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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. I Ne 233 — 83 Jahrgang TeIegr„Adr.: .Amtsblatt' Tageblatt» erscheint «L,Uch »achm. i Uh« flk brn sal,«»«« T», Ari Adholun, i» bea »t«chLf!»ft-S« »ad de» Aasgabeftelle» r Wh. I« Maaat, bei Karch »t« Bate» L,ro Wb., det Poftbeftell«», Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend k>»»«r aa» »eschilftsftellen «hmrn ju jeder Zeit «e» ?»<«»,»» entgegen. Im Fall« HSHerer Gewalt, Arie, oder sonstiger Betrteb«sti>rnng«n besteh« Kei» Anspruch aus Lieferung »« Zeit«»« oder ALrznng de» Bezugspreise«. — Aücksendnn, eiugrsandter Schristftilche erfolg« nur, wenn Porto b-iliegt. W ilsdrnff-Dresden Pos«»-» Dr-d n Mi» Sonnabend, 4 Oktober 1924 pfÄm^db^ der amtliche» «ekanntmamnngen 1U »old. ;Wden!^,ch^!°^s t-rrlicheu Teil. IVO Doldpsennig. -lachweisungsg.bühr r° Goldpfennige. Dor- Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 I.d^Rada«,°n,prucherliKw!nnb«BÄ°g'bu!q «lageeingezogen werden mutz oder der«ustraggederm Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstelle» -nig-gem Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlicheu Bekanntmachungen der «mtshavptmanuschaft Meitze», de» Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt Finanzamts Nosseu. Mehr als Amer Am 1. Oktober haben nun die Handelsvertrags- Verhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich in Paris offiziell begonnen und in Herriots Ein leitungsworten hörte man den schönen Satz: »Diese Ver handlungen, deren Ergebnisse so wichtig für die Zukunft der beiden Völker sein können, müssen als die logische Folge der Verhandlungen erscheinen, die wir jüngst in London zu einem guten Ende geführt haben." Dieser Satz ist über- aus richtig, nur hat sich Frankreich bei den Vorverhandlun- gen in einer Haltung gezeigt, die diesem Gedanken diametral widerspricht; nicht nur, daß es schleunigst die 26 ig« Belastung der deutschen Einfuhrwaren verordnete, es hat auch den anderen Ententestaaten, denen gegenüber wir Reparationsverpflichtungen haben, dringend geraten, eben- so vorzugehen, was bisher bei Belgien, Italien, Polen und Portugal Erfolg zu haben scheint. Aber Frankreich ging noch viel weiter: es versucht, mit dem Druckmittel derRuhr-undRheinbesetzunginder Hand, Sondervorteile über die Meistbegünstigung hinaus, für die „elsässischen" Waren Einfuhrbegünstigungen bis zur Zollfreiheit zu erpressen, wobei es von sich aus das Einfuhrkonttngent feststellen will. Und das alles ohne gleichwertige Zugeständnisse an Deutschland. Wie sehr das aber gegen den Grundgedanken des Londoner Paktes äußerlich und innerlich verstößt, braucht nur üngedeutet zu werden: derartige Sondervorteile würden eine Hintansetzung oder Vernachlässigung deutscher wirtschaftlicher Interessen bedeuten, die schon schwer genug seit fünf Jahren unter dem Loch im Westen mit den dort hindurchflutenden „elsässischen" Waren gelitten haben. Herriot betont in seiner Rede, daß „nur ein gegen seitiger Wille, Billigkeit walten zu lassen, es gestatten werde, zu einem Ziele zu gelangen und die unvermeidlichen Hindernisse zu überwinden". Auch das ist wunderschön gesagt, aber unsere wirtschaftliche Lage ist nicht derart, daß wir uns mit Worten abspeisen lassen dürfen, es übrigens auch gar nicht nötig haben, uns mit solchen zu begnügen. Wir verlangen mehr als Worte. Denn die Sehnsucht der Franzosen nach dem rheinisch-westfälischen Koks ist unvermindert stark. Freilich auch unser Absatz bedürfnis. übrigens hat die deutfche Regierung unter Hin weis auf das Aufhören jener Bestimmungen des Versailler Vertrages, wonach bis zum 10. Januar 1925 alle Entente staaten die Meistbegünstigung genießen, soeben an geordnet, daß ab 11. Jgnuar nur die Waren jener Länder dem Minimalzoll unterworfen sind, die auch den deutschen Einfuhrwaren die Meistbegünstigung angedeihen lassen oder die mit Deutschland auf dem Boden der Meistbegünsti