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1IL 187». Wtblall und Anzeiger. «mtsblatt für die Königl. Gerichtsämter sowie die Stadträthe zu Mesa und Strehla. Redaction, Druck und Verlag von <S. Ponsong in Riesa. Donnerstag, dw 18. December Dieses Blatt erscheint in Riesa wöchentlich dreimal, Dienstag», Donnerstag» und «»»nabend», und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Bestellungen »erden bei jeder vost> Anstalt, in unseren Expeditionen in Riesa und Strehla, sowie von allen unser» Boten entgegen genommen. — Inserate «erden die einspaltige Lorpurzetle mit 1 Ngr., die zweispaltige mit 2 Ngr. und die dreispaltige mit 3 Ngr. berechnet. — Zur Annahme von Inseraten find bevollmächtigt Haasenftein » Vogler in Hamburg-Altona, Leipzig und Frankfurt a. M., R. Moss« in Leipzig, F. W. Gaalbach in Dresden und Eugen Fort in Leipzig. -s- Mfabeth Luise, Köuigin-Wittwe von Preußen. In der Nacht zum 15. d. M. verstarb nach einem langen Leiden, welche» sich seit ihrer Reise an den Sächsischen König-Hof verschlimmert hatte, die Zwillingsschwcster der Königin-Mutter von Sachsen, Elisabeth Luise, Königin-Wtttwe von Preußen, die Wtttwe König Friedrich Wil helm I V. von Preußen, geboren am 13. November 1801, vermählt am 16. November 1823. Zwölf Jahre hat sie ihren Gemahl, der am S, Januar 1861 in Sanssouci starb, überlebt üvd während dieser Zeit zurückgezogen von allen politischen Geschäften, wie von allen Vergnügungen und Lustbarkeiten des Hofes, selbst von der Re präsentation bei allen Hof- und StaatSacttonen, -7- fast ausschließlich sich Werken der Liebe und Mildthätigkeit gewidmet. Ein Leben, das, so begnadet es vor Millio nen von Menschenleben durch seine äußere Ge staltung zu sein schien, in Wirklichkeit voll von Kämpfen, inneren wie äußeren, gewesen, ein Leben, in welches das Glück nur spärlich seinen Sonnen schein entsandte, hat geendet. Sie gehörte zu jenen beklagenSwerthen Prin zessinnen, welche der Ehe wegen zu einem Reli- gionswechscl genöthtgt sind. Erziehung und inne res religiöses Bedürfniß «rächten diesen Schritt für sie zu einem in höchstem Grade schmerzlichen Und der hierdurch erzeugte Conflict ihres Innern zieht sich als eine Dissonanz ihres Wesens durch ihr Leben. Uebrigens war ihre Ehe nicht allein das Werk der Politik; sie liebte ihren Gatten wahr und hingebend und hat ihm in guten und trüben Tagen voll Treue und Aufopferung zur Seite gestanden. Es war eine Zeit der Gährung, in die Leben und Wirken ihres Gatten gestellt war. Die alten Formen des staatlichen Leben» hatten sich über lebt, die Reaction nach den Befreiungskriegen lastete gleich einem Alp auf den Gemüthern; über all: in Wissenschaft, Kunst, in der Kirche und im staatlichen Leben strebte man nach der Erlösung von diesem Druck, eine neue Zeit stieg am Horizont herauf, aber noch war Alles dunkel und Niemand wußte, wie der junge Tag sich gestalten werde. Es war des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, seit 1840 König von Preußen, verhängnißvoller Jrrthum, daß er glaubte, diesem Streben der Lett Zaum und Zügel anlegen zu können, wenn jex sich an die Spitze der Bewegung stellte. Er täuschte sich, eifrig die Vergangenheit studirend, über die Bedürfnisse der Gegenwart, und mußte seine Täuschung in den Märztagen des Jahres 1848, von deren tiefen, sein innerstes Wesen er schütterndem Eindruck er sich nie völlig zu erholen vermochte, bitter büßen. Aus dem wohlwollenden und nach dem