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Schönburger Tageblatt Nr. 216 Donnerstag, den 16. September 1926 48. Jahrgang. Die Loearnoverträge «nd Konventionen in Kraft getreten Amtlicher Teil 'Waldenburg, 15. September 1926. Durch die Jndustrietagung in Dresden einerseits und den Leutschnationalen Parteitag in Köln anderer seits ist die Frage einer Regierungsumbildung aufs neue in den Vordergrund gerückt worden. In Dresden richtete Dr. Silverberg an die Sozialdemokratie die klare Aufforderung, in die Regierung einzutreten, die dadurch dann zur „Großen Koalition" erweitert wer den würde. Andererseits erklärte in Köln die Deutsch nationale Vollspartei ihre Bereitschaft, dis Verant wortung für die Regierung mit zu übernehmen. Um die Voraussetzung hierfür zu schaffen, hat sich die Par tei auch bereit erklärt, den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund als eine gegebene Tatsache hinzuneh men, d. h. also, ihre eigenen Politischen Ziele künf tig un Rahmen der Völkerbundspolitik verfolgen zu wollen. Von Negierungsseite äst bisher zu beiden Angebo ten "och kerne Stellung genommen worden. Es lag dazu auch keine Veranlassung vor, weil die Frage ^Lierungsurnbildung doch erst nach dem Wiererzu^ammer^ des Reichstags zur Debatte gestellt werden kann, und auch dann besteht zunächst noch dre Möglichkeit, mrt^ Mehrheiten weiter zu rc- S"ren. Dre Zeit wahrend der Genfer Verhandlungen erscheint "^fd fs besonders ungeeignet, diese Frage aufzurollen, wenn auH andererseits gerade der Ein tritt Deutschland» rn den Völkerbund die Bildung einer Mehrheitsrcgrerung, die von Zufälligkeiten unabhängig ist, besonders wünschenswert erscheinen läßt. Es handelt sich Zunächst also um mehr akademische Erörterungen, die aber zur Klärung der Lage un vermeidlich sind. Von Bedeutung ist deshalb, daß auf die Ausführungen Dr. Silverbergs, die an sich ja nur einen privaten Cyarartec trugen, von Gewerk- fchaftsseite geantwortet worden ist Ein Vertreter des „Vorwärts" hatte mit dem Borsitzenden des Allge meinen Deutschen Gewcrkschaftsbundes, Leipart, eine Unterredung, in Ler sich Leipart m bemerkenswerter Weise zu der Frage geäußert hat. Aus die Frage, wie das Bekenntnis der Unternehmer zur Republik und die Anerkennung Ler Arbeiterrcchte un Staate zu beurtei len .seien, antwortete Leipart: „Nach meiner Kenntnis der führenden Personen im Reichsverband der deutschen Industrie glaube ich nicht, daß ihr Bekenntnis zur Republik nur ein tak tischer Schachzug ist. Herr Silverberg hat in seiner Rede mehrfach betont, daß sich bei den Unternehmern eine „Wandlung der Geister" vollzogen habe, und saß sie die feste Einstellung zum jetzigen Staat „nach schweren inneren Kämpfen" gewonnen hätten. Ob diese Wandlung schon endgültig abgeschlossen ist, weiß ich freilich nicht. Aber ich glaube doch, daß die Erklärun gen, die Herr Silverberg im Auftrags des Gesamt vorstandes der Industriellen in Dresden abgegeben hat,, der Ausdruck einer inneren Ueberzeugung sind. Laß diese Ueberzeugung von der Einsicht in dis vorhande nen Machtverhältnisfs eingegeben ist, scheint mir aller dings nicht zweifelhaft. Der Einfluß der Arbeiter schaft in Staat und Wirtschaft ist zu stark geworden, als daß die Unternehmer ihn noch leugnen oder gar wieder beseitigen könnten. Ebens- ist die deutsche Republik