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Blatt Amts und des StadtraLhes des Königs. Amtsgerichts WuLsnrh Abonnements - Preis Viertel) chrl. I M. 25 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Als Beiblätter: l . Jllustrirtes Sonntagsblatl (wöchentlich); 2 Landwirthschaftliche Beilage (monatlich). Hesichästsstelken: Buchdruckereien von L. Pabst' Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Grob» röhrSdorf. Annoncen-BureauSvonHaasen- stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und. G. L. Daube L Tomp sind bis Dienstag und Freitab Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- puSzeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Erscheint: Mi twoch und Sonnabend. -^siir Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Rmgegend Druck und Verlag von E. L. Förster's Erben in Pulsnitz. RmnuudvieuzigKsr Iahugaug. Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlein in Pulsnitz. Sonnabend. Ur. 7. 23. Januar 1897. Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche auf den Namen des Leinwandsabnkanten Gustav Reiuhol- Körver m Hauswalde eingetragene Grundstück (Häuslernahrung) Nr. 122 des Brand- Catasters, Nr. I g, 194, 318 u des Flurbuchs, Folium 253 des Grundbuchs für Hausmalde, geschätzt auf 5880 Mark, soll an hiesiger Gerichlsstelle zwangsweise versteigert werden und es ist der 27. Januar 1897, Vormittags 10 Uhr als Bersteigerungstermin, sowie der 3« Februar 1897, Vormittags 10 Uhr als Termin zu Berküudung des Vertheilungsplaus anberaumt worden. Eine Uebersicht der aus dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. Pulsnitz, am 9. Dezember 1896. Königliches Amtsgericht. Weise. Hofmann. Bekanntmachung, das diesjährige Musterungsgeschäft betr. Alle in hiesiger Stadt aufhältlichen militärpflichtigen Personen, welche entweder a., im Jahre 1877 geboren, oder d, bereits in früheren Jahren zur Stammrolle angemeldet, aber zurückgestellt worden sind, werden in Gemäßheit § 23 der deutschen Wehrordnung vom 28. September 1875 aufgefordert, in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar 1897 unter Vorzeigung ihrer Geburtsscheine und bez. der im 1. Geflellungsjahre empfangenen Loosungs- und Gestell angsscheine behufs Eintragung in die hiesige Rekrutirungsstammrolle auf hiesiger Rathscxpedition Cat. Nr. 311 sich anzumelden, oder durch ihre Eltern, Vormünder, Lehr-, Brot- oder Fabcilherren anmelden zu lasten. Geburtsscheine sind nur von solchen zur Anmeldung aelangenden militärpflichtigen Personen vorzulegen, welche nicht in Pulsnitz, sondern auswärts geboren sind. Gleichzeitig werden die letzteren aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß ihre militärvflichtlgen Söhne, Commis, Gewerbsgehilfen und Lehrlinge pp., welche jeweilig von hier abwesend sind, während der oben angegebenen Frist zur vorschriftsmäßigen Anmeldung gelangen. Wer die vorgeschriebene Anmeldung zur Stammrolle unterläßt, wird mit Geldstrafe bis zu 30 Mark oder mit Haft bis zu 3 Tagen bestraft. Pulsnitz, am 2. Januar 1897. Der Stadtrat h. -Schubert, Brgrmstr. Bekannt m a ch u n g. Ter mit Teeret des Königlichen Ministeriums des Innern versehene dritte Nachtrag zu dem Ortsstatut für die Stadt Pulsnitz vom 13' Dettmar 1896, ingleichen der mit Decket der Königlichen Kreishauptmannschaft Bautzen versehene zweite Nachtrag zu dem Ortsgcsctz für die Stadt Pulsnitz, die Leistungen für die bewaffnete Macht im Kriegs- und Friedenszustand betreffend von 19./22. December 1896 liegt zum Zwecke der Bekanntmachung an Rathsexpeditionsstelle zu Jedermanns Einsicht aus. Pulsnitz, den 22. Januar 1897. Der Stadtrat h. Schubert, Brgrmstr. Ein grotzer Schuhmacherstreik. Ein in das Wirlhschasls- und Erwerbsleben der arbeit samen Stadt Weißenfels a. S. tief einschneidendes Ereigniß stimmt jetzt die Gemülher ihrer Einwohner herab. Unter den zahlreichen Arbeitern der dortigen Schuhmacherbranche ist ein Streik ausgebrochen, dessen Tragweite vorläufig noch nicht zu übe» sehen ist und auf dessen Ausgong mau weit über die Grenzen der Stadt hinaus gespannt ist. Bereits am 4 d. M. legten die Zwicker der Schuh fabrik von Emil Blasig ihrem Brotherrn einen neuen Lvhn- tarif vor mit der Erklärung, baß sie im Falle der Nicht- annahme desselben die Arbeit sofort einstellen würden. Herr Blasig erklärte, daß er in die verlangte Lohnerhöhung bei der jetzigen Geschäftslage nicht willigen könne, daß er indes bereit sei, eine kleine Erhöhung einlreten zu lassen Hiermit aber waren die Zwicker nicht zufrieden, und 48 von ihnen legten sofort die Arbeit nieder, was die voll ständige Einstellung des Blasig'fchen Betriebes, in dem etwa 300 Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt werden, zur Folge halte. Am 6. d. M. nahm der Verein der Schuh- und Schäftesabrikanlen zu dieser (mgeblich von den Sozialdemokraten angebahnten) Lohnbewegung Stellung und koiistatirte, daß die in der Blasig'schen Fabrik bezahlten Löhne den in den übrigen Fabriken gezahlten gleich seien, daß sich also der Ausstand nicht nur gegen die Blasig'sche, sondern gegen alle am Orte befindlichen Schuhfabriken richte. Es wurde vermuthet, daß man zunächst in der Blasig'schen Fabrik die Lohnerhöhung durchsetzen und dann nach und nach mit derselben Forderung an die übrigen Fabrikanten herantreten wolle. Um nun zu verhindern, daß sich während des jedesmaligen Ausstandes die Arbeiter gegenseitig unterstützen, erklärten sich sämmtliche Schuh fabrikanten am Orte mit Herrn Blasig solidarisch und be- jchlossen, falls die Blasig'schen Arbeiter nicht innerhalb KW dreier Tage die Arbeit wieder aufnähmen, den Arbeitern sämmtlicher Schuhfabriken zu kündigen. Herr Blasig ver öffentlichte darauf im „Kreisblatt" eine Liste der in den letzten Wochen an verschiedene Zwicker gezahlten Löhne, die zwischen 29 und 14 Mk. schwanken. Nunmehr schlossen sich die Arbeiter zusammen. Es bildeten sich zwei Parteien: die eine bestehend aus Mit gliedern des Gewerkvereins (Hirsch-Duncker), die andere aus Mitgliedern des Fachvereins der Schuhmacher, die voll ständig den sozialdemokratischen Stempel trägt. Während die Gewerkvereinler beschlossen, im Falle einer Kündigung die Arbeit bis zum Ablauf derselben ruhig fortzusetzen, da sich in vierzehn Tagen Vieles ändern könne, entschied sich die vom Fachverein einberufene Versammlung für den Aus stand. Dieser wurde bei Blasig als berechtigt anerkannt und es sollte die Arbeit unter den bestehenden Verhältnissen nicht wieder ausgenommen werden. Zugleich wurden die Forderungen festgesetzt, die den Fabrikanten vorgelegt Werden sollten, und zwar als Mindestlohn wöchentlich für Personen unter 16 Jahren 4.50 Mk. über 16 Jahre 9 Mk. und für Erwachsene 15 Mk., unentgeltliche Lieferung der Zu- thaten (bisher mußten die Arbeiier Zwirn, Pappe usw. selbst liefern oder bei ihrem Arbeitgeber entnehmen und an ihn bezahlen), Aufhebung der Hausindustrie (die hier sehr stark entwickelt ist), Einführung einer neuen Fabrik- Ordnung und des neunstündigen Arbeitstages. Ferner wurde eine Reform der Werkstätten in räumlicher und ge- sundheitlicher Beziehungen sowie Freigabe des 1. Mai verlangt. Da die 48 ausständigen Zwicker der Blasig'schen Fabrik die Arbeit innerhalb der gestellten Frist nicht wieder ausnahmen, so wurde beschlußgemäß den Arbeitern und Arbeiterinnen sämmtlicher etwa 30 Schuhfad iken gekündigt. Obgleich nun tagtäglich mehrere Versammlungen der Arbeiter sowohl wie der Arbeitgeber stattfanden, konnten doch die Verhandlungen zu keinem friedlichen Resultate geführt werden. Den Ausstand zu schlichten, kam als Vertreter des Gewerk- vereinS der Schriftführer des Zentralvorstandes der Ge werkvereine, Winter aus Berlin, und als Vertreter des Fachvereins der bekannte Streikschlichter und sozialdemokrati sche Reichstagsabgeordnete Bock aus Gotha hierher, und beide Herren gaben sich in den Versammlungen gemein schaftlich die größte Mühe, den entbrannten Lohnkampf zu erdrücken. Auch die städtischen Behörden und der Kauf mannsstand nehmen hieran lebhaft Antheil. Leider war bis heute alle Mühe umsonst. In einer von über 1000 Personen besuchten Versammlung scheiterten die Friedens verhandlungen an dem festen Zusammenschlusse der Fabri kanten. Sie erklärten, die Kündigung zurückzunehmen, wenn sämmtliche Arbeiter, auch die Blasig'schen, sofort unter den selben alten Bedingungen die Arbeit wieder aufnähmen. Daraufhin gingen die mei en Arbei er tags darauf wieder auf ihre Arbeit, wurden jedoch, da die Blasig'schen ihrem Beispiele nicht folgten, bald wieder heimgeschickt. Die Friedensverhandlungen wurden von Neuem wieder ausge nommen, und Blasig bewilligte nunmehr eine Erhöhung der Löhne von >/r und 1 für das Paar Schuhe (ge fordert waren 3 doch jetzt erkläiten die übrigen Fabri kanten, daß sie in eine Erhöhung der Löhne bei Blasig nicht willigten, daß sie vielmehr verlangten, daß die Arbeiter sämmtlich wieder unter den früheren Bedingungen einträten. An diesem Beschlusse scheiterten die letzten Hoffnungen der Arbeiter wie der Streikschlichter. „Das bedeutet den Genera- streik", mit diesen Worten erklärten sie den Streik für ausgebrochen. Was es für eine Stadt von nur etwa über 25000 Einwohnern heißt, wenn 3000 Arbeiler mit zumeist großer Familie arbeitslos sind, das kann sich Jeder selbst sagen. Dazu befinden wir uns jetzt mitten im Winter, und die Lebensmittel sind dort ohnehin schon nicht gerade billig.