Besten strebenden Herrscher wurde, wie. das weichen Nuturen in seiner Lage zu gehen pflegt, ein strenger, mit sich und der Welt zerfallender Monarch, der voll Haß gegen die neue Zeit und ihre Bestrebungen sein Heil in den Tröstungen der Religion suchte und fand, bis fein Geist in Umnachtung endete. Man hat derf Königin Elisabeth Luise einen großen Einfluß auf die politische Gestaltung der Ding« zugeschrieben und bei dem ursprünglich weichen und lenksamen Character de» König» schien ein solcher Einfluß allerding» wahrschein lich. Aber jetzt, wo alle diese Dinge so weit hinter un» liegen, daß st« eine objeetive Betrach tungsweise gestatten, wird man kaum noch einer solchen Annahme zustimmen können. Auch nach dem Tode ihres Gemahls nahm man vielfach an, die Königin-Wittwe übe einen bestimmenden Einfluß auf die politischen Verhält nisse. Die Ereignisse haben die Hinfälligkeit dieser Annahme klar erwiesen. Die jederzeit bekundete liebevolle Rücksicht, die Kaiser Wilhem seiner Schwägerin gezollt, die dem Gedächtniß seines unglücklichen Bruders gewidmete Pietät boten jener Annahme hier und dort eine scheinbare Grundlage, aber die Thatsachen selbst haben sie zur Genüge widerlegt. Die Königin Elisabeth Luise ist viel verkannt worden, aber die Hilflosen und Armen werden ihren Heimgang bitter beklagen. Mochte auch in jene Werke der Wohlthätigkeit hier und da die confesfionelle Excluflvität hinüberspielen, so ist doch zur Genüge bekannt, daß sie einem im Grunde edlen Herzen allein ihre Entstehung verdanken, daß sie ohne Ostentativ» der Sache selbst wegen geübt wurden. Die Jrrthümer diese- Lebens schweigen bei seinem Abschluß, die guten Thaten aber zeugen für die nach einem freudenarmen Leben Geschiedene. Eine seltsame Fügung ließ die Köniain-Wittwe in demselben Pillnitz erkranken, in dem ihr Gemahl, als er von einem Besuch des Oesterreichischen Kaiserhvfes zurückkehrend, jenen Schlaganfall erlitt, von dem er sich nicht mehr erholen sollte. Die letzte Ruhestätte der verwittweten Königin ist ihr seit Jahren in der Fricdenskirche in Sansouci neben den Resten ihres Gatten bereitet. Bom Landtage. Dresden, 16. Dec. Im Beginn der heuti gen Sitzung der Zweiten Kammer gab daS neuer ding» .immer häufigere Vorkommen anonymer Eingaben an die Kammer dem Präsidenten Ver anlassung, den Wunsch auszusprechen, daß im Publikum jene Bestimmung der Landtagsordnung bekannt werden möge, wonach anonyme Eingaben vom Präsidenten einfach beigelegt werden müssen. — An den auf der Tagesordnung befindlichen, vom Abg. Kretzschmer erstatteten Bericht der 3. Deputation über den Antrag des Abg. Günther auf Vorlegung eine- Gesetzes, nach welchem bei Dismembration von Grundstücken die Regulirung der Steuern und Abgaben nicht vor, sondern nach der Besitztitelberrchtigung im Grund- und Hypothekenbuch zu bewirken ist, knüpfte sich eine längere Debatte. SS wurde schließlich ein An trag des Abg. v. Oehlfchlägel angenommen, welcher die Regierung zum Erlaß einer Verord nung ermächtigt, durch welche bestimmt wird, daß bei der Dismembration von Grundstücken die Regulirung der Steuern und Abgaben nicht vor dem Einwag in- Grund- und Hypotheken buch, sondern nach demselben zu bewirken ist; dabei soll die Regierung die von der Deputation gemachten Vorschläge und die im Laufe der Debatte au» der Mitte der Kammer gestellten Anwäge in Erwägung ziehen. Lagrögef rhichir Dresden, 15. Dec. Ihre Majestät die Kö nigin Elisabeth von Preußen ist