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Nu««er is« — r«. yahrsaag »rschein« «mal wScheutllch «lt den Mus1ri«rt«i> ««atl»»»llag,n .Die Welt" und »Für unsere kleinen Leute", sowie den re«t- deilagen »Unterhaltung und Wissen", .Kirche und Welt", .Die Welt der Frau", .«erztlicher Ratgeber", .Literarische Beilage", .Ktlmrundschau". Monatlicher Bezugspreis 8-- Mk. «inschl. Bestellgeld. Einzelnummer 1« 4- Sonntagnummer SV Ha ' 'lchristleiter! D». G. DeSczyk, Dresden. Sächsische Donnerstag» den 11. August 1S27 «nzeigenpr-ise, Die lgeipaltene Potitzetle »«» 4. Familien, anzeigen und Stellengesuche 2U 4. Die Pelittcllamezeile. 8!> Millimeter breit, t Offerlengebühr SV 4. bei Ueber- senduiig durch die Post außerdem Portonischlag. Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigen-Ausirügcn n. LciiUllig v. Schadenerlali. Geschäftlicher Teil, Slrtnr Lenz, Dresden. voltssettun MeschäftSstell«, Druck«.Verlag! Germania. N.-Ä. sür Verlag und Druckerei, Filiale Dresden. DreSden-A. l. PoliersiraßelV. FernrusLlvlS. Postscheckkonto Dresden 27»t. Bankkonto l Stadtdank Dresden Ar. S17N, Für chrisNiche PoliNK und Kullur Redaktion der Sächsischen VolkSzeltnng DreSdeii-AItstadt l. PoUerstratze 17. Fernruf 2N7II und »wir. Der Tag von Schwarzburg „Salus intrantibus!" steht am Eingänge des Schwar za-Tales, des schönsten Waldtales Thüringens geschrieben, „Heil, denen, die hier eintreten!" Und wer mit Bedacht die Höl)en dieses Tales entlang wandert, der fühlt aller dings, wie sein Gemüt von Ruhe und Freudigkeit erfüllt wird, bis er entzückt auf der Kanzel des Trippsteins steht und sich vor ihm das Tal von Schwarzburg entfaltet. Inmitten non Waldwiesen, freundlich um Schloß und Kur haus geschmiegt, ruht das grosse Kirchdorf im Tale, rings um behüten es weite Tannenwälder. Hier, inmitten die se» Waldesfriedens, haben Reichspräsident und Reichg- regierung a m 11. A u g u st 1919 die in Weimar beratene Berfassung der deutschen Republik unter zeichnet Wir wünschen, allen, denen der 11. Anglist ein Ge denktag im guten oder bösen Sinne ist. stände das fried liche Bild dieses deutschen Waldtales vor Augen, Ob sie dann auch noch mit solchem Eifer sich in den Streit rim Einzelheiten stürzen würden, der immer noch nicht ver stummen will? Ob sie dann auch noch mit solchem Hast Volksgenossen verfolgen würden, die der gleichen deut schen Erde entstammen? Ter heilige Friede der deut schen Wälder sollte die Herzen erfüllen, wenn des feier lichen Aktes gedacht wird, der vor acht Fahren in Schwarzburg vollzogen worden ist. Darum begrüßen wir es, daß man den 11. August zur Ehrung der Verfassung gewählt hat. den Tag von Schwarzburg, und nicht den 31. Full, an dem das Werk in Weimar abgeschlossen wur- "de, und nicht den 14. August, an dem die Verfassung durch die Verkündung im Reichsgesetzblatt in Kraft getreten ist. Der 11. August soll ein Tag feierlichen Ge denkens sein. Dabei erscheint uns freilich die Frage, ob durch Staatsgesetz Arbeitsruhe für diesen Tag verord net werden soll, nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Ein solches Gesetz bedeutet im Grunde nur eine Geste, ent scheidend aber sind nicht die Gesten, sondern die Gesin nung. Würde die Ehrfurcht vor der Berfassung Gemein gut des gesamten deutschen Volkes, dann wäre damit für die Zukunft der Republik mehr getan als durch die Ver ordnung eines neuen Feiertages. Der 18. Januar, der Tag der Kaiserproklamation, ist vor dem Kriege ja auch