schon so gefestigt, daß man wirklich auch von den Unternehmern ihre Anerkennung endlich er warten dürfte." Allerdings erwartet Leipart noch wei tere verfassungsrechtliche Klärungen. Ueber die Möglichkeit eines Eintritts der So zialdemokratie in die Regierung erklärte dann Lei part: „Ich verrate kein Geheimnis mehr, wenn ich aus die Frage offen erkläre, daß die verantwort lichen Führer der Gewerkschaften in ihrer übergroßen Mehrheit für die praktische Mitarbeit in der Regierung sind. Wir haben die Ueberzeugung, daß es möglich ist, die berechtigten Ansprüche der Arbeiterschaft durch Be teiligung an der Regierung und direkte Einflußnahme auf die Regterungsmaßnahmen erfolgreicher wahrzu nehmen, als durch Beharrung in der Opposition. Die Entscheidung über diese Frage hat jedoch die Sozial demokratische Partei zu treffen." Es bleibt abzuwarten, wie weit die zunächst rein theoretischen Erklärungen Dr. Silverbergs und Ler- Parts zu praktischen Folgerungen führen werden. Ler- Part selbst hat ja keinen Zweifel darüber gelassen, daß nicht die Gewerkschaften, sondern die Sozialdemokra tische Partei die Entscheidung zu treffen hat. Für diese werden aber stets auch noch andere Rücksichten, ins besondere wahltaktischer Art, maßgebend bleiben. Vor allem aber bedeutet eine theoretische Bereitschafts- erklärung zur Zusammenarbeit noch lange keine Eini gung über die mancherlei Fragen der praktischen Poli tik, die in der nächsten Zeit der Lösung harren. Die Kontrolle des Waffenhandels. Die dritte Kommission der Völkerbundsversamm lung befaßte sich am Montag mit der Kontrolle der privaten Massenherstellung und der Kontrolle des internationalen Waffenhandels. In der Aussprache gab der deutsche Delegierte, Graf Bernstorff, eine Er klärung ab, in der die deutsche Regierung ihre Be reitwilligkeit feststellt, an der Kontrolle der privaten Wafsenherstellung u. des internationalen Waffenhandels aktiv mitzuwirken. Er wies jedoch darauf hin, daß diese Frage seiner Ansicht nach in den Rahmen der allgemeinen Abrüstungsfrage eingegliedert werden müßte. Es sei unzweckmäßig, eine besondere Kon ferenz für die Kontrolle der privaten Waffenherstel lung und des privaten Waffenhandels abzuhalten, da dieses Problem endgültig doch nur im Zusammenhang mit dem großen Abrüstungsproblem gelöst werden könne. Hierauf ergriff der französische Delegierte, Paul Boncour, das Wort, der sich in längeren Ausführun gen der Auffassung des Grafen Bernstorff anschloß. Er betonte, es müsse eine allgemeine Konferenz einbe rufen werden, auf der eine allgemeine Konvention für die Abrüstung abgeschlossen würde, die die Kon trolle der privaten Waffenherstellung und des inter nationalen Waffenhandels einschlösse. Paul Boncour betonte weiter, daß diese Frage eine der Hauptauf gaben des Völkerbundes sei. Er habe den festen Glau ben, daß dieses Problem gelöst werden könnte. Sollte der Völkerbund hierbei keinen Erfolg haben, so würde das einen schweren Prestigeverlust für ihn bedeuten. Es wurde dann eine Entschließung angenommen, die von Paul Boncour und Jouhaux vorgelegt worden war. Darin wird gefordert, daß die Kontrolle der privaten Waffenherstellung in das Programm der gro ßen Abrüstungskonferenz ausgenommen werden soll. Sollte diese jedoch nicht vor der achten Völkerbunds versammlung im September nächsten Jahres