gung einen Handelsvertrag abgeschlossen haben. Weiter- gehende Vergeltungsmaßnahmen werden Vorbehalten. Schädigungen deutscher Wirtschaftsinteressen durch offenbar gegen den wirtschaftsfriedlichen Grundgedanken des Dawes-Planes verstoßende Druckmittel bedeuten aber auch Schädigungen des A n l e i h e p l a n e s. Die 800- Millionen-Anleihe basiert darauf, daß wir baldmöglichst uns wirtschaftlich wieder hocharbeiten können und von Fesseln und Hemmungen möglichst befreit sind. Der Finanzminister Dr. Luther ist soeben nach London ge fahren, nm die letzten Verhandlungen über diese Anleihe zu führen, welche dem Sachverständigengutachten gemäß bis zum 8. Oktober abgeschlossen sein müssen. Dann muß der Plan der Auflegung fertig vorliegen. Ungünstige Handelsverträge Deutschlands dienen aber nicht dazu, das Vertrauen der Welt in unser wirtschaftliches Wiederhoch- lommen hervorzurufen oder zu stärken. Und schließlich will doch jeder, der uns Geld leiht, es mit Zins und Zinses zins einmal wiederhaben. Und wir, wir müssen es doch einmal wieder zurückzahlenI Von unserm wirtschaftlichen Wiederhochkommen hängen aber auch die riesigen Repara tionszahlungen ab, die man uns auferlegte in jenem Gut- achten, das ja immer und immer wieder diese neue wirt schaftliche Blüte Deutschlands als fast selbstverständlich be trachtet. Der bekannte schwedische Wirtschaftler Kassel hat vor einiger Zeit in einem Vortrag den Satz aufgestellt, daß Deutschland etwa 50 H mehr exportieren muß als 1913, wenn es diese Reparationslasten wirklich be- zahlen will. Dafür ist aber die Voraussetzung, daß man uns Handels- und zollpolitisch nicht die störendsten Hindernisse in den Weg legt, auf unsere Kosten alle möglichen Vor teile zu erzielen versucht, ohne uns die gleichen gewähren zu wollen. Und die Handelsvertragsverhandlungen mit Frankreich sind besonders deswegen wichtig, weil sie die ersten sind, die mit einem der Ententestaaten eingeleitet und damit zum Vorbild für die anderen, späteren werden. Herriot spricht von dem „neuen Kapitel des Friedens, das nran heute zu schreiben beginne" — und hat doch achtund- oierzig Stunden vorher es abgelehnt, die Kriegsmaß- uahmen der 26prozentigen Belastung zurückzunehmen. Und der Vater dieser Kriegsmaßnahmen ist der franzö- s .che Handelsminister Raynaldy, der die Vertrags- rerhandlungen jetzt zu leiten bat! genfer Protokoll angenommen In der heutigen VölkerbundSsttzung wurde die Ab- stimmung über das Sicherheitsprotokoll vorgenommen. Sämtliche 47 anwesenden Staaten stimmten den Reso lutionen zu. Me MekMMerWlWen mit FmdM Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 3. Oktober. Der französische Handelsminister kam in seiner Rede, die er gestern vor der deutschen Delegation im Handelsministerium hielt, auch auf die Erschütterung zu sprechen, der die deutsche Wirtschaft infolge der Währungskaiastrophe aus gesetzt gewesen ist. Er sagte unter anderem: Wenn Frankreich au «Hunter der Entwertung seiner Valuta zu leiden hatte, so war diese Entwertung doch nicht von den katastrophalen Folgen wie in Deutschland. Das deutsche Reich hat seine wirtschaftliche Frei heit mit Grenzen umgeben, die ein Hemmnis für andere Länder bedeuten. Trotz seiner Vakutastörungen, von denen es sich mit einer methodischen Energie wieder erholt hat, hat Deutschland nationales Rüstzeug gewahrt und sich beständig entwickelt. Seine Wirtschaftskräfte haben keinmal ausgesetzt. Sie arbeiten mit vollem Ertrage, so daß die Zahl der Arbeitsstunden, an die Frankreich sich durch internationale Abmachungen halten muß, in Deutschland überschritten werden. Diese Tatsache legt die Verpflichtung auf, einen Weg ausfindig zu machen, auf dem die Wirtschaft der beiden Länder in derselben Weise zu normaler Produktion zurückkehrt. Der Minister richtete zum Schluß seiner Ausführungen an die deutsche Delegation die Frage, wo sie wie die französische Delegation fest entschlossen ist, einen entscheiden