n-icht gefeiert worden: aber seine Auswirkung erhielt sich so lange, als die Mehrheit des Volkes an die Würde und Notwendigkeit des Kaisertums glaubte. So wird auch die deutsche Republik bestehen, solange die Mehrheit des Volkes sich für ihre Würde und Notwendigkeit einsetzt. Nicht das äußere Benehmen am Verfassungstage, sondern die innere Einstellung zur Verfassung entscheidet. Die Bedeutung, die der Abschluß des Verfassungs werkes 1919, mitten in den furchtbaren Wirrnissen des ersten Jahres nach dem Kriege hatte, wird erst die Ge- schichte in vollem Umfange würdigen. Die Verfassung, das war dieWiederherstellungdesinnerenFrie- dens, denn vorher hatte der Streit über Berechtigung u. Bestand der neuen Zustände unentschieden hin und her ge wogt. Die einen sahen nur den Bruch des alten Rechtes durch die Revolution, die andern glaubten, daß das Werk der Revolution noch lange nicht weit genug fortgeschrit ten wäre. Hier hatten nun die vom Volk selbst in unbe einflußter Abstimmung gewählten Männer entschieden, welche Formen und Grenzen für die neue Entwicklung bestimmend sein sollten. — Die Perfassung, das war die Wiederherstellung d e r st a a t l i ch e n Autori tät. denn bis dahin hatte hinter den in Hast und Not zusammengesetzten Regierungen im Grunde nicht anderes gestanden als das zweifelhafte Recht der Revolution, das stets in Gefahr war, durch eine neue Welle des Aufruhrs umgestotzen zu werden. Die alte Ordnung war zerbrochen worden, zerbrochen in erster Linie von den alten Führern selbst, die schlecht beraten oder in gemindertem Verant wortungsbewußtsein ihr Volk in der höchsten Not verlas sen hatten. Die Vollendung der neuen Verfassung schuf eine neue Basis für das staatliche Leben, setzte dem vom Osten her vorbrandenden Chaos einen sicheren Damm entgegen. — Die Verfassung, das war endlich die Siche rung des An sehensderRegierungnach außen. Denn bis dahin hatten die Gegner gefragt: Mit wem ver handeln wir? Wie weit ist auf die Zusagen der Vertreter des neuen Deutschlands Verlaß? Wo sind die Grundsätze, nach denen dieses neue Deutschland regiert wird? Alle diese Fragen waren mit der Verkündung der Verfassung beantwortet. Das Gesicht des neuen Deutschland war nun auch nach außen hin in seinen Linien klar und genü gend für ein sicheres Urteil bestimmt. DI« heutige Nummer euttiält vi« Beilage »Unter» »ultuua uuv Will««.* As Mm -es «M-es Eine -ittere Siriktk -es französischen Delegierten Henry -e Jouvenet Paria, lg. August. Im „Matin" vero,,entlieht de Iouvenel einen län geren Aufsatz über die Rolle Frankreichs im Völkerbund, in dem er die Gründe für seinen Entschluss, sich in die sem Jahre an der französischen Völkerbunds- delegation nicht zu beteiligen, mitteilt. De Iou venel betont u. a., daß man, wenn man an die Methoden des Völkerbundes glaube, diese auch in der Praxis zur Anwendung bringen müsse. Es sei nicht der Mühe wert, in diesem Jahre einen ganzen Monat lang die Wohltat der Völkerbunds methoden zu proklamieren, um während der elf Monate zu der Taktik zurückzukehren, die Fiasko erlitten habe. Die Daseinsberechtigung des Völkerbundes bestehe darin, im internationalen Leben dem Mehrhsitsprinzip zum Siege zu verhelfen. Der Völkerbundspakt habe die Gleichheit der Nationen sanktioniert, die die Alliierten im Kriege als Ziel ihres Sieges proklamierte». Wenn also die Großmächte für sich eins ständige Vertretung im Bölkerbundsrate verlangt haben, so sei dos nicht deshalb geschehen, um