zusammen- trxten. so soll eine besondere Konferenz zur Prüfung Anzeige» bis vorm. 9 Uhr am Ausgabetag erbeten Ausgabe nachmittags */,3 Uhr in der Geschäftsstelle i» Waldenburg Sa., Obergaffe 38. Erfüllungs ort Waldenburg. Filialen in Altstadt Waldenburg bei Lerrn Otto Förster; in Callenberg bei Lerrn Friedr. Lermann Richter; in Langenchursdorf bei Lerrn Lermann Esche; in Wolkenburg bei Lerrn Linus Friedemann; in Penig bei Firma Wilhelm Dahler; in Ziegelheim bei Lerrn Eduard Kirste». Am Kall« hbh«r«r T«walt, Krieg, Lire», kutsperrung, Maschinen» bruch, Sterlingen im »«trieb der Druckerei oder unser Liefer« hat der Bezieher keinen Anspruch auf Erhalt der Zeitung ob« Rückzahlung de« »ejug«preise». gür Richtigketi der durch Fern» lprecher »ufgegebenen Anzeigen übernehmen w r keine Bewil?» unö Walienburzer Anzeiger Diese» Blan enthält di« amtliche» Beka»»t«achu»gea de« Amtsgericht« n»d de« EtadtratS z» Waldenburg. Ferner veröffentliche« zahlreiche andere staatliche, städtische «. Gemeinde-Behörden ihre Bekanntmachunge« im Schönburger Tageblatt. Verantwortlich für Redaktton, Druck und Verlag E. Kästner in Waldenburg Sachsen. NtNgliid d«g Tächfiichin und d«t D«utfch«n Z«Itung»o«rl«g««-B«r«tn» <E. ».> — 8«r,ag»or> waldinburg Sachs««, dieser Fragen einberusen werden. In der Entschlie ßung wird ferner darauf hingewiesen, daß die Kon trolle über den internationalen Waffenhandel bisher nur von einem einzigen der Signatarstaaten dieser Konvention ratifiziert worden sei, und daß es unbe dingt erforderlich wäre, daß diese Konvention nun mehr auch von den übrigen Signatarstaaten ratifi ziert würde. Ferner wird in der Entschließung dar auf hingewiesen, daß zwischen dem Problem der pri vaten Waffenherstellung und dem gesamten Problem der Abrüstung, das gegenwärtig von der vorbereitenden Abrüstungsrommission behandelt wird, eine enge Ver bindung besteht. Inkraftsetzung des Locarnopaktes. Die Urkunden im V ö lkerbun d s se kr e t ar i a t hinterlegt. Am Dienstag vormittag um 11 Uhr sand im Völ kerbunds-Sekretariat die feierliche Hinterlegung der Ra tifikationsurkunden der Locarnoverträge durch die ersten Delegierten der am Locarno-Abkommen beteiligten Mächte statt. Deutschland war durch Dr. Stresemann vertreten. Damit sind die Locarno-Verträge endgültig rn Krast gesetzt worden. Nach den Erklärungen Briands und Chamberlains aus der Märztagung des Völkerbun des sollten sie allerdings schon seit dieser Tagung als rechtsverbindlich gelten, weil es nicht Deutschlands Schuld war, wenn es damals nicht in den Völkerbund ausgenommen wurde. * Keine Amnestie für Separatisten. Einzelheiten zum Befriedungsabkommen. Zu dem Besriedungsabkommen mit der Rheinland kommission werden noch folgende Einzelheiten bekannt: Was die Separatisten augcht, so bleibt die Ver folgung wegen Hochverrats, Landesverrats und Spionage Ler teutschen Behörden ausdrücklich Vorbe halten. T'e deutsche» Behörde» sind also in ihrem Vor reden geeen die eigentlichen Scparatisten-Nmtriebc ri hi behindert. Eine große Anzahl von Fällen dürfte jedoch durch das Londoner Schlußabkommen vom August 1924, das eine vollständige gegenseitige Amnestie im besetzten Ge biet vorsah, erledigt sein. Ernsthafte Separatisten- umtriebs sind seitdem nicht mehr ersolgt. Die Be satzungsbehörden werden sich jedoch eine gewisse Si cherheit