den Schritt zur Wiederherstellung des Warenaustausches zu un ternehmen. Die Bedingungen müßten ausführlich durch ein de finitives Abkommen sestgelegt werden, oder aber es müßte ver suchsweise ein zeitweiliges Regime angewandt werden, das später auszubauen und zu vervollkommnen wäre. Staatssekretär von Trendelenburg dankte dem Handelsminister im Namen der deut schen Delegation für seine Ausführungen und kam dann auf die wirtschaftliche Lage Deutschlands zu sprechen. Er stellte entschie den in Abrede, daß die deutsche Wirtschaft ihre alte Leistungs fähigkeit auch nur annähernd behalten habe und daß der deutsche Wettbewerb eine Gefahr für die Industrien anderer Länder be deute. So notwendig während des Währungsverfalls das Sy stem der Ausfuhrverbote gewesen sein mag, so gern wäre Deutsch land jetzt nach Stabilisierung seiner Währung bereit, von diesem System Abweichungen zu gewährleisten. Im Prinzip soll das System des mäßigen Zollschutzes, wie es in der Vorkriegszeit be stand, nicht geändert werden. Wir erstreben das System nicht immer, weil Deutschland die im Dawes-Gutachten vorgesehene Zahlung nur durch Ausfuhr bewilligen kann. Wir wünschen das System vor allem aus der lleberzeugung heraus, daß nur aus der Basis der Meistbegünstigung die Verpflichtung der inter nationalen Wirtschaft wieder herbeigeführt werden kann. Nur auf der Grundlage voller gegenseitiger Gleichheit ist eine wirt schaftliche Gesundung Europas zu erhoffen. Günstiger Eindruck der Rede Trendelen burgs. (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes") Paris, 3. Oktober. Die Rede Trendelenburgs wird in hiesigen Kreisen günstig beurteilt. Die Zurückhaltung, die sich der Staatssekretär im großen und ganzen auferlegt hat, erscheint bei der Schwierigkeit des zu erörternden Problems durchaus be gründet. Es herrscht der Eindruck vor, daß die deutsche Dele gation eine abwartende Stellung einzunehmen wünscht und den Franzosen den Vortritt in der Ausrollung der verschiedenen tech nischen Einzelfragen überlassen möchte. Ministerrat über die deutsche Völker bundnote. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 33. Oktober. Gestern nachmittags 4 Uhr trat in Paris unter Lem Vorsitz des Präsidenten der französischen Re publik ein Ministerrat zusammen, um die deutsche Völterbunds- note zu besprechen. Weitere Verschiebung der Amerikafahrt Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Stuttgart, 3. Oktober. Wie der Vertreter der T. U. von maßgebender Seite erfährt, ist mit einer weiteren Verschie bung der Amerikafahrt des Z. R. 3 auf Anfang nächster Woche zu rechnen. Von den Mitgliedern der amerikanischen Kommis sion werden außer Herrn Steel mitfahren Mayor Kennedy, Kapitän Klein und Leutnant Kraus. Da sich wegen der Füh rung der deutschen Flagge Schwierigkeiten ergeben haben, wird das Luftschiff überhaupt keine Flagge, auch nicht die amerikanische, führen. Frankreich sabotiert die Abrüstung. (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) Neuyork, 3. Oktober. In der Washingtoner „Post" nimmt der Admiral Fallean zu der in Genf geplanten Ab rüstungskonferenz Stellung und führt aus, daß Amerika heute nicht mehr die Führung in bezug auf den Abrüstungsgedanken habe. Großes Aussehen haben die Ausführungen -es Generals über die Nichtratifizierung der drei von den fünf auf der Lon doner Konferenz geschlossenen Verträge durch Frankreich ge macht. Frankreich habe bisher die zwei Verträge über die Sou veränität Chinas und ein Abkommen über die Beschränkung des Gebrauchs von giftigen Gasen nicht ratifiziert. Rußland vor dem Bankrott. London, 3. Oktober. Die englische Abordnung, die Ruß land zum Studium der augenblicklich dort herrschenden Lage be reiste, ist wieder in London angekommen. Sie hat sestgestellt, daß Rußland vor dem Bankrott steht und daß Finnland, Est land, Litauen und Polen, die außerdem besucht wurden, nur gegen bar an Rußland exportieren will. Serbisch-albanische