Volltext Seite (XML)
BmchenerD Nachrichten. Verordnungsblatt der Kreishauptmauuschaft Bautzen als Konfistorialvehörde der Oberlaufitz. Amtsötatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, deS Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zn Schirgiswalde und Weißenberg. 12V. Jahrgang «r. 21)8 Donnerstag, den 8. September 19lv, abends Organ der Handels- «nd Gewerbekammer zn Zittau Erscheinungsweiser Täglich abends mit Ausnahme der Sona- und Feiertage. Gchriftleitung und Geschäftsstelle t Bautze», Innere Laumstratze 4. Fernsprecher: Nr. 51. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautz«. Bezugspreis: Monatlich I Mark. Einzelpreis: 10 Pfennige. Anzeigenpreis: Die 6gespaNcne Pctitzelle oder deren Raum 15 Pfennige, in geeigneten Füllen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die ggespaltcnc Petitzelle 50 Pfennige. Das Wichtigste vo« Tage. Die Angelegenheit des unter Spionageverdacht in Portsmouth verhafteten Leutnants Helm aus Charlottenburg, bez. Mainz, ist vor dem Polizeigerichts hofe in Fareham auf eine Woche zurckge stellt worden. Helm wurde in das Gefängnis zu W i n ch e st e r gebracht. Die Anklage lautet auf unerlaubte Anfertigung von Zeichnungen. Auf eine Anfrage der „Münchener Neuesten Nach richten" bei Professor vr. E m m e r i ch, ob Deutschland in diesem Jahre den Ausbruch der C h o l e r a zu be fürchten habe, antwortete dieser als Autorität bekannte Münchner Hygieniker, daß bei uns Heuer Epidemien als ausgeschlossen zu erachten seien, weil infolge der an haltenden Regenperiode die zur Entstehung von Cholera- Epidemien nötige Disposition des Bodens nicht zustande kommen könne. Die Sperrung des Berliner Städtischen V i e h- hofes für den Abtrieb von Vieh ist erfolgt und zwar wegen Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche. Indessen wurde die Ausführung von Schlachttieren zum sofortigen Abschlachten nach auswärtigen, mit direktem Bahnanschluß versehenen Schlachthöfen behördlich ge nehmigt. Es ist begründete Aussicht vorhanden, daß die Sperre schon für den nächsten Sonnabendmarkt aufgehoben sein wird. * In Schlesien und Mähren sind stundenlang wolkenbruchartigeRegengüsse niedergegangen. Flüsse und Ströme führen Hochwasser. In der Ge meinde Kunowitz in Mähren wurden Uber hundert Häuser durch das Hochwasser zerstört. » Der Zustand von Joseph Kainz wird als hoff nungslos bezeichnet. Die Aerzte geben ihm nur noch wenige Tage Frist. Der Internationale Jagdkongreß in Wien ist geschlossen worden. Als nächster Kongreßort wurde Berlin bestimmt. * Wetteraussicht für Freitag: Aufheiternd, etwas wärmer, kein erheblicher Niederschlag. ' Ausführliches siehe an anderer Stelle. Professoren und nationale Greuzpolitik. Wir sind stolz auf die wissenschaftlichen Leistungen unserer Professoren, und das mit vollem Rechte. Wenn man aber unsere Professoren als praktische Poli tiker betrachtet, so hört dieser Stolz meist bald auf. Das Leben selber kennen nur die wenigsten von ihnen ge nauer, die meisten sind weltfremd, vertieft in ihre Spezial studien. Das soll kein Borwurf sein, denn einmal gibt es blendende Ausnahmen, zum andern ist es aber schon genug für einen Menschen, wenn er nur auf einem Gebiete Hervorragendes leistet. Unsere Universitätsprofessoren sind oft von dem Geiste echter Humanität erfüllt, aber nicht immer denken sie daran, das; höchstes Recht auch höchstes Unrecht sein kann. Wir leben in einem Staate, dem eine rein egoistische N a t i o n a l p o l i t i k dringend nottut; der Deutsche ist so wie so leicht geneigt, den Fremden alle möglichen Vor rechte einzuräumen, um nur nicht als Chauvinist verschrien