gegen die Verfolgung derjenigen Personen Vorbehalten, die als Lieseranten, Zuträger von In formationen und gesellschaftlich mit den Besatzungs behörden in Verbindung standen. Die Abmachungen über die Behandlung der Delikte werden sich prak tisch so auswirken, daß politische Gefangene im Srnne des Nuhrkampfes überhaupt nicht in Frage kommen, va diese bereits durch das Londoner Abkommen vom August 1924 befreit worden sind. Politische Rundschau. Deutsche» Reich. In seiner am Sonntag auf dem schwäbischen Katholiken tag in Kempten gehaltenen Rede sprach Ministerpräsident Or. Held auch über das Völkerbundsproblem. Er sagte hierbei: Ich bekenne mich als Anhänger des Völker bundes, aber nicht eines Völkerbundes, der in der Ver folgung einseitiger Interessen niemals das erfüllen kann, was sein Name sagt. Ich bekenne mich als Anhänger des Pazifismus, aber nicht eines solchen, der die Interessen des Vaterlandes und der Nation völlig aus dem Auge läßt. Verschwommene internationale pazifistische An schauungen und darauf die ruhenden Auslassungen über den Völkerbund, wie sie heute vielfach geübt werden, können niemals die Billigung des deutschen Volkes finden. Als Christ und als Deutscher muß man fordern, daß der Völkerbund nicht zum Werkzeug der Staaten gemacht werde, die man einst Siegerstaaten nannte. Was wir fordern, das ist ein Universalbund, eine wirkliche Gemein schaft der Völker. Der Vertrag von Versailles raubt aber Zugleich weit verbreitet in den Ortschaften der Standesamtsbezirke Altstadt Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Erscheint werklägl. Nachm. Bezugspreis monat lich im voraus 1b0 R.-Ptg. freibl., auSschl.Trägerl. Etnzelne Nr.lv Reichspf., SonntagS-Nr.20R.-Pf. Anzeigenpreise: 6 aesp. Petttzeile 0,15 R.-Mark, v. außerhalb deS Bezirkes 0,20 R.-Mark, 3gesp. Retlamezeile 0,45 R.-Mark, Linweise auf Anzei gen und Eingesandte 0,10 R.-Mark, Nachweise- und Offertengebühr 0,20 R.-Mark, Rabatt nach Tarif. Schwieriger Satz (Tabellen) mit Aufschlag. Ergründet 1878. Fernsprecher Nr, 0, Vost!LIt«btaL Nr 8 v°s'!ch--«°n.° «Ml L.«p„g Nr. ES. »°H° m2: »««.«^ «u Eolditz giltal« Waldenburg Eladlgirotonr» Waldenburg I«. Nabatte g«lt«n nur b«i pünktlicher Zahlung, b«l zwang»w«ls«r Eintreibung brr Rechnungtbeträg« wird j«d«r Nachlaß hinfällig. Dit für Donnerst««, den 16. September angejetzte B-r- stelgerung in Kertzsch findet nicht statt. Der Gerichtsvollzieher des Amtsgericht» Waldenburg, den 15. September 1926. trag des Reichskanzlers Marx Aber die Genfer Tagung ent gegen. Dcr Relchkstuanzminifter vr. Reinhold wird wahre«- seines Urlanbs dnrch Staatssekretär vr. Popitz vertrete» weiden. Rrichswehrmimster vr. Getzler ist i« Manävergelände Vei tiyritz eingetroffen. Die RatifikationSnrknnd«« der Locarnoverträge wnrdc« gestern Seim «älkervnndsekrelariat hinterlegt. »er KcmenntersnchnngrnnSschntz -e» preußischen Land- tags ist gestern wieder znsammengetrete«. Die Zahl -er TtzphnSfälle in Hannover hat sich ans Sver 1VV« erhöht. Wege» «,s «IteulatS auf Mussolini wurde« 35V Per- foul« Verhaftet, l I« Spanien wnrveu die revoltierende» «rtilerie-Offi- "benSlSnglichem Znchlh««» vernrteilt. I» Pottagal fand wieder «in Rilitärpntsch statt. Der engl,sch - chinesisch« Zwischenfall wnrde friedlich veikelezi. Der Emr Vo» Afghanistan hat den tkaisertitel ange- nowwe«.