Grenzkämpse. (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) Paris, 3. Oktober. Der „Temps" bringt eine Meldung, daß Albanier aller Stände zu den Waffen gegriffen haben und gegen die Grenzbezirke vorgerückt sind, die in den letzten Tagen von serbischen Truppen besetzt wurden. Bei Selca fand zwi schen Albaniern und Serben ein blutiger Zusammenstoß statt. Die Stadt mußte von den Serben geräumt werden. Letztere haben sich auf Wormuschi zurückgezogen, wo sie sich verschanzten. In den Entschließungen wird den Regierungen „erstens die Annahme des Protokolls zu ernster Erwägung empfoh. len, zweitens wird ein Protokoll zur Zeichnung aufgelegt, drittens wird ein Redakttonskomitee für die Abänderung zum Völkerbundspakt eingesetzt, viertens wird der Rat er- sucht, die Abrüstungskonferenz einzuberufen, sobald das Protokoll von drei ständigen Ratsmitgliedern und zehn anderen Mitgliedern des Völkerbundes ratifiziert sein wird". Falls das bis zum 1. Mai nicht erfolgt ist, soll der Generalsekretär den Rat befragen, ob er die Einladungen zurückziehen oder die Abrüstungskonferenz vertagen soll, bis die nötige Zahl der Ratifikationen zusammen ist. Ir. Marx znr Regierungsfrage. Besprechung mir Deutfchnationalen und Sozialdemokraten. Eine längere Erklärung des Reichskanzlers Marx, die im Berliner Zentrumsorgan Germania erscheint, beschäftigt sich mit der Neu- und Umbildung des Reichs kabinetts. Zunächst wird ausgeführt, das Ziel des Reichs kanzlers sei, „auf dem Boden bestimmter Richtlinien alle Parteien zusammenzuführen, die willens sind, dem deut schen Volk den Weg in eine bessere Zukunft zu bahnen". Zu diesem Zweck wolle er an die Parteien herantreten, „durch deren Hilfe der Reichsregierung die Durchführung ihres innen- und außenpolitischen Programms möglich ge wesen ist". Der Reichskanzler fährt fort: „Ich bin daher entschlossen, mich sowohl mit der sozial demokratischen wie auch mit der deutsch natio nalen Partei in Verbindung zu setzen, um von ihnen zu erfahren, ob sie entschlossen sind, die Lösung der wichtigen in den kommenden Monaten zu erledigenden Ausgaben ge meinsam mit den bisherigen Koalitionsvarieien durcb täliae MUynse ln der Reichsregierung mitdurchzusühren. Mich leitet dabet der Gedanke der Volksgemeinschaft. Man kann nicht verkennen, daß es im letzten Jahre ohne die ent scheidende Unterstützung der sozialdemokratischen Fraktion nicht möglich gewesen wäre, durch die der Re gierung gegebene Ermächtigung auf dem Verordnungswege Deutschland vor dem wirtschaftlichen und sozialen Chaos zu bewahren und ferner die von der Regierung geführte Politik hinsichtlich des Sachverständigengutachtens und der Londoner Abmachungen zu sichern. Ich erachte es darum als meine Pflicht, an die Sozialdemokratie heranzutreten und sie zur Mitarbeit in der Rcichsregierung aufzufordern. Andererseits liegt es aber auch im dringenden vaterländischen Interesse, daß die starken nationalen und wirtschaftlichen Kräfte, die in der Deutschnationalen Volkspartei geborgen sind, für positive Regierungsarbeit fruchtbar gemacht werden. Die Dcutschnationale Volkspartei hat bislang in Opposition zu allen Regierungen gestanden, die seit Weimar Deutschlands Geschäfte führten. Um so aufrichtiger begrüße ich den Beschluß maßgebender Kreise dieser Partei, fortan nicht mehr ab seits zu stehen, sondern gemeinsam mit uns den Weg zu beschreiten, der nach meiner Überzeugung allein zur Rettung Deutschlands führt." Die Beratungen des Kanzlers mit den Parteien haben mittlerweile begonnen mit einer Konferenz, an der die Parteiführer teilnahmen. Der Freitag bringt die 'Aus sprache des Kanzlers mit den Sozialdemokraten, der Sonnabend diejenige mit den Deutschnationalen. Sicherung -er deutschen Anleihe. Zu st immungderamerikanischen Bankiers. Die in Chikago abgehaltene Jahresversammlung der amerikanischen Bankiers forderte in einer Entschirmung die wohlwollende Bebandluna der deutschen Anleihe. In