zu werden. Das machen sich Polen, Franzosen und Dänen zunutze. Sie senden ihre Hetzprediger unbeküm mert über die Grenze und lassen sie offen oder insgeheim gegen den Bestand des Deutschen Reiches agitieren. Unter diesen Hetzern aus Dänemark zeichnete sich seit längerer Zeit ein Magister Clausen aus, der unter dem Schein wissenschaftlicher Vorträge n a t i o n a l d ä n i s ch e Pro paganda in Nordschleswig trieb. Den Herrn hat endlich das verdiente Schicksal erreicht; er ist aus den deut schen Grenzen ausgewiesen worden. Soweit wäre alles recht gut und schön, wenn eben nicht ein deutscher Professor hier recht unnützigerweise seine Nase dazwischengeklemmt Hütte. Das war der Marburger Theo loge Herr Professor Or. Martin Rade, der Herausgeber der „Christlichen Welt". Sein Professorenherz lehnt sich dagegen auf, daß „das große und mächtige Deutschland fort während das blut- und kulturverwandte kleine dänische Nachbarvolk kränkt und ärgert", er ist überhaupt mit unse rer Nordmarkpolitik nicht einverstanden, und — als guter Deutscher — gründet er deshalb einen Verein, den er „Verein zum Schutze der deutschen Ehre" tauft. Der wahre Name müßte freilich heißen: „Verein zum Schutze deutscher Eseleien." Nichts verrät nämlich die Unkenntnis des Herrn Professors von nordschleswig- schen Dingen mehr, als diese Vereinsgründung! Oder billigt er es etwa, wenn die deutschen Kirchenbesucher vor den Stachelreden der dänisch Gesinnten Spießruten laufen müssen? Weiß der Herr Professor überhaupt, welche Drangsale jeder Deutsche dort erleiden muß, daß unsere Stammesgenossen gezwungen werden, bei den Rcichstags- wahlen ihre Stimmen für den dänischen Kandidaten ab zugeben? Hat er gehört, daß es sogne zu Morden aus dänisch-politischem Fanatismus gekommen ist? Unsere Negierung hat vor nicht allzu langer Zeit den sogenannten „Optanten" das deutsche Bürgerrecht ver liehen. Was war die Folge? Ein ungeheueres Anschwellen der dänischen Stimmen bei den Landtagswahlen. Wenn man der preußischen Regierung einen Vorwurf machen will, so ist der vielmehr am berechtigtsten, daß sie eine Zeitlang allzu weichlich vorgegmigen ist. Herr Professor Martin Rade hat im deutschen Blütter- walde manche Zustimmung gefunden. Wer aber sind denn die, die ihm zujubeln? Sozialdemokraten, Demokraten, Welsen, Rechtsparteiler und Französlinge, alles Leute, deren Interessen in einer Bekämpfung Preußen-Deutsch lands liegen, alles Menschen, deren politische Visitenkarte kein Mensch an den Spiegel steckt. Solcher Leute Lob sollte zum Nachdenken Anlaß geben. Aber das ist es eben: wer sich einmal in eine falsche Idee verbohrt hat, der kommt daraus ungeheuer schwer hinaus. Wir Deutschen achte n und s ch ä tz e n die d ä n i s ch e K u I t u r sehr hoch, nament lich die, die sich etwas eingehender mit ihr beschäftigt haben, als Professor vr. Martin Rade, aber wir meinen, auch die Dänen sollten sie zu hoch achten, um sie als po litisches Hetzmittel zu mißbrauchen. Wo sie das aber doch tun, da muß ihnen eben auf die Finger geklopft werden. Wir können uns die an sich ruhige dänische Be völkerung nicht von Magistern und Studenten aus dem Königreiche in Aufruhr bringen lassen. Wir wollen, daß die Dünen Ruhe halten, und daß sie ihre unberechtigte Aus legung des § 5 des Prager Friedens endgültig bei seite legen. Zwischen Deutschland und Oesterreich ward dieser Kontrakt geschlossen; sie haben ihn beide auch wieder für ungültig erklärt. Da hat Dänemark „nichts mehr to seggen"! Und eben so wenig dis Nordschleswiger. