmen wird, hört man hier Folgendes: Die deut-