ihren Willen 50 anderen Ländern aufzuzwingen, sondern um ihre Macht in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen. Frankreichs wahre Macht sei darin begründet, im Schoße der großen Nationen das allgemeine Interesse Europas zu vertreten. Wie könne Frank reich, wenn es um irgend jemand zu gefallen, dem Völker bund die internationalen Streitigkeiten entziehe, dann den Völkerbund anrusen, wenn 1935 bis 1945 die von Mussolini angekündigte Entscheidungsstunde schlagen werde. glicht nur habe Frankreich nach dem Eintritt Deutsrlp lands in den Völkerbund ohne Protest den deutsch-russischen Vertrag eintrage» lasten, nicht nur habe man trotz der Zuge hörigkeit Chinas zum Völkerbunde es für gut gesunden, daß jede europüische Nation Im Fernen Osten ihre eigene Politik treibe, sondern auch bei Ausbruch des italienisch-jugoslawischen Konfliktes habe Frankreich beiden Ländern nur private Be» sprechungen anraten können. Der albanisch-jugoslawische Zwi schenfall sei nur eine Gelegenheit gewesen, das alte System wieder lebendig zu machen, dessen Wert der Ausbruch des Krieges von 1914 zur Genüge bewiesen habe. Neuer Gewaltakt im Memelgebiei Memel, 10. August. Sicherem Vernehmen nach ist an di» einzelnen Lehrkräfte des Lehrerseminars und der Aufbau, schule durch das Landesdirektorium ein Schreiben gerichtet worden, laut dem in allen Fächern mii Ausnahme von Mathe, matik und Zeichnen fortan der Unterricht nur in litauischer Sprache gegeben werden darf, obwohl durch das Memelstatut die Gleickcherechtigung beider Sprache» festgelegt ist Doch Besahurrgsoerminöerung? Berlin, 10. August. Die „Vossische Zeitung" läßt sich aus Paris berichten: Besondere Bedeutung mißt man einer Konferenz bei, die der vor einigen Tagen aus dem Urlaub zurückgekehrte Außen- Minister Brianü gestern mit dem Kriegsminister Pain- levä und dem Chef des großen französischen Generalstabes Marschall Petain gehabt hat. Diese Besprechung soll sich in erster Linie um die Frage einer Reduktion der französischen Besatzungsarmee gedreht l>aben. Die französische Negierung scheint sich dabei von dem Gedanken haben leiten lassen, daß eine Initiative von französischer Seite das beste Mittel sei, der vielfach angekündigten neue» diplomatischen Offensive Deutsch, lands in der Besatzungsfrage den Wind aus den Segeln zu nehmen. Unter diesen Umständen wird man auch nicht allzu große Hoffnungen auf das Ausmaß des französischen Ent- gegenkommens setzen dürfe». Selbst in optimistischen Pariser Kreisen spricht man von höchstens 4—5000 Mann, die in nück- ster Zeit aus dem Rheinland zurückgezogen werden sollen. » Der deutsche Botsä>ajter von Hasch, der längere neu durch Krankheit am Dienst verhindert war. ist gestern wieder in sein Amt zurückgekehrt. Dies war die Bedeutung des vollendeten Verfassungs werkes 1919, für die brennende Gegenwart dieses unruhi gen Jahres. Eine Verfassung, ein Staatsgrundgesetz aber ist geschaffen nicht nur für ein Jahr, es soll hinauswirken ans Jahrzehnte, das staatliche Leben für Generationen be stimmen. Der Präsident der Nationalversammlung K o n- st a n t i n F e h r e n b a ch (der, wie so mancher andre ver dienstvolle Zentrumsführer aus jenen Tagen, inzwischen dem irdischen Streit entrückt worden ist) hat diese blei ben d e B e d e n t u n g der Verfassung beim Abschluß der Beratungen in der Nationalversammlung am 31. Juli 1919 mit wohlerwogenen Worten gewürdigt: „Die Grund lage für freieste Betätigung aller im