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Diplomatenbesuch in Dresden. Dec Minister des Aeußeren Graf Vitzthum v. Eckst ädt empfing Mitt woch, den 7. Septdr., den Besuch des Kaiserlichen General konsuls in Kairo, Gesandten Grasen v. Hatzfeld t-W i l- denburg. Es ist die Annahme berechtigt, daß der Be such in Zusammenhang mit der geplanten Neise des Königs Friedrich August nach Aegypten steht. Da Se. Majestät den größten Wert darauf legt, sich bei dieser Reise über alle einschlägigen kulturellen und wirt schaftlichen Verhältnisse zu unterrichten, so sind die beteilig ten amtlichen Stellen schon mit eingehenden Vorarbeiten befaßt. Graf Hatzfeldt wurde mittags auch vom König selbst in Audienz empfangen und nahm an der König lichen Tafel in Pillnitz teil. Zu Ehre» von Lord Roberts gab gestern Mittwoch abend der englische Ministerresident Grant-Duff ein Diner, woran u. a. die Mitglieder der englischen Sonder mission teilnahmen. Lord Roberts siedelte heute Donners tag von der englischen Gesandtschaft nach „Hotel Bellevue" über. Zur Rede des bayerischen Thronfolgers. Gegen die Altöttinger Rede des bayerischen Thronfolgers nehmen auch die sächsischen Blätter Stellung. Die „Leipz. Reuest. Nachr." bringen eine Zuschrift aus München, in der es heißt: „Der Prinz hatte scheinbar vergessen, daß seines Vaters Mutter, Therese von Hildburghausen, Protestantin war, wie auch die beiden Gemahlinnen seiner weiteren Vorfahren, des ersten Bayernkönigs, die Prinzessinnen Auguste von Hessen- Darmstadt und Karoline von Baden. Auch König Max ll. hat eine Protestantin, Prinzessin Marie von Preußen, ge heiratet, der später allerdings gar nichts mehr anderes übrig blieb, als ihren Glauben zu wechseln. Prinz Ludwig, der Thronfolger, hat aber auch vergessen, daß die Kurpfälzer Vorfahren der heute regierenden Wittelsbacher Fürsten und Vorkämpfer des Protestantismus waren in Deutsch land." — Die „Sächs. Korres p." erinnert bei diesem Anlaß an die Haltung des katholischen Königs von Sachsen, der, ebenso wie seine Vorgänger, stets alles vermieden hat, was irgendwie hätte Anlaß zu einer Ver letzung der protestantischen Sachsen geben können und der, als durch die Borromäus-Enzyklika die Gefühle der Evan gelischen rücksichtslos verletzt wurden, sogar für siegegen denPap st eintrat. Und hat nicht auch der Kaiser erst unlängst gegenüber dem Beuroner Abt gesagt, daß beide christlichen Konfessionen in gleicher Verehrung zum Kreuze Christi ausschauen? So verhalten sich wirklich / tolerante Fürsten! Die Wirkung der Rede des bayerischen Prinzen kann nur die sein, auf sehr weite Kreise verletzend zu wirken. Davor aber sollten sich Herrscher und solche, die dereinst zur Regierung gelangen werden, hüten! Deutschsozialer Parteitag in Meißen. Anläßlich der Tagung des Landesverbandes Kgr. Sachsen der deutsch sozialen Partei am Sonntag, den 11. September, in Meißen sprechen in öffentlicher Versammlung nachmittags 3 Uhr im großen Saale des Kaisergartens Amtsgerichtsrat L a t t- man n, Mitglied des deutschen Reichstags, über: „Ziele und Grundlagen einer gesunden Wirtschafts- und Sozial politik" und Landtagsabgeordneter v. Levetzow -Sül beck über: „Hansabund und Bauernbund." Zu der in ternen Beratung, die vormittags 11 Uhr ebenfalls im Kaisergarten stattfindet, haben nur Angehörige der Partei Zutritt. Gegenstand dieser Beratungen bilden u. a. die Arbeit in Sachsen und der Parteitag in Kassel. Der Leipziger Haushaltplan. Der den Stadtverord neten in diesen Tagen zugegangene Haushaltplan der Stadt Leipzig auf das Jahr 1911 schließt mit einer Summe von 61 Millionen 238 061 Mark ab. Die durch direkte städtische Abgaben aufzubringende Summe beträgt 22 Mil lionen 966 474,39 Mark. Ein sozialdemokratischer