Nacht» 12 Mr hier verschieden. Eine Stunde später traf Se. K. «. Hoheit derKronprin, de» deutschen Reiche» von Berlin hier rin. Dresden, 16. Dec. Die «nfegnung der hoben Leiche Ihrer Majestät der Königin EUsa- bech vün Pmßen fand heute Abend 6 Uhr im königlichen Schlosse statt und wurde durch de« Hofprediger Heym (von der Friedenskirche in Potsdam) vollzogen. Nach der Einsegnung ward dieselbe nach dem Leipziger Bahnhofe und von dort Uhr mittelst ExtrazugS nach Sanssouci überführt. Berlin, 16. Dec. Durch einen königlichen ^Erlaß an da- Staatsministerium wird wegen Ablebens Ihrer Majestät der Königin-Wittwe Elisabeth eine allgemeine Landestrauer auf 6 Wochen von heute ab angeordnet. Oeffentltche Musikaufführungen, Lustbarkeiten, Theater und Schaustellungen sind fürdie ersten 8 Tage untersagt. Görlitz, 14. Dec. Im Kreise Hoyerswerda ist, dem Vernehmen nach, hie Rinderpest auSge- krochen. Zur Durchführung der ungeordneten Absperrungsmaßregeln ist ein Militär-Detachement von hier dorthin abgegangen. Breslau, 15. Dec. Fürstbischof 0r. Förster ist heute von der Criminaldrputation des hiesigen Stadtgerichts wegen 29 ungesetzlich vorgenom mener Anstellungen von Geistlichen in eine Geld buße von 11,600 Thlrn., eventuell 2 Jahre Ge- fängniß verurtheilt worden. Der Staatsanwalt von Rosenberg hatte eine Geldstrafe von 14,000 Thlrn. beanwagt. Der Angeklagte war nicht erschienen. Possen, 16. Dec. Der Erzbischof LedochowSki ist heute wegen gesetzwidriger Anstellung von Geist lichen in eine Geldbuße von 800 Thalern ver urtheilt worden. Die eventuelle Substituirung einer Gefängnißstrafe ist Vorbehalten worden, da die bisher ausgesprochenen Gefängnißstrafe« das höchste gesetzliche Maaß erreichen. Frankreich. Die Begnadigung Bazaine'S erregt in Paris größere Mitrüstung, als ma« Anfangs glaubte. Gewiß ist es. ein taktlose» Benehmen von Seiten der Richter, zu derselben Zeit das TodeSurtheil und das Begnadigungs gesuch zu entwerfen und mit derselben Feder zu unterzeichnen; man nennt die Bittschrift selbst eine wahre Rehabilitation Bazaine'S; unter den Deputaten wurden Stimmen laut, die Mac MahonS Begnadigung eine Feigheit nannten und meinten, wenn er den Marschall Bazain« nicht habe erschießen lassen wollen, so hätte er am 25. Mai auch die Exekutivgewalt nicht über nehmen sollen u. s. w. Die äußerste Linke aber bereitet jetzt einen Feldzug, den sie schon längst im Plane hatte, vor, einen Feldzug für einen Generalpardon; sich auf den Gnadenact für Bazaine stützend, will sie zunächst eine allge meine Amnestie verlangen. Dabei wird sie natür lich auf starken Widerspruch stoßen, aber schließ lich dabei ihre Partei-Interessen fördern und dem Marschall-Präsidenten einige Verlegenheiten be reiten. Spanien. Die kriegerischen Ereignisse in Spanien, auf welche die neuesten strategischen Märsche de» Generals MorioneS rechnen ließen, find berett» eingeweten. Nach Berichten au» Madrid hatte MorioneS nach einem kühnen Zuge über Pamplona durch da» Gebirge von Navarra sich mit der in Guipuzcoa stehenden Abtheilung des General» Loma vereinigt und war in Oyarzu« und San Sebastian eingerückt. Bon letzterem Orte haben MorioneS und Loma am S. December einen Angriff auf die Tolosa bedrohenden Lar- listen gemacht, zu welchen neuerdings der General Ollo gestoßen war. Nach dem Telegramm de» Lorrespondenten der „Eöln. Ztg." haben die Lar listen offenbar eine Niederlage und zwar M schweren Verlusten erlitten. Tolosa ist dadurch