Volke schlummernden Kräfte im politischen und wirtschaftlichen Leben sind ge legt. Möge das deutsche Volk, wieder erfüllt von dem Drange zur Arbeait und von dem Geiste der Ordnung, aus der schweren Not der Zeit sich emporarbeiteu zu geord neten, zufriedenstellenden Z u st ä n d e n, Möge cs ohne Verlangen nach kriegerischem Ruhm sich wieder auszeichnen in den Werken des Friedens! Möge es die ihm verliehene Freiheit ausnutzen in weiser Selbstzucht immer nur bedacht auf das Wohl des Gan zen, aber in ungehemmter Entfaltung aller starken und gesunden Kräfte in den einzelnen Teilen. Möge unser deutsches Volk, festgeschlossen wie in den vergangenen Tagen im vereinten Vaterlande, unter der Sonne der Freiheit aus Sorge und Not den Weg finden zu jenen lichten Höhen, wo die Liebe zum Näch sten die gesellschaftlichen Zustände regelt, wo in edlem Wett bewerb alle Kräfte nur angespannt werden für Wohlfahrt, Bildung und Gesittung." Acht Jahre sind seitdem dahingegongen. Das ist nur eine kurze Spanne Zeit im Leben der Völker. Aber ge nug Zeit, um den praktischen Wert einer Verfas sung für ein Volk zu erproben. Diese acht Jahre haben gezeigt, daß die Grundlage und die Hauptsüulen der Ver fassung aus gutem, dauerhaften Stoffe sind. Die Bela- stungsprobe, die die Verfassung von 1919 in den Jahren ' der Inflation auszuhalten batte, war kaum leichter al» die, die jene von 1871 während der Kriegsjahre erhielt. Alle Versuche, die Verfassung auf gewaltsamen Wege zu beseitigen, sind gescheitert. Die politischen Kamvfver- bünde von rechts-und links, die eine Zeit lang das öiient iiche Leben zu beherrschen schienen, haben an Bedeutung gewaltig eingebüßt. Als einen Erfolg der Verfassung be trachten wir es, daß heute an der Spitze des Reiches ein Mann steht, der 19t8 dem heimkehrende» Heere ei» leuch tendes Vorbild der Pflichterfüllung auch gegenüber dein nelien Staate war — sehr nn Gegensatz zu anderen füh renden Männern des alten Systems. Wenn schließlich heute die Parteien in der Regierung Mitarbeiten, die 1919 in Weimar in wesentlichen Punkten gegen die Verfas sung gestimmt haben, so erachten wir auch das als einen Fortschritt für die Republik. Einen Fortschritt freilich, den es mit Klugheit und Weitblick zu befestigen gilt. Wenn heute die Rechte der Verfassung dient, dann darf das nicht zur Folge haben, daß sich die Linke in Opposition auch gegenüber der am 11. August 1919 begründeten Ord nung verliert. Die Führer der Linken haben die große Aufgabe, das Vermächtnis des ersten Reichspräsidenten lebendig zu erhalten, die Führer der Rechten die unaus weichliche Pflicht, Verständnis zu wecken für die van ihnen verfolgte Staatspolitik auch noch bei dem letzten ihrer Wähler. Das ganze Volk soll der Verfassung die Treue halten. Wir wissen, daß Liebe zur Verfassung nock nicht von allen Kreisen unseres Volkes empfunden werden kann. Die Zeit, in der dieses Werk der Gesetzgebung entstand, war zu schwer, zu rauh waren die Fäden zur Vergangenheit abgerissen worden, mit Gewalt mußten manche aäzukiihnen Zukunftshoffnungen besännt»',, wer den. Liebe hat auch die alte, kaiserliche Verfassung nicht überall gefunden, aber die Treue haben ihr alle Deutschen gehalten, bis zu heuen, die man als „vaterlandslose Ge sellen" verschrien liatte. Diese Treue wünschen wir auch dem Werk, das am tt. August in Schwarzburg seinen letz ten Abschluß erhalten hat. Mag man künftig weniger von den Mängeln der Verfassung, die sie wie jedes Mew,