Stadtverordneter verschwun den. Schon seit geraumer Zeit gehen in Leipzig Ge rüchte über das Verschwinden eines Stadtverordneten. Wie mir erfahren, handelt es sich dabei um den Gastwirt Alwin Schöder. Dieser hat vor reichlich fünf Wochen Leipzig plötzlich verlassen und seine Familie bis jetzt ohne Angabe des Reisezieles und der Adresse gelassen. Vor ungefähr drei Wochen erhielt man das letzte Lebenszeichen von ihm. Er sandte gleichzeitig Papiere zurück. Aus dem Schreiben geht hervor, daß Schöder vorläufig nicht wieder nach Leip zig zurückkehren will. Die Ursache des Verschwindens ist in finanziellen Schwierigkeiten zu suchen, mit denen Schöder in der letzten Zeit zu kämpfen hatte; darauf scheint auch eine nervöse Ueberspannung zurückzuführen zu sein. Der Verschwundene nahm in der sozialdemokratischen Partei und in der freien Gewerkschaftsbewegung neben seinem Amte als Stadtverordneter verschiedene Vertrauens stellungen ein. Die sächsische» Genossen und die Reform des Volks- schulmcsens. Die L a n d e s v e r s a m m l u n g der sozial demokratischen Partei Sachsens in Leipzig beschäftigte sich bekanntlich an ihrem dritten und letzten Verhandlungs tage mit der Reform des Volksschulwesens. Die Frage, welche Forderungen die Sozialdemokratie für die Refor mierung der Volksschule aufstellen soll, ist bekanntlich vom Mannheimer Parteitage nicht gelöst worden, da die Be ratungen hierüber infolge eines Krankheitsanfalles der Referentin Zetkin nicht zu Ende geführt werden konnten. Für Sachsen ist sie infolge der bevorstehenden Gesetzesvor lage der Regierung brennend geworden. Bereits im vori gen Landtage hatte die sozialdemokratische Fraktion ihre Hauptforderungen in einem Anträge zum Ausdruck ge bracht, der zur Beseitigung der ungleichen Volksschullasten der Gemeinden die Uebernahme auf den Staat verlangte. Dieser Antrag war jedoch nicht zur Kommissionsberatung gekommen. In einer länger als zweistündigen Rede be gründete Genosse Schulz die der Landesversammlung zur Annahme unterbreitete Resolution, welche die sozialdemo kratischen Änträge zur Reform des Volksschulwesens ent hielt. Die heutige Volksschule sei kein wirksames Organ wahrhafter Volksbildung, sondern ein Hilfsmittel und Herrschaftsinstrument zur Förderung der politischen In teressen des Kapitals. Um diese klassenstaatliche Volks schule im Sinne des sozialistischen Erziehungszieles vor wärts zu entwickeln, solle die Landesversammlung für die künftige Reformierung der Volksschule folgende Forde rungen aufstellcn: Schaffung eines Neichsschulge- setzes auf der Grundlage der Einheitlichkeit und Welt lichkeit des gesamten Schulwesens; organische Angliede rung der höheren Bildungsanstalten an die allgemeine Volksschule; Unentgeltlichkeit des Unterrichts, der Lehr- und Lernmittel und der Verpflegung in den Schulen, sowie Beihilfe des Staates für die Weiterbildung befähigter, aber unbemittelter Schüler; Einrichtung von Fach- und F o r t b i l d u n g s a n st a l t e n für die schul entlassene Jugend neben Erziehungs- und Verpflegungs anstalten für das vorschulpflichtige Alter und Schulheimen zum Aufenthalt in den unterrichtsfreien Tagesstunden; Er richtung von besonderen Klassen und Schulen für abnorme Kinder; Organisation und Durchführung des inneren Schulbetriebes durch Festsetzung einer Minimalschülerzahl und Auswahl der Unterrichtsstoffe und des Lehrplanes nach rein pädagogischen Grundsätzen; Abschaffung des Religionsunterrichts; Einführung des Arbeits unterrichts und Errichtung sogenannter Lehrwerkstätten; UebernahmederSchullasten aufden Staat; materielle und soziale Hebung des Lehrerstandes, Universi-